Ich bin davon überzeugt, dass ein Mindestlohn kontraproduktiv für diesen Arbeitsmarkt ist, der in diesem Sinne gar nicht mehr gegeben ist. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass wir die Menschen mit anderen Wegen ein Stück in Würde leben lassen können, damit sie sagen können: Ich habe Arbeit und bin nicht arbeitslos.
Als Gäste begrüßen wir einen Sprachkurs für Migrantinnen und Migranten aus Cochem-Zell sowie die SPDFrauengruppe Bingen-Kempten. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen 30 Minuten lang zugehört, Herr Ministerpräsident. Am Anfang haben Sie versucht, das Thema nicht populistisch zu gestalten. Das war gut. Sie haben 25 Minuten lang über das gemeinsame Ziel gesprochen. Dieses haben Sie nicht in Abrede gestellt. Sie haben aber kein Wort dazu gesagt, ob Arbeitsplätze durch einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn vernichtet werden.
Sie haben auch nichts zu der Frage der möglicherweise zunehmenden Schwarzarbeit gesagt, die Herr Kollege Bauckhage angesprochen hat. Sie haben auch kein Wort dazu gesagt, inwiefern Niedrigqualifizierte und Unqualifizierte in Zukunft überhaupt eine Chance haben werden, an diesem Arbeitsmarkt teilzunehmen.
Ich bitte Sie, auch hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Jeder weiß, dass wir dann, wenn wir die Mindestlöhne ansetzen, diese Arbeitsplätze nicht mehr haben werden, Herr Ministerpräsident. Ich schließe aus der Tatsache, dass Sie das nicht erwähnt haben, dass Sie das auch so sehen. Im Interesse der Menschen bitte ich Sie aber herzlich um eine Beantwortung dieser Frage, weil wir genau von diesen Menschen reden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben Worte gewählt wie „staatliche Knete obendrauf“. Wir sollten uns darauf verständigen, dass „staatliche Knete“ Unterstützungsleistungen sind, die im Zweifel in diesem Haus auch niemand will, die ich aber von vornherein nicht per se ausschließen kann. Ich müsste Sie dann nämlich auch fragen, ob Sie alle Transferleistungen streichen wollen. Gilt das dann auch für das Wohngeld und sonstige Dinge, die die Landesregierung bringt?
Herr Ministerpräsident, Sie haben die Beispiele Österreich, USA und England genannt. Es tut mir leid, das ist mein Job, aber Sie wissen genauso wie ich, dass man
dort ein völlig anderes Arbeitsrecht und eine völlig andere Tarifstruktur sowie Gewerkschaftsstruktur hat.
Ja, aber offenbar haben Sie immer noch nicht verstanden, dass es darauf auch ankommt und die Argumente nicht zählen.
Nur am Rande, sittenwidrige Löhne und Richterrecht, das ist nicht ganz einfach, aber zumindest hat das Richterrecht den Vorteil, dass man es in den Regionen unterschiedlich bewerten kann. Das ist ein ganz wichtiger Faktor in Deutschland. Sie haben schließlich auch nicht überall die gleichen Preise.
Ich wiederhole noch einmal ausdrücklich – man kann das gar nicht oft genug sagen –, dass wir alle nicht wollen, dass Menschen in vollschichtiger Tätigkeit nicht davon leben können. Das ist klar, und das bezweifelt hier auch niemand. Ich möchte aber schon an die Redlichkeit von Ihnen appellieren. Ich gehe doch nicht vor eineinhalb Wochen hin und einige mich auf einen Weg, den ich jetzt gehen will und soll, und eineinhalb Wochen später mache ich das wieder andersherum.
Ich bitte, dass Sie auch einmal darüber nachdenken – auch das wäre ein interessanter Ansatz, zu dem er nichts gesagt hat, wobei ich aber zugebe, dass wir das auch nicht angesprochen haben – und Stellung zu den Vorschlägen von Wirtschaftsminister Glos beziehen, wie man gerade im Niedriglohnsektor etwas verbessern könnte. Das gilt auch für die Fragen des Steuerrechts.
Zu Österreich sage ich lieber nichts. Da übernehmen wir wieder alles, was sie machen, aber nicht so. Ich kann Ihnen auch sagen, Österreich hat das Arbeitsrecht sehr stark gekittet. Sie wissen das selbst, sagen es aber hier nur nicht. Ich sage das nur deshalb, weil Zuschauer anwesend sind, die das auch einmal hören sollten.
Eine Frage habe ich aber doch noch an Sie: Wie kommt es denn, dass Sie im vergangenen Jahr die Entdeckung der Leistungsträger gebracht haben und dort noch vehement gegen den gesetzlichen Mindestlohn flächendeckend gewesen sind? Habe ich Sie da falsch zitiert, oder haben Sie sich eines Besseren belehren lassen? Hoffentlich nicht deshalb, weil Müntefering das so gesehen hat.
Zum Zweiten haben Sie mir auch nicht erklärt – meines Wissens halten Sie ihn für kompetent, ich übrigens auch –, weshalb Wirtschaftsminister Clement immer wieder betont, dieser Kompromiss sei ein guter Kompromiss und würde den Menschen, die außerhalb der Tarifverträge stehen, helfen. Er sagt, genau diesen Weg müssen wir gehen. Wenn solche kompetenten Sozialdemokraten so etwas sagen, muss ich mich ernsthaft
Lieber Hans-Artur Bauckhage, der Wunsch war, dass keine klassenkämpferischen Töne in die Debatte kommen. Ich meine, man muss ganz ruhigen Auges, aber mit brennendem Herzen sehen, dass die Schere zwischen Armut und Reichtum in Deutschland in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer weiter auseinander gegangen ist. Das ist eine Tatsache. Das ist nichts, was etwas mit Klassenkampf zu tun hat.
Ich habe eben von einem Fehllaufen des Marktes, von einem Fehllaufen der Markwirtschaft gesprochen, wenn Menschen nicht von Löhnen leben können. Wir waren uns alle in dem Ziel einig – Sie haben das alle noch einmal beschworen –, dass man von dem Einkommen leben können muss. Lassen Sie uns darüber streiten und sprechen, ob das über die Festlegung eines Mindestlohnes möglich ist. Ist das marktkonform und marktgerecht? Treffen die viel beschriebenen Arbeitsplatzverluste zu, oder ist es sinnvoller, das im Allgemeinen mit einem Transfer von Steuergeldern auf Löhne zu machen?
Dazu will ich Ihnen ganz offen sagen: Ich meine – das ist meine volkswirtschaftliche Einschätzung dazu –, dass ich damit befördere, dass es weitere niedrigste und kleine Lohnverhältnisse geben wird, weil ich Anreize dafür setze, dass der Staat etwas dazuzahlt. Deshalb ist das natürlich im Rahmen von Hartz nur bei einem begrenzten Anwendungsbereich so gemacht worden, weil das die Ausnahme bleiben soll und weil wir diese Fehlsteuerung nicht wollen.
Wenn wir das flächendeckend machen, werden wir genau das bekommen, was der Herr Ministerpräsident zuvor beschrieben hat, dass sich nämlich die Spirale immer weiterdreht und wir verstärken, dass wir immer mehr Billigarbeitsverhältnisse haben werden und Lohndumping um sich greift. Das ist eben das Schlechte an dem CDU-Modell, Herr Baldauf. Dieser Frage haben Sie sich in Ihrem Wortbeitrag nicht gestellt, sondern Sie haben einfach die Behauptung in die Welt gesetzt, die die Wissenschaft teilweise stützt, dass es zu Arbeitsplatzverlusten kommen werde. Bei Ihrer Argumentation, dass es in den anderen Ländern EU-weit und in den USA andere Arbeitsrechtsverhältnisse gebe, streiten wir darüber, ob dann, wenn man hire und fire praktiziert,
möglicherweise schneller eingestellt wird. Da gibt es unterschiedliche Kulturen. In Dänemark bekommt man trotz geringerem Kündigungsschutz sehr schnell eine neue Beschäftigung, während man in Amerika das dritte und vierte Arbeitsverhältnis hat.
Das ist aber nicht der Punkt, wenn es um Mindestlöhne geht, sondern das ist eine volkswirtschaftliche Frage und eine Frage des Marktes, nämlich wie Sie Markt steuern. Wir sind der Auffassung, dass diese Steuerung des Marktes in Deutschland notwendig ist, weil wir sonst die Abwärtsspirale dort nicht zum Stoppen bringen. Sie müssen sicher nach wie vor auch Arbeitsverhältnisse im Rahmen von Eingliederung und Beschäftigung haben, die Sie mit anderen staatlichen Anreizen unterlegen müssen, damit die Qualifikation besser wird und damit Abschlüsse gemacht werden können. Dieses Sortiment brauchen Sie nach wie vor im Köcher, und – ein kleiner Schlenker – Sie sollten deshalb in Haushaltsberatungen auch nicht die Streichung dieser Mittel beantragen, so, wie Sie das in Rheinland-Pfalz getan haben,
Ich meine, Sie sind den Beweis für Ihre Behauptung, dass ein massenhafter Verlust von Arbeitsplätzen droht, wenn man Mindestlöhne einführen würde, schuldig geblieben. Ich will überhaupt nicht wegnehmen, dass es dort Auswirkungen gibt, aber bis zu welchem Bereich einer Spirale, die sich mit den Löhnen immer weiter herunterdreht, sind Sie bereit, so etwas hinzunehmen?
Die Kräfte des Marktes sind dort ungezügelt. Im Übrigen sind sie dort genauso ungezügelt wie Managergehälter nach oben explodiert. Das hat nichts mit Klassenkampf zu tun. Das ist eine Beschreibung der Wirklichkeit, vor der Sie die Augen aufmachen müssen, da man in Deutschland anders auf dem Boden unseres Grundgesetzes, auf dem Boden unserer Landesverfassung und natürlich in der genauen Kenntnis handelt, dass Marktwirtschaft das Instrument eines vernünftigen Wirtschaftens ist, aber kein Selbstzweck, sondern Wirtschaft für Menschen und nicht gegen die Menschen da ist.
„Hauptschulen in Rheinland-Pfalz vor der Reform“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/1252 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion um die Hauptschulen in RheinlandPfalz hat in den vergangenen Wochen eine neue Dimension erreicht. Nachdem die FDP-Landtagsfraktion schon im Februar einen Antrag zur Zukunft des Hauptschulbildungsgangs in diesem Haus vorgelegt hat, wurde in den vergangenen Wochen vor allem seitens des Verbandes Bildung und Erziehung und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine Strukturdebatte angestoßen, die darauf abzielt, die unterschiedlichen abschlussbezogenen Bildungsgänge in Rheinland-Pfalz zu integrieren und den Hauptschulbildungsgang de facto abzuschaffen.
Das Bildungsministerium hat bisher die Position vertreten, man wolle die Hauptschule in diesem Land weiterhin erhalten und auch durch verschiedene Maßnahmen stärken.
Die Schulpolitik in unseren Kommunen hat eine andere Sprache gesprochen. Auf stetig weiter zurückgehende Schülerzahlen in unseren Hauptschulen wird nach wie vor anhaltend mit der Einrichtung neuer integrierter Gesamtschulen reagiert. Die Landesregierung hat diese Entwicklung bisher zur Kenntnis genommen, aber mehr oder weniger ausgesessen.