Protocol of the Session on March 16, 2007

..................................................................................................................................... 1176 Abg. Bracht, CDU:............................................................................................................................. 1168, 1169 Abg. Burgard, SPD:..................................................................................................................................... 1165 Abg. Creutzmann, FDP:..................................................................................................................... 1192, 1194 Abg. Dr. Enders, CDU:...................................................................................................................... 1156, 1157 Abg. Dr. Rosenbauer, CDU:.............................................................................................................. 1157, 1158 Abg. Eymael, FDP:........................................................................................................ 1159, 1160, 1161, 1185 Abg. Frau Brück, SPD:................................................................................................................................ 1162 Abg. Frau Grosse, SPD:.............................................................................................................................. 1158 Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU:..................................................................................................................... 1165 Abg. Frau Mohr, SPD:................................................................................................................................. 1188 Abg. Frau Morsblech, FDP:............................................................................................................... 1158, 1160 Abg. Geis, SPD:........................................................................................................................................... 1160 Abg. Hartloff, SPD:...................................................................................................................................... 1194 Abg. Hüttner, SPD:............................................................................................................................ 1163, 1165 Abg. Licht, CDU:.................................................................................................. 1164, 1166, 1168, 1169, 1197 Abg. Noss, SPD:.......................................................................................................................................... 1166 Abg. Pörksen, SPD:..................................................................................................................................... 1164 Abg. Schweitzer, Alexander, SPD:.............................................................................................................. 1182 Abg. Weiner, CDU:...................................................................................................................................... 1176 Bruch, Minister des Innern und für Sport:..............................1162, 1163, 1164, 1165, 1166, 1167, 1168, 1169 Frau Ahnen, Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur:........................ 1159, 1160, 1161, 1162 Frau Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen:...................... 1156, 1157, 1158 Hering, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:............................................ 1169, 1195 Vizepräsident Bauckhage:................................................................................................................. 1181, 1185 Vizepräsident Schnabel:............................................................................1188, 1192, 1194, 1195, 1197, 1198 Vizepräsidentin Frau Klamm:......................................1156, 1157, 1158, 1159, 1160, 1161, 1162, 1163, 1164...................................................................................................................1165, 1166, 1167, 1168, 1169, 1176

21. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 16. März 2007

Die Sitzung wird um 09:30 Uhr von Vizepräsidentin Frau Klamm eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie zur 21. Plenarsitzung.

Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Frau Kollegin Schellhaaß und Herrn Kollegen Wehner. Frau Schellhaaß führt die Rednerliste.

Entschuldigt sind für die heutige Sitzung die Abgeordneten Günther Ramsauer, Josef Keller, Ulla Schmidt und Dr. Peter Schmitz.

Ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule Wirtschaft der Berufsbildenden Schule Alzey. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 15/878 –

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Enders und Dr. Josef Rosenbauer (CDU), Mitgliederverluste der AOK Rheinland-Pfalz – Nummer 6 der Drucksache 15/878 – betreffend, auf.

Herr Dr. Enders, ich vermute, dass Sie die Fragen vortragen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welchem Umfang haben Versicherte der AOK Rheinland-Pfalz seit der letzten Beitragserhöhung diese Kasse verlassen?

2. Welche Folgen sind damit nach Einschätzung der Landesregierung für die Situation der AOK Rheinland-Pfalz verbunden?

3. Welche Folgen sind damit im Bereich der hausärztlichen Versorgung verbunden?

4. Welche Folgen können damit für die verbleibenden Versicherten der AOK Rheinland-Pfalz verbunden sein?

Frau Staatsministerin Dreyer, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Enders und Dr. Josef Rosenbauer beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Seit der Beitragserhöhung zum 1. Januar 2007 haben bis zum 1. März 2007 insgesamt 8.602 Versicherte die Kasse verlassen. Aktuellere Auswertungen liegen der AOK noch nicht vor. Dieser Verlust von Mitgliedern und Familienangehörigen entspricht einem Rückgang in Höhe von ca. 0,77 % des Versichertenbestandes im Vergleich zum Stichtag 1. Januar 2007.

Zu Frage 2: Mit der Einführung der Kassenwahlfreiheit im Jahr 1996 haben zwischen den einzelnen gesetzlichen Krankenkassen erhebliche Mitgliederbewegungen stattgefunden. Seit Beginn dieses Kassenwettbewerbs wechseln jährlich Hunderttausende ihre Krankenkasse.

Hauptsächlich die Allgemeinen Ortskrankenkassen als große Versorgerkassen mussten entsprechende Mitgliederverluste in den vergangenen Jahren hinnehmen. Dies ist im Rahmen des Kassenwettbewerbs unvermeidlich.

Aufgrund erfolgreicher Beitragssatzpolitik und Mitgliederarbeit hatte die AOK Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Allgemeinen Ortskrankenkassen allerdings in den vergangenen Jahren nur geringe Mitgliederverluste hinnehmen müssen. Durch die Beitragssatzerhöhung zu Anfang des Jahres 2007 musste jedoch mit verstärkten Mitgliederabgängen gerechnet werden.

Durch die Kündigung von Mitgliedschaften reduzieren sich für die abgebende Krankenkasse die Beitragseinnahmen. Jedoch kann ein Mitgliederwechsel gleichzeitig auch zur Reduzierung der Leistungsausgaben führen.

Aufgrund der rechtzeitigen Berücksichtigung aktueller Entwicklungen ist nach der derzeitigen Datenlage gegenwärtig nicht mit relevanten Auswirkungen zu rechnen. Vorrangig ist die weitere Mitgliederentwicklung der AOK Rheinland-Pfalz zu beobachten.

Die Landesregierung steht im Übrigen im engen Dialog mit der AOK Rheinland-Pfalz.

Zu Frage 3: Nach den Bestimmungen des Gesundheitsstrukturgesetzes können seit dem Jahr 1996 gesetzlich krankenversicherte Mitglieder zwischen den geöffneten gesetzlichen Krankenkassen frei wählen. Dabei gewähren alle Krankenkassen ihren Mitgliedern und familienversicherten Angehörigen umfangreiche Leistungen, die zu 95 % im SGB V einheitlich festgelegt sind.

Zu diesen Leistungen gehört auch die hausärztliche Versorgung, welche alle gesetzlich Versicherten unabhängig von der gewählten Krankenkasse beanspruchen können. Aus diesem Grund ist durch einen Krankenkassenwechsel von der AOK Rheinland-Pfalz zu anderen gesetzlichen Krankenkassen auch weiter ein Anspruch auf hausärztliche Versorgung für gesetzlich Versicherte nach dem SGB V gewährleistet.

Im selbstverwalteten Gesundheitswesen gelten hinsichtlich der hausärztlichen Vergütung die zwischen den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen ausgehandelten Verträge. Die Höhe der Vergütung pro Mitglied kann hier je nach Behandlungsergebnis von Krankenkasse zu Krankenkasse schwanken. Dies ist davon abhängig, zu welcher Krankenkasse das jeweilige Mitglied wechselt.

Zu Frage 4: Sowohl Versicherte, die eine Krankenkasse gewählt haben, als auch Versicherte der AOK Rheinland-Pfalz genießen nach wie vor einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Rahmen des SGB V. Der Kassenwechsel hat keinen Einfluss auf die Leistungsansprüche der Versicherten.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Ich erteile Herrn Dr. Enders für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, können Sie mir zustimmen, dass es bei einer unterschiedlich hohen Kopfpauschale in Höhe von 291 Euro bei der IKK Südwest-Direkt und 476 Euro bei der AOK Rheinland-Pfalz durchaus zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen muss, sodass der Gesetzgeber eigentlich Handlungsbedarf erkennen muss?

Herr Dr. Enders, diese Frage wurde nicht gestellt. Deshalb bin ich darauf auch nicht eingegangen. Natürlich stimme ich dem zu. Es ist in der Tat ein Problem, dass Abwanderungen zu der IKK Südwest-Direkt stattfinden. Im Saarland ist das im vergangenen Jahr besonders extrem gewesen. Die IKK Südwest-Direkt zahlt eine erheblich niedrigere Pro-Kopf-Pauschale als beispielsweise die AOK.

Zwei Dinge sind dabei allerdings zu berücksichtigen: AOK-Versicherte wechseln häufig auch zu anderen großen Ersatzkassen, die zum Beispiel – ich nehme als Beispiel die TK – höhere Kopfpauschalen zahlen als die AOK. Dennoch sehe ich gesetzlichen Handlungsbedarf. Das Problem liegt darin, dass die KV an die vertragliche Vereinbarung der KV Saarland gebunden ist und keine Möglichkeit hat, gegen diese Vereinbarung vorzugehen. Wir sind deshalb sofort beim Bundesministerium vorstellig geworden, nachdem diese Problematik bekannt geworden ist, und haben den Vorschlag unterbreitet, dass die nächste Möglichkeit genutzt wird, um gesetzlich eine Korrektur in dem Sinne durchzuführen, dass die zuständige KV die Möglichkeit hat, die Vereinbarung für sich zu kündigen und neu abzuschließen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, wir haben doch einen drastischen Rückgang bei den Mitgliederzahlen zu verzeichnen. Wie wirkt sich das auf die Beitragssätze im nächsten Jahr aus? Gibt es dazu schon Kalkulationen, oder geht man davon aus, dass der Beitrag im nächsten Jahr gleich bleibt?

Bis zum 1. März 2007 hat sich der Mitgliederverlust auf 0,77 % belaufen. Das habe ich bereits dargestellt. Dennoch muss die weitere Entwicklung beobachtet werden. Man muss damit rechnen, dass aufgrund der unterschiedlichen Beitragshöhen weitere Mitglieder gehen werden.

Trotzdem kann ich sagen, dass die AOK von Anfang an bei der Aufstellung ihres Wirtschaftsplans berücksichtigt hat, dass es zu Mitgliederverlusten kommen wird. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, eine Aussage dazu zu treffen, ob das Einfluss auf spätere Beiträge haben wird. Wir hoffen, dass das nicht der Fall sein wird, aber ähnlich wie andere Krankenkassen ist natürlich auch die AOK Rheinland-Pfalz davon tangiert, dass Mitglieder verstärkt kommen und gehen. Das muss natürlich in den Wirtschaftsplan mit aufgenommen werden.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Enders für eine weitere Zusatzfrage das Wort.

Es gibt einen Brief von einer AOK Bezirksdirektion an einen Verbandsbürgermeister vom 7. März, in dem festgestellt wird, dass es einen Honorarverlust von 2 Millionen Euro jährlich bedeuten würde, wenn nur 10.000 Mitglieder zur IKK Südwest-Direkt wechseln. Meine konkrete Frage: Ist Ihnen bekannt, dass bei anderen Ersatzkassen ähnliche oder geringfügig dramatischere Verhältnisse vorliegen und dass dort Bewegungen zugunsten der IKK Südwest-Direkt stattfinden?

Zum einen habe ich gesagt, dass nicht alle Wechsler von der AOK zur IKK Südwest-Direkt gehen, sondern dass ein Teil zu anderen großen Ersatzkassen wechselt. Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.

Die Hochrechnung kann ich nicht nachvollziehen. Ich kann nur konstatieren, dass die Problematik bei der IKK Südwest-Direkt und der Vereinbarung liegt, die die Ärzte im Saarland mit dieser Krankenkasse abgeschlossen haben. Das ist kein Fehler oder Versäumnis der Politik gewesen. Man hat damals die Entwicklung der IKK Südwest-Direkt unterschätzt und gemeint, sie bleibe immer so klein wie sie damals war und dass das Klientel

so gesund bleibe, dass man mit einer Pro-KopfPauschale von 287 Euro klarkommen könnte.

Nun haben wir die Problematik, dass die Ärzte in Rheinland-Pfalz ebenso an diese Vereinbarung gebunden sind. Die einzige Möglichkeit, die ich als Politikerin sehe, ist die, beim Bund darauf hinzuwirken, dass man diese gesetzliche Regelung dahin gehend verändert, dass die Ärzte in Rheinland-Pfalz Möglichkeiten haben, neue Vereinbarungen mit der IKK Südwest-Direkt abzuschließen.

Ich erteile Frau Kollegin Grosse für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, können Sie etwas zu dem Versicherungspotenzial der AOK im Vergleich zu den anderen Krankenkassen sagen, zum Beispiel, was Krankheit und Einkommen angeht, und ob und in welcher Form sich das durch die Neuordnung des Risikostrukturausgleichs auswirken wird? Könnte das wiederum Auswirkungen auf die Mitgliederstruktur der AOK haben?

Die Mitgliederstruktur der AOK – das ist wahrscheinlich im Haus bekannt – ist auch dadurch geprägt, dass nicht nur gut verdienende oder gesunde Menschen in der AOK versichert sind – diese gibt es allerdings auch in der AOK –, sondern auch diejenigen, die zum Beispiel arbeitslos sind und über niedrige Einkommen verfügen oder erhöhte Krankheitsrisiken haben.

Das ist für die AOK keine einfache Situation. Schaut man sich die Versicherten der anderen großen Ersatzkassen an, weiß man, dass es erhebliche Unterschiede gibt.

Der neue Risikostrukturausgleich, der mit der Gesundheitsreform entwickelt worden ist, wird dazu führen, dass diese Unterschiede keine Rolle mehr spielen werden, weil es dann einen hundertprozentigen Einkommensausgleich geben und das Krankheitsrisiko entsprechend bemessen wird. Das bedeutet auch, dass die AOK mit dem Gesundheitsfonds und dem neuen Risikostrukturausgleich in eine vollkommen andere, nämlich eine im Vergleich zu anderen Krankenkassen gerechtere Startposition versetzt wird.

Ich denke, dass die AOK die große Aufgabe meistern wird, dieses Jahr zu überstehen, ohne zu viele Mitglieder zu verlieren. Sie wird sich auch überlegen, wie sie ihre Mitglieder halten kann. Man muss auch berücksichtigen, dass die AOK als eine der ersten Krankenkassen die Beiträge erhöht hat und andere Kassen nachgezogen sind. Insofern bleibt die Entwicklung abzuwarten und zu schauen, wie sich die Situation der AOK Rheinland-Pfalz weiterentwickeln wird.