Protocol of the Session on March 15, 2007

Das Finanzgericht Niedersachsen hebt also auf das subjektive Nettoprinzip ab. Darin liegt das Problem generell.

Herr Pörksen, ich habe schon damals gesagt, wir müssen steuerpolitisch und auch ordnungspolitisch einfach ein bisschen sauberer denken, unabhängig davon, dass man – gesamtstaatlich gesehen – die Verschuldung nicht wie bisher weiter in die Höhe treiben kann.

Wenn beispielsweise der Gewinn bei einem Selbstständigen ermittelt wird – seine Einnahmen abzüglich der Ausgaben –, kann er diese Fahrtkosten voll von der Steuer absetzen, einmal abgesehen von Privatfahrten, die mit 1 % versteuert werden. Den Arbeitnehmer jedoch hat man schon eingeschränkt. Er kann zwar Werbungskosten geltend machen, da haben Sie recht, aber die Werbungskostenpauschale ist eine Vereinfachungsregelung. Deswegen ist nach der Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Ob sich das Bundesverfassungsgericht dem anschließen wird, ist eine andere Frage, da gebe ich Ihnen recht.

Herr Ministerpräsident, ich gebe Ihnen auch in Ihrer Auffassung recht, dass wir das Gesetz nicht ändern können. Das Gesetz ist in der Welt. Herr Kollege Billen, wenn Sie es ändern würden, müssten Sie es rückwirkend ändern und müssten es damit außer Kraft setzen. Das geht schlicht und einfach nicht.

Herr Kollege Creutzmann, ich möchte noch einen formalen Hinweis geben. Wir haben für jeden Redner nicht, wie ich eingangs sagte, sieben Minuten Redezeit, son

dern vier Minuten. Sie haben nun noch zwei Minuten Redezeit, Herr Creutzmann.

Ich stelle es mir immer sehr glänzend vor, wenn Herr Kollege Baldauf in die Bundesvorstandssitzung seiner Partei kommt, zu Bundeskanzlerin Frau Merkel geht und sie ihn fragt: „Herr Baldauf, wie geht es in RheinlandPfalz?“ – Daraufhin sagt er: „Herrn Ministerpräsident Beck habe ich es wieder einmal gezeigt.“

(Baldauf, CDU: Genau!)

„Ich habe eine Presseerklärung herausgegeben, die besagt, er soll dieses Gesetz abschaffen.“ – Daraufhin zuckt Bundeskanzlerin Frau Merkel wahrscheinlich zusammen und sagt: „Das haben wir doch in der Koalition vereinbart. Darunter stehen zwei Unterschriften, und wenn der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz demnächst zu mir kommt und fordert die Abschaffung des Gesetzes, muss ich ihm sagen, das geht nicht. Zum einen fehlt uns das Geld – das hat Herr Steinbrück in seiner mittelfristigen Finanzplanung schon eingeplant –, und zum anderen haben wir es so vereinbart.“

Deswegen ist es sehr schön, dass Sie das fordern. Aber Sie müssen im rheinland-pfälzischen Parlament immer auch daran denken, zu all diesen Gesetzen haben Sie in Berlin die Hand gehoben, Herr Kollege Billen. Dann können Sie nicht sagen: „Ich kämpfe in Rheinland-Pfalz dafür, dass es abgeschafft wird.“ – Das kommt gelegentlich auch einmal bei anderen Parteien vor, aber das muss man den Menschen draußen erklären. Deswegen bin ich immer über die kraftvollen Presseerklärungen erstaunt.

(Licht, CDU: Herr Creutzmann, wenn Sie Ihre Parteitagsbeschlüsse in Rheinland-Pfalz als Fraktion immer umgesetzt hätten, wären Sie gut dran! Dann wären Sie gut dran! Das hätten Sie selbst umsetzen müssen! In eigener Person hätten Sie das alles tun können!)

Ja, das schaffen wir nicht immer, Herr Kollege Licht.

(Beifall bei der CDU)

Da haben Sie schon recht, aber wir tönen dann nicht so laut.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Nur ruhig, Herr Kollege Licht. Regen Sie sich doch nicht auf!

Ich gebe Herrn Ministerpräsidenten Kurt Beck recht: Es ist ein Finanzproblem. Der Bund rechnet mit dem Geld.

(Glocke des Präsidenten)

Aber – und damit schließe ich – man sollte, wenn man ins Steuerrecht geht, immer versuchen, ordnungspolitisch sauber zu bleiben. Wir werden morgen bei der Unternehmenssteuerreform teilweise wieder das Gleiche erleben: Man beschließt Dinge und läuft sehenden Auges in Situationen hinein, denen der EuGH nicht zustimmen wird. Das ist das Problem.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Das Wort hat nun Herr Kollege Puchtler.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer interessant zu sehen, was im Ablauf der Zeit so alles gefordert wird. Sie erinnern sich vielleicht daran, es gab einmal einen Professor mit Namen Kirchhoff aus einem Ort, der nicht so weit von hier entfernt liegt. Es ist noch keine eineinhalb Jahre her, was wurde da alles gefordert: 418 Ausnahmetatbestände sollten abgeschafft werden, und heute macht man sich in der Diskussion stark für andere Dinge.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich wollte nur einmal daran erinnern, was damals alles gefordert wurde und wer mit viel Kraft und mit viel Macht dagegengehalten hat, damit wir für die Fernpendler, aber auch für die Menschen, die in Vereinen und in anderen ehrenamtlichen Organisationen tätig sind, viel retten konnten. Dies muss an dieser Stelle einmal ganz deutlich gesagt werden.

(Beifall der SPD)

Ich nenne des Weiteren das Stichwort der Doppelzüngigkeit, die mehrfach auftritt. Dies ist zum einen der Fall, wenn es um landespolitische Dinge geht: Heute Morgen konnte man immer wieder hören, Zinslasten, sparen, sparen. – Ich könnte aber auch eine Masse Zeitungsartikel von Initiativen vor Ort hervorholen, die fragen: Wo bleibt der Ausbau der Landesstraßen? Wo bleibt die Zuwendung?

(Harald Schweitzer, SPD: So ist es!)

Wenn man einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn bewilligt, weil es vor Ort notwendig ist, beispielsweise eine Schule zu bauen, heißt es auf einmal, dies seien verspätete Schulbauzuwendungen. All diese Dinge werden ständig gefordert und gefordert.

Ich sage ganz klar, das werden wir nicht durchgehen lassen. Hier so reden und dort so reden, da passen wir genau auf, lieber Herr Kollege Schreiner.

(Beifall der SPD)

Im Zuge der Zeit erhält die Doppelzüngigkeit auch noch einen zweiten Part, den wir ebenfalls nicht durchgehen lassen. Ständig werden Forderungen aufgestellt und Pressemitteilungen herausgegeben. Es werden Dinge auf den Weg gebracht, die man zumindest anteilig auch in Berlin mitgetragen hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das werden wir auch nicht durchgehen lassen.

Unser Kurs heißt: konsolidieren, vorsorgen, investieren. Wir machen eine realistische Politik für die Menschen, die berechenbar ist und die sich – vor allem darauf kommt es an – im Rahmen dessen bewegt, was finanzwirtschaftlich vertretbar ist. Wenn wir sagen, das können wir halten, dann können wir es auch umsetzen und bauen keine Wolkenkuckucksheime. Dies ist verantwortliche Politik für Rheinland-Pfalz, und dabei bleiben wir!

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Herr Kollege Michael Billen.

Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab und es gibt immer noch viele in Berlin in allen Parteien, die wirklich der Meinung sind, man solle dort wohnen, wo man arbeitet, und eine für meine Begriffe vollkommen verkehrte Vorstellung von Leben im ländlichen Raum und Sicherung des ländlichen Raums haben. Daher meine Bitte: Holen Sie sofort aus dem LEP IV den Gesetzentwurf heraus, in dem steht, dass im ländlichen Raum nur noch dort gebaut werden darf, wo der Rheinland-Pfalz-Takt funktioniert. Holen Sie ihn heraus, es steht drin! – Holen Sie ihn heraus, damit Anspruch und Wirklichkeit auch übereinstimmen. – Holen Sie ihn bitte heraus!

Ich komme nun auf die Petersberger Beschlüsse zu sprechen, die schon etwas älter sind. Die Petersberger Beschlüsse wären hervorragend, hätte sie Oskar Lafontaine nicht mit der Bundesratsmehrheit – auch mit Ihrer Hilfe – blockiert. Diese Steuerbeschlüsse waren ganz hervorragend.

Dann kam der Bundestagswahlkampf. Damals hat die SPD gesagt: Mit uns ist keine Mehrwertsteuererhöhung zu machen, und die CDU hat die Kilometerpauschale angegriffen. Dies steht im Bundestagswahlkampfprogramm. Herr Ministerpräsident, dies geschah gegen meinen erklärten Willen. Ich habe auf dem Bundesparteitag gesagt, das kann man nicht machen. Ich habe es auch nicht vertreten. Es gibt Dinge, die man nicht vertreten kann, und als Rheinland-Pfälzer schon zweimal nicht.

Dann kam die Lösung, und Sie haben gesagt, die 20 Kilometer sind von Verfassungsrechtlern bedacht worden. Ich bin auch kein Jurist. Das war für viele von uns nicht schön, aber man hat es irgendwann akzeptiert. Aber die Lösung sowie auch die Begründung, die die

Verfassungsrechtler dann gefunden haben, ist die Begründung, weshalb das Finanzgericht in Niedersachsen zu dem Ergebnis kommt, dass der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird und dies nicht möglich sei.

Ich bin kein Jurist und weiß, bei fünf Juristen gibt es sieben Meinungen. Ich weiß nicht, was kommen wird, wenn das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden wird, was der Fall sein wird. Genau das ist der Punkt, warum ich heute Morgen gesagt habe, dann lass es uns vorsorglich noch einmal anpacken. Wenn die CDU Rheinland-Pfalz und ich eine Chance sehen, bei dieser Kilometerpauschale noch einmal auf den alten Stand zu kommen, gerade aus Sicht eines RheinlandPfälzers – – – Sie haben recht, es ist ein Unterschied von sieben bis acht Kilometern. Um dem aus dem Weg zu gehen, frage ich noch einmal: Was machen wir denn, wenn das Bundesverfassungsgericht sagt, der Gleichheitsgrundsatz ist nicht gewahrt, also weg?

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ja, dann ändern wir das Gesetz. Dann haben wir zuerst einmal einen großen Nachteil.

(Creutzmann, FDP: Das geht aber nicht anders!)

Warum nutzen wir denn nicht die politische Chance, Herr Ministerpräsident, auch in Berlin dafür zu kämpfen, auch in unserer Partei, um zu sagen: Lasst uns das unter dem Gesichtspunkt dessen sehen, was wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Beweglichkeit zumuten, was wir von ihnen verlangen. Lassen Sie uns unter dem Gesichtspunkt noch einmal darüber nachdenken und es dann noch einmal anpacken.

Uns vorzuwerfen, wir würden mit den Finanzen so großzügig umgehen und in Hinterzimmern diskutieren, dazu muss ich sagen, ich habe Ihre Finanzvorschläge im Fernsehen zur Kinderkrippe gehört und dann auch nachgelesen. Für meine Begriffe ist es ein Stück abenteuerlich, wie man die mit dem Umschwung macht. Ich habe leider nicht mehr Zeit.

(Noss, SPD: Neues Thema!)

Wenn man Finanzpolitik ein bisschen in Zusammenhang sieht – – – Ich bekam den Vorwurf gemacht, wir würden nur aufsatteln. Dann muss man das doch sagen können.