Wenn mir jemand vor 15 Jahren gesagt hätte, dass nun die frühe Förderung der Kinder als anerkannter Bereich der Bildung im letzten Kindergartenjahr beitragsfrei wird, ich hätte es kaum für möglich gehalten, aber so werden Wünsche und Überzeugungen Wirklichkeit.
Da sagt genau der Kollege, der gerade von der CDU gerufen hat: „Brauchen wir nicht. Wenn die mit fünf Jahren in der Schule sind, ist das auch beitragsfrei.“ – Superlogik, das ist ein Meisterstück.
Im Übrigen können die Kinder früher zur Schule, eine Regelung, die vorgesehen ist, die die Frau Ministerin vorhin erläutert hat und die zusammen mit den Eltern Möglichkeiten eröffnet.
Dieser Gesetzentwurf zur frühen Förderung setzt genau die richtigen Schwerpunkte für den bedarfsgerechten Ausbau der Betreuung unter Dreijähriger mit dem Rechtsanspruch ab 2010; für das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr, für die Weiterentwicklung der Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen, für die Sprachförderung in den Kindertagesstätten und der verbindlichen Zusammenarbeit mit den Grundschulen, auch über die Dokumentationen und damit für die Verbesserung des Übergangs von der Kindertagesstätte zur Grundschule.
Das alles dies finanziell im Sinn des Konnexitätsprinzips unterfüttert ist, wissen Sie nicht nur aus dem Gesetzentwurf, der sich auf den Beschluss der Finanzausgleichskommission beziehen kann, sondern auch weil mein Kollege Harald Schweitzer Ihnen diese kommunalfreundlichen Regelungen kürzlich eindrucksvoll erläutert hat, (Beifall der SPD)
Regelungen, die übrigens durchaus mit den vorherigen Investitionskostenzuschüssen und den Trägervereinbarungen im Einklang sind.
Wir stülpen nichts über. Wir nehmen Landesmittel in die Hand, um die Chancengleichheit zu gewährleisten.
Das sind 25 Millionen für die Beitragsfreiheit und die Elternentlastung, das sind acht Millionen für Sprachförderung, zwei Millionen für die Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher und viele weitere Zuschüsse für zusätzliches Personal, also im Personalkosten- und Ausstattungsbereich, inklusive des Bonussystems.
Meine Damen und Herren, das eine sind die finanziellen Regelungen, die wichtig sind. Herr Ministerpräsident und Frau Ministerin, es ist Ihnen zu danken, dass dies wieder einmal geräuschlos im Konsens und mit hohen Landesmitteln geschafft wird.
Das ist mir klar, dass das oft lieber anders gesehen würde, aber ich denke, diese Landesregierung hat bewiesen, dass es durchaus geht.
Meine Damen und Herren, das andere sind die Kinder, ihre Familien und ihre Bildungschancen, die im Mittelpunkt des Gesetzes stehen. Ich freue mich darüber, dass Kinder früher als bisher ab zwei Jahren und ab 2010 mit einem Rechtsanspruch die Kindertagesstätten besuchen.
Ich freue mich darüber, dass die Sprachförderung für alle Kinder verbessert wird. Ich freue mich darüber, dass die Dokumentationen Kindern, Eltern und Grundschulen weiterhelfen werden, dass das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei wird und somit alle Kinder in den Kindergarten gehen können, die Kommunen und Träger gefördert werden und die Kindertagesstätten dadurch, trotz des demografischen Wandels, im Dorf bleiben.
Meine Damen und Herren, Kinder haben gute Zukunftschancen verdient, Bildung von Anfang an. Wir machen’s einfach.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir als Landtagsfraktion der GRÜNEN sehen den Gesetzentwurf der Landesregierung als dringend notwendigen Schritt hin zu einem wirklichen kinder- und familienfreundlichen Land und zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf an.
Endlich bewegt sich die Landesregierung beim Ausbau der frühen Förderung für Kinder. Dieser Ausbau ist seit vielen Jahren überfällig.
Nach Angaben des Bildungsministeriums auf unsere Große Anfrage liegt die Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren lediglich bei 6,2 %. Das heißt, dass nur jedes 16. Kind unter drei Jahren theoretisch die Möglichkeit auf einen Betreuungsplatz hat.
Damit insbesondere Eltern aber darauf vertrauen können, zeitnah nach der Geburt Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können, wenn sie es denn möchten, muss insbesondere die Betreuung für unter Dreijährige massiv ausgebaut werden. Jahrelang hat diese rotgelbe Landesregierung alle unsere grünen Initiativen zur qualitativen und zur quantitativen Verbesserung der frühkindlichen Bildung abgelehnt mit dem Hinweis, es werde schon genug getan. Nun endlich handeln Sie, meine Damen und Herren, und das ist zunächst einmal zu begrüßen. Wir GRÜNEN sehen uns natürlich auch in unserer konsequenten Politik für mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit bestärkt.
Meine Damen und Herren, eine frühe und gute Förderung und Bildung von Kindern bildet das Fundament für gerechtere und bessere Startchancen für alle Kinder. Die dafür nötigen Schritte hat unsere Fraktion vor über drei Jahren in ihrem Änderungsantrag bei der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes formuliert. Seit dieser Zeit haben wir immer und immer wieder in Parlamentsanträgen und in Anträgen zum Landeshaushalt konkrete Vorschläge zum Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren, zur Verbesserung der Sprachförderung, zur finanziellen Entlastung der Eltern vom Kindergartenbeitrag, zur Weiterentwicklung von Kindertagesstätten und von Bildungseinrichtungen und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule gemacht.
Vieles hat die Landesregierung in ihrem vorliegenden Entwurf von uns übernommen. Leider ist sie jedoch in einigen Punkten, die ich gleich erwähnen möchte, hinter unserem Entwurf zurückgeblieben. Wir werden aber sicherlich im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens noch die Gelegenheit haben, das eine oder andere zu besprechen. Ich bin guter Dinge, dass wir bei den Beratungen zu diesem Gesetz das eine oder andere noch verbessern können.
Die Umsetzung des Programms – das hat auch Herr Kollege Lelle schon erwähnt – ist in einigen Teilen halbherzig und kommt – wie leider so vieles dieser Landesregierung – viel zu spät. Wir GRÜNEN haben schon vor Jahren Fördermöglichkeiten aufgezeigt, die den Ausbau von Plätzen für alle Kinder im Alter von bis zu drei Jahren voranbringen. Meine Damen und Herren, wir GRÜNEN haben auch solide Finanzierungsvorschläge dafür vorgelegt.
Im Vordergrund steht für uns die pädagogische Qualität, mit der Bildung, Betreuung und Erziehung in Kindertagesstätten umgesetzt werden kann, und im Vordergrund steht auch die Schaffung eines bedarfsgerechten und wohnortnahen Platzangebots für alle Kinder. Wir wollen,
dass Mütter und Väter Erwerbstätigkeit bzw. Ausbildung und Kinder miteinander vereinbaren können. Wir wollen, dass Kinder früh und gut gefördert werden und die Bildung und Erziehung in den Familien unterstützt wird, und zwar unabhängig davon, wie alt das Kind ist. Wir wollen dies für alle Eltern, die dieses Angebot in Anspruch nehmen wollen.
Meine Damen und Herren, gerade aus diesem Grund unterstreichen wir heute und auch im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens noch einmal unsere Forderung nach einem Ausbau insbesondere von altersgemischten Gruppen und vor allem auch von Häusern für Kinder; denn – so glauben wir, und davon sind wir überzeugt – sie bieten beides: Sie bieten pädagogische Qualität, und sie bieten die notwendige Beweglichkeit und Flexibilität, um einer sehr differenzierten Nachfrage nach Plätzen gerecht zu werden. Ob die Kinder neun Wochen, vier Jahre oder neun Jahre alt sind, Häuser für Kinder bieten tatsächlich Plätze für alle, und dies auch noch bei Kleingruppen von 15 Plätzen, wo Kinder individuell gefördert werden können.
Häuser für Kinder, aber auch andere altersgemischte Gruppen sind erprobte und zukunftsfähige Modelle, und sie bieten gerade bei den Öffnungszeiten und gerade im ländlichen Raum das größere Zeitfenster und sehr viel mehr Flexibilität für die Eltern.
Die Förderung dieser Angebote kommt leider – das muss ich dazusagen – im vorliegenden Gesetzentwurf zu kurz; denn es bleibt gerade bei den Häusern für Kinder alles beim Alten. Die Landesregierung bleibt mit der Öffnung der Kindergärten für die Kinder ab zwei Jahren hinter den pädagogischen Möglichkeiten zurück.
Die verbesserte Förderung der Krippen, wie sie im Gesetz vorgesehen ist, ist ohne Zweifel dringend notwendig und überfällig. Sinnvoll wäre es allerdings in diesem Zusammenhang gewesen, wenn auch altersgemischte Gruppen und Häuser für Kinder, die auch Kinder im Krippenalter aufnehmen, stärker davon profitieren könnten.
Meine Damen und Herren, ohne Frage zu begrüßen ist der Ausbau der Sprachförderung, der mit dem vorliegenden Gesetzentwurf endlich ein zumindest einigermaßen tragfähiges Fundament erhält. Ziel muss es sein, dass alle Kinder, wenn sie in die Schule kommen, dem Unterricht in deutscher Sprache folgen können; denn es ist nicht mehr hinnehmbar, dass Kinder mit Migrationshintergrund von Anfang an tatsächlich in ihrer Bildungslaufbahn schlechtere Startchancen haben. Deshalb ist es wichtig, dass in den Bereich der Sprachförderung investiert wird. Deshalb muss dieser wichtige Schritt unserer Meinung nach auch von vielen anderen Maßnahmen begleitet werden. Wir brauchen eine weitere Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher, vor allem auch im Bereich der interkulturellen Pädagogik und der Diagnosefähigkeit der sprachlichen Entwicklung.
Wir brauchen aber auch mehr pädagogische Fachkräfte mit Migrationshintergrund in den Kindertagesstätten, und wir müssen gerade auch die Kinder mit Migrationshintergrund sowohl in Deutsch, als auch in ihrer Erstsprache fördern. Die Eltern der Kinder und viele externe Fachkräfte müssen bei den Konzepten und bei der Umsetzung der Sprachförderung einbezogen werden, und darüber hinaus müssen ohne Zweifel auch viele weitere Beispiele zur Zwei- und Mehrsprachigkeit in den Kindertagesstätten ausgebaut und weitergeführt werden.
Meine Damen und Herren, natürlich stärkt es auch den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten, dass das letzte Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt der Kinder für die Eltern beitragsfrei gestaltet werden soll. Im vorletzten Kindergartenjahr betrug die Besuchsquote der rheinlandpfälzischen Kindertagesstätten 92 %. Vor allem Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund oder aus so genannten bildungsfernen Familien gehen häufig doch nicht in den Kindergarten, und dabei trägt eigentlich ein regelmäßiger Besuch des Kindergartens nachweislich dazu bei, dass gerade Benachteiligungen ausgeglichen werden können. Deshalb ist es unserer Auffassung nach langfristig erforderlich, nicht bei der Beitragsfreiheit des letzten Kindergartenjahres stehen zu bleiben, sondern sich Gedanken darüber zu machen, wie wir uns ein Konzept erarbeiten können, um den gesamten Besuch des Kindergartens für die Eltern beitragsfrei zu gestalten.
Meine Damen und Herren, auch die Zusammenarbeit von Kindertagesstätte und Schule beim Übergang der Kinder wird in diesem Gesetzentwurf endlich neu gestaltet. Kinder sollen und dürfen keinen Bruch in ihrer Bildungsbiografie erfahren müssen, sondern Bildungsprozesse müssen aus den Kindertagesstätten in den Grundschulen weitergeführt werden.
Meine Damen und Herren, die richtige Antwort auf den demografischen Wandel ist ohne Zweifel ein konsequenter Ausbau der Infrastruktur für alle Familien und Kinder. Es ist eine zentrale Aufgabe von Politik, sowohl die Bedürfnisse der Eltern als auch die Bedürfnisse von Kindern ernst zu nehmen. Menschen, die mit Kindern leben, Menschen, die mit Kindern leben wollen, sollen ihre Lebensentwürfe leben können und nicht aufgrund mangelnder und mangelhafter Betreuungsplätze nur geringe Chancen sehen, ihre Lebensplanung zu realisieren. Eine Kinderbetreuung, die wirklich frühkindliche Bildung stärkt, schafft gerechtere und bessere Startchancen für alle Kinder. Sie bereichert die Erziehung und Bildung in der Familie und ist auch für die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben unverzichtbar.
Meine Damen und Herren, dafür haben wir GRÜNEN auch weiterhin das schlüssigste Konzept, da es an den Bedürfnissen der Kinder und der Eltern sowie auch an den haushaltspolitischen Rahmenbedingungen orientiert ist. Ich freue mich auf die Auseinandersetzung in den betreffenden Ausschüssen, und ich hoffe, dass wir gemeinsam noch die eine oder andere Verbesserung wie beispielsweise eine grundsätzliche Aufwertung der Aus
bildung von Erzieherinnen und Erziehern oder auch die notwendige Reduzierung von Gruppengrößen bewirken können.