Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum dritten Mal in diesem Jahr diskutieren wir in diesem Parlament das Vorhaben der Landesregierung bezüglich der Frühförderung von Kindern.
Diese Tatsache offenbart die Taktik dieser Landesregierung, nämlich, jeder Trippelschritt in der Bildungspolitik wird drei-, viermal medial aufbereitet, um den Eindruck zu erwecken, als würde man das Rad neu erfinden.
In Wirklichkeit hat die Landesregierung die Entwicklung verschlafen und hinkt mit der Umsetzung notwendiger Reformen in der Bildungspolitik hinterher.
Ich habe im Juli schon festgestellt, dass die Absicht der Landesregierung, die Frühförderung der Kinder zu verbessern, halbherzig und teilweise unausgegoren ist. Ich wiederhole dies gern noch einmal, weil dies im Gesetzentwurf erneut deutlich wird.
Mehr als eineinhalb Jahre, nachdem die CDULandtagsfraktion ein umfassendes Konzept für eine kindgerechte Bildungspolitik vorgelegt hat, präsentiert die Landesregierung nun ihren Entwurf zur Verbesserung der Frühförderung. Hierbei wird deutlich, die Regierung Beck hinkt damit fast allen Bundesländern hinterher.
Frau Ministerin Ahnen, Sie haben nach Vorlage der PISA-Ergebnisse wichtige und kostbare Zeit verloren.
Ich sage das ganz bewusst, weil wir die Bedeutung der frühkindlichen Bildung parteiübergreifend für außerordentlich wichtig erachten. Erziehungswissenschaftler, Psychologen und Hirnforscher sind sich einig, dass die wesentlichen Grundlagen für die Entwicklungschancen unserer Kinder in den frühen Kindheitsjahren gelegt werden. Die PISA-Ergebnisse haben gezeigt, dass wir gerade in diesem Bereich erheblichen Nachholbedarf haben. Ein Hemmnis der Frühförderung mag die bisherige Auffassung und Sicht der frühen Kindheit in der deutschen Pädagogik gewesen sein. Dies manifestiert sich meiner Meinung nach in dem Begriff „Kindergarten“, das heißt, Kinder entfalten sich wie eine Blume im Garten. Deren Schönheit ist aber genetisch festgelegt. Bei dem Kleinkind spielen die Gene, also die Veranlagung, zwar auch eine große Rolle, zur vollen Entfaltung der Persönlichkeit und seiner Fähigkeiten kommen aber andere wichtige Faktoren hinzu. Neugierde und Wissbegierde, die geweckt und erhalten werden müssen, Denkanreize durch Denkanstöße, Kreativität zur Erfassung der Vielfalt, Lernmotivation durch gestellte Herausforderungen, um nur einige zu nennen.
Es verwundert deshalb nicht, wenn auch heute noch die übergroße Mehrheit der Eltern den Betreuungsaspekt im Kindergarten besonders hoch einschätzt. Frau Ministerin, Sie haben das vorhin angesprochen. Andere Länder, wie zum Beispiel Frankreich, sind uns hier um Jahre voraus. Vorschulisches Lernen ist in der „Ecole Maternelle“ seit Jahren Normalität. Daran können und müssen wir uns zukünftig orientieren. Wir brauchen die individuelle Frühförderung heute und jetzt.
Darin – so denke ich – sind wir uns alle einig. In der Vorgehensweise und der Umsetzung dieser Zielsetzung gibt es allerdings erhebliche Unterschiede. PISA hat gezeigt, dass das deutsche Bildungssystem in Bezug auf die individuelle Frühförderung und die Integration für Immigrantenkinder die größten Defizite aufweist.
Mangelnde Sprachkenntnisse sind entscheidendes Hemmnis beim Bildungserwerb. Die Feststellung solcher Sprachdefizite zu einem möglichst frühen Zeitpunkt und ihre individuelle Beseitigung ist Kernstück einer jeden Frühförderung.
Frau Ministerin, allerdings müssen Sie sich an dieser Stelle fragen lassen, warum die Integration bei uns nicht besser gelungen ist. Sie hatten schließlich 15 Jahre Zeit dazu.
Hier nun unterscheiden sich unsere Pläne erheblich. Frau Ministerin, Sie wollen diese Aufgabe im Kindergarten angehen. Das kann man so machen, ohne Zweifel.
Wir wollen die Grundschullösung. Weil Frau BredeHoffmann dazu wieder behaupten wird, dies sei eine Missachtung und Zurückversetzung der Erzieherinnen und Erzieher, will ich in aller Deutlichkeit feststellen, Erzieherinnen und Erzieher leisten eine ungeheuer wichtige Aufgabe in vorbildlicher Weise.
Sprachdefizite abzubauen und Lesefähigkeit zu vermitteln, ist aber kein Ausbildungsthema der Erzieherinnen und Erzieher. Man könnte dies durch eine Fachhochschulausbildung ändern, Frau Kollegin.
Aber genau dazu ist die Landesregierung nicht bereit. Also ist ihr Konzept halbherzig und letztlich unehrlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach diesen Ergüssen will ich der Frau Ministerin erst einmal Dankeschön sagen, und zwar für die zügige Bearbeitung des Programms.
Lieber Herr Lelle, das waren Riesenschritte. Aber vielleicht kommt der eine oder andere aus Ihrer Fraktion bei diesen Riesenschritten nicht so ganz mit.
Es gab in der Zwischenzeit eine Anhörung dazu, die breit angelegt war. Diese Anhörung hat gezeigt, wie positiv dieser Gesetzentwurf überall gesehen wird.
Dass der große Kollege von der CDU – damit meine ich jetzt nicht Herrn Lelle – das nicht so sieht, das stand in seinem Newsletter. Der sprach genau wie Sie wieder, das hören wir so oft: Zu spät, unzureichend und überhaupt.
Wenn man die Kinder mit fünf Jahren in die Schule steckt, dann käme das Ihren, nämlich den CDUVorstellungen, entgegen. Jetzt muss ich aber einmal fragen: Welche frauen- und familienpolitischen Vorstellungen sind das?
Sind das die von Ihrem Kompetenzteam-Professor, nach dem die Frauen zuhause bleiben und Kinder erziehen sollen? Nein, mit uns nicht.
Weder wollen wir auf die gut ausgebildeten Frauen im Erwerbsleben verzichten noch wollen wir Kinder mit fünf Jahren zwangseinschulen. Wir wollen und werden die Vereinbarkeit von Eltern und Beruf genauso weiterfördern wie die Chancengleichheit in der Bildung der Kinder.
waren genau dies meine Schwerpunkte, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Frauenförderung und die Bildung.
Dazu ist bis heute viel Positives geschehen. Das ist in dieser Landesregierung ein Vielfaches: „Versprochen und Gehalten!“
Ich weiß, dass unsere schwarzen Freunde das so gern nicht hören, aber es macht Spaß, und das immer wieder: Der Ausbau der Kindertagesstätten mit unbürokratischen Investitionszuschüssen zu mehr als dem Rechtsanspruch für Drei- bis Sechsjährige, die hohen pädagogischen Standards – ein Vielfaches versprochen und gehalten bei Gruppengrößen und Personalschlüssel.
Viele neue Arbeitsplätze für Erzieherinnen und Erzieher und deren Fort- und Weiterbildung mit zusätzlichen Qualifikationen bis hin zum Studium, darüber hinaus die
vielen qualitativen Weiterentwicklungen, die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen, die Sprachförderprogramme und anderes mehr.
Mehr noch: Die Förderung der kirchlichen und freien Träger, die die Elternbeiträge niedrig gehalten haben. Es ist, wie wir alle wissen, also viel geschehen. Da kann von zu spät wirklich keine Rede sein.