Protocol of the Session on June 3, 2005

Nein, dazu liegt uns nichts vor. Das ist uns nicht bekannt.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz für eine weitere Zusatzfrage das Wort.

Ich möchte eine weitere Frage zur beliebten Bundesagentur für Arbeit stellen. Am 22. Mai, einem Wahlsonntag, ist eine Meldung durch die Medien gegangen, wonach die Bundesagentur für Arbeit eine umfassende Überprüfung von ALG-II-Empfängern jenseits der normalen Überprüfung in Form von Kontenüberprüfungen, aber auch in Form von Umfeldüberprüfungen vornehmen wolle. Ist Ihnen etwas über konkrete Pläne bekannt? Wissen Sie etwas über den Hintergrund für diese konkreten Meldungen und zu den konkreten Auswirkungen?

Ich war auch relativ erstaunt über diese Aussage. Dabei geht es vor allen Dingen um die berühmten Langzeitarbeitslosen, die dieser zusätzlichen Prüfung unterliegen sollen. Wir haben im Moment noch keine konkreten Erkenntnisse darüber, wie das erfolgen soll. Aber auch das ist aus meiner Sicht eine komplett unnötige, zusätzliche Bürokratie, weil dann, wenn wir das ernst meinen, was mit Hartz IV gewollt ist, es wichtig ist, dass diese Menschen zu ihrem Fallmanager kommen und im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung für sie Zukunft gestaltet wird. In diesem Zusammenhang lernt man die Menschen eigentlich auch umfassend kennen, sodass es völlig absurd ist, über eine statistische Situation Langzeitarbeitslose auf einem anderen Weg sozusagen zu beleuchten.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Pörksen für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, können Sie uns erklären, aus welchem Grund die Bundesagentur sich weigert, die Entfristung vorzunehmen? Es ist wirklich ein völliger Unsinn, alle sechs Monate diese Anträge erneut zu stellen.

Dazu gibt es zwei Dinge zu sagen. Zum einen haben wir eine gesetzliche Regelung, bei der es sich allerdings um eine Soll-Vorschrift handelt. Als Juristin sage ich, bei dem, was derzeit vor Ort abläuft, könnte man die SollVorschrift durchaus auch etwas offener auslegen. Das ist ein formales Hindernis, über das man meiner Mei

nung nach aber hinwegkommt; denn wir haben die Situation, dass vor Ort die Eingliederung wieder total zurückfällt – wir waren gerade sozusagen auf dem aufsteigenden Ast –, weil alle jetzt mit diesen Leistungsbescheiden beschäftigt sind. Man könnte meiner Meinung nach das Gesetz durchaus so auslegen.

Zum anderen haben wir auch andere Lösungsvorschläge unterbreitet, sodass es noch nicht einmal ein gesetzliches Problem gibt. Mein persönlicher Eindruck ist aber, dass die Philosophie der Bundesagentur sehr statisch und bürokratisch im Sinne dessen ist,

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Mertes, SPD: Das ist höflich ausgedrückt!)

„Wenn wir die Menschen zwingen, alle sechs Monate einen neuen Antrag zu stellen, haben wir die voll im Blick und voll im Griff. Vielleicht bleibt auch der eine oder andere zu Hause.“ Dabei wird völlig verkannt, dass sie im Rahmen der Eingliederung ohnehin bei einer Arbeitsgemeinschaft Kunde sind und man dann auch sehr vernünftig über ihre persönliche Situation sprechen und in dem Zusammenhang nachprüfen könnte, ob sich an den persönlichen Vermögensverhältnissen etwas verändert hat.

Dieser Punkt ist aus meiner Sicht inzwischen ein totales Ärgernis, weil man merkt, dass bei den Arbeitsgemeinschaften an dieser Stelle ein richtiger Bremsklotz entstanden ist.

Ich erteile Frau Abgeordneter Grosse für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Mainz. Er hat mir erläutert, dass die Fehler in der Software, die im Januar aufgetreten sind, im Wesentlichen behoben seien und sich das ganze Verfahren erheblich verbessert habe.

Sie bereisen die Arbeitsgemeinschaften. Wird Ihnen das dort so bestätigt?

Das System ist inzwischen ziemlich sicher. Es stürzt nicht wie am Anfang immer wieder ab. Die Kritik an dem A2LL ist, dass manche Sachen nicht entsprechend erfasst werden können und die Schnittstellen nach wie vor problematisch sind. Dadurch müssen viele Sachbearbeiter Daten doppelt und dreifach eingeben. Damit leben diese vor Ort inzwischen. Sie sagen, das ist nicht mehr unser eigentliches Problem. Die Software ist zuverlässig, wenn sie auch nicht ideal ist. Dies steht nicht mehr im Vordergrund der Gespräche. Das sind inzwischen ganz andere Themen.

Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Petra Elsner, Ruth Leppla und Heike Raab (SPD), Audit Beruf und Familie – Nummer 7 der Drucksache 14/4190 – betreffend, auf.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Elsner.

Im Rahmen einer familienbewussten Arbeitswelt fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Kriterien werden nach dem von der Initiative der gemeinnützigen Hertie-Stiftung entwickelten „Audit Beruf und Familie“ in Betrieben geprüft?

2. Welche Vorteile erwarten Betriebe in Rheinland-Pfalz durch die Zertifizierung ihrer familienbewussten Personalpolitik?

3. Wie unterstützt das zuständige Ministerium die Auditierung von rheinland-pfälzischen Betrieben finanziell und ideell?

Frau Staatsministerin Dreyer antwortet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Petra, Elsner, Ruth Leppla und Heike Raab beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Ziel ist, durch das „Audit Beruf und Familie“ einen Prozess in Unternehmen zu initiieren, der sehr spezifisch auf das Unternehmen zugeschnitten ist. Daher gibt es keine Standardlösungen, die für alle Unternehmen gelten.

Im Rahmen der Auditierung wird nicht nur der Status quo der Angebote überprüft, sondern es werden auch Ziele und weiterführende Maßnahmen zur Verbesserung einer familienbewussten Personalpolitik vereinbart. Für die Vergabe des Grundzertifikats ist es erforderlich, dass sich die Unternehmen mit allen acht Handlungsfeldern – Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Informations- und Kommunikationspolitik, Führungskompetenz, Personalentwicklung, Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen sowie Service für Familien – befassen.

Der unabhängige Audit-Rat begutachtet darüber hinaus, ob die im Rahmen des Audit gesetzten Ziele und Maß

nahmen zur Verbesserung der familienbewussten Personalpolitik hinreichend und realistisch sind. Während der dreijährigen Umsetzungsphase wird geprüft, ob eine ernsthafte Realisierung der Ziele erfolgt. Neben diesen entscheidenden inhaltlichen Kriterien wird formal darüber befunden, ob der Ablauf der Auditierung korrekt nach den vorgegebenen Richtlinien erfolgt, die zeitlichen Vorgaben eingehalten und die Dokumente vollständig sind.

Zu Frage 2: Die Implementierung einer familienbewussten Personalpolitik führt zu einer, wie es neudeutsch heißt, „Win-Win“-Situation im Unternehmen. Für die Beschäftigten ist die bessere Vereinbarkeit von Arbeitswelt und Familie eine wichtige Voraussetzung, um den Anforderungen beider Lebensbereiche gerecht zu werden. Für die Unternehmensleitung lohnt sich die Einführung familienbewusster Maßnahmen betriebswirtschaftlich. Überbrückung, Fluktuation und Wiedereingliederungskosten werden vermieden sowie eine höhere Mitarbeitermotivation erreicht.

Erste Ergebnisse dazu konnte die Prognos-Studie „Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen – Kosten-Nutzen-Analyse“ liefern.

Die Zertifikate zum „Audit Beruf und Familie’“ werden im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister und der Bundesfamilienministerin in Berlin verliehen. Das europaweit geschützte Markenzeichen „Audit Beruf und Familie“ ermöglicht ein breites Medienecho und eine gute Vermarktung. Dies kann sowohl bei der Rekrutierung von neuem Personal als auch von Aufträgen genutzt werden.

Unternehmen, die das „Audit Beruf und Familie“ durchführen, sind für drei Jahre in das Netzwerk der auditierten Unternehmen eingebunden und werden in diesem Zeitraum zweimal jährlich zu einem bundesweiten Erfahrungsaustausch der auditierten Unternehmen eingeladen. Anlässlich dieser Treffen werden spezifische Aspekte der Vereinbarkeitsthematik, wie zum Beispiel die Pflege von älteren Angehörigen, Wissensmanagement oder innovative Maßnahmen, behandelt. Hierdurch erhalten Unternehmen hilfreiche Anregungen für die Umsetzung.

Zu Frage 3: Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz fördert mit dem Instrument „Audit Beruf und Familie“ die Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik in rheinland-pfälzischen Unternehmen und leistet so einen Beitrag zu einer familiengerechten Arbeitswelt. Damit wird das Ziel verfolgt, das betriebliche Handeln in dieser Richtung zu unterstützen und den Unternehmen dabei zu helfen.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit ist bereits selbst mit gutem Beispiel und ersten Erfahrungen vorangegangen. Auch befinden sich zurzeit weitere Ressorts der Landesregierung im Auditierungsverfahren oder stehen kurz davor.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die Durchführung des Audits wird für rheinlandpfälzische Unternehmen und Verwaltungen aus Ar

beitsmarktmitteln des Landes sowie aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert. Unternehmen mit weniger als 25 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erhalten eine 100%ige Förderung der Auditierungskosten. Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten sollen eine 50%ige Förderung erhalten.

Hinzu kommt die besondere Beauftragung der „Beruf und Familie gGmbH“. Das ist eine Initiative der HertieStiftung. Sie wird das Projekt insgesamt managen und für die notwendige Beratung und Akquise sorgen.

Mit einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit wird den Unternehmen der Nutzen einer familienbewussten Personalpolitik bekannt gemacht und die Fördermöglichkeiten vorgestellt. Dazu gehören die Erstellung und der Versand eines Info-Flyers, die Pressebetreuung, Informationsveranstaltungen sowie eine benutzerfreundliche Aufbereitung und Darstellung im Internet. Auch wird die „Beruf und Familie gGmbH“ in den kommenden Monaten eine differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Effekte familienbewusster Maßnahmen erstellen.

Die Kosten des Audits belaufen sich pro Unternehmen auf 9.338 Euro. Darin sind die Auditierung und die Verleihung des Grundzertifikats enthalten. Das Zertifikat berechtigt das Unternehmen, das europaweit geschützte Markenzeichen auf Veröffentlichungen und Druckschriften zu verwenden. Die Gültigkeit endet nach maximal drei Jahren. Zum Neuerwerb ist eine Reauditierung erforderlich.

Durch die Förderung des Landes Rheinland-Pfalz werden gezielt kleine und mittelständische Unternehmen angesprochen. Ihnen wird mithilfe des Audits gezeigt, dass auch sie einen maßgeblichen Beitrag für eine familiengerechte Arbeitswelt leisten können, und zwar ohne große Investitionen und administrativen Aufwand.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Klamm.

Frau Ministerin, haben Sie Kenntnisse darüber, wer in Rheinland-Pfalz bereits an der Auditierung teilnimmt? Wissen Sie, wie viele Unternehmen bereits Interesse für die Auditierung zeigen?

Frau Abgeordnete, die Aktion läuft noch nicht sehr lang. Im Moment ist die Hertie-Stiftung mit 55 Unternehmen intensiv im Gespräch. Es gab auch etliche, die gesagt haben, dass sie verbindlich in diesen Prozess einsteigen werden. Wir hoffen, dass wir in Kürze etliche haben, die bereit sind, in diesen Grundzertifizierungsbereich einzutreten.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Raab.

Frau Ministerin, Sie sprachen an, dass bundesweit versucht wird, eine familienfreundlichere Personalpolitik in den Betrieben zu unterstützen. Das Land RheinlandPfalz ist mit einem sehr guten Beispiel vorangegangen. Haben Sie einen Überblick darüber, wie die Zertifizierung „Audit Beruf und Familie“ in anderen Bundesländern vonseiten der Arbeitsministerien unterstützt wird? Geschieht das in gleichem Maß?