Protocol of the Session on June 2, 2005

Nicht zutreffend ist auch die Behauptung, das Welterbezentrum der UNESCO sei durch die Landesregierung

erst aufgrund des Schreibens von Professor Petzet über die Planungen zum Bau einer Brücke bei St. Goar informiert worden. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Information wurde bereits im Jahr 2003 gegeben.

Am 30. September 2003 habe ich das Welterbezentrum in Paris über Pläne für Brückenbauten bei Bingen/Rüdesheim und St. Goar/St. Goarshausen informiert. Mit diesem Schreiben habe ich das Welterbezentrum gleichzeitig eingeladen, sich am weiteren Verfahren zu beteiligen. Im Vorfeld und noch während der Begutachtung durch einen Vertreter von ICOMOS im Rahmen des Antragsverfahrens war die UNESCO von den Überlegungen zum Bau einer Brücke im Mittelrheintal informiert.

Zu Frage 1: Ja. Die Strategie der Landesregierung findet sich im Managementplan wieder, der dem Welterbekomitee der UNESCO im Dezember 2000 zusammen mit den Antragsunterlagen übergeben wurde. Die Erstellung dieses Managementplans hat die Anerkennung als Welterbestätte überhaupt erst ermöglicht.

Die Anerkennung des Mittelrheintals als Welterbe verpflichtet die kommunalen Vorhabenträger und das Land, bei der Planung sehr verantwortungsvoll und mit großer Behutsamkeit und Sensibilität vorzugehen. Die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem Welterbeprädikat wird selbstverständlich Gegenstand der Prüfungen und Bewertungen im Raumordnungsverfahren und im Raumordnungsentscheid sein.

Zu Frage 2: Die Informations- und Abstimmungspflichten sind in der so genannten Operational Guidelines des Welterbekomitees der UNESCO geregelt. § 172 dieser Operational Guidelines sieht vor, dass sich der Vertragsstaat bei relevanten Projekten an das Welterbekomitee wendet und es über die geplante Maßnahme informiert. Das Welterbekomitee seinerseits informiert dann ICOMOS. Eine direkte Information von ICOMOS durch den Vertragsstaat ist nicht vorgesehen und wäre daher unüblich. Die Landesregierung hat sich exakt an den vorgesehenen Weg gehalten.

Ich habe daher in meiner Funktion als Regierungsbeauftragter bereits im September 2003 das Welterbezentrum der UNESCO in Paris über die beiden damals geplanten Brücken informiert und zu einer Beteiligung am weiteren Verfahren eingeladen. Eine solche wurde aber bisher vom Welterbezentrum nicht für notwendig gehalten. Das muss man wissen.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2005 habe ich das Welterbezentrum über die Konkretisierung der Vorüberlegungen zum Bau einer Brücke bei St. Goar informiert und um die Entsendung einer Expertenkommission gebeten, um die nötigen Beratungen durchführen zu können.

Im Übrigen sei angemerkt, dass zu dieser Expertenkommission niemals ICOMOS-Vertreter gehören, die aus dem betroffenen Land stammen. Auch unter diesem Gesichtspunkt hätte es daher keinen Sinn gemacht, sich an das deutsche Nationalkomitee von ICOMOS zu wenden.

Zu Frage 3: Professor Michael Petzet, der Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS und ehemaliger Landeskonservator von Bayern, sieht durch das Brückenprojekt zwischen St. Goar und St. Goarshausen die Integrität der Kulturlandschaft an dieser Stelle in Gefahr. Nach seiner Auffassung hätte eine solche Brücke negative Auswirkungen auf die beiden Ortsbilder. Auch die Burgen Rheinfels und Katz sowie die Stiftskirche in St. Goar könnten durch diese Brücke in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden, so die Meinung von Professor Petzet.

Zu Frage 4: Das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium und das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur haben stets betont, dass der Bau einer in kommunaler Trägerschaft betriebenen und privat finanzierten Mautbrücke über den Rhein zwischen St. Goar und St. Goarshausen im Einklang mit dem Weltkulturerbe stehen muss, damit der Welterbestatus des Mittelrheintals nicht gefährdet wird.

Letztlich kann nur eine der Landschaft angepasste Rheinquerung zwischen St. Goar und St. Goarshausen überhaupt in Betracht gezogen werden. Die Gefahr einer Aberkennung des Welterbestatus besteht daher nicht.

Herr Präsident, so weit meine Antwort.

(Beifall der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thomas.

Herr Staatssekretär, gab es zwischen September 2003 und dem neuesten Schreiben an das Welterbezentrum, über das Sie die Öffentlichkeit in der letzten Woche informiert haben, noch weiteren Kontakt seitens der Landesregierung und dem Welterbezentrum in Paris über den geplanten Brückenbau?

Ich darf einen Satz zur Begründung sagen. Die Pläne und die Überlegungen zu dem Brückenbau, was die Trägerschaft und die Umsetzungsmöglichkeiten angeht, waren im Jahr 2003 völlig andere als zu Beginn dieses Jahres.

Das Thema „Bau einer Rheinquerung“ hat während des gesamten Antragsverfahrens bei der Anerkennung als Weltkulturerbe eine große Rolle gespielt. Ausweislich der Protokolle wurde darüber mehrmals informiert. Das Welterbesekretariat von Rheinland-Pfalz für das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal, das bei mir angesiedelt ist, steht in ständigem Kontakt mit dem Welterbezentrum der UNESCO in Paris. In zahlreichen Gesprächen mit der zuständigen Mitarbeiterin wurde natürlich auch über dieses Thema immer wieder gesprochen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mertes.

Herr Staatssekretär, können Sie vielleicht dem Parlament deutlich machen, dass es bis jetzt keinen einzigen autorisierten Brückenplan, wie zum Beispiel eine Bauzeichnung oder Ähnliches, gibt, den man beurteilen kann, sondern dankenswerterweise nur eine Studie von der Industrie- und Handelskammer zu Koblenz und daher Beurteilungen, ob etwas ästhetisch oder unästhetisch, UNESCO-tauglich oder -untauglich ist, sehr schwer zu treffen sind?

Herr Abgeordneter Mertes, ich teile Ihre Auffassung voll und ganz. In der Tat liegen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei Planunterlagen vor, die es rechtfertigen würden, mit seriösen Informationen an das Welterbezentrum über die geplante Brücke heranzutreten.

Gleichwohl habe ich erneut das Welterbezentrum eingeladen, sich am Verfahren zu beteiligen. Das ist selbstverständlich. Wir haben in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet. Wir arbeiten gegenwärtig gut zusammen. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Es ist überhaupt keine Frage, dass bei solchen relevanten Projekten diese gute Kooperation wie in der Vergangenheit fortgesetzt werden soll.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bracht.

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, dass Sie 2003 die UNESCO-Gremien darüber informiert haben, dass es konkretere Brückenpläne gäbe. Sie haben auf eine Nachfrage gesagt, dass auch im Rahmen des Anerkennungsverfahrens bereits die Entscheidungsgremien darüber informiert worden seien, dass es schon zu diesem Zeitpunkt Überlegungen für ein Brückenprojekt gäbe.

Können Sie bestätigen, was uns Ihr Vorgänger in der Funktion des Regierungsbeauftragten immer wieder zum damaligen Zeitpunkt gesagt hat, dass mit der Anerkennung des Welterbes ausdrücklich keine Glockenfunktion verbunden ist, innerhalb derer nichts mehr verändert werden darf, sondern dass die Anerkennung als Welterbe ausdrücklich auch die angepasste strukturelle Fortentwicklung dieser Kulturlandschaft beinhaltet und dazu auch eine Brücke gehören kann?

Die Menschen, die im Mittelrheintal leben und arbeiten, verbinden mit der Aufnahme des Mittelrheintals in die

Liste des Weltkulturerbes große Erwartungen und Hoffnungen. Dazu gehört, dass ihnen weitere Lebens- und Entwicklungschancen geboten werden, die es ausschließen, dass wir sozusagen eine museale Käseglocke über das Mittelrheintal stülpen, die keine weiteren Initiativen und Entwicklungen zulassen würde.

Deshalb bin ich völlig mit Ihnen und mit meinem Vorgänger im Amt des Regierungsbeauftragten einig, dass mit der Anerkennung als Welterbe Chancen vergeben werden und keine Behinderungen ausgesprochen werden.

Frau Abgeordnete Thomas.

Ich will noch einmal an das anknüpfen, was der Herr Kollege Mertes gesagt hat, was die Konkretheit der Brückenpläne angeht.

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, dass in Anbetracht der Unkonkretheit einer konkreten Planungsvorlage oder einer bildlichen Vorstellung dieser Brücke eine Förderzusage durch den Wirtschaftsminister oder eine Ankündigung einer Förderung doch sehr stark irritierend auf alle wirken kann, die in dieses Gesamtprojekt eingebunden sind?

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Na! Na! Na!

Frau Abgeordnete Thomas, da bin ich völlig anderer Meinung als Sie. Von Irritation kann überhaupt keine Rede sein,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die ist ja wohl erfolgt!)

sondern den Menschen wurde mitgeteilt, dass die Landesregierung bereit ist, eine Anschubfinanzierung für eine mautfinanzierte Brücke bereitzustellen. Damit wurde überhaupt erst die Grundlage geschaffen, an konkrete Planungen in diesem Bereich zu denken.

(Beifall der SPD und der FDP)

Frau Abgeordnete Kiltz.

Herr Staatssekretär, Sie haben von einer landschaftsangepassten Querung gesprochen. Abgesehen davon,

dass eine Fähre dieses Kriterium am besten erfüllen würde,

(Heiterkeit des Abg. Creutzmann, FDP)

würde mich doch interessieren, ob es Kriterien und Vorstellungen für den Begriff „landschaftsangepasst“ in Bezug auf ein Bauwerk gibt. Gibt es Vorstellungen, wie das aussehen könnte in Bezug auf das Weltkulturerbe?

(Pörksen, SPD: Das haben die Römer schon gemacht!)

Herr Pörksen, ich glaube, ich habe den Herrn Staatssekretär gefragt und nicht Sie.

Frau Abgeordnete Kiltz, diese Brücke soll nicht nur landschaftsangepasst gebaut werden, nicht nur umweltverträglich, sondern selbstverständlich auch welterbeverträglich.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Darüber wird in einem sehr umfangreichen und gestuften Planungsverfahren zu reden sein.

Dazu habe ich – wie ausgeführt – ausdrücklich die UNESCO eingeladen, ihre Experten genau zur Beurteilung dieser Kriterien zu entsenden.

(Kuhn, FDP: Jawohl!)

Wann diese Expertenkommission an den Mittelrhein kommt, steht noch nicht fest, aber sie wird kommen. Dann werden wir uns in aller Ruhe, mit allen Betroffenen und Beteiligten, mit diesen Fachleuten der UNESCO über diese Fragen unterhalten, die Sie gestellt haben.

Im Übrigen: Es gibt hervorragende Beispiele für welterbeverträgliche Brücken in der Welt.