Protocol of the Session on September 20, 2001

Ich denke, die Diskussion zu diesem Thema ist bisher sehr sachlich und in angemessener Art und Weise gelaufen. Ich meine, man sollte in diesen Verkauf der rheinland-pfälzischen und saarländischen Kabelnetze an Liberty Media nicht mehr an Problemen hineinpacken, als an Problemen tatsächlich enthalten ist.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da hilft auch ein Schwarz-Weiß-Denken nicht, da helfen keine Andeutungen, als würden die apokalyptischen Reiter der Verblödung das Netz erobern. Man sollte sich auf den Kern des Problems konzentrieren, so wie wir das getan haben.

Was hat sich geändert? Geändert hat sich, dass ein Monopolist an einen anderen Monopolisten verkauft hat. In dem Bezug hat sich nichts geändert.

Was hat sich im Hinblick auf den Ausbau der Netze geändert? Das ist noch nicht abzusehen. Ob die Telekom in Zukunft mehr in den Ausbau der Netze investiert hätte, als jetzt möglicherweise von Liberty Media zu erwarten ist, steht dahin. Nach meiner Meinung gilt dasselbe für die wichtige Frage der Kabelanschlüsse in der Fläche. Ob die Telekom mehr in Zukunft investiert hätte, als das Liberty jetzt tut oder auch nicht tut, steht auch dahin. Im Zweifelsfall hält sich das auch hier die Waage. Auf die Finanzsituation der Telekom will ich nicht näher eingehen. Das ist nicht das Thema dieser Aktuellen Stunde.

Es ist mehrfach angesprochen worden, das einzige neue Problem ist, dass wir jetzt einen Netzbetreiber haben, der auch Programme anbietet. Das ist das Problem. Es ist schon die Aufgabe der Politik, dass der Wettbewerb ums Netz, der Wettbewerb um das Eigentum am Netz den Wettbewerb um die Vielfalt im Netz nicht unmöglich macht oder stört. Das ist schon die Aufgabe der Politik. Was sollte sonst die Aufgabe der Politik in diesem Bereich sein? Das ist keine leichte Aufgabe. Es ist eine überschaubare Aufgabe. Herr Ministerpräsident, Sie haben das dargestellt.

Insofern werden kartellrechtliche und rundfunkrechtliche Fragen eine Rolle spielen. Von der kartellrechtlichen Überprüfung verspreche ich mir im Hinblick auf den Ausbau und die Frage, 500 oder 800 Megahertz, nicht sehr viel. Ich glaube nicht, dass es Aufgabe der Kartellbehörde ist, dies zu beurteilen. Ich verspreche mir auch nicht so viel im Hinblick auf die Überprüfung der Frage, ob der Verkauf zulässig ist oder nicht. Bei der kartellrechtlichen Überprüfung geht es wahrscheinlich im Wesentlichen um den Bestand und die Zukunft der kleinen Netzbetreiber.

Es geht noch um die rundfunkrechtliche Frage. Da geht es im Wesentlichen um die Fortschreibung und um die Anpassung des § 52 Rundfunkstaatsvertrag. Das sind die drei Punkte, die Sie in Ihrem Schreiben an die Regierungschefs der Länder gerichtet haben. Diese sind von der Sache her richtig. Sie drängen sich von der Sache her auf. Sie machen diesen Vorschlag auch nicht allein. Es spricht für Sie, dass Sie ihn nicht allein machen. Sie machen ihn nach Beratung mit ARD, ZDF und dem VPRT. Die Formulierung des Herrn Mittrücker befindet sich überhaupt nicht im Widerspruch zu Überlegungen des Herrn Oettinger. Man sollte daraus keinen Popanz aufbauen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, darf ich den Gedanken gerade noch zu Ende führen? – Danke schön.

Herr Ministerpräsident, Herr Kollege Mittrücker hat sich nur erlaubt, Sie zu fragen, wir Sie auf die 50 % kommen. Nun ergeben sich diese 50 % nicht mit logischer Zwangsläufigkeit. Sie ergeben sich auch nicht mit technischer Zwangsläufigkeit, sondern sie sind in einem gewissen Maß gegriffen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Hat er auch – – –)

Das ist die Formulierung einer Verhandlungsposition. Man wird fragen dürfen, wie Sie gerade auf diese 50 % kommen. Ob wir mit den 50 % aus diesen Verhandlungen herauskommen, ist noch die Frage. Wenn man nicht unbedingt an dem Punkt, der sich wirklich nicht eignet, den Krach mit der CDU sucht, sollte man die Ausführungen des Herrn Mittrücker nicht falsch verstehen. Sie sind so zu verstehen, dass er schlicht und ergreifend nachgefragt hat, wie wir gerade auf die 50 % kommen und die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit besteht, dass wir aus den Verhandlungen mit diesen 50 % herauskommen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Ich freue mich, Gäste im Landtag begrüßen zu dürfen, und zwar vom Evangelischen Verein Zweibrücken sowie von der Ortsgruppe Koblenz des Eifel-Vereins.

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Dr. Schiffmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Weiland, natürlich war das mit Herrn Mittrücker nicht ganz so einfach. Seine Botschaft war schon nach dem Motto, haltet euch medien- und rundfunkpolitisch etwas zurück, damit Herr Malone in Denver nicht so erschreckt wird und nicht eventuell die vielen Hintertürchen, die der Vertrag mit der Telekom offen hält, ausnutzt.

(Zuruf des Abg. Kramer, CDU)

Worüber reden wir? Wir reden nicht über Kauf einer Bäckerei durch eine Großbäckerei aus Frankreich oder den USA.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Wir reden über ein ganz zentrales Gut unserer Infrastruktur. Die Kabelnetze in Rheinland-Pfalz haben die Möglichkeit geschaffen, dass rund 1,1 Millionen Haushalte, das sind etwa 70 % der Haushalte in RheinlandPfalz, Zugang zu Medienangeboten haben. Etwa 800.000 Haushalte sind angeschlossen. Das Breitbandkabelnetz ist also ein zentrales Element unserer Medienordnung und der Medienverbreitung. Wenn die

Vermutung richtig ist, dass wir im Übergang ins Inform ationszeitalter sind, wird das Breitbandkabelnetz als eine in Zukunft interaktive Multimediaplattform ein Rückgrat dieser Informationsgesellschaft sein können.

„Eigentum verpflichtet“ steht auch in unserem Grundgesetz. Das Eigentum an einem solchen Gut, wie es die Breitbandkabelnetze sind, verpflichtet insbesondere. Das gilt vor allem für die Sicherung der Vielfalt der Angebote im Netz, weil das, was dort an Medien transportiert wird, auch Auswirkungen auf die demokratischen Strukturen hat. Meinungsvielfalt muss möglich sein.

Wir unterstreichen voll, dass jetzt mit dem Kauf durch Liberty Media Bewegung in eine Sache kommt, die seit Jahren diskutiert wird, nämlich der Ausbau der Kabelnetze zu einer wirklichen Multimedia-Plattform. Die Telekom hat über Jahre den Ausbau aus unterschiedlichen Gründen gestoppt, zum Teil wohl auch, weil sie ihr TDSL- oder ADSL-Netz ausbauen wollte. Jetzt kommt Liberty Media, und wir wünschen Herrn Malone viel Erfolg. Wir werden aus vielerlei Gesichtspunkten auch alles dafür tun, dass das ein erfolgreiches Projekt wird.

Zu den rundfunkpolitischen Fragen möchte ich mich nicht weiter äußern. Wir unterstreichen voll die Position des Ministerpräsidenten. Er hat aber auch zu Recht betont, Breitbandkabelnetze sind ein wichtiges Element unserer technologischen Infrastruktur. Wenn die Vermutung richtig ist – beispielsweise in dem letzten Gutachten von Prognos –, dass in den nächsten Jahren ein erheblicher Teil von zusätzlicher Wertschöpfung in uns erer Wirtschaft in dem Bereich dieser Medienangebote von „content“ – Transport, aber auch in zusätzlichen neuen Diensten stattfinden wird, dann kommt dem zügigen Ausbau dieser Netze eine ganz zentrale Rolle zu.

Ein zweiter Punkt ist eher wirtschaftspolitisch. Natürlich leiden wir alle darunter, dass wir in Deutschland trotz Liberalisierung und gesunkener Telekommunikationspreise noch ein relativ hohes Preisniveau im Telefonbereich im Festnetzbereich haben. Wenn der Ausbau auf 862 Megahertz erfolgt und dann tatsächlich auch Telefonie über dieses Netz möglich wird, dann wird auch ein Stück Konkurrenz an anderer Ecke geschaffen. Zusätzliche Konkurrenz wird die Preise senken. Das wird positive wirtschaftliche Effekte haben.

(Beifall des Abg. Kuhn, FDP)

Ich komme zum letzten Punkt. Die Frage der Decoder ist bereits angesprochen worden. Das ist natürlich ganz wichtig. Es ist eine zentrale rundfunkpolitische Forderung, dass hier die Geräte auf einem offenen Standard eingeführt werden und nicht, wie es aus dem „Spiegel“Interview von Herrn Malone zu lesen war, nach dem Motto, „Wir haben in Amerika Erfahrung mit solchen Decodern, wir werden jetzt irgendein Gerät aus Amerika umbauen und das auf den deutschen Markt bringen“. Der Herr Ministerpräsident hat zu Recht darauf hingewiesen, politische Forderung muss sein, dass ein offener Standard – der MHP-Standard – hier zugrunde gelegt wird, dass aber auf der anderen Seite auch medienpolitisch sichergestellt wird, dass die so genannten EBPs gerade für die öffentlich-rechtlichen Programme und für die privaten Vollprogramme dann Standorte in diesen

Programmführern ermöglichen, die die Wiederfindbarkeit auch sicherstellen.

Wir begrüßen, dass jetzt die Netze ausgebaut werden sollen, aber unsere Forderung ist eigentlich auch im Interesse des Betreibers, es muss nach wesentlich schnelleren Zeitplänen vorangehen. Hier ist die Politik als Mittler – als Mediator – ein Stück mehr gefordert, als es jetzt der Investor vorgesehen hat.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, da antworte ich mir lieber selbst, bevor Sie mir antworten. Das ist schon richtig so.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

Falls die FDP einen Rückkanal nach Berlin hat, kann sie jetzt nach Berlin melden: Geschlagen, ziehen wir nach Hause, unsere Enkel fechten es besser aus, aber auch nur vielleicht!

Die Frage, die wir uns aber stellen müssen, ist, welche gesetzgeberischen Aktionen notwendig sind, um die öffentliche Meinungsvielfalt und -freiheit sicherzustellen.

Herr Dr. Schiffmann, Sie haben das hier gesagt, das wollen wir alle erreichen. Natürlich wollen wir, dass es eine Meinungsvielfalt gibt. Natürlich wollen wir die dann auch mit jemandem, der in Rheinland-Pfalz investiert, besprechen. Natürlich kann er sich nur an die Meinungsfreiheit halten, weil wir die Must-Carry-Regelung haben. Meinungsfreiheit bedeutet doch nicht, dass nachts um zwölf Uhr „Lanotte“ von „9 LIVE“ eingespeist wird, sondern es ist doch – – –

(Kuhn, FDP: Was ist das! – Dr. Schiffmann, SPD: Was ist das?)

Sie müssen einmal schauen, was in unseren Kabelnetzen angeboten wird.

(Itzek, SPD: Um die Zeit schlafen wir!)

Das ist doch nicht die Meinungsvielfalt und -freiheit, sondern die Meinungsfreiheit kommt doch daher, dass wir qualitativ gute Sendungen haben. Darum müssen wir uns als Parlament und als Politik kümmern, nicht, dass dann Kirch seine 50 % einspeisen darf, 300 Schrottsender, die Amerikaner 300 Schrottsender einspeisen, und das Ganze zählt dann unter Meinungsfreiheit. So kann es doch nicht gehen. Wir müssen doch qualitativ fest

stellen, was wir in den Programmen haben wollen. Deswegen unterstützen wir auch die Öffentlich-Rechtlichen, ganz im Gegensatz zur FDP. Das muss man doch hier einmal klar m achen.

(Beifall der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Herr Creutzmann, wer hinterfragt denn immer die Unterstützung der Öffentlich-Rechtlichen? Das sind doch Sie.

(Creutzmann, FDP: Dummes Gebabbel!)

Von daher kommt Meinungsvielfalt durch gute Information zustande. Das ist wichtig für ein demokratisches System wie das unsere. Deswegen brauchen die Öffentlich-Rechtlichen unsere hauptsächliche Unterstützung. Aber das ist in den jetzigen Gesetzen geregelt. Das ist auch richtig so. Das muss auch so geregelt bleiben.