Protocol of the Session on September 20, 2001

Lassen Sie mich in acht Punkten formulieren, wie die Position und die Erwartungen der Landesregierung sind, damit auch die Schritte darstellen, um deren Verwirklichung wir uns bemühen wollen:

1. Unser geltendes Recht, insbesondere das Rundfunkrecht, sollte nicht nur eingehalten, sondern auch konstruktiv mitgetragen werden. Dies gilt für die Grundsätze von Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt im Programmbereich, dies gilt aber genauso für die Grundsätze des diskriminierungsfreien und chancengleichen Zugangs zur technischen Verbreitung. Ich denke, das ist keine Einschränkung. Insoweit kann ich nicht nachvollziehen, was Sie sagen, Herr Dr. Braun. Es ist keine Einschränkung des Markts. Es ist genau die Möglichkeit, dass es einen Markt geben kann. Das ist exakt das Gegenteil Ihres Vorhalts.

(Beifall bei SPD und FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Natürlich. Wenn ich nicht die Chancen vergebe, sich am Markt zu beteiligen, dann heißt das, dass ich von vornherein auf ein Monopol zusteuere oder auf sehr wenige Anbieter, die sich dann einigen werden. Das ist nicht unsere Politik. Also seien Sie insoweit vorsichtig mit den schnellen, wenn auch wohlfeilen Zuordnungen. Das wäre marktfeindlich.

2. Der Übergang von der analogen zur digitalen Übertragung ist zügig, aber verbraucherfreundlich durchzuführen. Die geplante kostenlose Beigabe entsprechender Set-up-Boxen kann hierzu ein wesentlicher Beitrag sein. Meine Damen und Herren, das ist ein wichtiger Punkt; denn es geht auch um hohe private Investitionen, die Menschen leisten müssen. Deshalb brauchen wir entsprechende Übergänge und Sicherstellungen, für eine gewisse Zeit auch analoge Programme empfangen und sich auf die Entwicklung einstellen zu können. Die Endgeräteindustrie braucht diese Signale, um ihre Produktion darauf einzustellen und nicht Fehlentwicklungen, die sehr teuer sind und Arbeitsplätze kosten können, zuzulassen.

(Dr. Schiffmann, SPD: Das Rockefellerprinzip!)

3. Programme und Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen weiterhin nicht nur frei zugänglich sein – darüber sind wir uns sicher alle einig –, sondern dürfen nicht etwa über Paketbindungen mit zusätzlichen Entgelten versehen werden. Pakete dürfen insgesamt nur gebildet und vermarktet werden, wenn die Anbieter damit einverstanden sind. Das ist auch ein wichtiger Punkt, dass man nämlich nicht in einem Bereich, der verschlüsselt angeboten wird, sagt, wenn man jetzt die ARD oder die dritten Programme anderer Länder sehen möchte, dann muss man ein Paket mitkaufen, was zusätzlich x Euro kostet. Das muss man mitbedenken. Es kann nicht sein, dass sozusagen hinten herum de facto eine neue zusätzliche Gebühr eingeführt wird.

4. Neben Programmen und Inhalten von Liberty oder ihr zurechenbaren Unternehmen muss genügend technische Übertragungskapazität für andere private Angebote zur Verfügung stehen. Das ist noch einmal die Ausgestaltung des einleitenden Punktes, überhaupt erst einmal einen Markt zu ermöglichen.

5. Die erhobenen Entgelte für das Kabel und zumindest die Basisangebote müssen sozialverträglich sein. Das ist übrigens ein Punkt, der auch in der Kompetenz der Überwachung durch die Landtage ausdrücklich vom Verfassungsgericht vorgesehen ist. Heute ist das Kabel mit 60 % angeschlossenen Haushalten der am meisten genutzte Übertragungsweg. Deshalb ist auch auf weniger wohlhabende Menschen in unserem Land und anderswo Rücksicht zu nehmen.

6. Der Ausbau der Übertragungskapazität soll zügig und gleichmäßig erfolgen. Ländliche Räume dürfen von Ballungsräumen nicht abgekoppelt werden; denn die zunehmende Vernetzung ist gerade das geeignete Instrument, ein Stadt-Land-Gefälle und Standortnachteile abzubauen. Sie dürfen jetzt nicht auf eine andere Weise wieder zurückgenommen werden, weil sich das in Ballungsgebieten mehr rechnet.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was macht die Regierung dafür, dass das so kommt? Was kann man tun?)

Verehrter Herr Dr. Braun, ich habe bereits gesagt, wir werden mit den Firmen in Gespräche eintreten. Wir wollen, dass diese Firmen auch am Markt erfolgreich

sind. Wir wollen, dass sie investieren. Wir wollen, dass die technischen Möglichkeiten vorangehen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir haben aber auch rechtliche Möglichkeiten. Wir werden darüber natürlich miteinander verhandeln und sprechen. Wir hoffen und erwarten, dass auf etwas, das für mich Verfassungsgebot ist, nämlich die gleichmäßige Entwicklung in der Stadt und auf dem Land, auch Rücksicht genommen wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dort sind auch Geschäftsleute tätig, von denen ich hoffe, dass sie nicht irgendein Investment ausbeuten und dann aufgeben, sondern dauerhaft investieren wollen. Wer hier dauerhaft erfolgreich investieren und sein Geld verdienen möchte, bei dem gehe ich davon aus, dass er sich wie andere Industriefirmen auch nach seinen Marktbedingungen und seiner Rendite richten muss, man aber auch miteinander vernünftige Spielregeln besprechen kann, wie man in einem solchen Land vorgeht.

Ich weiß auch, dass dies alles nur begrenzt erzwingbar ist. Aber ich weiß auch, dass wir in diesem Markt insoweit Partner sind, als wir bestimmte Rahmenbedingungen zu setzen vermögen. Das wollen wir auch ins Gespräch bringen, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(Beifall bei SPD und FDP)

7. Der Ausbau muss nicht nur die Rückkanaltauglichkeit erfassen. Er soll nicht nur eine durch die mit der Digitalisierung verbundene Datenkompression und eine Erhöhung von Verteilprogrammen erreichen. Vielmehr muss es zumindest mittelfristig unser Ziel sein, über die geplante Kapazität von 500 Megahertz hinaus möglichst auf 862 Megahertz zu kommen, die wir brauchen, um die notwendigen Garantien für die technische Entwicklung – Rückkanalfähigkeit usw. – dann auch sicherzustellen.

8. Das Netz in Rheinland-Pfalz muss entsprechend den Planungen in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen in einem definierten Zeithorizont auch für schnellen Datenverkehr und erweiterte Rückkanaltauglichkeit einschließlich der Telefonie ausgebaut werden. Nur auf diese Weise werden für ganz Deutschland gleiche wirtschaftliche Voraussetzungen für die Informationsgesellschaft geschaffen.

(Beifall des Abg. Dr. Schiffmann, SPD)

Ich füge hinzu, es wird eine wichtige Voraussetzung auch für Liberty geschaffen, dass Kommunikation von und nach Rheinland-Pfalz auch ein aktives und ertragreiches Geschäft ist. Insoweit sehe ich da durchaus Interessen, die sich finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin sehr dankbar dafür, dass seitens der regierungstragenden Fraktionen deutlich gemacht worden ist, wenn ich es richtig verstanden habe, dass der Weg, den ich versucht habe noch einmal zu umschreiben, getragen wird. Ich

kann nur herzlich darum bitten, dass sich die Kolleginnen und Kollegen in der Unionsfraktion noch einmal überlegen, ob es bei der Position, die Herr Mittrücker hier formuliert hat, bleiben soll. Vielleicht war es aber auch nur ein Missverständnis; dann würde ich mich freuen. Es ist die Frage, ob wir hier nicht, wie von Herrn Oettinger deutlich gemacht wurde, trotz Details, die vielleicht unterschiedlich bewertet werden, zu einem gemeinsamen Weg kommen können. Ich hielte dies für wünschenswert und notwendig.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, gemäß § 98 Abs. 6 in Verbindung mit § 96 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung verlängert sich die Redezeit der Fraktionen um jeweils viereinhalb Minuten.

Das Wort hat die antragstellende Fraktion. Jedem Redner stehen allerdings maximal fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie müssen nicht überziehen!)

Nein, es gibt keinen Zwang, die Zeit auszuschöpfen.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schmitz das Wort.

Ich schaue, ob ich damit zurecht komme.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Dr. Braun, ich glaube, die Dinge sind jetzt so deutlich und breit dargelegt worden, dass wir uns nicht mehr über die Kulisse streiten sollten. Ich gebe die Frage, die Sie mir gestellt haben gern zurück. Ich frage Sie, ob Sie an der Gebührensituation der Endverbraucher nicht interessiert, ob sie an einer seriösen Sicherstellung von Wettbewerb nicht interessiert sind. Ich frage Sie, ob Sie der Hightech-Ausbau in Rheinland-Pfalz insbesondere in der Fläche als fundamentalistische Partei weniger interessiert als andere.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alles rhetorische Fragen!)

Ich frage Sie darüber hinaus, ob Sie tatsächlich Interesse haben,

(Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

in diesem hoch sensiblen Bereich der Medienpolitik ewigen Zoff statt einer kurzfristigen Einigung sicherzustellen.

Mit diesen kurzen Fragen unter Beachtung der Redezeit und unter Einhaltung und Unterschreitung möchte ich mich zufrieden geben.

Danke sehr. (Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Weiland das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich habe mich gefragt, was die FDP bewogen haben mag, zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde zu beantragen, nachdem wir vor einer Woche im Medienpolitischen Ausschuss durch Herrn Staatssekretär Rüter umfassend und in der Sache sehr profund informiert worden sind.

(Dr. Schiffmann, SPD: Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?)

Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, zu dem auch Herr Kollege Dr. Braun gekommen ist: Anruf aus Berlin von dem großen Obermeister, Jungs, ihr müsst in der Medienpolitik im Land etwas machen, damit wir uns als FDP profilieren können.

(Zuruf von der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann ist dem Antragsteller von der FDP ein kleiner, aber maßgeblicher handwerklicher Fehler unterlaufen,

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist gründlich in die Hose gegangen!)

indem sie in den Antrag das Wort „Programmvielfalt“ hineingeschrieben haben. Das führte dazu, dass wir eben in der Sache eine nachvollziehbare und in den wesentlichen Punkten profunde kleine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört haben. Das habt Ihr jetzt davon, kann ich Euch von der FDP nur sagen.

(Heiterkeit im Hause – Zurufe der Abg. Schmitz, FDP, und Dr. Gölter, CDU)

Ja, gut, ich will jetzt nicht das alte Thema wieder aufgreifen, das immer noch aktuell ist, wer eigentlich die Leitkompetenz in dieser Landesregierung für die Medienpolitik hat. Das können wir bei anderer Gelegenheit sicher aufgreifen.

Ich denke, die Diskussion zu diesem Thema ist bisher sehr sachlich und in angemessener Art und Weise gelaufen. Ich meine, man sollte in diesen Verkauf der rheinland-pfälzischen und saarländischen Kabelnetze an Liberty Media nicht mehr an Problemen hineinpacken, als an Problemen tatsächlich enthalten ist.