Protocol of the Session on November 11, 2004

Natürlich ist es bedauerlich, dass in Koblenz Truppenreduzierungen stattfinden werden, aber es darf nicht verkannt werden, in Koblenz wird nach wie vor das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung und das erst vor einigen Monaten gegründete IT-Amt weiterhin seinen Sitz behalten, beides Einrichtungen, wo hohe Kapazitäten vorhanden sind, wo hohe Dienstkräfte ihre Arbeit leisten, Dinge, die für diese Region, für diesen Standort von enormer Bedeutung sind. Im Übrigen wird Koblenz trotz aller Truppenreduzierungen nach wie vor der größte Standort der Bundeswehr in Deutschland und damit auch in Rheinland-Pfalz bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist es auch bedauerlich für Trier, dass der Fernmeldebereich aufgelöst wird. Das stand aber auch schon in den vergangenen Jahren immer wieder auf der Tagesordnung. Jetzt kann man natürlich die Region Trier ganz großzügig fassen und sagen: Sie werden nach Daun verlegt. In Trier ist kein Verlust vorhanden. – Ich teile diese Meinung nicht so ganz. Ich bin der Meinung: Natürlich ist es bedauerlich, dass rund 500 Arbeitsplätze in Trier zugunsten Daun verloren gehen. – So ist das eben: Der eine hat den Vorteil, der andere den Nachteil. – Aber auch in Trier gibt es noch eine

Dienststelle, und zwar die wehrtechnische Dienststelle 41 der Bundeswehr, früher besser bekannt als Erprobungsstelle. Ich denke, auch hier ist Potenzial vorhanden, insbesondere in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule oder in Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft und – – –

(Glocke des Präsidenten – Abg. Schmitt, CDU: Ich komme zum Schluss!)

In Ordnung, ich dachte, bei der Aussprache hätte man etwas mehr Zeit.

Ich stelle daher fest, es nützt nichts, wenn wir für die betroffenen Menschen mit Panik kommentieren. Wir vertrauen nach wie vor auf die sachlich ausgerichtete erfolgreiche Konversionspolitik unserer Landesregierung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Um noch einmal auf die Bedingungen einer Aktuellen Stunde zurückzukommen: Wenn sie ungeteilt ist, haben die Fraktionen dreimal fünf Minuten Redezeit, jeder Redner aber nur fünf Minuten.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Enders das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind froh, dass die Landesregierung in die Offensive gegangen ist und das Thema zur Aktuellen Stunde macht.

(Mertes, SPD: Nicht die Landesregierung, die SPD-Fraktion!)

Das muss man auch, wenn man sieht, dass bis zum Jahr 2010 die Bundeswehr um 30.000 weitere Soldaten schrumpfen wird und 50.000 zivile Arbeitsplätze weniger vorhanden sein werden. In der letzten Woche durch die Präsidentenwahl in den USA, durch die Erkrankung und den Tod von Präsident Arafat und den Besuch der Queen und vieles mehr drohte die Gefahr, dass dieses wichtige Thema in Rheinland-Pfalz vielleicht hätte verpuffen können.

Zudem gab es in den Medien Meldungen mit Schlagzeilen, die man überprüfen muss, die man nachlesen muss. In der Mainzer Zeitung hieß es am 3. November: „Der Ministerpräsident kämpfte.“ – In der AZ stand am gleichen Tag: „Aderlass in Rheinland-Pfalz bleibt aus.“ –

Solche Meldungen könnten suggerieren, dass Rheinland-Pfalz vermeintlich davongekommen sei. Herr Ministerpräsident, Sie haben ausdrücklich gesagt, dass Sie

diese Entscheidungen von Minister Struck nicht kritisieren und, wenn Sie an seiner Stelle gewesen wären,

(Ministerpräsident Beck: Maßstäbe!)

die gleichen Maßstäbe angesetzt hätten.

In der Tat: Rotgrün hat seit 1998 in der Perspektive 2010 38 % der Standorte wegrationalisiert. In Rheinland-Pfalz sind es gut 30 %, also rein rechnerisch etwas weniger. Neun große Standorte gehen weg, einige weitere müssen Einbußen hinnehmen.

(Ministerpräsident Beck: Fünf große gehen weg!)

Die Kompensation bei den anderen Standorten, die dazubekommen, ist eigentlich nicht ausreichend. Entscheidend ist – das muss man zahlenmäßig sagen –, egal wie viele es sind, dass bis 2010 4.400 zivile und militärische Dienstposten wegfallen werden. Dann nützt es auch nichts, wenn die Leute gesagt bekommen, es gäbe keine betriebsbedingten Kündigungen. Derjenige, der in der Eifel wohnt, dem wird ein Arbeitsplatz in der Pfalz nichts bringen, weil er als jemand, der bodenständig ist, mit einer kleinen Gehaltsgruppe gar nicht umziehen kann.

Im Vorfeld hat Bundesminister Struck gesagt, dass die Landespolitik zu diesem Thema nichts entscheiden wird. Das war in der Presse zu lesen. Jetzt hinterher heißt es bei Rotgrün ganz lapidar: Ländersache, wenn es um die Folgen geht. – Diese Strukturprobleme müssen unter besonderen Dingen betrachtet werden; denn diese Standortentscheidungen, nicht nur in Rheinland-Pfalz, und die sich daraus ergebenen Strukturen sind nicht das Ergebnis einer tragfähigen Konzeption, die sich an strukturpolitischen Erfordernissen ausrichtet. In erster Linie sind das Dinge, die fiskalisch begründet sind und auch das Ergebnis grüner Ideologie.

(Beifall bei der CDU)

Das ist das Ergebnis grüner Ideologie, die nämlich in Berlin Soldaten nur noch als Entwicklungshelfer in Uniform sieht und den Auslandseinsatz akzeptiert. Das ist nicht akzeptabel. Der Begriff der Heimatverteidigung, der etwas antiquiert klingt – die Amerikaner sprechen von Homeland security –, darf nicht vernachlässigt werden. Prävention ist wichtig. Diese Komponente dürfen wir nicht vernachlässigen bei aller Notwendigkeit von gewissen Strukturreformen.

Ein weiterer Punkt ist die Wehrpflicht. Die SPD diskutiert am kommenden Samstag über dieses wichtige Thema. Ich bin froh, dass maßgebliche Leute in der SPD die Wehrpflicht unterstützen. Ich habe aber die große Sorge, dass das jetzt wieder ein weiterer Schritt eines schleichenden Ausstiegs aus der Wehrpflicht sein wird, zumal Dienst- und Wehrgerechtigkeit auch jetzt schon absolut nicht mehr gegeben sind.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Demographie wird das Problem der Wehrgerechtigkeit nicht lösen.

(Zurufe der Abgeordneten Thomas und Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch nicht so, dass sich die CDU prinzipiell Reformen verweigert.

(Heiterkeit bei der SPD)

Das Geschrei musste kommen.

Es muss nur im Einklang mit den Betroffenen vor Ort stehen. Das, was man in den letzten Tagen gehört hat, ist recht hoffnungsvoll, dass es noch einen guten Weg gibt.

Rotgrün ist in Berlin gefordert, ein Modell, das es nur noch in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein gibt. Auch die Landesregierung ist gefordert. Alle in diesem Haus sollten die Bemühungen der Landesregierung unterstützen.

Zum Schluss: Ich habe das so etwas als Beruhigungspille empfunden, dass man die Entscheidungen bezüglich der Bundeswehr mit den amerikanischen Entscheidungen abstimmen will. Das ist eine Beruhigungspille; denn die Amerikaner werden ihre Entscheidungen, die Rheinland-Pfalz betreffen, erst im Frühjahr nächsten Jahres festlegen. Von daher kann man das sehr schlecht verkaufen.

In den nächsten beiden Runden werden weitere Kollegen der CDU-Fraktion noch konkreter auf RheinlandPfalz eingehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Enders, einige Ihrer Ausführungen geben mir Anlass anzumerken, dass Sie anscheinend immer noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt haben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind heute hier zusammengekommen, um in der Aktuellen Stunde die Auswirkungen des neuen Stationierungskonzepts der Bundeswehr auf die Standorte in Rheinland-Pfalz zu diskutieren. Lassen Sie mich vielleicht in der ersten Runde einige grundsätzliche Anmerkungen machen und vor allem auch, was die Begründung der Bundesregierung zu diesen Reduzierungen der Standorte von derzeit

572 auf in Zukunft 392 betrifft, in einem Zeitrahmen angedacht bis 2010.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung begründet dies mit dem Umbau zu einer für Auslandseinsätze spezialisierten Interventionsarmee für multimediale Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Meine Damen und Herren, ich denke, das ist der richtige Ansatz in einer Zeit, in der alles, auch das Militär im Wandel ist.

Ich denke, mit herkömmlichen Strategien, gerade bei der Bundeswehr, kommen wir nicht weiter. Ich denke, Invasionen, wie früher von unseren Nachbarländern damals aus dem Osten, brauchen wir mit Sicherheit nicht mehr zu befürchten, wenn ich davon ausgehe, außer der Schweiz haben wir im Grunde genommen nur noch EUMitglieder als Nachbarn um uns.

Ich vermute einmal, die größte Invasion werden wir frühestens 2006 anlässlich der Fußballweltmeisterschaft erleben, wenn unsere Nachbarn und unsere Freunde uns zu diesem Großereignis besuchen.

Meine Damen und Herren, ich denke, diese Ängste sind Vergangenheit. Insofern ist ein Umbau auch im militärischen Bereich mehr als gegeben.

Meine Damen und Herren, die Verkleinerung der Bundeswehr von 285.000 auf 250.000 Soldaten wird begründet mit der Veränderung der geopolitischen Lage, weil eine Truppenstärke wie in der Vergangenheit einfach nicht mehr zeitgemäß ist.

Eine weitere Argumentation der Bundesregierung ist, damit gehe eine Kostensenkung bei der Reduzierung durch Verringerung der Betriebskosten und durch Konzentration von Truppenteilen und Diens tstellen einher.

Meine Damen und Herren, insgesamt zu den zu schließenden Standorten kommen bundesweit weitere 30 Standorte, die zwar nicht aufgelöst, aber verkleinert werden.