Protocol of the Session on September 19, 2001

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir heute in zweiter Lesung zum einen über den Gesetzentwurf der SPD, das Landesgesetz zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit,

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

und zum anderen über den Gesetzentwurf der CDU, das Landesgesetz zur Förderung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit, diskutieren, so sagen eigentlich schon die Titel, dass es in beiden Gesetzentwürfen um die Stärkung und Förderung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit geht.

Wir wissen, wir brauchen die freiwillig im Jugendbereich Tätigen. Wir wollen ihnen nicht nur in pathetischen Reden danken, sondern greifen ihre Bedürfnisse tatsächlich auf, Bedürfnisse, die nicht zuletzt in der ersten Studie eines Bundeslandes mit dem Titel „Freiwilliges Engagement in Rheinland-Pfalz“, kürzlich von Innenminister Zuber vorgelegt, deutlich formuliert wurden.

Wir verbessern das alte Sonderurlaubsgesetz in vier wesentlichen Punkten:

Zunächst wird das Antragsalter zur beruflichen Freistellung auf 16 Jahre herabgesetzt und entspricht damit auch der Lebenswirklichkeit junger Menschen.

Zum Zweiten wird die Möglichkeit der 12-tägigen Freistellung auch an 24 halben Tagen gewährt. Weiterhin werden auch Sport- und Jugendkultur im Gesetz aufgenommen, und in einem vierten Punkt geht es um die

Anhebung einer Förderung, nämlich der Verdienstausfallerstattung, die mehr als verdoppelt werden soll, also von 50 DM auf 60 Euro angehoben werden soll.

Diese Entwicklung in diesem Bereich wollen wir im Auge behalten, in ein oder zwei Jahren Bilanz ziehen und dann auch offen sein für Änderungen, und zwar nicht nur in der Höhe, sondern auch in der strukturellen Entwicklung. Was den finanziellen Bereich anbelangt, ist dort der einzige Unterschied zum Gesetzentwurf der CDU zu finden. Sie wollen den Betrag auf 210 DM erhöhen. Das ist mehr als eine Vervierfachung des heutigen Betrags.

Sie setzen mit dieser Änderung, die auch über das Bildungsfreistellungsgesetz hinausgeht, eine Anspruchsspirale in vielen Bereichen in Gang. Sie verschieben wieder einmal Schulden und Lasten in die Zukunft nach dem Motto: Nach uns die Sintflut.

Aber hüten Sie sich davor, zu glauben, diese Vervierfachung löse alle Probleme im Bereich der Ehrenamtlichen. Wir wissen doch alle viel besser, dass die Probleme der Ehrenamtlichen nicht zuerst im finanziellen Bereich liegen. Es geht um Beratung, um Information und Kommunikation. Es geht um die Akzeptanz des Ehrenamts. Es geht um die Akzeptanz durch die Gesellschaft und die Arbeitgeber. Es geht auch, aber nur auch, um die Kostenerstattung. Wir brauchen eine gemeinsame und breite Initiative zur gesellschaftlichen Stärkung des Ehrenamts. Da bin ich der Landesregierung dankbar, dass sie dies in vielen Maßnahmen bereits angestoßen hat, nicht zuletzt durch den ersten Bericht, der uns vorliegt.

Lassen Sie uns gemeinsam die Motivation stärken, die Menschen zum Ehrenamt bringt, nämlich die Freude, Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen, und auch persönliche Erfüllung. Mit unserem Gesetzentwurf helfen wir, eine ganze Menge der bestehenden Hürden zu überwinden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Schneider-Forst das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt alle Maßnahmen, die das Ehrenamt in uns erer Gesellschaft stärken.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU unterstützt alle Hilfen und Wege, die unsere Jugend fördern und dazu anleiten, Freizeit sinnvoll zu gestalten und Verantwortung für andere übernehmen zu lernen. Daher findet die Fortschreibung bzw. Erneuerung der Sonderurlaubsbestimmungen unsere volle Unterstützung bis auf einen, und zwar den finanziellen. Auf diesen möchte ich meine Ausführungen konzentrieren;

denn die gemeinsamen Punkte wurden eben von Ihnen, Frau Spurzem, bereits dargestellt.

Es geht wie so oft um Geld. Wenn es um Geld geht, dann geht es auch um die Wertschätzung von Dingen. Der CDU ist das Ehrenamt etwas wert.

(Beifall bei der CDU)

Unbezahlt, aber unbezahlbar – mit diesen Worten haben wir alle Jahre lang die Ehrenamtlichen getröstet und vielleicht auch hingehalten. Meine Damen und Herren, die CDU ist aber auch davon überzeugt, dass das Ehrenamt insbesondere für Kinder und Jugendliche ein so wesentlicher Beitrag in unserer Gesellschaft ist, dass jetzt den Worten Taten und auch Dukaten folgen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben etwas gelernt, das gebe ich offen zu. Es gab im ersten Halbjahr eine schriftliche Anhörung der Landtagsverwaltung, die uns schon gezeigt hat, wo die Dinge im Argen liegen. Wir können auf eine sehr gute Ausarbeitung des Landesjugendrings zurückgreifen, der bereits sieben magere Jahre hinter sich hat. Seit dem Jahr 1994 ist uns allen dieses Forderungspapier bekannt, das auf eine bessere Ausstattung derjenigen abhebt, die ein Ehrenamt übernehmen, die Sonderurlaub nehmen und dafür auch eine adäquate Entschädigung wollen, nicht um daran zu verdienen, sondern um nicht immer wieder draufzulegen, das ist doch der Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Das Urteil der CDU zum Gesetzentwurf der SPD kann daher heute nur lauten: Spät gehandelt, auch noch mittelmäßig gehandelt. – Mit den Beträgen, die Sie heute anpassen, werden Sie noch nicht einmal dem gerecht, was wir vielleicht heute oder schon in einem Jahr haben werden. Wir wollten die Dynamisierung. Wir wollten einen anständigen Gesamtbetrag. Zur Finanzierung werde ich gleich noch etwas sagen.

Das Ergebnis ist ein Mittelmaß.

(Frau Spurzem, SPD: Also ich sehe das nicht so!)

Es ist Mittelmaß zu Beginn einer neuen Wahlperiode mit einer neuen Jugendministerin im Jahr des Ehrenamts, in der Woche der Ehrenamtsstudie, Herr Minister Zuber, und zu einem Zeitpunkt, in dem die Landesregierung mit den Vereinen liebäugelt, um ihr Kind, die neue Ganztagsschule, zu realisieren.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Darauf sind Sie neidisch!)

Sie haben die Gelegenheit gründlich verpasst, die oben genannten Punkte zum Anlass zu nehmen, zu Beginn der 14. Wahlperiode ein Gesamtkonzept Jugend vorzustellen, eine Plattform für die nächsten fünf Jahre zu präsentieren. So können wir dann, wenn wir in die Wahlkreise fahren, einfach nur sagen: Naja, die Landesregierung hat ein neues Gesetz gemacht. Das war eigentlich

auch Zeit. Das alte ist fast 50 Jahre alt. Bei der Anpassung der Beträge sind uns doch andere Bundesländer, übrigens schwarze und rote, schon weiter voraus.

(Beifall bei der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Warum haben Sie nicht schon vor 1991 reformiert?)

Im Moment läuft die Rheinland-Pfalz-Radrundfahrt. Ich kann mir die Formulierung nicht verkneifen: Es ist die CDU, die im Rennen um und für die Jugend nicht nur Etappensieger bleibt, sondern auch noch das gelbe Trikot anbehält. (Beifall bei der CDU)

Ich komme nun zur finanziellen Seite. Die finanzielle Seite ist relativ einfach zu erklären. Sie müssen nur in ihren Ansatz für Öffentlichkeitsarbeit schauen. Sie müssen nur in ihre Ausgabentitel für Broschüren für Regierungs- und Wahlpropaganda schauen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wir wollen keine Mehrausgaben, sondern wir wollen eine Umschichtung zugunsten der Jugend.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte damit noch einen kleinen Schlenker zur FDP machen. Sie stellen keinen eigenen Antrag, aber Sie tragen politische Verantwortung für den Justizhaushalt. Da geht es um viel Geld, wenn wir an Heimunterbringung, an Jugendknast und an anderes denken. Da muss ich schon sagen, es hängt bekanntlich alles mit allem zusammen. Aber auch Sie haben hier eine Chance verpasst. (Beifall bei der CDU)

Zum Schluss möchte ich allen danken, die für uns in der CDU Impulsgeber waren, die Dinge fortzuschreiben, allen voran dem Landesjugendring, der Sportjugend Rheinland-Pfalz, die mit ihrem Leitantrag wirklich Akzente gesetzt hat. Ich möchte auch allen danken, die sich für die Jugend und die Jugend im Ehrenamt engagieren. Sie dürfen weiter auf die CDU-Landtagsfraktion und auf die CDU im Land bauen. Ich werbe natürlich um Unterstützung für unseren Antrag.

Ich bedanke mich für das Zuhören.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider-Forst.

Meine Damen und Herren, auf der Zuschauertribüne begrüße ich Landfrauen aus Longuich, die heute mit einigen Herren bei uns sind. Seien Sie herzlichen willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sich freiwillig engagieren, egal, ob sozial oder ökologisch, und gleichzeitig etwas davon haben – bessere Rahmenbedingungen gerade für junge Frauen und Männer muss heute unsere Zielsetzung sein.

Mit der Novelle dieses Gesetzes soll eine Stärkung des ehrenamtlichen Engagements im Bereich der Jugendhilfe erreicht werden. Viele Vorschläge aus den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen sind Konsens im Haus. So ist natürlich klar, dass die Regelung zum Sonderurlaub wesentlich flexibler gehandhabt werden muss. Hiermit meine ich die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Sonderurlaubs in halbtägiger Form, wie sie in beiden Entwürfen vorgesehen ist. Diese Regelung bedeutet eine sicherlich notwendige Verbesserung des aktuellen Standes.

Des Weiteren muss aber auch unbedingt die Bandbreite derer erweitert werden, die einen Anspruch auf Sonderurlaub geltend machen können. Darauf habe ich in der letzten Plenardebatte zu diesem Thema bereits hingewiesen. Um den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen Rechnung zu tragen, sollte der Geltungsbereich des Gesetzes auf alle in der Jugendarbeit tätigen Ehrenamtlichen ausgeweitet werden und sich nicht nur auf die Jugendgruppenleiter beschränken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind auch weiterhin Überlegungen vorzunehmen, wie man unter anderem Ehrenamtliche aus ökologischen, aus Menschenrechts- und Friedensinitiativen, die einen Jugendverband besitzen, besser in die Förderung mit einbinden kann. An diesem Punkt sind beide vorliegenden Gesetzentwürfe noch verbesserungs- und ergänzungsbedürftig.

Große Übereinstimmung finden wir dann allerdings wieder vor, wenn es um die Absenkung des Alters der Anspruchsberechtigten geht. Große Übereinstimmung gibt es auch dort, wo das Gesetz dringend sprachlich zu aktualisieren ist, unter anderem natürlich durch eine geschlechtsgerechte Formulierung und die Terminologie des Kinder- und Jugendhilfegesetzes.