Protocol of the Session on August 22, 2001

Meine Damen und Herren, Tierschutz ist Verbraucherschutz. Das ist nicht nur unsere Meinung und die vieler Verbraucher, die Wert darauf legen, dass ihre tierischen Lebensmittel aus artgerechter Haltung kommen, sondern das hat auch schon Frau Martini öffentlich verkündet. Das ist in der „AZ“ vom 24. März im Zusammenhang mit der Vorstellung der Neustrukturierung des Landesuntersuchungsamtes nachzulesen. Sie hat gesagt: „Gesundheit von Mensch und Tier“ – sie nickt – „sind untrennbar verbunden.“ So wurden Sie dort zitiert.

Um so merkwürdiger ist es, dass der dritte dafür Zuständige im Kabinett, Herr Minister Gerster, den Einsatz von Tierarzneimitteln zu Mitteln des Tierschutzes adelt. Das ist nämlich dann der Fall, wenn sie bei bestimmten Haltungsformen unerlässlich sind. So geschehen in der Plenarsitzung im Februar durch seine Antwort auf meine

Mündliche Anfrage. Herr Gerster, es ist zynisch, wenn Sie so argumentieren, anstatt alle Mittel zu nutzen, um die Bundesverbraucherministerin in ihrem Einsatz für artgerechte Tierhaltung und bei dem Verbot von Medikamenten in Futtermitteln zu unterstützen.

Herr Beck, die gesamte Landesregierung hätte in Kürze die Möglichkeit, ihren Aussagen sehr viel Wahrheitsgehalt zu geben. Dann nämlich – jetzt komme ich zu den Eiern –, wenn die Hennenhaltungsverordnung im Bundesrat zur Abstimmung steht. Dann können Sie deutlich für den Tierschutz Farbe bekennen und damit auch für den Verbraucherschutz.

Wir fürchten allerdings, dass der oberste Tierschützer des Landes – damit meine ich von der Rangfolge her Sie, Herr Ministerpräsident – schon die Losung für den Rückzug von den hehren Vorsätzen ausgegeben hat. Sie haben dem Arbeitskreis für humanen Tierschutz und gegen Tierversuche mitgeteilt, dass der Gesetzgeber einen Kompromiss zwischen den Tierschutzanforderungen und der Wirtschaftlichkeit der Legehennen finden müsse. Dann verweisen Sie auf die Verantwortung der Verbraucher mit ihrer Kaufentscheidung und delegieren sie dort hin. Da kann ich nur sagen: Herr Beck, als Ministerpräsident haben Sie – – –

(Ministerpräsident Beck: Das ist eine grobe Verfälschung meines Briefes, meine Liebe!)

Als Ministerpräsident haben Sie – – –

(Ministerpräsident Beck: Eine grobe Verfälschung!)

Darf ich ausreden? Darf ich trotzdem ausreden?

(Ministerpräsident Beck: Sie zitieren mich falsch und fragen dann, ob Sie ausreden dürfen!)

Herr Beck, ich interpretiere.

(Ministerpräsident Beck: Sie interpretieren!) – Ja, natürlich. (Glocke des Präsidenten)

Sie haben die Verantwortung delegiert – so interpretiere ich diesen Satz – auf die Kaufentscheidung der Verbraucher. (Ministerpräsident Beck: Das ist unglaublich!)

Ich sage Ihnen: Als Ministerpräsident haben Sie über das Eierkaufen hinaus eine politische Verantwortung, vor der Sie sich nicht drücken können.

(Ministerpräsident Beck: Da brauche ich Sie dazu, um das zu wissen! – Mertes, SPD: Wann haben Sie zum letzten Mal ein frei laufendes Hühnerei gegessen? – Unruhe bei der SPD)

Sie haben die Möglichkeit, Farbe zu bekennen, wenn im September – jetzt regen Sie sich doch nicht so auf – die Abstimmungen stattfinden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit drei Dingen können Sie den Verbraucherschutz in Rheinland-Pfalz ein gutes Stück voranbringen:

1. Arbeiten Sie die Vollzugsdefizite auf und führen Sie die Zuständigkeiten in der Landesregierung zusammen.

2. Stärken Sie nachhaltig die Arbeit der Verbraucherzentrale.

(Glocke des Präsidenten)

3. Richten Sie bitte Ihre politischen Entscheidungen – ich habe ein Beispiel zuvor genannt – nach Tierschutz- und Verbraucherschutzgesichtspunkten aus.

Dann machen Sie eine vernünftige Verbraucherpolitik für Rheinland-Pfalz, von der wir alle etwas haben. Wir alle sind nämlich auch Verbraucherinnen und Verbraucher. Das sollten wir nicht vergessen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Billen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich diese Verbraucherschutzdebatte und die Angebote von Herrn Rüter und der SPD-Fraktion anhört, muss ich sagen – wir sitzen hier nämlich auch als Verbraucher und Sie dort oben ebenfalls –, das ist ein klassischer Fall für den Verbraucherschutz. Das muss ich Ihnen ganz offen sagen. Das habe ich noch nicht erlebt.

(Beifall der CDU)

Ich habe noch nicht erlebt – das an erster Stelle, weil Sie das zuletzt gesagt haben, Frau Kiltz –, dass ein Politiker demnächst dafür verantwortlich gemacht wird, wo er seine Eier oder sein Fleisch kauft. Herr Ministerpräsident, kaufen Sie Ihre Eier, wo Sie wollen. Das gestehe ich Ihnen privat zu wie jedem anderen Menschen auch.

(Beifall der CDU, der SPD und der FDP)

Hier wird versucht, eine Argumentation aufzubauen, weil man in einer sehr hektischen Zeit ein Wahlversprechen gegeben hat mit dem Endergebnis: Man weiß, dass es nichts bringt, aber man muss noch irgendetwas tun.

Ich kann das nachweisen. Sie brauchen nur die Rede von Ihrem Minister Bauckhage nachzulesen, der mit Mühe und Not die Stabsstelle hineingepackt hat. Ein

großer Briefkasten ist wesentlich preiswerter und kann 24 Stunden gefüllt und geleert werden. Mehr ist es nicht.

Machen Sie es doch einfach so, wie es sich gehört und der Sache gerecht ist. Nehmen Sie das Geld, das Sie dafür vorgesehen haben, und geben es den Verbraucherschutzberatern und -verbänden. Sie haben dann vielleicht ein bisschen weniger Image für die Staatskanzlei und den Herrn Ministerpräsidenten und täuschen auch dem Verbraucher weniger vor, sondern würden ihn schützen. Sie haben aber etwas bewegt.

(Beifall der CDU)

Herr Mertes, Sie schauen mich kritisch an. Sie können sich sehr wohl an die Diskussion über BSE erinnern. Ich war über die sachliche und auch überlegte Information und Darstellung der Verbraucherschutzbeauftragten und -verbände mehr als erstaunt. Sie waren sachlich und konsequent und haben diese Hektik und Hysterie nicht mitgemacht. Diese haben ein bisschen mehr Geld verdient, um den Verbraucher zu informieren.

Ich möchte noch etwas zur Wirklichkeit sagen. Auf dem Gipfel der BSE-Debatte ist der Rindfleischverbrauch auf 30 % heruntergefallen. Die Menschen haben wieder den Weg von der Großhandelstheke weg in die Metzgerei gefunden, weil sie das Gefühl hatten, dass in der kleinen Metzgerei das Fleisch sicherer ist. Wir haben in den Metzgereien eine Umfrage durchgeführt und über 1.000 Leute befragt. Diese haben gesagt: Hier ist es sicherer. Hier kann man kaufen. Hier glauben wir wenigstens, dass es gutes Fleisch ist. Wir haben Vertrauen.

Wie sieht es heute nach 99 BSE-Fällen in Deutschland aus, nachdem die Zeitungen nicht mehr darüber schreiben, der Rindfleischpreis gefallen und der Schweinefleischpreis gestiegen ist? Es wird mehr denn je Rindfleisch gegessen. Es wird aber leider nicht mehr dort gekauft, wo wir es gern hätten, sondern dort, wo es am billigsten und preiswertesten ist. Kein Mensch fragt mehr, ob es aus Holland, Deutschland oder Amerika kommt. Genau das ist der Punkt.

Geben Sie doch den Verbraucherschutzverbänden – Frau Kiltz, Sie haben es auf den Punkt gebracht –, die immer betteln müssen, dass sie überhaupt existieren können, ein bisschen mehr Geld, dass diese sachgerecht die Verbraucher informieren können. Denen glaubt man es auch wesentlich eher als der Stabsstelle der Staatskanzlei, weil man sagt, das ist die so genannte Werbung für eine Regierung. Diese soll eigentlich die Regierung ein bisschen kontrollieren. Ich habe erhebliche Zweifel, ob der ehrenamtliche Verbraucherschutzbeauftragte bei der Staatskanzlei die Umweltministerin Frau Martini und den Herrn Bauckhage – ich nenne auch Herrn Gerster – kontrollieren könnte, zumal alle wie die Glucke auf dem Ei auf ihren Zuständigkeiten sitzen. Insofern habe ich nicht allzu viel Hoffnung, dass einer seine Zuständigkeit aufgeben wird.

(Glocke des Präsidenten)

Von daher habe ich die Bitte: Wenn man es mit Verbraucherschutz ernst meint, sollte man nicht beleidigt

sein, wenn einer sagt, man habe etwas falsch gemacht. Machen Sie es einfach sachgerecht. Damit ist allen gedient, vor allem den Verbrauchern in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich begrüße eine Delegation der Evangelischen Kirche Papua sowie Mitglieder des Erzählcafés der Verbandsgemeinde Nastätten und Mitglieder der SPD-Gemeinderatsfraktion Obrigheim. Herzlich willkommen im Landtag von Rheinland-Pfalz!

(Beifall im Hause)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Ebli das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Minister Bauckhage hat ausgeführt, dass sich der Verbraucherschutz täglich neuen Fragen stellen muss, wir uns nicht durch Hiobsbotschaften beirren lassen sollen und es einer kontinuierlichen Fortführung der Aufgaben bedarf.

Nichtsdestotrotz meine ich, dass der Verbraucherschutz gerade durch Hiobsbotschaften wie BSE und MKS eine neue Bedeutung bekommen hat. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind aufgewacht und gegenüber den Produkten kritischer geworden, weil gesunde Ernährung auch vorbeugender Gesundheitsschutz ist und von daher einen besonderen Stellenwert in unserem Verhalten einnimmt.

Der Verbraucherschutz beinhaltet eine große Aufgabenvielfalt. Für mich stellt sich die Frage: Müssen Einzelne alles tun? Kann man nicht Aufgaben bündeln und Qualifikationen zusammenfassen, um eine sehr hohe anspruchsvolle Verbraucherberatung ausführen zu können?

Bei den Ausführungen von Frau Kiltz dachte ich: Jetzt weiß ich, wo es langgeht. – Verbraucherschutz ist zu wenig. Sie waren sehr auf die Situation der Verbraucherzentrale zielgerichtet.

Verehrte Frau Kiltz, das hätte man gleich ansprechen können. In der Tat ist es so. Die Verbraucherzentrale hat als neutrale Institution in unserem Land eine wichtige Bedeutung und bekommt auch unsere ganze Unterstützung. Sie bekommt in diesem Haushalt rund 2,4 Millionen DM für ihre Aufgaben und zusätzlich Mittel für bestimmte Projekte wie Ernährungsberatung oder BSE als besondere Aufgabenvielfalt. Wenn nun diese Mittel nicht ausreichen, muss man fragen, woran dies hängt.

Ich nenne Ihnen ein kleines Beispiel. Ich bin ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin. Hier sitzen viele, die diese Funktion in ihren Gemeinden auch ausüben. Wir müssen für alles, was wir tun, Zuschussanträge stellen, weil es kaum Gemeinden gibt, die aus eigener Kraft die Daseinsvorsorge in ihren Gemeinden bewältigen und finanzieren können.