Protocol of the Session on September 11, 2003

Das bedeutet, dass die Brennstäbe länger im Reaktor verbleiben und stärker mit Uran und Plutonium angereichert werden. Das hat nichts mit den Ableitungen heute zu tun, aber später etwas mit der Qualität und der Zusammensetzung des Atommülls.

Es sind wirtschaftliche Gründe, die dafür sprechen, dies zu machen und den Betreiber dazu führen, das zu beantragen.

Zum Zweiten geht es darum, seit längerem auftretende Störfälle in Cattenom nachträglich sozusagen durch Grenzwerte auch für die Zukunft abzusichern. Es sind beispielsweise Risse in Brennstäben aufgetreten, und man will sich mit dem neuen Tableau von Grenzwerten für die Zukunft mehr absichern.

Wir haben uns nicht von der deutsch-französischen Sprachbarriere schrecken lassen, sondern versucht, nachdem es in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, mit französischen und luxemburgischen Stellen zusammen erste Bewertungen dieser beantragten neuen Werte vorzunehmen.

Es war ein Institut beteiligt, das das Atomkraftwerk Cattenom in Frankreich schon seit seiner Ursprungsgenehmigung sozusagen kritisch begleitet und dafür Ansehen genießt. Dabei sind einige Dinge herausgekommen, die auch für das weitere Einwendungsverfahren interessant sind.

Die Zahlenangaben, auf die man sich stützt, enden im Jahr 2000. Im Jahr 2001 hat es eine Reihe von Störfällen gegeben, die natürlich – wenn die Zahlen im Jahr

2000 enden – nicht berücksichtigt werden konnten oder sollten.

Cattenom ist auch im innerfranzösischen Vergleich ein relativ pannenträchtiges Werk. Das muss man auch in diesem Zusammenhang wissen. Die beabsichtigte Heraufsetzung der Tritiumwerte ist auch im innerfranzösischen Vergleich sehr hoch.

Die thermische Belastung der Mosel – man darf auch die nicht radioaktiven Dinge in diesem Zusammenhang nicht vergessen – wird wahrscheinlich steigen, und die Belastung mit nicht radioaktiven Stoffen, mit Krebs erregenden Stoffen wird in erheblichem Umfang positiv sanktioniert.

Deshalb ist es richtig, dass wir uns von deutscher, rheinland-pfälzischer und luxemburgischer Seite in dieses Verfahren einmischen; – –

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident.

denn es handelt sich um keinen Pappenstiel, was man vor hat. Man sollte bei solchen Diskussionen mit technischen Einzelheiten und Grenzwerten das Große und Ganze nicht aus den Augen verlieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Das Große und Ganze heißt, dass der einzige Ausweg aus einer solchen Misere aus dem Atomausstieg besteht, und zwar nicht nur aus dem Atomausstieg in Cattenom, sondern aus dem Atomausstieg überall, Herr Kollege Schmitt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Frau Abgeordnete Raab.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als gestern über „dpa“ die Meldung lief, dass das Antragsverfahren für eine Erhöhung radioaktiver Ableitungen aus dem französischen Atomkraftwerk Cattenom nun auch in Deutschland stattfinden und bis Oktober verlängert wird, habe ich gedacht: Prima, jetzt haben wir endlich gemeinsam etwas erreicht.

Ich möchte mit meinem Dank an Ministerin Conrad beginnen, den ich ein bisschen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Mittelmosel oder der Mosel insgesamt für ihren Einsatz gegenüber dem Bund und gegenüber den französischen Stellen ausssprechen darf; denn sie hat frühzeitig, als sie von den französischen Stellen gehört hat, dass dort Dinge geplant sind, auch auf Referentenebene Gespräche aufgenommen.

Sie hat es heute Morgen deutlich gemacht. Sie hat dies gegenüber dem Bund und auf französischer Seite eingebracht. Nur so konnten wir erreichen, dass nunmehr die deutsche Öffentlichkeit offiziell beteiligt wird.

Die Offenlegung der Unterlagen bei der ADD, der SGD Nord und der Verbandsgemeinde Trier-Saarburg ist ein wichtiger Schritt, der bei den betroffenen Moselanrainern die Möglichkeit für weitere Informationen erfüllen wird.

Es sind in den vergangenen Wochen, seitdem Sie dankenswerterweise die Öffentlichkeit informiert haben, zahlreiche Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern vorgetragen worden. Viele Parteien haben diese Sorgen aufgegriffen.

Es ist gut und wichtig, dass sich die Parteien auch zu Sprachrohren der Bevölkerung machen. Das ist unsere Aufgabe auch als Abgeordnete.

(Dr. Weiland, CDU: Ach ja? Das ist ja ganz etwas Neues!)

Dies müssen wir auch gegenüber unseren europäischen Nachbarn vertreten.

(Beifall der SPD)

Wir, die SPD, haben uns auch weiterhin klar gegen die aktuell beantragte Erhöhung der Ableitungswerte für Tritium gestellt. Wir wollen ebenfalls nicht, dass eine weitere radioökologische Belastung der Mosel und der Saar eintritt.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht nur um den Schutz der Menschen und die Auswirkung für Flora und Fauna, sondern auch um den Ruf einer ganzen Region. Es ist so, dass das Wasser der Mosel deutlich reiner geworden ist. Ich möchte aber nicht irgendwann hören, dass es „strahlend“ sauber ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die Position des Landes Rheinland-Pfalz ist klar, und sie muss auch klar bleiben: Keine Erhöhung der Tritiumwerte, nicht um 25 % und nicht um irgendeinen anderen Wert.

Ziel muss es langfristig sein, die radioökologischen Ableitungen zu minimieren, auch für andere Stoffe. Kollege Marz hat es erwähnt.

Wir stellen auch infrage, ob die Abbranderhöhungen in den Jahren von 2006 bis 2010 überhaupt sein müssen.

Wer kann uns sagen, ob dies aus sicherheitstechnischen Gründen überhaupt genehmigungsfähig ist?

Bereits in der Vergangenheit gab es Störfälle in der Nuklearzentrale Cattenom. Deshalb bitten wir die Landesregierung und das Bundesministerium darum, den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen und einen intensiven Dialog zu führen. Setzen Sie sich weiter dafür ein, dass alle Prüfungen für ein höchstes Maß an Sicherheit durchgeführt werden.

In der Sache sind wir uns doch einig, Herr Marz. Ich glaube, es bringt heute nicht viel, darüber zu debattieren, wer am 5., am 6. oder am 10. irgendwelche Post bekommen hat. Vielleicht waren Sie auch gerade in Urlaub, als die Ministerin eine Information herausgegeben hat.

(Heiterkeit des Abg. Schmitt, CDU und des Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte das nicht weiter vertiefen, möchte jedoch noch eine Bemerkung machen: Wenn man an der Mosel zwischen Cattenom und Mülheim-Kärlich wohnt, hat man auch eine gewisse persönliche Betroffenheit. Ich bin deshalb froh, dass auf Bundesebene der Atomkonsens erreicht werden konnte und die Bemühungen der Landesregierung dazu führten, dass Mülheim-Kärlich nicht nur nicht ans Netz geht, sondern nun auch die Rücknahme der Schadenersatzklage der RWE Power AG gegen das Land Rheinland-Pfalz erreicht werden konnte.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Dieter Schmitt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als jemand, der unmittelbar an Cattenom wohnt, habe ich bereits seit 1988, zu der Zeit, als wir an der Regierung waren, davor gewarnt. Ich bin jemand, der die Kernenergie im Grundsatz bejaht. Aber gegen die Störanfälligkeit und das hohe Risiko, das von Cattenom ausgeht, habe ich immer ein Veto eingelegt. Es geht nicht um Kirchturmpolitik. In diesem Hause haben sich viele parteiübergreifend gefragt, weshalb wir so sehr über Cattenom diskutieren. – Trierer Kirchturmpolitik. Erst als das Kernkraftwerk Philipsburg und andere Kernkraftwerke ebenfalls in der Debatte standen, hat man uns verstanden. Ich möchte dies rückblickend ausführen.

Frau Ministerin, ich beginne mit dem Positiven: Den Weg, den Sie jetzt, wenn auch sehr spät, gehen, halte ich inhaltlich für völlig richtig. Aber Sie mussten zur Jagd getragen werden, ehe Sie etwas erklärten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es bestehen zwei Probleme: Das eine Problem ist in der Tat nicht zu überzeichnen in einem Gebiet, das auch der Region schaden kann. Das andere Problem ist nicht zu verharmlosen. Eine klare Offenlegung gutachtlicher Art ist erforderlich. Deshalb bin ich dankbar, dass auch das Öko-Institut mit einem entsprechenden Gutachten aufgewartet hat. Es muss überprüft werden.

Nun komme ich zu dem Punkt, auf den es ankommt. Frau Ministerin, Sie haben am 7. Juli die Informationen erhalten. Ich halte es für unmöglich, ich halte es für einen Akt der Unmöglichkeit, wenn man Informationen fast zwei Monate im Ministerium unter Verschluss hält.

Erst als die Öffentlichkeit darauf angesprochen hat, als es in der Presse stand, hat die Ministerin darauf reagiert. Wenn es zutreffen sollte – Wo leben wir denn? –, dass man, wie es aus Ihrem Hause heißt, aufgrund des Schulfranzösisch nicht in der Lage war, die Informationen entsprechend zu übersetzen und zu werten, so ist dies ein Armutszeugnis für diese Landesregierung. Dann reden wir in einer Region von Europa, in der wir eigentlich zu Hause sein sollten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen Sie zuerst Ihre Hausaufgaben.

(Beck, SPD: So ein kleinkarierter Mist!)

Es ist nicht kleinkariert, im Gegenteil.

(Beck, SPD: Ich werde beim nächsten Mal Jacques Chirac sagen, dass er die Fischer informieren soll!)

Herr Ministerpräsident, Sie haben zwei Monate lang die Kommunen nicht informiert. Ich kann belegen, dass die Kommunen auch auf Anfrage nichts aus Ihrem Hause erhalten haben. Wir mussten uns die Informationen sonstwoher besorgen. Das ist eine Katastrophe. So geht man mit den Kommunen und mit den Sorgen der Bürger nicht um. (Beifall der CDU)

Das scheint in Ihrem Hause Schule zu machen. In den Sommerferien kam aus dem luxemburgischen Ministerium eine Warnung, die ich für verfrüht hielt. Sie lautete: Vorsicht beim Essen von Fisch, Vergiftungsgefahr, wir warnen davor! Herr Ministerpräsident, dieses Ministerium war nicht in der Lage, auf dem kurzen Dienstweg mit der luxemburgischen Grenze in Kontakt zu treten – –