Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte.
Für dieses Landesgesetz ist Überweisung beantragt, und zwar an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss.
Mitberatend ebenfalls an den Ausschuss für Medien und Multimedia. Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Sprachförderung und Mehrsprachigkeit in Kindertagesstätten Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/1570 –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 5. Dezember 2002 ist der Antrag an den Ausschuss für Bildung und Jugend – federführend – und an den Innenausschuss überwiesen worden. Die Überweisung erfolgte mit der Maßgabe, dass in die Aussprache im federführenden Ausschuss für Bildung und Jugend die Große Anfrage der Fraktion der FDP „Sprachförderung in Kindertagesstätten und Schule“ und die Antwort der Landesregierung einbezogen werden.
Der Ausschuss für Bildung und Jugend hat den Antrag in seiner 16. Sitzung am 20. Mai 2003 dementsprechend beraten.
Da der federführende Ausschuss für Bildung und Jugend die Ablehnung des Antrags empfohlen hat, fand eine Beratung im mitberatenden Innenausschuss gemäß § 83 Abs. 6 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtags nicht statt.
Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sprachkompetenz ist ein zentraler Schlüssel zu sozialer Kommunikation und gesellschaftlicher Teilhabe. Bereits in den Kindertagesstätten ist das Erlernen der deutschen Sprache für alle Kinder, gleich welcher Herkunft, ein ganz wichtiges Bildungsziel. Darin sind wir uns sicherlich in diesem Hause alle einig.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, deswegen plädieren wir GRÜNEN in unserem heute vorliegenden Antrag konsequenterweise nicht nur für den drastischen Ausbau der Sprachförderung in der deutschen Sprache, sondern auch für die Unterstützung ausländischer Kinder beim Erlernen ihrer Muttersprache.
Die Kindertagesstätte bringt erstmals deutsche und ausländische Kinder in einem institutionellen Rahmen zusammen. Zusammen mit der hohen Lernfähigkeit der Kinder bietet dies optimale Voraussetzungen für eine gelingende Sprachförderung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bildungspolitisches Ziel aller Maßnahmen in diesem Bereich muss sein, dass Kinder, wenn sie in die Schule kommen, dem Unterricht in deutscher Sprache folgen können, da ohne Zweifel die Kenntnis der deutschen Sprache unabdingbare Grundlage für den Bildungserfolg junger Menschen ist. Bei eingewanderten Kindern ist das Beherrschen ihrer Muttersprache die Grundlage für das Erlernen der Verkehrssprache Deutsch. Die Sprachwissenschaften gehen davon aus – auch wenn Herr Kollege Keller gleich versuchen wird, das auseinander zu nehmen –, dass die unterschiedlichen Sprachen auf eine gemeinsame Tiefenstruktur zurückgreifen. Somit kann die Erstsprache als eine Art Sprungbrett für den Erwerb der Zweitsprache verstanden werden. Uns muss es darum gehen, Kinder durch Sprachförderung in ihrer Muttersprache und in der deutschen Sprache zu integrieren.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, um die Sprachförderung einschließlich der Förderung der Mehrsprachigkeit und der interkulturellen Bildung bereits in den Kindertagesstätten auszubauen, bedarf es zunächst einmal der Feststellung und der Evaluierung des Bedarfs. Hierzu bietet die Antwort auf die Große Anfrage der FDPFraktion, die übrigens in nahezu allen Punkten unseren GRÜNEN-Forderungen unterstützend zur Seite tritt, eine gute Grundlage.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt herausragende Beispiele der mehrsprachigen und der interkulturellen Erziehung und Bildung in Kindertagesstätten in unserem Land Rheinland-Pfalz. Die Ergebnisse und Erfahrungen müssen allgemein Eingang in die pädagogische Arbeit der Kindertagesstätten finden.
Des Weiteren fordern wir GRÜNEN die Fortsetzung und den Ausbau der bisherigen Anstrengungen zur Mehrsprachigkeit in Kindertagesstätten und eine verbesserte Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher, insbesondere natürlich im Fach „Interkulturelle Pädago
gik“. Darüber hinaus brauchen wir eine stärkere Einbeziehung der Eltern. Auch deshalb ist es geboten, alle Möglichkeiten, insbesondere die Möglichkeiten zur Einstellung von Erzieherinnen und Erziehern mit Migrationshintergrund, auszuschöpfen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist es uns GRÜNEN, in den Kindertagesstätten ein Klima zu schaffen und zu gestalten, in dem Mehrsprachigkeit nicht als Defizit, sondern als große Chance verstanden und gesehen wird.
Meine Damen und Herren, in den Ausschussberatungen wurde sehr deutlich, dass es klare inhaltliche Unterschiede zur CDU-Fraktion gibt, insbesondere in den Bereichen, in denen wir die Forderung nach einem Ausbau der Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund in ihrer Muttersprache gestellt haben. In diesem Bereich sind wir unterschiedlicher Auffassung. Das halte ich für schade, aber ich muss es akzeptieren, Herr Kollege Keller.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der FDP, ich kann aber nicht akzeptieren, dass Sie, die Sie unseren Antrag inhaltlich vollkommen teilen, unseren Antrag ohne eine konstruktive Kritik und vor allem ohne eine Alternative heute ablehnen wollen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen alle, dass ich nun wirklich nicht derjenige bin, der irgendetwas gegen unterschiedliche Meinungen oder konträre Diskussionen hat. Die schätze ich sehr.
Ich weiß, dass Sie mich schon des Öfteren in konträren Diskussionen mitbekommen haben, aber einen Dissens künstlich herbeizuführen, wie es während der Ausschussberatungen geschehen ist, ist einfach nicht in Ordnung, weil es hierbei um die zukunftsfähigen Konzepte für die Kindertagesstätten in unserem Land geht. Es geht um die Zukunft unserer Kinder.
Deshalb bin ich sehr darauf gespannt, mit welchem Grund Sie heute der Öffentlichkeit erklären wollen, weshalb Sie ein so wichtiges Anliegen, das Sie eigentlich unterstützen, ablehnen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich bitte noch einen Satz sagen. Ich bitte Sie, unserem Antrag trotz der negativen Beratungen zuzustimmen. Ich meine, er sollte nicht nur deswegen abgelehnt werden, weil er – wie so viele gute Initiativen – nicht von Ihnen, sondern von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jetzt beginne ich wie Herr Wiechmann: Lieber Nils Wiechmann, die Ausschussberatungen und die vergangene Diskussion im Plenum haben die Unterschiede sehr wohl deutlich gemacht. Ich will es Ihnen aber heute noch einmal erklären, falls das Verständnis noch immer nicht gegeben ist. Der Dissens ist nicht künstlich erzeugt worden, sondern er ist einfach gegeben.
Nachdem wir den Antrag ausführlich beraten haben, ist es sicherlich keine Überraschung, dass wir ihn heute ablehnen werden. Gleichwohl gebe ich Ihnen bei einem Punkt Recht. Es gab einige Gemeinsamkeiten: Wir alle sehen die Sprachförderung als sehr wichtig für den Schulerfolg und für die gesellschaftliche und berufliche Integration an. Einig sind wir uns auch alle bezüglich der Bedeutung des Bildungsauftrags von Kindertagesstätten. Genau deshalb werden zurzeit neue Empfehlungen für die Bildungsarbeit und neue Empfehlungen für die Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Schulen erarbeitet.
Unterschiedlicher Auffassung sind wir in der Tat, wenn es um die Art, den Umfang und die Zielgruppen geht. Diese Unterschiede und auch die Gründe zur Ablehnung werden besonders deutlich, wenn man die von Ihnen genannte Große Anfrage der FDP-Fraktion einbezieht. In der Antwort wird eine Vielzahl der Maßnahmen zur Sprachförderung in Kindertagesstätten und Schulen deutlich. An dieser Stelle muss evaluiert werden. Das ist bereits in Auftrag gegeben worden, aber zuerst müssen wir die Leute arbeiten lassen, bevor wir evaluieren können, ehe wir einfach feststellen, was noch hinzugefügt werden muss und was bereits ausreicht.
Jeder, der sich ein bisschen näher mit der Fremdsprachenvermittlung befasst hat – das hat meines Erachtens auch nicht Herr Kollege Keller verneint –, weiß, wie wichtig das Erlernen der Muttersprache als Grundlage für das Erlernen einer Fremdsprache ist. Das gilt übrigens nicht nur für die Kinder von zugewanderten Menschen, sondern auch für Deutsche. Gerade weil dem so ist, gibt es eine Reihe von verschiedenen Förderungen. Sie haben das heute anders genannt. In Ihrem Antrag steht noch, das seien Einzelmaßnahmen. Heute haben Sie davon gesprochen, dass es viele herausragende Maßnahmen gebe. Das begreife ich als Lob für all das, was im Ministerium initiiert wurde. Das sind zum Beispiel diese zusätzlichen 230 Stellen zur Integration ausländischer Kinder, neue zusätzliche Sprachförderkurse in demnächst rund 130 Kindertagesstätten, wobei die Eltern einbezogen werden, was sicherlich sinnvoll ist, oder das Programm „Lerne die Sprache deines Nachbarn“.
Die Liste könnte ich fortsetzen, aber ich denke, dass sie zu lang ist. In der Antwort auf die Große Anfrage kann man das im Übrigen alles nachlesen.
Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor. Die Träger und vor allen Dingen die Erzieherinnen vor Ort haben längst erkannt, worauf es ankommt. Sie führen die Maßnahmen durch, und zwar dort, wo es passt und ein Bedarf gegeben ist.
Lieber Herr Wiechmann, wir wollen und werden – in diesem Zusammenhang erinnere ich mich gern an die gestrige Debatte über Standardöffnungen – keine neuen bürokratischen Hürden und Standards festzurren, wie in Ihrem Antrag eindeutig gefordert. Wir wollen und werden die begonnenen Maßnahmen fortsetzen, unterstützen, überprüfen und vertiefen. Wir wollen, dass Kinder – gleich welcher Herkunft – in unserem Land gute Chancen für ein gutes Leben haben; denn schließlich verstehen wir Rheinland-Pfalz als kinder- und bildungsfreundliches Land. Das schlägt sich auch im Haushalt nieder.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Beherrschen der deutschen Sprache ist die Voraussetzung für schulischen und beruflichen Erfolg. Eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben setzt ebenfalls ausreichende deutsche Sprachkenntnisse voraus. Nicht nur seit PISA, aber vor allem seit PISA wissen wir, dass es Kindergärten und Grundschulen oft nicht hinbekommen, Migrantenkindern ausreichende Sprachkenntnisse zu vermitteln. So sprechen viele Kinder auch nach mehreren Jahren Kindergarten oft nur unzulänglich Deutsch. Ihre Schulkarriere beginnt also mit einem Handikap, das viele von vornherein trotz zum Teil umfangreicher Fördermaßnahmen zu Bildungsverlierern macht.
Die Realität beweist allerdings, dass dort, wo eine konsequente Sprachförderung stattfindet, Erfolge erzielt werden können. Diese Sprachförderung darf aber nicht erst in der Grundschule beginnen, sondern sie muss im Kindergarten beginnen.