Natürlich gibt es auch viele kritische Fragen. In einem Land wie Ruanda, in dem politische Macht bislang immer auch mit wirtschaftlicher Macht einherging, ist der Weg zu demokratischen Strukturen lang und dornig.
Die politischen Parteien in Ruanda haben keine Wurzeln in der Gesellschaft. Die Parteigründungen in Ruanda
orientierten sich im Wesentlichen an bestehenden westlichen Parteien, ohne eigene politische Konzepte. Noch fehlt es auch an einer Zivilgesellschaft, die das politische Leben des Landes aktiv mit prägt und mit gestaltet.
In Ruanda ist also noch viel Aufbauarbeit zu leisten, um die demokratischen Entwicklungen des Landes voranzubringen. Wir sollten dies nach Kräften unterstützen; denn wer wüßte besser, mit welchen Schwierigkeiten und schrecklichen Rückschlägen Demokratisierungsprozesse ablaufen können, als wir in Deutschland?
Ich denke, die ruandische Regierung ist bereit und in der Lage, aus den geschichtlichen Erfahrungen des Genozids des Jahres 1994 zu lernen.
Die ruandische Regierung hat die rheinland-pfälzische Landesregierung gebeten, bei der Vorbereitung der Parlamentswahlen – wie dies bereits bei der Kommunalwahl vor zwei Jahren geschehen war – personelle und materielle Hilfe zu leisten. Wir sollten uns dieser Bitte nicht verschließen;
denn wir können nicht den Fortgang des Demokratisierungsprozesses in Ruanda einfordern, aber gleichzeitig keine Bereitschaft zur konkreten Unterstützung zeigen.
Lassen Sie mich abschließend feststellen: RheinlandPfalz – dies ist ein Zitat aus meiner Rede am 28. Oktober vor dem Kongress für Nationale Einheit und Versöhnung – wird auch zukünftig ein guter und verlässlicher Freund Ruandas sein.
Nach 20 Jahren wollen wir eine weitere Intensivierung unserer Beziehungen vorantreiben. Dazu gehört auch eine Erweiterung in fachlicher Hinsicht. Dabei denke ich nicht zuletzt an den Bildungsbereich; denn ohne Bildung sind auch Einheit und Versöhnung nicht möglich.
Wir müssen im Übrigen zu einer tief greifenden Bewusstseinsveränderung in unserem Verhältnis zu den Entwicklungsländern kommen. Es sollte eben nicht Hilfe im Sinn von Almosen und Spenden im Vordergrund stehen, wir müssen vielmehr die Menschen als unsere gleichberechtigten Partner ansehen, die keiner Bevormundung bedürfen. Das Schicksal der Menschen gerade in Afrika ist jahrhundertelang von den Menschen des Nordens bestimmt und geprägt worden. Über lange Zeit hinweg hatten sie überhaupt keine Chance zur Eigenentwicklung und Eigeninitiative.
Deshalb sehe ich es als unsere Verpflichtung an, dies grundlegend zu ändern. Bei unseren Bemühungen geht es dabei um Menschen. Es geht nicht um Regime. Demokratisierungsprozesse und das Streben nach politischer Stabilität müssen vielmehr mit den Anstrengungen um die Verbesserung der Lebensbedingungen einhergehen. Nur wenn die Menschen des Südens – das sollten wir uns immer vor Augen halten – ihre Kraft nicht
mehr in vollem Umfang im täglichen Überlebenskampf verbrauchen, wird es gelingen, dauerhaft politische Stabilität und damit Frieden und Versöhnung zu erreichen.
(Anhaltend Beifall der SPD und der FDP – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)
Meine Damen und Herren, ich freue mich, heute Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Mitglieder des Kirchenchors Minfeld, Beamtenanwärterinnen und -anwärter der Fachhochschule Mayen sowie Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrer der Berufsbildenden Schule Neustadt. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehörte auch zu denen, die die Gelegenheit hatten, den Herrn Ministerpräsidenten auf seiner Reise nach Ruanda anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Partnerschaft zu begleiten. Es war – ich denke, da stehe ich nicht allein; darüber konnte man sich unter den Delegationsmitgliedern austauschen, die zum ersten Mal gefahren sind – ein sehr beeindruckender Besuch; denn wir haben neben den offiziellen Gesprächen, an denen wir teilnehmen konnten, auch Kontakte zu Organisationen haben können. Wir haben auch Gespräche mit der Verbindungsstelle geführt, die eine vorzügliche und beispielhafte Arbeit leistet und die man nach Kräften weiterhin unterstützen solle; denn sie ist auch Teil der Graswurzelpartnerschaft, damit eine Partnerschaft nicht nur auf offizieller Ebene abläuft, sondern sie im Grunde genommen – wie der Name schon sagt – bis an die Wurzeln der Freundschaft geht.
Nach der sehr ausführlichen und informativen Rede des Herrn Ministers, für die ich danke, ist es sehr schwer, dem noch etwas hinzuzufügen. Es ist eigentlich auch fast entbehrlich. Aber lassen Sie mich noch einen Punkt beleuchten. Wir hatten – der Herr Minister hat darauf hingewiesen – vor drei Wochen, am 15. Oktober, hier den Besuch von Herrn Baziwamo, dem Leiter der ruandischen Wahlkommission, mit seinem Vertreter, Herrn Habumorenye. Herr Botschafter Ngirabanzi war auch dabei, der einen sehr engen Kontakt zur Landesregierung und auch zu Parlamentariern hält. Das war für uns ein hochinteressantes Gespräch. Ich glaube, das kann ich im Namen der Teilnehmer sagen. Man hat uns Löcher in den Bauch gefragt und war hochinteressiert auch über Hintergründe, die man eigentlich nur mit aktiven Parlamentariern erfahren kann. Nachdem sie mehr offizielle Besuche, beispielsweise beim Landeswahlleiter, absolviert hatten und sich dort über Formalien unterhalten haben, ging es jetzt um Wahlkampfführung: Wie
werden Kandidaten aufgestellt? Wie finden die Ausleseprozesse statt? – Das war hochinteressant und hat uns gezeigt, wie tief das Bewusstsein ist, in Ruanda etwas zu verändern und zu versuchen, sich unserem System anzupassen, was den Parlamentarismus angeht.
Ich bin sehr froh darüber, dass wir in Ruanda auch Kontakt mit Parlamentariern hatten. Das war auch im informellen Rahmen möglich. Man könnte schon fast sagen, es fand in einem familiären Rahmen statt; denn man fand es schon ungewöhnlich, dass uns der Parlamentspräsident zu sich nach Hause in sein Privathaus eingeladen hat. Daraus sind so gute Kontakte und der Wunsch entstanden, im Frühjahr – das wird auch der Fall sein – eine Parlamentarierdelegation nach Rheinland-Pfalz zu schicken und wir ein entsprechendes Besuchsprogramm erstellen wollen. Ich denke, dadurch kommt auch Leben in den Parlamentarismus.
Ich möchte abschließend mit einem Satz enden, den ich meiner jüngeren Tochter in ihr Poesiealbum als Sinnspruch für ihr Leben geschrieben habe. Das kann man auch auf andere Lebensbereiche anwenden, ich denke, auch auf eine Partnerschaft; denn es hat sich gezeigt, dass der persönliche Kontakt und die engen menschlichen Beziehungen, die bestehen, die freundschaftlichen Kontakte, auch in die Lage versetzen, aufbauende und konstruktive Kritik anzubringen und sich wechselseitig sehr offen über alle Fragen zu unterhalten. Ich denke, wenn es in diesem Sinn des Spruchs weiterläuft, sind wir auf gutem Weg. Er heißt: Gute Freunde kennen deine Fehler und Eigenheiten und sprechen mit dir darüber. Schlechte Freunde kennen deine Eigenheiten und Fehler und sprechen mit anderen darüber. –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehörte im Juli dieses Jahres auch zur Delegation, die im Rahmen der Partnerschaft Ruanda besucht hat. Es war für mich das erste Mal, und ich möchte kurz über meine recht positiven Eindrücke berichten. Als jemand, der Afrika aus verschiedenen Facetten kennt, hat man sehr schnell festgestellt, dass Ruanda ein sehr armes Land mit einer minimalen Infrastruktur ist. Das rheinland-pfälzische Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ hat 20 Jahre unter schwierigsten Bedingungen – auch sofort nach dem Genozid – funktioniert. Das muss man anerkennen. Bei mir ist die Erkenntnis gereift, dass es auch
in Deutschland, speziell in Rheinland-Pfalz, im 19. Jahrhundert in manchen Regionen schwierigste wirtschaftliche Verhältnisse gab, die gelöst wurden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ruanda mehrfach auf das Wirken Friedrich Wilhelm Raiffeisens hingewiesen, der mit seinem Genossenschaftsmodell im Westerwald auch ein mögliches Modell für Ruanda bieten könnte. Ich bin der Ansicht, dass wirtschaftliche Stabilität auch demokratische Strukturen vor Ort verbessern wird und darf Sie einladen, wenn Herr Kagame das nächste Mal nach Deutschland kommt, seine Wirkungsstätte in meinem Wahlkreis einmal zu besuchen. Das wird für ihn sicherlich sehr interessant sein.
Die Kommunalwahlen fanden 2001 statt. Im nächsten Jahr gibt es die Beendigung der politischen Übergangsphase. Mir ist aber in Gesprächen mit einigen politisch Verantwortlichen klar geworden, dass einige – das ist nicht die Mehrheit – dort noch lernbedürftig im Umgang mit politischer Opposition sind.
Da ist Lernbedarf vorhanden. Ich bin davon überzeugt, man wird das noch lernen. Auch da haben wir Rheinland-Pfälzer Verantwortung.
Partnerschaft bedeutet nicht nur Auseinandersetzung mit kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Das hat die Graswurzelpartnerschaft vieler Kommunen und Institutionen gezeigt. Das ist noch erheblich ausbaufähig. Partnerschaft bedeutet aber auch die Auseinandersetzung mit der politischen Situation, auch der jüngsten ruandischen Vergangenheit.
Man kann zusammenfassend sagen, dass es Aufgabe der Landesregierung und aller politisch Verantwortlichen ist, nicht nachzulassen, diesen Demokratisierungsprozess aktiv und, wenn es notwendig ist, auch kritisch zu begleiten. Auch Ruanda kann, wie wir aus der eigenen Geschichte gelernt haben, dazulernen. Man kann dies auf einen sehr guten Weg bringen.
Ich denke, dass besonders der Herr Ministerpräsident und der Herr Innenminister als direkte Bindeglieder zur ruandischen Regierung eine besondere Verantwortung haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie wir feststellen konnten, versucht Ruanda seit Jahren die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten und sich auf eine bessere Zukunft vorzubereiten. Gerade wir als Deutsche wissen, was dies bedeutet. Wir müssten dies wissen.
Auch ich konnte mich mit einigen Beispielen überzeugen lassen. Der Demokratisierungsprozess geht sichtbar weiter. Es werden freie Wahlen vorbereitet. Die traditionelle Gerichtsbarkeit wurde aufgenommen, um Gerechtigkeit und Aussöhnung voranzutreiben. Herr Minister Zuber hat sich dazu überzeugend geäußert.
Meine Damen und Herren, eine unserer Forderungen, im Juli von Herrn Ministerpräsident Beck mutig und deutlich vorgetragen, wurde erfüllt. Die Soldaten haben sich aus dem Gebiet des Kongo zurückgezogen.
Meine Damen und Herren, Ruanda ist, auch Dank der rheinland-pfälzischen Partnerschaft, auf dem richtigen Weg in eine bessere Zukunft. Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass die Begleitung Ruandas durch das Land Rheinland-Pfalz auf diesem Weg nicht unterbrochen werden darf. Wir alle müssen uns weiter im Interesse der Weltgemeinschaft so stark wie möglich engagieren. Unser Minister Zuber ist bei der Unterstützung Ruandas beispielhaft vorangegangen. Dafür sollten wir ihm recht herzlich danken.
Herr Minister, aus aktuellem Anlass wünsche ich Ihnen gute Besserung für Ihre angeschlagene Gesundheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist beeindruckend, wenn man miterlebt, wie viele Menschen ihn, Herrn Minister Zuber, in unserem Partnerland kennen, schätzen und mögen. Es darf auch erwähnt werden, dass der frühere Staatssekretär Jürgen Debus und der ehemalige Fußballtrainer Rudi Gutendorf sich große Verdienste erworben haben und sich ganz besonderer Beliebtheit in Ruanda erfreuen. Daraus ist auch abzuleiten, dass der Breitensport ganz offensichtlich zur Versöhnung der ethnischen Gruppen beiträgt. Ebenso ist es von besonderer Bedeutung, die Schulpartnerschaften weiter auszubauen.
Für die FDP-Fraktion fordere ich uns alle auf, weiter für Ruanda zu arbeiten und alles Mögliche für die weitere Entwicklung dieses Landes zu tun.
Alle Rheinland-Pfälzer können stolz auf ihr Partnerland Ruanda sein. Die Menschen dort danken es zutiefst. Sie sind besonders stolz auf ihr Rheinland-Pfalz. Dies habe ich persönlich erfahren.