Bevor ich die nächste Mündliche Anfrage aufrufe, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Integrierten Gesamtschule Bretzenheim sowie Schülerinnen und Schüler der Karmeliter Realschule in Worms. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Ich rufe nun die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Licht (CDU), Urteil des Landgerichts Mainz zur Sondermüll-Entsorgung in RheinlandPfalz – Nummer 2 der Drucksache 14/425 – betreffend, auf. Bitte schön, Herr Licht.
1. Wie reagiert die Landesregierung auf die seitens des Landgerichts vorgetragene Kritik an den rheinland-pfälzischen Abfallbehörden und an der SAM, wonach diese ihren Aufsichtspflichten nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Sensibilität nachgekommen seien?
2. Welche Konsequenzen wird die Landesregierung aus dieser Kritik vor dem Hintergrund entsprechender Ergebnisse des Untersuchungsausschusses Sonderabfall der 13. Wahlperiode für die SAM und für die Arbeit der Abfallbehörden ziehen?
3. In welcher Weise wird den Vorwürfen seitens der Angeklagten gegen die SAM und gegen das Umweltministerium nachgegangen werden, die darauf hindeuten, dass die SAM an der rechtswidrigen Behandlung von Abfällen durch fehlerhafte Zuweisung beteiligt und auch ein enger Mitarbeiter der früheren Umweltministerin davon informiert gewesen sein soll?
4. Wie konnte die Landesregierung vor dem Hintergrund der politischen Ergebnisse des Unters uchungsausschusses der 13. Wahlperiode die Lagerung der gefährlichen Stoffe und Materialien auf dem Gelände der ehemaligen Firma Döss verantworten?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Licht beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Das vom Landgericht angesprochene Handeln der für den Vollzug der Abfallgesetze in Rheinland-Pfalz zu
ständigen Behörde betrifft Vorgänge aus den Jahren 1993 bis 1996. Diese waren Gegenstand des vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschusses „Sonderabfall“ und sind dort eingehend behandelt worden.
Zu dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses hat die Landesregierung mehrfach ausführlich Stellung bezogen. Da im Rahmen des Gerichtsverfahrens keine neuen Fakten und Tatsachen vorgetragen wurden, wird insoweit auf die früheren Ausführungen verwiesen.
Zu Frage 2: Die insoweit erforderlichen Konsequenzen dieser Vorgänge der Jahre 1993 bis 1996 sind von der Landesregierung in den Jahren 1997 und 1998 gezogen worden.
Hierbei wurde insbesondere auf die zügige Umsetzung des von der SAM selbst in Auftrag gegebenen PrognosGutachtens und der Empfehlungen des Untersuchungsausschusses Wert gelegt.
Zu Frage 3: Der angesprochene Komplex ist seitens der zuständigen Strafverfolgungsbehörden einer eingehenden Betrachtung unter strafrechtlichen Aspekten unterzogen worden. Diese Ermittlungen sind seit Jahren abgeschlossen. Die Landesregierung sieht keine Veranlassung ihrerseits, weitere Maßnahmen zu ergreifen.
Was die behauptete Kenntnis eines Mitarbeiters des Ministeriums für Umwelt und Forsten von fehlerhaften Zuweisungen angeht, wird dieser Vorwurf zurückgewiesen. Dies haben wir bereits in einer Presseerklärung am 30. Oktober unmittelbar getan.
Zu Frage 4: Nach den Erkenntnissen der insoweit zuständigen Behörde ist in der Zwischenzeit ein Großteil zur Entsorgung verbracht worden. Von den gelagerten Abfällen ist keine Umweltgefährdung ausgegangen. Zur Klarstellung sei betont, dass die Sonderabfälle in einem genehmigten Zwischenlager gelagert wurden. Die Genehmigung für die Anlage an sich besteht fort. Vor diesem Hintergrund war zunächst die Zielsetzung der zuständigen Behörde richtigerweise nicht darauf gerichtet, eine sofortige Räumung des Lagerbestandes und damit eine endgültige Auflösung der Anlage zu erreichen. Es standen vielmehr zunächst folgende Ziele primär im Vordergrund: Zunächst die Durchsetzung der Betreiberund Verursacherhaftung. Zur Vermeidung und Verminderung von Kosten für den Landeshaushalt sollte versucht werden, andere Maßnahmen umzusetzen, statt eine für das Land kostenträchtige Ersatzvornahme vorzusehen. Im Vordergrund standen mit vertretbaren Anforderungen die Sicherstellung bzw. die sichere Lagerung der dortigen Abfälle. Zielsetzung war zunächst, renommierte und seriöse Entsorgungsfachbetriebe dazu zu gewinnen, die Anlage fortzuführen und damit Kosten von dem Land fern zu halten und auch die vorhandenen Arbeitsplätze zu sichern.
Herr Staatssekretär, Sie haben zu Fragen 1 und 3 von den Ergebnissen berichtet. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie Folgendes: Das Prognos-Gutachten kam in seiner Bewertung der Aufgabenordnung der SAM und des Vertragswesens zu der Einschätzung, dass bei dieser Vorgehensweise die Verantwortung für die Richtigkeit der Daten und damit auch der Zuweisung bei der SAM lag. Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?
Die Anforderungen, die Prognos an eine künftige Konstruktion der SAM gestellt hat, sind komplett umgesetzt worden. Ich sage zur Verdeutlichung des Hintergrunds: Wir standen 1991 vor der Situation, den Sonderabfallbereich in Rheinland-Pfalz komplett neu zu ordnen; denn zuvor wurde dieser Bereich nicht seriös und nicht verantwortbar abgewickelt. Er musste komplett neu konzipiert werden. Am 1. Januar 1994 hat die SAM ihre Tätigkeit aufgenommen. Kein Unternehmen wie die SAM, die 110.000 Fälle bearbeitet, wird dies 100 % fehlerfrei tun. Die Aufgabenkritik der Prognos hat folgende Zielsetzung gehabt, die umgesetzt wurde.
Es wurden drei getrennte Abteilungen und Stabsstellen geschaffen, um somit die Vorabkontrolle von der Verbleibskontrolle zu trennen. Somit wurde eine Plausibilitätskontrolle von einer unabhängigen Stelle innerhalb der SAM ermöglicht. Es wurde ein qualifiziertes Controlling aufgebaut, bei dem ein Abgleich zwischen den Entsorgungsnachweisen und diesen nachfolgenden Begleitscheinen erfolgt. Es wurde auch eine ständige Plausibilitätskontrolle durchgeführt, ob dementsprechend Entsorgungsrechnungen zugrunde liegen. Das ist eine dreifache Plausibilitätskontrolle, wie es von Prognos gefordert ist. Das ist mittlerweile seit mehreren Jahren umgesetzt worden. Die Bearbeitung der Entsorgungsnachweise erfolgt nicht ausschließlich von der Zentralen Stelle.
Ich könnte Ihnen noch die weiteren Punkte aufführen. Es sind insgesamt sechs zentrale Punkte, die 1997/98 zielgerichtet aufgrund der Empfehlung des PrognosGutachtens umgesetzt wurden.
Zentraler Punkt meiner Frage war, was bezüglich des Vertragswesens verändert wurde. Darauf haben Sie nicht geantwortet. Könnten Sie das jetzt nachholen?
Nein, Sie müssen darlegen, welche Vertragskonstruktion Sie speziell meinen. Es gibt innerhalb der SAM ganz verschiedene Vertragskonstellationen, den Gesellschaftsvertrag, die Kooperationen mit den privaten Entsorgungsfirmen, die Konstellationen mit den Entsorgungsbetrieben. Man muss konkretisieren, welche Vertragsgestaltung Sie meinen.
Das Problem bei der Beantwortung liegt darin, dass er die erste Frage nicht verstanden hat. Jetzt muss ich sie wiederholen; denn dort ist es ganz deutlich geworden. Deswegen wiederhole ich sie noch einmal. Bei der Vorgehensweise der SAM und ihren Vertragspartnern lag die Verantwortung der Richtigkeit der Daten und damit auch der Zuweisung bei der SAM. Also geht es in den Verträgen um die Regelung, die die Daten und die Zuweisung zum Gegenstand haben.
Ich habe Ihnen vorhin ausgeführt, dass der erste Punkt des Prognos-Gutachtens gewesen ist, eine strikte Trennung von Vorabkontrolle und Verbleibskontrolle durchzuführen. Das ist innerhalb der SAM getrennt worden. Somit sind die Landesregierung und die SAM auch der Auffassung gewesen, hiermit ausreichend Vorsorge dafür getragen zu haben, dass künftig hier keine Verquickung mehr vorkommt und eine entsprechende Kontrolle möglich ist.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, dass von den dort lagernden Giften, Gütern und Stoffen keine Gefahr ausgegangen wäre. Das hat mich einigermaßen überrascht. Deshalb frage ich Sie: Wenn keine Gefahr bestand, wieso wurde vor etwa 21 Monaten dieses Lager wegen Gefahr in Verzug geschlossen? Wieso hat die zuständige Struktur- und Genehmigungsbehörde in Neustadt bisher nicht reagiert? Hat sie die Gefahren nicht erkannt? Warum hat sie nicht reagiert? Hat sie erst reagiert, nachdem die entsprechende Presseberichterstattung vor wenigen Tagen alles aufgegriffen hat und auf die Gefahren besonders aufmerksam gemacht hat?
Abschließend frage ich: Was gedenken Sie gegenüber einer Behörde zu tun, die die Sache über 21 Monate schleifen ließ?
Im Januar 2000 ist kein Annahmestopp erfolgt, weil eine unmittelbare Umweltgefährdung vorliegt, sondern weil die zuständige Behörde aufgrund zurückgehender Umsatzzahlen erkannt hat, dass zukünftig die wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten der Betreiberfirma nicht vorhanden sind, die eingelagerten Abfälle einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Aus diesem Grund und nicht wegen mangelnder Genehmigung der Anlage, sondern wegen dieser finanziellen Schwierigkeiten wurde im Januar ein Annahmestopp in der Anlage verfügt. Gut drei Wochen später im Februar wurde der Betreiberfirma der Betrieb der Anlage an sich untersagt, weil sich diese finanziellen Schwierigkeiten weiterhin bestätigt haben. Dann wurde der Sofortvollzug dieser Untersagung angeordnet. Hiergegen hat die Betreiberfirma vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Im Ergebnis ist das Behördenhandeln bestätigt worden. Der Sofortvollzug wurde bestätigt. Dann haben sich die dort befindlichen Sonderabfälle in einem nach wie vor von der Anlage her genehmigten Zwischenlager befunden. Sie wurden dort auch fach- und sachgerecht gelagert.
Es war Zielsetzung der Behörden, nicht eine unmittelbare Räumung des Bestands herbeizuführen. Das hätte bedeutet, dass endgültig der Betrieb der Anlage hätte aufgegeben werden müssen und von vornherein Bemühungen nicht unternommen wurden, eine Nachfolgefirma auch zur Sicherung der Arbeitsplätze zu finden. Es hätte auch bedeutet, dass das Land im Rahmen der Ersatzvornahme zunächst komplett für die Räumung des Bestands und die Entsorgung hätte zahlen müssen.
Die von der zuständigen Behörde durchgeführten Verhandlungen haben immerhin ergeben, dass für einen wesentlichen Teil – dabei handelt es sich um die ölverschmutzten Betriebsstoffe – eine Zusage der CCR Deutschland vorliegt, diese auf ihre Kosten zu entsorgen. Bereits vor dem Gerichtsverfahren, als die Sache in der Zeitung thematisiert wurde, hat die CCR auf ihre Kosten Entsorgungen in der Größenordnung von 100.000 DM vorgenommen, die somit nicht dem Landeshaushalt zu Last fallen. Sie ist auch bereit, den Res tbestand der ölverschmutzten Betriebsstoffe dort zu entsorgen. Wir gehen davon aus, dass im Laufe der nächsten Woche auch diese Stoffe dort auf Kosten der CCR Deutschland abtransportiert werden.
Von daher ist das Verhalten der Behörden zunächst richtig, dafür zu sorgen, die Verantwortlichen für die Entsorgung heranzuziehen und die Anlage im Rahmen des Möglichen zu überwachen. Nachdem die Zusage vorlag, dass die CCR Deutschland die Entsorgung der ölverschmutzten Betriebsstoffe vornimmt, der Konkursverwalter dargetan hat, dass ihm die finanziellen Möglichkeiten für eine Notverwaltung des Grundstücks nicht mehr zur Verfügung stehen, hat die zuständige Behörde sich entschlossen, die vorhandenen Lacke, Schlämme
und Batterien in ein im Betrieb befindliches Zwischenlager abtransportieren zu lassen. Diese sind bereits letzte Woche komplett abtransportiert worden.
Herr Staatssekretär, Sie bleiben also bei Ihrer Behauptung – wenn ich das richtig verstanden habe –, dass von diesen Stoffen keine Gefahr für die Bevölkerung ausging, und rechtfertigen die mangelnde Tätigkeit oder die mangelnden Aktivitäten der Regierung damit, dass eventuell auf das Land keine Kosten zukamen?
(Ministerpräsident Beck: Das ist eine Verdrehung der Tatsachen! Wie kann man denn so miteinander umgehen?)
Herr Bischel, ich könnte Ihnen jetzt in der Chronologie die mittlerweile in den 16 Monaten durchgeführten Verhandlungen und Tätigkeiten darlegen. Es hat verschiedene Gespräche mit Firmen gegeben mit der Zielsetzung, eine Weiterführung des Betriebs in Verbindung mit dem Konkursverwalter zu ermöglichen, was zunächst auch sinnvoll ist. Es geht auch um Arbeitsplätze und den Weiterbetrieb einer technisch auf neuestem Stand stehenden genehmigten Anlage. Hierzu mussten natürlich verschiedene Gespräche geführt und deren Ergebnisse abgewartet werden.
Einen Dritten, wie die CCR Deutschland, dazu zu gewinnen, ohne eine unmittelbare rechtliche Verpflichtung zu haben, die Stoffe auf seine Kosten zu entsorgen, bedarf natürlich einer gewissen Vorbereitung und einer gewissen Verhandlung mit den entsprechenden Partnern.
Man ist hier also ständig aktiv gewesen. Nachdem klar war, dass ein Teil auf Kosten Dritter entsorgt werden kann und Geld für die Notverwaltung nicht mehr da ist, wurde beschlossen, den Restbestand in ein in Betrieb befindliches Zwischenlager mit entsprechenden Laboratorien zu verbringen. Dort können die entsprechenden Chargen gebildet werden, um sie einer endgültigen Entsorgung zuzuführen. Aber eine Gefährdung für die Bevölkerung ist nicht ausgegangen – das ist auch nie vorgetragen worden –, weil es ein genehmigtes Zwischenlager mit entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen, die ein solches Zwischenlager zwingend haben muss, ist.
Herr Staatssekretär, sie haben jetzt mehrfach betont, dass es sich um ein genehmigtes Zwischenlager gehandelt hat.