„Panorama“ berichtete im Mai 2014 über „Schwulenheiler“. Yasin Bozkurt, Mister World Germany 2014 – was auch immer das ist –, sagt in einer Debatte über Homosexualität: Meiner Meinung nach ist das ein Gendefekt oder eine Krankheit. Das kann jeden treffen.
Geschichtlich, historisch gibt es einen sehr interessanten Menschen – es gibt ganz viele, aber auf einen möchte ich mich hier beschränken –: Alan Turing. Alan Turing war maßgeblich daran beteiligt, das Verschlüsselungssystem der Nazis im Zweiten Weltkrieg – Enigma – zu entschlüsseln.
Alan Turing war homosexuell. Alan Turing wurde 1952 wegen seiner Homosexualität zur chemischen Kastration verurteilt. Ein Jahr später hat er sich übrigens umgebracht.
2013, 61 Jahre später, wird dieser – ich bezeichne ihn mal als Held – Held letzten Endes von der Queen begnadigt.
Homosexuelle, Transsexuelle mussten Jahrzehnte gegen ihre Kriminalisierung kämpfen, wie wir hier sehen. Heute kämpfen sie noch immer dafür, dass auch sie die gleichen Rechte wie Heterosexuelle bekommen.
Zum Glück ist aber noch nicht alles verloren. Manchmal ist die Jugend viel weiter als wir Erwachsenen. In diesem Monat hat sich schon der Jugendlandtag mit der Ehe für alle beschäftigt und Folgendes gefordert:
Dieser Antrag, meine Damen und Herren, wurde nahezu einstimmig vom Jugendlandtag von allen Jugendlandtagsfraktionen angenommen.
Aber allein die Tatsache, dass wir heute noch immer über so eine Selbstverständlichkeit, die Ehe für alle Menschen zu öffnen, hier diskutieren müssen, ist der eigentliche Skandal. Homosexuelle, Transsexuelle, queere Menschen im Gesamten sind normale Menschen wie Sie und ich. Sie sind nicht anders. Warum um Himmels willen müssen wir das überhaupt hier diskutieren? Ehe für alle öffnen – fertig. Eigentlich ist die Debatte an der Stelle beendet.
Aber wir wissen ja, dass das heutzutage leider noch immer nicht der Fall ist. Ich zitiere aus dem Grundgesetz:
Vielen Dank, Herr Kollege. – Bisher kann ich Ihnen sehr gut folgen. Aber in Ihrem Antrag fordern Sie auch die Öffnung der Ehe für polyamouröse Partnerschaften. Darf ich darunter verstehen, dass Sie Bigamie und Polygamie letztendlich auch der Ehe gleichsetzen wollen?
Die Frage kommt nicht ganz überraschend. Sie stellen sie ungefähr eine halbe Minute zu früh. Denn in etwa 30 Sekunden werde ich mich mit diesem Thema beschäftigen. Ich hoffe, Ihre Frage ist dann beantwortet. Ansonsten können Sie sich gerne noch zu einer Kurzintervention anmelden.
Das Grundgesetz haben wir gerade besprochen. Ich kann nicht entdecken, dass queere Personen von diesen Grundrechten auszunehmen sind.
Zu den polyamourösen Aspekten in unserem Antrag: Wer von Ihnen ist Vater oder Mutter mehrerer Kinder? – Vermutlich der eine oder andere. Würden Sie eine These unterstützen, dass Sie Ihre Kinder nicht gleich lieben können,
nur weil Sie mehrere Kinder haben? Das ist ein Aspekt, den auch polyamouröse Verantwortungsgemeinschaften immer wieder anführen. Sie halten es für möglich und machbar, ihre Liebe in ethischer Verantwortung mit mehreren Menschen auf Augenhöhe zu teilen und allen in gleicher Weise gerecht zu werden.
Deswegen steht in unserem Antrag auch die Freigabe der Ehe für polyamouröse Lebensmodelle. Wir fordern wirkliche Gleichstellung für alle Lebensmodelle.
Wir werden allerdings auch den beiden anderen Anträgen, dem rot-grünen Antrag und dem FDPAntrag – so habe ich es zumindest meiner Fraktion empfohlen –, zustimmen, weil sie in die richtige
Richtung gehen. Natürlich ist unser Antrag unseres Erachtens der beste, weil er der weitestgehende von den drei vorliegenden Anträgen ist.
Ich komme langsam zum Ende, Herr Präsident. – Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, können heute ein Zeichen dafür setzen, wie weit der Landtag Nordrhein-Westfalen sich für die Gleichstellung von queeren Menschen einsetzen möchte. Entscheiden Sie sich für ein bisschen Gleichstellung, stimmen Sie für Rot-Grün, stimmen Sie für die FDP! Entscheiden Sie sich für die volle Gleichstellung, folgen Sie unserem, dem Piratenantrag!
Als letzten Satz möchte ein Zitat von Johann Vohn, unserem Piratenfraktionsvorsitzenden der Jugendlandtagsfraktion, in die Debatte einbringen: Liebe ist eine Sache des Herzens und nicht des Geschlechts. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Besuchertribüne! Wer kennt nicht diese Sätze: In guten und in schlechten Zeiten. Bis dass der Tod euch scheidet. Ja, ich will. – Nicht nur für heterosexuelle Ehepaare gilt dieser Satz. Wer kann von sich behaupten, zu wissen, dass gleichgeschlechtliche Paare eine schlechtere Ehe führen oder sich in der Art und Weise des Zusammenlebens von anderen Paaren unterscheiden? Auch homosexuelle Paare streiten, lachen und weinen. Auch sie stehen zueinander in guten und in schlechten Zeiten. Auch bei Schwulen und Lesben kann eine Ehe ein Leben lang halten oder im sprichwörtlichen siebten Jahr zu Bruch gehen.
Wir in Nordrhein-Westfalen sind bunt und vielfältig, und das ist auch gut so. Darauf sind wir stolz. Wir begegnen gesellschaftlichen Entwicklungen offen und mit großer Toleranz. Familie hat für uns viele Gesichter. Beispielhaft seien das tradierte Familienbild oder das schwule oder lesbische Ehepaar von nebenan genannt. Für uns gehört jeder dazu. Das leben wir authentisch und glaubhaft.
Nicht von ungefähr haben wir hier in NordrheinWestfalen eine konsequente Haltung zum Abbau von Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Mit diesem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, sich auch weiterhin für die vollständige rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen einzusetzen. Damit sind wir in guter Ge
sellschaft. Immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht bestehende Ungleichbehandlungen von Ehe und Eingetragenen Lebenspartnerschaften für verfassungswidrig erklärt. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass diese Rechtsprechung konsequent fortgesetzt werden wird.
Nun wende ich mich an Sie, liebe Kollegen der Piraten. Es ist schade, dass Sie ein so wichtiges Thema in Ihrem Antrag so weit ausdehnen, dass wir diesen nur ablehnen können. Wie Sie darauf kommen, unter einer Ehe für Alle auch die polyamourösen Lebensgemeinschaften – also nicht nur monogame – zu verstehen, ist mir schleierhaft und schießt momentan doch weit über das Ziel der Debatte hinaus.
Wir sollten uns nun erst einmal gemeinsam dafür einsetzen, dass eine gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht wird. Auch ist ein solcher Antrag einfach nicht zielführend – weder politisch noch fachlich –, denn die rechtlichen Voraussetzungen werden auf Bundesebene geschaffen, weshalb wir uns ja auch dort dafür einsetzen.
Liebe Kollegen von der CDU, schade, dass doch recht wenige der Debatte heute folgen können. Es wäre ein sehr positives und zukunftsorientiertes Zeichen gewesen, wenn auch von Ihrer Seite die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren anerkannt worden wäre und Sie so den NRW-Weg unterstützt hätten. Auch Ihnen, denke ich, muss doch eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, immer wieder attestiert vom Bundesverfassungsgericht, wichtig sein.
Schade, dass das bisher nicht gelungen ist. Ich bedaure das sehr und ermuntere diejenigen in Ihrer Partei, von denen ich weiß, dass sie ebenso für dieses Anliegen kämpfen: Geben Sie den Kampf nicht auf! Die Realität hat Ihre Partei längst eingeholt. Nein, ich erlaube mir zu sagen: Sie hat sie überholt!
Die Debatte über die Gleichstellung von homosexuellen Paaren, die vor 25 Jahren mit einem Antrag im Bundestag begonnen hat, muss endlich beendet werden. Danke sage ich im Namen meiner Fraktion deshalb allen Akteuren, die sich mit großem Engagement über all die Jahre dafür eingesetzt haben und das immer noch tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mit dem Satz enden, den auch viele von uns kennen: Wir sind heute zusammengekommen, um diese Fraktionen zueinander zu bringen. – Bitte unterstützen Sie unseren Antrag und sagen Sie Ja. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Paul.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist an der Zeit! Es ist sogar mehr als an der Zeit! Eigentlich sind alle Argumente auch ausgetauscht. Und eigentlich sind es Lesben und Schwule in diesem Land auch leid, sich rechtfertigen zu müssen, warum eine Öffnung der Ehe jetzt endlich mehr als an der Zeit ist.