Protocol of the Session on June 26, 2015

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal kurz zu Wort gemeldet – ich werde jetzt auch nicht die Redezeit von fünf Minuten ausnutzen –, weil Kollege Voussem sagte, das wäre eine überflüssige Debatte und er hoffe, dass wir das heute hier zum letzten Mal debattieren.

Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht, dass wir das heute hier das letzte Mal debattieren. Da bin ich eher beim Kollegen Rasche.

(Christof Rasche [FDP]: Da hat er recht, der Kollege!)

Wir werden eine grundsätzliche Debatte über die Pkw-Maut bekommen. Das wird erst nach der Bun

destagswahl sein; ansonsten müsste die Kanzlerin zurücktreten. Das wird die CDU nicht riskieren. Aber mit Blick auf die Infrastrukturfinanzierung wird es eine Diskussion geben, ob wir in Deutschland eine allgemeine Pkw-Maut einführen.

Das würde ich kritisch sehen, und zwar einerseits aus ökologischen Gründen, weil ein solche Flatrate für Autofahrer keine Lenkungswirkung hat, andererseits mit Blick auf die an NRW grenzenden Nachbarn – diese Debatte hatten wir schon ausführlich geführt –, mit Blick auf die Niederlande und Belgien etc. Da würde sich eher die Frage stellen, ob – das wird wahrscheinlich nicht zustande kommen – man eine gesamteuropäische Maut einführt.

Aber bei der Finanzierungsfrage werden wir – da bin ich total sicher – eine Debatte um eine grundsätzliche Pkw-Maut bekommen, egal, wer 2017 Koalitionsverhandlungen führt. Spätestens dann wird uns hier die Debatte wieder erreichen.

Wir haben mit Blick auf 2019 noch ganz andere Debatten vor uns. Eigentlich müsste es ein Bündnis der vernünftigen Verkehrspolitiker aller Parteien geben –

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

mit Blick darauf, dass alle relevanten Finanzierungsprogramme für den öffentlichen Nahverkehr 2019 auslaufen: die Entflechtungsmittel, GVFG, Regionalisierungsmittel. All das steht infrage. Es ist doch so, dass wir alle jetzt von den Nahverkehrsverbänden angesprochen werden: Wir bestellen keine neuen Züge, keine neuen S-Bahn-Linien etc., weil wir nicht davon ausgehen können, dass nach 2019 die Bundesfinanzierung noch sicher ist. Also macht entsprechend Druck beim Bund!

Ich meine auch, dass das spätestens 2017 in den Koalitionsverhandlungen ein großes Thema sein wird: Wie stellen wir sicher

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Welcher auch immer!)

welcher auch immer –, dass der öffentliche Nahverkehr weiterhin anteilig bundesfinanziert wird? Infolge Koch/Steinbrück-Vereinbarung 2006, auslaufend 2019 mit der Erkenntnis von heute: Wir brauchen Mittel für den öffentlichen Nahverkehr, weil wir ansonsten ganze Linien, ganze Zugsektionen dichtmachen müssen. Ich glaube, da müssen alle Fraktionen, die in Berlin Politik machen, nicht gegeneinander, sondern miteinander Druck machen, wie das in anderen Politikbereichen auch gelingt.

Da muss es ein Mehr geben. Ich glaube, dieses Mehr wird nur öffentlich finanzierbar sein. Es wird mit Blick auf die Bundestagswahl wieder ein großes Thema sein. Ich glaube, ohne Steuermehreinnahmen wird man, wenn man gleichzeitig 2019 die Schuldenbremse einhalten will, das nicht hinbekommen. Deswegen wäre ich für eine moderate

Anhebung von Vermögensteuer und anderen Bereichen,

(Zurufe von der CDU: Aha!)

damit wir das in diesem Bereich finanziert bekommen. Ich bin auch für Vorschläge offen, Herr Schemmer.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es muss auch nicht die Vermögensteuer sein. Die Frage ist nur: Wo soll das Geld dafür herkommen?

(Zuruf von Bernhard Schemmer [CDU])

However! – Wir warten auf Vorschläge. In Ihrer Rede waren Sie leider nicht, in der des Kollegen Rasche auch nicht.

Wo ich ihm aber recht gebe – das zum Abschluss –: Wir haben kein Erkenntnisdefizit. Es ist alles analysiert. Die Pläne liegen auf dem Tisch. Es muss umgesetzt werden. Ich bin nicht dagegen – das habe ich eben schon gesagt –, dass man noch einmal Bodewig bittet, sozusagen in einem zweiten Aufschlag mit Blick auf die Länderverkehrsministerkonferenz Anfang Oktober Vorschläge zu entwickeln. Aber eigentlich ist das alles diskutiert. Es liegt alles auf dem Tisch.

Die entscheide Frage ist, ob die Politik den Mut hat, das entsprechend umzusetzen. Da ist die Große Koalition in Berlin gefragt. Wir können aus NRW entsprechend Druck machen. Ich meine, das sollten wir alle miteinander machen. Mehr gemeinsam, statt gegeneinander! Wenn das das Ergebnis der heutigen Debatte ist, dann hätten wir auch etwas erreicht. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Kern.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Zunächst vielen Dank, dass ich hier als Abgeordneter der Piraten noch zu Ihnen sprechen darf. Das scheint ja nicht mehr ganz selbstverständlich zu sein.

Ich möchte ein paar europapolitische Aspekte beleuchten, wenn Sie erlauben. Die Europäische Kommission überprüft jetzt also ganz offiziell die Ausländermaut der Großen Koalition. Das Ergebnis ist allen Beteiligten heute schon klar: Diese PkwMaut für Ausländer ist mit geltendem EU-Recht unvereinbar und wird so nicht kommen. Wer wundert sich eigentlich darüber, dass eine Abgabe, die man selber als „Ausländermaut“ bezeichnet, von der Kommission als europarechtswidrig bewertet wird? Darüber brauchen wir nicht wirklich zu reden.

Worüber wir aber reden sollten, ist der europafeindliche Politikansatz des Herrn Dobrindt und seiner CSU. Das, Herr Klocke, finde ich nicht wirklich witzig. Ich glaube, darin sind wir uns auch einig. Jetzt, wo wir tagtäglich über Griechenland reden, möchte ich es einmal so formulieren: Wir brauchen keinen Grexit und auch keinen Brexit, sondern einen „Dobrexit“.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von der CDU: Oh! Oh!)

Dieses sinnfreie EU-Bashing muss aufhören. Ich möchte gern einmal wissen, wie viele Besuche von Europaschulen die Landesregierung jetzt infolge einplant, um diese Politikverdrossenheit wieder auszugleichen, die mit diesem Vorgehen verursacht wird.

Schaut man sich die jüngste Bundestagsdebatte zu dem Thema an, stellt man mit Erstaunen fest: Minister Dobrindt und die GroKo haben es immer noch nicht begriffen. Es werden weiterhin Hasstiraden Richtung EU gesendet nach dem Motto: Brüssel hat sich in nationale Steuergesetzgebung wie die KfzSteuer nicht einzumischen. – Dabei geht es gar nicht darum – das ist völlig unstrittig –, sondern es geht um die Verknüpfung der beiden Gesetze, die so zu einer Ausländerdiskriminierung wird. Wenn man aber aus der ultranationalen Windschutzscheibe auf die Fahrbahn schaut, erkennt man eben auch keine europapolitischen Leitplanken.

Meine Damen und Herren, die Ausländermaut ist ein antieuropäisches Prestigeprojekt aus dem Bierzelt-Think-Tank des Herrn Dobrindt. Da ist es nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, denn das bleibt ja nicht ohne Gegenreaktion aus den anderen EUStaaten. Österreich hat schon vor zwei Jahren als Reaktion auf die Mautdebatte den Mautverzicht auf bestimmten Autobahnen ausgesetzt. Tschechien, Belgien und andere werden ebenso reagieren. Mit der Ausländermaut wird im schlimmsten Fall eine Lawine gegenseitiger Bestrafungsregelungen losgetreten. Das widerspricht doch dem europäischen Gedanken freier Grenzen und engt das von uns Piraten geforderte Grundrecht auf freie Mobilität massiv ein.

Was macht die SPD, Koalitionspartner im Bund? Man vertraue auf das Urteil der Bundesregierung, sagt ihr mautpolitischer Sprecher im Bundestag. Natürlich will man sich einmal wieder die brisanten politischen Entscheidungen von den Gerichten abnehmen lassen. In diesem Fall hofft man einfach auf das Kassieren der Ausländermaut durch den Europäischen Gerichtshof. Politikoutsourcing an die Gerichte ist das. Das hat bei der SPD mittlerweile Tradition. So muss man für die eigenen Entscheidungen keinerlei Verantwortung mehr übernehmen – siehe auch Thema „Beamtenbesoldung“ hier in NRW. Da kennt man sich aus.

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Dobrindt ist wahrlich ein „Bundesverkehrt-Minister“. Neben der Straßenmaut betätigt er sich auf EUEbene auch noch als Wegelagerer des digitalen Straßennetzes. Mit der Aufkündigung der Netzneutralität im Internet ist diskriminierungsfreie Datenübertragung zukünftig nicht mehr möglich. Damit wird der Weg bereitet für eine digitale Maut, nicht nur für Pkw-Fahrer, sondern für alle Menschen in der EU. Das ist in meinen Augen der sehr viel größere Mautskandal von Herrn Dobrindt.

Wir Piraten bleiben dabei: Wir brauchen eine Verkehrswende hin zu digitalen Mobilitätsformen und keine Geisterfahrten des europapolitischen Mautisten Dobrindt. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind am Schluss der Aussprache. Ich schließe damit die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

3 Liebe verdient Respekt: Ehe für alle!

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/8972

In Verbindung mit:

Ehe für Alle – Volle Geleichstellung jetzt!

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/8985

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/9099

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der Piraten dem Kollegen Daniel Düngel das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich erst einmal bedanken, dass ich als Pirat hier noch reden darf und vor allem auch Anträge stellen darf. Einen unserer Anträge behandeln wir jetzt unter diesem Tagesordnungspunkt.

Liebe verdient Respekt. Zum Thema „Respekt“: Ich habe in den letzten Tagen ein bisschen recherchiert und nach homophoben Aussagen gesucht. In der Politik finde ich ganz viele, auf die ich jetzt im Wesentlichen nicht näher eingehen will, sondern eher

auf homophobe Aussagen, die im Alltag getroffen werden.

„Panorama“ berichtete im Mai 2014 über „Schwulenheiler“. Yasin Bozkurt, Mister World Germany 2014 – was auch immer das ist –, sagt in einer Debatte über Homosexualität: Meiner Meinung nach ist das ein Gendefekt oder eine Krankheit. Das kann jeden treffen.