Protocol of the Session on September 10, 2014

Ja. Ich bin gespannt, was Herr Ellerbrock fragt.

Bitte schön, Herr Ellerbrock.

Herr Kollege, Sie hatten gerade gesagt, der Rechnungshof hätte festgestellt, PPP-Projekte würden immer zulasten des Steuerzahlers gehen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Häufig!)

Erstens. Das stimmt nicht. Er hat sechs Beispiele dargestellt. Bei vieren meinte man, das darstellen zu können; bei zweien sah es anders aus. Der Begriff „immer“ stimmt also nicht.

(Zuruf von der SPD: Zwei Drittel!)

Zum Zweiten muss man fragen, welche Projekte ausgewählt worden sind. Teilen Sie meine Ansicht, dass es darum geht, zukünftig privates Kapital für öffentliche Aufgaben zu mobilisieren und dass dabei auch die PPP-Problematik einen wichtigen Faktor darstellt?

Herr Kollege Ellerbrock, ich korrigiere „immer“ in „häufig“. Im Übrigen teile ich die Auffassung nicht, dass PPP-Projekte in dem Zusammenhang eine gute Finanzierungsperspektive sind. Das mag im Einzelfall so sein; das muss entsprechend geprüft werden. Aber als zentrale Finanzierungsperspektive sehe ich sie nicht.

(Beifall von Jochen Ott [SPD])

Lassen Sie mich noch – ich bin ja der verkehrspolitische Sprecher der Grünen – einige Aspekte aus ökologischer Sicht sagen. Auch in dieser Hinsicht versagt die geplante Pkw-Maut ja völlig. Es gibt überhaupt keine ökologische Lenkungswirkung. Es gibt keine Perspektive, beispielsweise verbrauchsarme Fahrzeuge steuerlich zu bevorteilen oder verbrauchsstarke Fahrzeuge steuerlich stärker einzupreisen. Es geht um eine Vignette, es geht um eine Flatrate für ausländische Pkw-Fahrer. Es geht überhaupt nicht darum, irgendein ökologisches Signal in die Zukunft zu senden, über eine solche Maut eine

verkehrslenkende ökologische Wirkung auf den Weg zu bringen.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Wo ist die bei den Lkws?)

Wir laden alle Fraktionen zu Gesprächen ein. Die Anträge liegen vor. SPD und Grüne haben in ihrem Antrag eine sehr klare Finanzierungsperspektive aufgezeigt. Es gibt Absprachen für das Einbringen einer Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen zusammen mit Baden-Württemberg, Niedersachen und anderen Ländern.

Das ist die Debatte, die jetzt zu führen ist: eine klare Struktur für eine Ausweitung der Lkw-Maut, eine klare Diskussion, wie diese 7,2 Milliarden zusammenkommen sollen, die ja unstrittig sind. Es geht darum, diesen Mautpopulismus in den nächsten Wochen endlich einzustellen. Vor allen Dingen geht es nicht darum, wer sich in der Großen Koalition an welcher Stelle durchsetzt. Vielmehr geht es darum, unsere Verkehrswege, die Brücken, die Schienen, die Straßen, in den nächsten Jahren endlich vernünftig zu sanieren.

Dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Ich meine, dafür muss öffentliches Geld in die Hand genommen werden. Das ist vorhanden. Die Konzepte sind vorhanden.

Wir haben das in unserem Antrag noch mal zusammengestellt, und wir werben dafür bei allen Fraktionen um Unterstützung. Das wäre ein klares Signal nach Berlin. Lassen Sie uns heute einen solchen Beschluss fassen! – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege, würden Sie noch eine Zwischenfrage anschließend zulassen? – Das machen wir jetzt einfach, denn Herr Rasche hat sich so früh gemeldet, und Sie waren so flott. Herr Rasche wird Ihnen nur eine Frage stellen. Dann sind wir durch. – Bitte schön, Herr Rasche.

Werter Herr Kollege Klocke, schönen Dank. – Stichwort „Lkw-Maut“. Die SPD hat schon im Jahre 2002 in der Diskussion und im Jahre 2003 bei der Einführung insbesondere für die Lkw-Maut geworben. Wir brauchen mehr Mittel, die dann in die Infrastruktur fließen sollen.

2005 wurde Peer Steinbrück Bundesfinanzminister. Er hat maßgeblich dafür gesorgt, dass jeder Euro, der bei der Lkw-Maut eingenommen wurde, beim Verkehrstitel reduziert wurde. Das heißt, die LkwMaut hat nicht einen einzigen Euro mehr gebracht – bis heute. Genau diese Systematik schließen Sie in Ihrem Antrag nicht aus, sondern lassen sie bewusst wieder zu. Da passiert doch nichts. Da kommt doch wieder kein Geld mehr rein.

Sind Sie nicht der Meinung, wir sollten Ihren Antrag zur Finanzierung noch mal ausführlich im Ausschuss diskutieren und eine gemeinsame Linie finden?

Nein, der Meinung bin ich nicht. Aber wenn Sie an der Stelle einen konkreten Änderungsvorschlag hätten – Ihre Kritik ist ja nicht ganz unberechtigt –, würde ich vorschlagen, dass Sie den einbringen. Ansonsten ist unser Antrag sehr detailliert, sehr vernünftig, mit einer sehr klaren Zielrichtung. Er geht weit über das hinaus, was FDP und CDU vorgelegt haben. Die Grundkritik ist zwar die Gleiche; aber bei Ihnen fehlt jegliche Finanzierungsperspektive in dieser Frage. Deswegen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Nun spricht für die Fraktion der Piraten Herr Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Besucher hier oben, am Stream und an den MautAutomaten! Morgen darf Bundesstillstandsminister Dobrindt im Bundestag seinen Etat verteidigen – einen Etat, der bei tatsächlicher Umsetzung der PkwMautpläne auf Jahre hinweg für die anstehenden Aufgaben absolut unzureichend sein dürfte. Es kann nicht im Sinne der Länder sein, die Funktionsfähigkeit und die Innovationsfähigkeit der Infrastruktur und damit unsere zukünftige gesellschaftliche wie wirtschaftliche Stärke einer verantwortungslosen Stillstandspolitik und einem CSU-Wahlkampfgag zu opfern.

Ein Küchentisch, wie letztens bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Wahlkampf in Sachsen, reicht der CSU natürlich nicht. Nein, es muss schon die komplette infrastrukturelle Einrichtung der Bundesrepublik in Beschlag genommen werden. Doch das hier in NRW ist unsere Einrichtung. Darum werden wir heute aus dem Landtag von NordrheinWestfalen und heute Nachmittag auch aus dem Landtag von Schleswig-Holstein ein Signal in Richtung Berlin senden: Schluss mit der Dobrindt-Maut! Schluss mit dieser bundesweiten Citymaut!

(Beifall von den PIRATEN)

Wir haben diesbezüglich in NRW vier Probleme, gegen die es zu kämpfen gilt:

Problem Nr. 1 ist die Dobrindt-Maut an sich und ihre Auswirkungen auf NRW.

Problem Nr. 2 wurde schon angesprochen: die Unterfinanzierung der Infrastruktur.

Problem Nr 3 – sehr wichtig zu lösen! –: Die Infrastrukturfinanzierung ist veraltet und folgt jahrzehntealten Konzepten! Wir brauchen den Mut und den politischen Willen für neue Konzepte.

Problem Nr. 4: Die Dobrindt-Maut wirkt wie klebrige Abdeckfarbe und übertüncht alle anderen Probleme.

Solange wir in dieser schrecklichen Debatte feststecken und erst recht wenn diese Maut tatsächlich eingeführt würde, blockiert die Dobrindt-Maut wirklich sinnvolle und effektive Infrastrukturfinanzierungskonzepte. Sie ist im Grunde ein Placebo für eine eigentlich viel zu ernsthafte Krankheit.

Die Dobrindt-Maut hat uns bereits jetzt in einer bedeutenden Debatte um die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur um Jahre zurückgeworfen. Es droht uns eine Maut, die uns in eine Sackgasse führt, aus der wir nicht mehr so einfach herauskommen. Wenn es das Ziel der Dobrindt-Maut wäre, Innovationen in der Verkehrspolitik dauerhaft zu blockieren und sich billig bayerische Autobahnen zu erkaufen, ja dann wäre sie ein Geniestreich – von einem Ministerium für Stillstand und rückwärtsgewandte Exinfrastruktur.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Debatte müssen wir hier dennoch führen, weil wir in NRW uns wehren müssen. Dazu ist der schwarz-gelbe Antrag sehr gut geeignet. Er konzentriert sich ganz auf das erste von mir genannte Problem. Wir Piraten ergänzen die dortige Argumentation im Beschlussteil unseres Entschließungsantrags um die ÖPP-Gefahr und sprechen vor allem die Entmündigung des Landes NRW bei der Dobrindt-Maut an.

Stillstandsminister Dobrindt will die Maut für alle Straßen. Das wäre die Einführung einer bundesweiten Citymaut. Bei Verkehrsminister Ramsauer hieß es noch, die Citymaut sei Ländersache. Damit hatte er einmal verdammt recht. Stillstandsminister Dobrindt hingegen will unsere Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen bewirtschaften, und zwar zu einem Spottpreis. Und NRW darf dann auch noch darum betteln, ein paar Cent abzubekommen.

Plötzlich hätten wir also eine bundesweite Citymaut ohne Steuerungsfunktion – Herr Klocke hat es angesprochen –, ohne Lenkungswirkung, ohne Sinn und Verstand, völlig ohne Einnahmen. So eine Dummheit können wir in NRW nicht zulassen, nicht einmal zu Karneval.

(Beifall von den PIRATEN)

Natürlich drohen NRW nicht nur in den Grenzregionen völlig unnötig erhebliche wirtschaftliche und politische Schäden. Unsere europäischen Nachbarn sind zutiefst befremdet vom deutschen Mautvorstoß. Eine faire, dem geltenden Grundsatz der Nichtdiskriminierung genügende Ausgestaltung der Maut ist für unsere Nachbarstaaten kaum vorstell

bar. Da kann Sigmar Gabriel sagen, was er will. Einige Länder haben bereits angekündigt, das Thema im Herbst auf Ministerratsebene anzusprechen und ihrem Ärger dort Luft zu machen.

Auch die Pläne des Bundesfinanzministers

Schäuble bedrohen NRW; das müssen wir hier kurz ansprechen. Denn wir wissen – zumindest Herr Ott, Herr Klocke und ich wissen das –, dass ÖPPProjekte unwirtschaftlich sind und die Kapitalkosten damit insgesamt steigen. Wir wissen, dass private Renditeerwartungen unsere Infrastrukturprobleme nicht lösen. Auch das dürfen wir uns nicht aufdrücken lassen.

Eine umfangreiche Pkw-Maut mit Privatisierungsplänen zu verknüpfen ist wenig weitsichtig. Mit solchen Tricks wird lediglich der offizielle Haushalt inklusive der demokratischen Kontrolle und damit die Schuldenbremse umgangen. Ein ernsthafter Umgang mit so etwas wie einer Schuldenbremse ist das nicht.

Herr Klocke, die Problemfelder 2 und 3 können wir hier und heute nicht vollständig abhandeln. Der rotgrüne Antrag versucht da eine Zusammenfassung des Regierungsprogramms. Die Ausweitung der Lkw-Maut brächte übrigens ebenfalls große Probleme mit sich. Ansonsten klingt die Zusammenfassung zwar manchmal gut, aber ich weiß leider, dass sehr viel heiße Luft da drinsteckt. Und dem kann ich dann doch nicht zustimmen.

Sie kennen unsere Position: Wir möchten die Systemfehler der Verkehrspolitik korrigieren, die uns in diese ernste Lage überhaupt erst gebracht haben, sodass wir nicht einmal mehr das Geld für den Erhalt der Strukturen haben. Jetzt gilt: Kein „Weiter so!“ mehr.

Wir brauchen nicht nur eine Verkehrswende, um unseren sozialen und klimapolitischen Zielen gerecht zu werden. Wir brauchen die Verkehrswende auch aus finanzieller Notwendigkeit heraus. Je schneller wir dabei handeln, desto weniger wird sie uns kosten. Nicht bezahlbar ist nur keine Verkehrswende.

Die Gelegenheit ist da. Wir erleben derzeit große Innovationen im Verkehrsbereich, Innovationen, die lange Zeit entfernte Visionen zu sein schienen. Lassen Sie uns doch diese Notwendigkeiten und Gelegenheiten mitnehmen, wenn wir über eine neue Verkehrspolitik und die Schwierigkeiten der Finanzierung der Infrastruktur sprechen. Denn es gäbe so viele Lösungen.

Wenn es etwas Bewährtes sein darf: Eine höhere Kraftstoffabgabe wäre einfacher, weniger aufwendig, dadurch billiger, schneller, hätte eine attraktive Lenkungswirkung und wäre steuerungstechnisch nachhaltiger und deutlich eleganter als jede Maut.

Stattdessen haben wir jetzt einen Dobrindt

Vorschlag, der keine erkennbaren Funktionen hat,