Zum Zweiten wird es in der SPD sicherlich wie in allen demokratischen Parteien Diskussionsprozesse geben.
Fakt ist jedenfalls, dass der Bundesrechnungshof gerade nachgewiesen hat – ich empfehle die Lektüre der „ZEIT“ von heute Morgen, in der das auch noch einmal dargestellt wurde am Beispiel der A8 zwischen Augsburg und München –, dass 1,9 Milliarden Mehrkosten durch dieses ÖPP-Projekt entstanden sind. Der Bundesrechnungshof hat der Bundesregierung ganz klar ins Stammbuch geschrieben, dass ÖPP-Projekte nicht wirtschaftlicher sind als die übliche Beschaffung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb ist eine unkritische Ausweitung der ÖPP-Beschaffung zur Realisierung der Verkehrsinfrastruktur ohne einen Nachweis ihrer Wirtschaftlichkeit haushaltsrechtlich extrem unzulässig.
Deshalb muss völlig klar sein: Es kann nicht sein, dass wir, um Dienstleister zu finanzieren und zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen, da Milliardengeschenke – so wird das in der „ZEIT“ von einem Gewerkschaftssekretär zitiert – für private Fonds ermöglichen.
Deshalb ist es völlig klar, dass die Ausweitung von ÖPP-Konzepten zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu einer Verschiebung in die Zukunft führt. Damit werden die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen belastet, und zwar noch stärker, als Sie es selbst immer bei der Neuverschuldung kritisieren. Es ist unverantwortlich, den Verfall der Verkehrsinfrastruktur, den diese Generation zu verantworten hatte, der nächsten mit höheren Preisen aufzubürden. Das ist ein nicht nachvollziehbarer Weg. Nur die Realisierung wirtschaftlicher Projekte erweitert die Spielräume auch für andere Investitionsmaßnahmen.
Ich will den Wirtschaftsweisen Bofinger zitieren, der am Anfang der Woche bei dem Kongress der „WELT“ ja deutlich gemacht hat, dass Staatsverschuldung – so das Zitat – günstiger ist als ÖPPModelle, weil die Zinsen für die staatliche Kreditaufnahme geringer sind. Deshalb sagt er ganz klar als wirtschaftlicher Weiser: Die Infrastruktur aus der Hand zu geben und zu privatisieren, ist falsch.
Das OECD-Transportforum – das ist auch heute in der „ZEIT“ nachzulesen – sagt eindeutig, dass es kostspieliger ist, Private dazwischenzuschalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einem solchen Modell wird es darum gehen, dass einige wieder viel verdienen, aber viele mit einer allgemeinen Maut dafür bezahlen müssen. Um das klar zu sagen: Das lehnen wir als nordrhein-westfälische SPD ab.
Lange Rede, kurzer Sinn: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe deutlich gemacht, dass wir einen Antrag eingebracht haben, der einen Finanzierungsvorschlag, ein Konzept auf den Tisch legt, mit dem wir in NRW gemeinsam in Berlin werben können.
Wir hoffen sehr, dass Sie unserem Antrag noch zustimmen. Es macht keinen Sinn, Einzelpunkte herauszugreifen. In diesem Sinne hoffe ich, dass irgendwann diese populistischen Debatten aufhören und wir uns konstruktiv in Berlin um mehr Geld für Nordrhein-Westfalen kümmern. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Ott. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Klocke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Großes Kino! Seit einigen Wochen Sommertheater! Es wird direkt im Herbst fortgesetzt. Deswegen diskutieren wir ja heute auch darüber.
Herr Laschet, Sie haben eben zu Frau Kraft gesagt, Frau Kraft sollte für Nordrhein-Westfalen so kämpfen, wie das Herr Seehofer für Bayern tut. Ich habe bei der ganzen Debatte momentan den Eindruck, Herr Seehofer kämpft vor allen Dingen um eines, nämlich um seinen Kopf. Denn er hat das im Bundestagswahlkampf groß zum Thema gemacht. Das war das große CSU-Thema. Damit hat er versucht, die AfD im Wahlkampf zurückzudrängen. Die Ausländer sollen jetzt auch in Bayern bezahlen. Das hat er im Wahlkampf zum Thema gemacht. Das musste unbedingt in den Koalitionsvertrag.
Man hatte sich ja im ganzen Wahlkampf und in den Koalitionsverhandlungen schon so eingemauert: Wenn Maut, dann nur für ausländische Pkw. Die Deutschen sollen entsprechend entlastet werden. Es soll auch EU-rechtskonform sein. – Das ist festgelegt worden. Es war von Anfang an klar, dass das nicht wie geplant auf die Reihe kommen könnte.
Das Interessante ist doch – wir haben das am Montag im „Spiegel“ gelesen –, dass es im Kabinett schon Diskussionen darüber gibt, was passiert, wenn es denn zu Strafzahlungen an die EU kommen sollte, weil das Gesetz nicht mit EU-Recht kompatibel ist. Dann soll das Geld aus dem Verkehrsetat genommen werden. So weit sind wir mittlerweile in der Diskussion schon. Das bedeutet also noch weniger Geld im Verkehrsbereich.
Warum haben wir heute einen eigenen Antrag vorgelegt? Warum beschließt man das hier nicht gemeinsam mit CDU und FDP? – Es gibt Gemeinsamkeiten in der Stoßrichtung, definitiv. Es gibt eine klare Gemeinsamkeit, dass wir diese Dobrindt
Pläne zu einer Ausländer-Pkw-Maut klar ablehnen. Das ist auch ein gemeinsames Signal aller Fraktionen heute aus der Debatte,
Aber eines bleiben die Oppositionsfraktionen absolut schuldig. Kollege Lindner, das haben Sie in Ihrer Rede eben deutlich unter Beweis gestellt. Sie haben hier keine einzige Idee vorgestellt, wie die Unterfinanzierung bei der Infrastruktursanierung in den nächsten Jahren beendet werden soll.
Wie sollen die 7,2 Milliarden, die die BodewigKommission parteiübergreifend gefordert hat – 16:0, schwarze Verkehrsminister, grüne Verkehrsminister, rote Verkehrsminister, sogar ein gelber aus Hessen war mit dabei –,
(Christian Lindner [FDP]: Aus dem Bundes- haushalt! – Aus dem Bundeshaushalt! (Christian Lindner [FDP]: Der ist 330 Milliar- den groß!)
als das, was Ihr Kollege Rasche sagte. Der hatte ja immerhin den Vorschlag: Es soll aus den 53 Milliarden kommen, die heute mit der Mineralölsteuer eingenommen werden.
Wenn es im Bundeshaushalt massive Möglichkeiten zum Umschichten in dieser Größenordnung geben würde, dann muss man CDU und SPD fragen: Warum werden die nicht angegangen?
Ich habe den Eindruck, die Große Koalition in Berlin hat sich eingemauert in einer Debatte: Schwarze Null auf der einen Seite, auf der anderen Seite eine klare Absage an Steuererhöhungen.
Man muss bei dieser Debatte doch feststellen: Es geht um die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes. Ich frage mich bei der ganzen Diskussion, warum so wenige von den großen Wirtschaftsverbänden hier keinen Druck machen und nicht sagen: Große Koalition, Verkehrswege, die so ruiniert werden und so ruiniert sind, wie das heutzutage der Fall ist, sind eine klare Gefahr für den Wirtschaftsstandort unseres Landes!
Wenn eine rot-grüne Bundesregierung so handeln würde, wäre das wahrscheinlich täglich „Tagesschau“-Thema. Große Koalition, große Mehrheiten, die CDU mal wieder in der Regierung – man fragt sich, warum die Wirtschaftsverbände bei dieser entscheidenden und zentralen Frage so ruhig sind und nicht mehr Druck machen.
Das Ärgerliche an der Diskussion ist doch, dass die Bodewig- und die Daehre-Kommissionen einen klaren Finanzierungsplan aufgemacht haben, nicht für die 7,2 Milliarden – da hat Herr Lindner recht –, aber immerhin für gut 5 Milliarden, die über eine schrittweise Ausweitung der Lkw-Maut pro Jahr zusammenkommen können.
Und es ist richtig, dass bei den Spediteuren und in der Wirtschaft grundsätzlich keine große Begeisterung aufkommen würde, wenn hier mehr gezahlt werden soll. Aber bei den Diskussionen, die wir mit Spediteuren geführt haben, war die klare Ansage: Wir wissen, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen müssen, aber dann soll es auch eins zu eins in die Infrastruktur gesteckt werden – mit überjährigen Fonds, mit einer klaren Finanzierungsperspektive. Wenn wir in den nächsten Jahren vernünftige Straßen und Brücken bekommen, dann sind wir auch bereit, entsprechend mehr Maut zu zahlen. – Das müsste doch jetzt umgesetzt werden.
Da fragt man sich auch mit Blick auf den GroKoKoalitionsvertrag – immerhin schon vor über einem Jahr an den Start gegangen –: Warum passiert hier gar nichts? Die Schrittfolge ist doch ganz klar: Man könnte eine schrittweise Ausweitung erst ab 7,5 t machen und danach ab 3,5 t. Es passiert aber nichts.
Stattdessen – Kollege Ott hat das eben angesprochen – läuft im Hintergrund schon eine ganz andere Diskussion. Es läuft die Diskussion über die Privatisierung unserer Straßeninfrastruktur über ÖPPProjekte.
Man muss klar sagen: Es ist nicht nur der Bundesfinanzminister, sondern es ist auch der Bundeswirtschaftsminister – aus den Reihen der SPD –, der diese Debatte auf Bundesebene mit anstößt.
Es ist richtig – da würde ich mir entsprechendes Engagement der SPD-Kollegen in Berlin wünschen –, dass der Bundesrechnungshof klargemacht hat, dass es letztlich für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler immer teurer kommt, wenn
ÖPP-Projekte umgesetzt werden. Hier gibt es klare Berichte. Ich kann nur davor warnen, in diese Richtung zu gehen. Wir müssen die Sanierung unserer Verkehrsinfrastruktur aus öffentlichen Mitteln vorantreiben. Wir müssen Finanzierungswege finden. Aber wir wollen unsere Straßen und Infrastruktur in Deutschland nicht privatisieren.