Protocol of the Session on July 3, 2014

(Heiterkeit und Beifall von der SPD – Zurufe von Hans-Willi Körfges [SPD])

Ich sage es doch: wenn Sie auch noch darauf hingewiesen hätten, wie man Wirtschaftsspionage begeht. Ich weiß, dass der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen Wirtschaftsunternehmen berät, und zwar gut berät. Es geht darum – denn das ist ein mindestens ebenso großes Problem –, Bürger zu beraten, dass sie bei Kontoüberweisungen nicht abgephisht werden.

Jeder hat in seinem Bekanntenkreis irgendjemanden, der schon mal eine Zahlung nach Kenia oder in die Mongolei geleistet hat.

(Marc Olejak [PIRATEN]: Weil die alle nicht verschlüsseln!)

Genau, es ist nicht verschlüsselt. Und da müssen wir was tun. Ich sage nicht, dass es unnütz ist, was Sie fordern – ganz im Gegenteil. Ich wünsche mir eine sichere Verbindung. Die ist aber schwer zu bekommen, machen wir uns da nichts vor.

Deshalb: Der Analyseteil Ihres Antrags ist okay, da sind wir uns einig. Aber ich glaube nicht, dass wir über kurz oder lang und erst recht nicht mit Ihrem Antrag ein Stück mehr Sicherheit leisten.

Deshalb sage ich nochmals: Wenn ich das vorher gewusst hätte, wie leicht Sie zu haben sind, hätte

ich vielleicht auch noch den einen oder anderen Versuch unternommen, dass Sie einen gemeinsamen Antrag mit uns machen. Aber es muss auch nicht sein.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Wenn es einen gibt, der das macht, dann Sie!)

Entschuldigung, Herr Kollege. Bevor Herr Eiskirch jetzt das Wort bekommt, möchte ich Sie fragen, ob Sie noch eine Frage von Herrn Kollegen Herrmann zulassen.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Hegemann, dass Sie die Frage zulassen. Wir haben uns entschlossen, in kleinen Schritten weiterzugehen. Erinnern Sie sich, dass wir vor nicht allzu langer Zeit den Antrag „YES, WE SCAN. Bürger in NRW vor PRISM und anderen Überwachungsprogrammen schützen!“ im Innenausschuss beraten haben? Sie haben ihn, glaube ich, abgelehnt. Ist Ihnen noch bekannt, dass wir den Antrag beraten haben, und wie ist Ihre Position dazu?

Ich bin zwar relativ alt, aber ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Aber da ging es nicht nur um die Beratung von Wirtschaftsunternehmen.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Es ging um Bür- ger!)

Da haben Sie andere abstruse Forderungen gestellt.

Ich darf nur noch einmal in Richtung Regierungsfraktionen sagen: Gehen wir mal davon aus, dass es stimmt, was Herr Snowden sagt – und Sie lieben den ja so heiß und innig und wollen ihn unbedingt nach Deutschland vorladen.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Ziehen Sie es nicht ins Lächerliche!)

Herr Snowden hat erklärt, dass es zwischen Bundesnachrichtendienst und NSA eine Vereinbarung gibt, Nachrichten weiterzuleiten, und das seit dem Jahre 2002. Damals hieß der Innenminister Schily und der Außenminister Joschka Fischer. Und wenn Sie heute glaubhaft machen können, die hätten davon nichts gewusst, dann setze ich mich jetzt mit einem Flickflack auf meinen Platz.

(Beifall von der CDU – Heiterkeit)

Vielen Dank, Herr Kollege Hegemann. Über dieses freundliche Angebot am Ende Ihrer Rede müssen wir, glaube ich, alle noch vertieft nachdenken. – Während wir das tun, hören wir Herrn Kollegen Bolte zu, der für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Nächster das Wort hat.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Artistik, Herr Kollege Hegemann, die Sie uns am Ende Ihrer Rede versprochen haben, war schon Bestandteil Ihrer Rede. In fünf Minuten drei unterschiedliche Positionen zu diesem Thema einzunehmen, das, muss ich sagen, ist schon aller Ehren wert.

Erst ist es Quatsch, dann geht es nicht weit genug, dann machen wir zu viel. Jetzt müssen Sie sich schon irgendwie entscheiden.

(Zuruf von der SPD: Doch ein Flickflack!)

Sie haben oft genug gesagt, dass das mit der Verschlüsselung alles nicht funktioniere und dass das alles irgendwie überflüssig sei. Denken Sie einfach noch mal darüber nach, was jetzt eigentlich Ihre Position ist. Sie haben ja noch einen Moment Zeit, bis wir zur Abstimmung kommen.

Wir wissen nicht erst seit den Enthüllungen Edward Snowdens, wie wichtig sichere Kommunikation ist, aber es gibt nach wie vor sehr viele Menschen, die sagen: „Das ist alles kompliziert“, „Ich habe ja nichts zu verbergen“ oder „Die Informationen, die ich habe, sind unwichtig“.

Denen kann man nur sagen: Liebe Leute, nein, im demokratischen Rechtsstaat kommt es gerade darauf an, Privatsphäre wirksam zu schützen. Denn jede und jeder von uns hat etwas zu verbergen, hat kleine oder auch größere Geheimnisse, hat Gedanken, die er nur mit sich selbst oder einem ganz engen Kreis von Vertrauten teilen möchte. Und das verdient Schutz.

Genauso verdient es Schutz, in Kontakt mit öffentlichen Stellen zu treten. Das erreichen wir mit dem Antrag, den wir hier vorlegen. Ja, es ist tatsächlich nur ein Prüfauftrag, aber für das Ende eines Prüfauftrags vermuten wir zunächst einen positiven Ausgang dieses Prüfverfahrens. Wir sind grundsätzlich sehr optimistisch.

Deswegen gehen wir davon aus, dass wir mit dem heutigen Prüfauftrag einen großen Schritt machen. Wenn man einen Blick zurückwirft, wie wir vor anderthalb oder zwei Jahren im Vergleich zu heute diskutiert haben, dann stellen wir fest, dass wir schon einen Schritt vorangekommen sind. Wir beraten hier sehr lösungsorientiert.

Wir haben uns an der einen oder anderen Stelle in den Positionen auch bei der Frage angenähert – was sinnvoll ist –, inwieweit das Ganze realisierbar ist. Da machen wir uns heute auf einen sehr guten

Weg. Ich finde es wichtig, dass eine moderne Verwaltung sich auch mit solchen Fragen beschäftigt, dass sie hier vorangeht und bereit ist, eine Vorbildfunktion einzunehmen; denn nur dadurch wird das Wissen über sichere Kommunikation breit gestreut und vorangebracht.

Dieses Wissen stärken wir auch durch zahlreiche Maßnahmen der Medien- und Datenschutzkompetenz. Dieser Aspekt war schon Bestandteil des ursprünglichen Antrags, und er wird von uns im gemeinsamen Änderungsantrag jetzt noch ein bisschen gestärkt.

Vielleicht erinnern sich die Kolleginnen und Kollegen, die die Debatte seit 2010 oder noch länger verfolgen, dass die rot-grüne Mehrheit den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit gestärkt hat, auch personell und in seiner Ausstattung. Der LDI hat inzwischen seine Angebote zur Förderung der Datenschutzkompetenz ausbauen können, auch im Zusammenspiel mit anderen zuständigen Stellen. Das finde ich sehr begrüßenswert.

Insgesamt werden jedes Jahr viele Tausend Menschen von den Angeboten der Landesanstalt für Medien, aber auch vieler freier Träger zur Förderung von Medien- und Datenschutzkompetenz erreicht. Das sind, glaube ich, sehr gute und sehr wichtige Schritte, die wir da gehen. Wenn man das Ganze um solche Aspekte wie Sicherheit in der Kommunikation und Verschlüsselung ausweitet, dann macht das durchaus Sinn.

Abschließend ein herzlicher Dank. Tatsächlich ist es nicht immer einfach, sich innerhalb einer Woche auf eine gemeinsame Textfassung zu einigen. Das ist uns an dieser Stelle gelungen. Insofern herzlichen Dank an die Piratenfraktion, aber auch herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, Kollegen Geyer und Stotko, mit denen wir wirklich gut zusammengearbeitet haben – gern auch mehr davon. Denn dieses Thema ist sicherlich zu wichtig, um es allein nach kleinen parteitaktischen Karos zu beurteilen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Orth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „E-Mail-Kommunikation“ ist sehr wichtig. Wir alle haben heute Morgen die Pressemeldungen dazu gelesen und die Berichte über die Debatte im Bundestag und in dessen Ausschüssen sowie das, was alles ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NSA so sagen, gehört.

Insofern kann ich für die Liberalen sagen: Auch für uns ist es wichtig, sich dieses Themas anzunehmen. Wir begrüßen es sehr, dass wir hier über solche Dinge sprechen.

Gleichwohl stellt man fest, wenn man den Antrag liest: Im Kern bleibt nicht viel an Inhalt übrig. Insofern wundert es mich schon, dass sich die Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion mit den Sozialdemokraten und den Grünen mehr oder weniger darauf verständigt haben, die Landesregierung für ihre Arbeit zu loben. Das entleert Ihren Antrag schon ein wenig.

Ich bin der Ansicht, dass wir überall, nicht nur bei der E-Mail-Kommunikation, sondern in vielen Bereichen, weiterdenken müssen, was die Herausforderungen in Zeiten des Datentransfers sind. Es gibt keine Königswege. Insofern nehmen wir heute diesen Antrag zur Kenntnis und enthalten uns. Wir glauben, dass man damit noch nicht definitiv zur Sicherheit in den Netzen und bei der E-MailKommunikation beigetragen hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Jäger das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – ein wichtiges Mittel, um den E-Mail-Verkehr in der Tat sicherer zu machen. Dass das noch nicht in dem Maße genutzt wird, wie wir uns das vielleicht vorstellen, hat nichts mit dem mangelnden Sicherheitsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu tun. Da sollten wir sie nicht unterschätzen.

Dass es so wenig genutzt wird, hat sehr viel damit zu tun, dass das ganze Verfahren nach wie vor viel zu kompliziert ist, dass es wenig nutzerfreundlich ist und dass es für den normalen User wie Herr Hegemann, der sich selbst gerade als eine bestimmte Art von User im Internet geoutet hat, nicht vernünftig zu nutzen ist.

In diese Richtung geht übrigens auch Herr Dr. Gaycken, immerhin anerkannter Forscher der Freien Universität Berlin. Er sagt und das übrigens als Sachverständiger im NSA-Untersuchungsausschuss, bislang sei die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung noch furchtbar kompliziert und nutzerfeindlich. Die Technik müsse dringend laientauglicher werden. – So ist es.

Wir müssen einen Gesichtspunkt unbedingt im Auge behalten. Es darf nicht dazu führen, dass die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu weniger und nicht zu mehr Sicherheit führt. Weniger Sicherheit droht, wenn an der IT-Architektur, die wir im Lande Nordrhein-Westfalen haben – wonach es die Fire

walls, die Sicherheitstechnik an einer Stelle gibt –, vorbei nicht verschlüsselte E-Mails geleitet werden, nachdem Schadsoftware draufgepackt wurde. Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir beurteilen wollen, ob man diese Form der Verschlüsselung bei den Mails ausbauen will oder nicht. Das ist eine zwingende Voraussetzung. Am Ende darf nicht weniger Sicherheit da sein, sondern es muss als zwingende Voraussetzung mehr Sicherheit da sein.

Beim Thema „Verschlüsselung“ fangen wir in der Landesverwaltung nicht bei null an. In vielen Bereichen haben wir das auch schon mit Erfolg umgesetzt, beispielsweise im Bereich der elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfächer. Eine verschlüsselte Kommunikation mit einer Behörde – also nicht unmittelbar von Mitarbeitern zu Mitarbeitern – ist ein sicherlich guter Zugewinn an Sicherheit.

An einer Stelle bin ich mit Ihnen trotz dieses gemeinsamen Antrages auseinander. De-Mail als „Bullshit Deutschlands“ zu bezeichnen, ist, glaube ich, falsch. Das sehen andere ganz anders, Herr Schwerd.

(Zuruf von Daniel Schwerd [PIRATEN])