Ich habe daher meiner Fraktion empfohlen, der Überweisung zuzustimmen, und freue mich schon jetzt auf die weiteren Beratungen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Glückwunsch zur ersten Rede, Herr Kollege Düngel, und vielen Dank für den Beitrag! – Es spricht für die Landesregierung die zuständige Ministerin, Frau Schäfer.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne des Landtages! Ich darf erst einmal Herrn Kern direkt ansprechen. Herr Kern, ich möchte noch einmal auf Ihre Anmerkung von der Langsamkeit des SchäferMinisteriums eingehen. Sie gehörten in den zwei Jahren der letzten Legislaturperiode nicht dem Landtag an. Aber es bleibt dabei, dass die Landesregierung auf Anträge des Landtags dann reagiert, wenn sie beschlossen sind. Das ad 1.
Zum Zweiten möchte ich deutlich machen, dass sich die Partizipationsprojekte des Landes nicht darauf beschränken, dass wir jetzt eine Servicestelle als neues Partizipationsprojekt oder als Unterstützung der Partizipation einrichten werden, sondern dass wir in Höhe von 600.000 € jährlich Partizipationsprojekte auf kommunaler Ebene und in den Jugendverbänden unterstützen. Da läuft eine Menge. Dass das immer noch besser werden kann, darüber sind wir uns alle einig.
Ich freue mich auch über das gemeinsame Anliegen, Herr Hafke, das wir in dem Antrag noch einmal untermauert haben: Es ist uns allen gemeinsam sehr wichtig, Teilhabe und Partizipation von jungen Menschen zu stärken. Da kann man immer noch mehr tun als das, was man jetzt sowieso schon tut, und das ist schon einiges. Insofern hat der Antrag auch die Berechtigung, weiter darüber nachzudenken, wie wir die Dinge fortsetzen können.
Aber wir müssen uns noch einmal über eins im Klaren sein – da bin ich Herrn Düngel für seinen Beitrag sehr dankbar –: Die Gesellschaft ändert sich, und auch die Lebenswelten junger Menschen än
dern sich. Da muss auch Jugendförderung zukünftig ansetzen. Und bei den Beteiligungsformen müssen wir – auch wenn wir diesen Antrag jetzt diskutieren; das ist noch ein weiterer Aspekt – noch einmal über andere innovative Beteiligungsformen nachdenken, die, wie zum Beispiel gerade erklärt, im Internet stattfinden. Diesen Aspekt müssen wir stärker mit aufnehmen. Das halte ich bei der Weiterberatung dieses Antrags für zielführend.
Die Tatsache, dass sich junge Menschen häufig im Internet, über die sozialen Netzwerke austauschen, wird oft von dem Gedanken begleitet, dass sie eigentlich eh politikverdrossen sind und sich gar nicht in die klassischen Dinge einbinden lassen wollen. Ich glaube, das ist auch eine falsche Annahme; denn sie sind alles anderes als politikverdrossen. Ich sehe, wir haben viele junge Zuhörer oben auf der Landtagstribüne. Sie sind also alles andere als politikverdrossen; denn in ihrer Art der Beteiligung, auch im Internet, stecken sehr viele Botschaften. Und da werden wir ansetzen und nach weiteren Möglichkeiten suchen müssen.
Wichtig ist aber ebenso, dass man Teilhabe lernen können und bestimmte Orte haben muss, an denen man es praktizieren kann. Ich verweise auf Herrn Jörg, der gesagt hat: Schule ist ein Bereich, in dem man Partizipation und Teilhabe praktizieren kann. – Die Tatsache, dass wir dieses hier in die Schulmitwirkung wieder hineingeschrieben haben, ist ein erster richtiger Weg, auf den ich noch einmal ausdrücklich verweisen möchte; denn es schult und lehrt junge Menschen in ihren kulturellen und sozialen Kompetenzen, die sie unbedingt brauchen.
Ein weiterer Punkt im FDP-Antrag bezieht sich darauf, dass wir auf Landesebene mehr tun wollen. Das ist richtig. Wir brauchen die Rahmenbedingungen. Im Koalitionsvertrag ist, wie ich finde, auch sehr gut niedergeschrieben, dass wir uns über die Kinderkommission verständigen und die Servicestelle einrichten wollen. Das werden wir von Regierungsseite sehr intensiv und sehr gerne weiter begleiten.
Allerdings möchte ich jetzt noch einmal den Blick auf die lokalen Strukturen richten. Ich war am Sonntag bei dem Workshop unter Palmen dabei und habe mit den Jugendlichen zwei Stunden diskutiert. Dabei ist noch einmal eines deutlich geworden: Auch die Einladung an junge Menschen in Jugendhilfeausschüsse, wenn sie sich denn als Kinder- und Jugendparlament oder als Jugendrat etabliert haben, ist nicht selbstverständlich. Manche müssen sich den Weg dort hinein erkämpfen. Das haben sie sehr kritisch angemerkt. Das ist aber ein Punkt, an dem die Möglichkeiten eines Landes und einer Landespolitik auch eher begrenzt sind. Das geht nur mit Dialog, mit Aufklärung, mit Weiterentwicklung.
Ein weiterer Aspekt: Es gibt immer wieder neue Beteiligungsformen, die wir gar nicht so im Blickfeld haben. Ich will das einmal am Beispiel der Kultur
hauptstadt deutlich machen. Im Rahmen dieser Kulturhauptstadt hat sich ein Projekt entwickelt, bei dem junge Menschen über das Thema „Next Generation“ nachgedacht haben, wie sie leben, ihre Gesellschaft weiterentwickeln wollen. Daraus haben sie dann Kreativhäuser gebildet. Über diese eigene Koordination, die eigene Kooperation sollten wir uns im Kontext dieses Antrags auch noch austauschen, das heißt uns fragen, wo wir auch da weitere Rahmenbedingungen setzen können, um diese Möglichkeiten zu unterstützen, die junge Menschen sehr intensiv, aber lokal vor Ort nutzen können.
Man muss immer sehr gut aufpassen, was die Landespolitik wirklich leisten kann. Rahmenbedingungen: ja. Aber die Umsetzung muss tatsächlich lokal erfolgen.
Ich glaube, dass dieser Antrag sehr viele gute Aspekte hat, die man aber auch noch weiterentwickeln und ausweiten kann. Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit, sollten aber nicht warten, sondern gleich zügig in die Arbeit einsteigen, damit wir dieses Projekt einer eigenständigen Jugendpolitik mit Macht nach vorne bringen. – Herzlichen Dank.
Damit sind wir am Ende der Debatte und kommen zum Vorschlag des Ältestenrates. Dieser empfiehlt Überweisung des Antrags Drucksache 16/44 an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Wer stimmt dem zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist einstimmig so überwiesen.
Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in Nordrhein-Westfalen (Nichtraucher- schutzgesetz NRW – NiSchG NRW)
Ich eröffne die Beratung und erteile für die Landesregierung der zuständigen Ministerin Steffens das Wort.
Emanzipation, Pflege und Alter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Gesetzesentwurf vorgelegt, weil das jetzige, in Nordrhein-Westfalen geltende Nichtraucherschutzgesetz
das bundesweit defizitärste ist. Wir wollen einen Gesundheitsschutz für unsere Bevölkerung, der mit dem geltenden Gesetz vielleicht noch beabsichtigt war, in der Praxis aber derzeit nicht existent ist.
Wir haben ein geltendes Nichtraucherschutzgesetz mit zahlreichen legalen Ausnahmen, die den Nichtraucherschutz konterkarieren, das aber auch so viele Schlupflöcher beinhaltet, dass es überhaupt nicht vollzugstauglich ist. Wir haben Ausnahmen, Grauzonen, aber auch klare Verstöße. Die Einhaltung des Gesetzes ist deshalb nicht kontrollierbar.
Auch heute kann man bei schönem Wetter erleben, dass an den Türen vieler Eiscafés und Eisdielen in Nordrhein-Westfalen ein Raucherclubschild angebracht ist und Eisdielen, Bäckereien oder andere Bereiche einfach zu Raucherclubs umdefiniert werden, was so faktisch nicht zulässig ist, aber trotzdem geschieht. Genau dagegen wehrt sich seit Langem ein großer Teil der Bevölkerung und sagt: Wir wollen einen konsequenten Nichtraucherschutz.
Wir haben aber auch das Problem, dass wir im Hinblick auf die Ausnahmen des Gesetzes auch immer wieder vonseiten der Gastronomen den Hinweis bekommen haben – nicht zuletzt hat das die Evaluierung gezeigt –, dass es eine Wettbewerbsverzerrung ist, wenn die einen das Rauchen erlauben dürfen, weil die Quadratmeterzahl stimmt, weil die räumlichen Möglichkeiten gegeben sind, die anderen aber nicht. Nicht zuletzt haben wir erlebt, dass zahlreiche Vorschriften des Nichtraucherschutzgesetzes Gegenstand von juristischen Auseinandersetzungen sind.
Klar ist aber, dass wir einen konsequenten Schutz brauchen. Auch darüber braucht man sich nicht groß zu streiten. Wir wissen – an wissenschaftlichen Erkenntnissen mangelt es nicht –, dass im Tabak mehr als 70 Substanzen sind, von denen der überwiegende Teil krebserzeugend ist oder im Verdacht steht, es zu sein. Wir wissen, dass jährlich mehr als 3.000 nichtrauchende Menschen in Deutschland an den Folgen des Inhalierens von Tabakrauch sterben. Wir brauchen auch gar nicht über die zahlreichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, über die zahlreichen allergischen Reaktionen und über die vielen Atemwegserkrankungen zu sprechen, die zwar nicht zum Tod führen, aber die Gesundheit belasten.
Allen voran sind Kinder gefährdet, insbesondere Kinder, die schon während der Schwangerschaft und dann als Säuglinge belastet werden. Das reicht bis hin zu Fällen, in denen Passivrauch den plötzlichen Kindstod beschleunigen kann.
Wir müssen deshalb einen Gesundheitsschutz für diejenigen einziehen, die nicht als Gelegenheitsraucher oder Süchtige vom Tabakrauch abhängig sind. Wir müssen einen solchen Schutz für alle gewährleisten und Angebote schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören. Für Kinder erhöht sich das Risiko der
Erkrankung der unteren Atemwege – Asthma usw. – um 50 % bis 100 %, wenn sie Tabakrauch ausgesetzt sind.
Für die im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe gibt es – auch wenn manche gerne solche finden würden – keine unbedenklichen Untergrenzen; selbst die geringste Menge gefährdet und belastet den Körper.
Deswegen ist es klar, dass wir in Nordrhein-Westfalen Konsequenzen ziehen müssen, und deswegen haben wir mit dem Gesetzesentwurf eine Reihe von Änderungsvorschlägen auf den Tisch gelegt, die wir gemeinsam mit den Abgeordneten im Parlament diskutieren wollen. Ich will auch noch auf einige Punkte eingehen, die mit diesem Gesetz geändert werden sollen.
Dabei steht der Bereich im Vordergrund, der die Kinder und Jugendlichen betrifft, nämlich unsere Schulen. Bei nicht einrichtungsbezogenen Veranstaltungen in Schulen darf heute zum Beispiel in den Turnhallen und Aulen geraucht werden. Das heißt, dass die Kinder am nächsten Tag in belastete Räume gehen. Wir wissen, dass die Belastung durch die krebserzeugenden Substanzen des Tabakqualms nicht über Nacht aus den Räumen zieht. Die Kinder werden also belastet.
Das gilt auch für Brauchtumsveranstaltungen, die nach wie vor in Schulen stattfinden, bei denen selbst dann im Publikum geraucht werden darf, wenn die Kinder Hochleistungen – etwa im Sport oder auf der Bühne – erbringen. Das kann und darf in Zukunft nicht mehr so sein.
Wir wollen aber auch – dazu gab es bereits im Rahmen der Auswertung der Evaluierung eine Diskussion – den Vorschlag der CDU-Fraktion aufgreifen, ein Rauchverbot auf ausgewiesenen Kinderspielplätzen in das Gesetz aufzunehmen. Auch das ist für uns ein wichtiger Bereich, weil Kinder nicht nur da dem Rauch ausgesetzt sind, wo ein Dach drüber ist, sondern auch da, wo sie in unmittelbarem Kontakt zu dem belastenden Qualm stehen, eine Gefährdung stattfindet.
Schon lange gibt es die Diskussion über ein konsequentes Rauchverbot in Gaststätten. Auch das wird mit diesem Gesetzentwurf für Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Dies gilt auch für das, was in Bayern gang und gäbe ist, dass nämlich in Festzelten nicht mehr geraucht werden darf. Außerdem sollen die Raucherclubs mit diesem Gesetz endlich abgeschafft werden.
Das heißt, dass wir eine Reihe von konkreten Änderungsvorschlägen haben, die aber nicht dazu da sind – wie manche in der Diskussion oder in Interviews kundgetan haben –, um Menschen zu gängeln und zu bevormunden. Nein, jeder Genussraucher, jeder Süchtige soll seine Zigarette rauchen
dürfen. Aber die Menschen haben kein Recht, mit der Entscheidung, sich selbst gesundheitlich zu belasten, auch andere Menschen zu belasten.
Die Grenze des Selbstbestimmungsrechts und der Freiheit verläuft da, wo andere gefährdet werden. Das soll und wird mit diesem Gesetz umgesetzt werden.
Wir wollen auch solche Dinge, die im Gesetz standen, aber überhaupt nicht umsetzbar sind, wie etwa die Innovationsklausel, endlich streichen, weil immer wieder Hoffnungen und Erwartungen damit verbunden sind, man könne mit irgendwelchen technischen Veränderungen den Schutz der Bevölkerung herbeiführen. Nein, auch da ist klar – und das weiß jeder von den Rauchkabinen, die er kennt –: Der Schutz ist nicht gegeben; denn das, was wir im Vorbeigehen riechen, ist etwas, was im Vorbeigehen die Menschen auch gefährden kann, auch in geringen Konzentrationen.
Eine weitere Änderung ist, dass die Höchstgrenze des Bußgeldrahmens heraufgesetzt werden soll. Das betrifft nicht den einzelnen Raucher oder die einzelne Raucherin, wie einem manchmal unterstellt wird. Wenn jedoch Betriebe oder wenn Menschen bewusst, um damit Gewinne zu machen, die Gesundheit von Menschen gefährden und das wiederholt tun, dann muss die Höchstgrenze des Bußgeldrahmens von 1.000 € auf 2.500 € heraufgesetzt werden. Es war auch der Wunsch der Kommunen, dass man die Möglichkeit hat, wirklich zu sanktionieren. Aber wer hier unterstellt, das würde einzelne Menschen betreffen, der hat sich mit dem Gesetz und der Intention, die dahintersteht, weiß Gott nicht beschäftigt.
Klar ist – und das habe ich eben schon gesagt –, dass Kinder mit diesem Gesetz massiv geschützt werden sollen und geschützt werden müssen. Diesbezüglich gab es in der Vergangenheit in vielen Diskussionen auch über die Parteigrenzen hinweg eine große Übereinstimmung.
Wenn wir uns ansehen, wie die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung ist, dann ist festzustellen, dass wir seit dem ersten Nichtraucherschutzgesetz einen deutlichen Wandel in Nordrhein-Westfalen haben. Die Mehrheit der Menschen ist ganz klar für eine konsequent rauchfreie Gastronomie. Mittlerweile 77,5 % der Bevölkerung und auch mehr als die Hälfte der Raucher und Raucherinnen wollen eine rauchfreie Gastronomie haben. Wenn wir uns mittlerweile die Zuschriften von Gastronomen anschauen, die sagen, sie wollten nicht nur im Sinne der Wettbewerbsverzerrung, sondern auch für sich selbst und ihre Beschäftigten diese rauchfreie Gastronomie, dann sehen wir, dass die Mehrheit hier wirklich hinter einem solchen Gesetzentwurf für Nordrhein-Westfalen steht. Das finde ich sehr erfreulich.
Was in der Diskussion immer wieder als Argument derjenigen, die immer noch die Fahne für ein freies Rauchen an allen Stellen hochhalten, angeführt wird, ist die Angst davor, es könne ein Kneipensterben geben. Wir haben in den Ländern und den Bundesländern, in denen es einen konsequenten Nichtraucherschutz gibt, gesehen, dass genau dies nicht der Fall ist. In Bayern sind die Umsätze nach Einführung der rauchfreien Gastronomie vielmehr gestiegen und nicht gefallen. Wo derzeit ein Kneipensterben stattfindet und in Nordrhein-Westfalen schon vor dem ersten Nichtraucherschutzgesetz stattfand, liegt das an einer normalen Fluktuation innerhalb der Gastronomie. Die Menschen wollen heute vielleicht ihren Feierabend nicht mehr so gerne am Tresen in einer verqualmten Atmosphäre verbringen, sondern das Freizeitverhalten der Menschen hat sich verändert.