(Jochen Ott [SPD]: Klar, durch Neubau für 12 €! Das können Sie sich da, wo Sie her- kommen, gar nicht vorstellen!)
Vielen Dank, Herr Kollege Schemmer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Schneckenburger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als der Tagesordnungspunkt beantragt wurde und der Antrag der FDP vorlag, habe ich mich gefragt: Was will die FDP damit eigentlich erreichen?
Wir haben schon häufig über Wohnungspolitik diskutiert. Wir haben das Programm des Landes intensiv begleitet. Was will die FDP mit dem Antrag? – Ich glaube, ehrlich gesagt: Der Hauptzweck ist, sich von der CDU in der noch gemeinsamen Regierung abzusetzen und möglichst eigenes Profil zu gewinnen.
Was will die FDP noch? – Sie will einen Schulterschluss mit den Hauseigentümern, die in der CDU sind, um Leihstimmen für die Bundestagswahl zu bekommen.
Was zeigt die FDP damit? – Sie zeigt vor allen Dingen, dass ihr die Probleme von Menschen am Mietmarkt egal sind, Herr Rasche. Was zeigt sie noch? – Sie zeigt, dass sie einen ideologischen Kampf gegen Marktregulierung führt. Das zeigt gleichzeitig, dass der Geist der Deregulierung bei Ihnen immer noch die politische Richtung vorgibt, auch wenn Sie ab und an die mitfühlenden Liberalen geben.
Im Grundsatz zeigt das, dass Sie aus dem Marktversagen, das in der Finanzkrise so deutlich geworden ist, nichts gelernt haben. Es ist die Verteidigung purer Ideologie ohne ein wirksames politisches Konzept. Das ist Ihr Programm.
Es gibt keine Freiheit der Marktakteure auf der Mieterinnenseite, sich auf einem Wohnungsmarkt mit hoher Nachfrage mit günstigem Wohnraum zu versorgen, weil sich die Marktkräfte nicht selbst regulieren.
Das ist auch ein Grund, warum wir an der Stelle schon einen hoch regulierten Markt haben. Es geht überhaupt nicht so, wie Sie sich das vorstellen. Die Menschen in den Ballungsräumen in Deutschland stehen doch Schlange vor vermietbaren Wohnungen.
(Christof Rasche [FDP]: Sie lassen doch kei- ne Wohnungen zu! – Gegenruf von Jochen Ott [SPD] – Gegenruf von Christof Rasche [FDP])
Wenn ich Sie kurz unterbrechen darf, Frau Kollegin Schneckenburger. Mir geht es eigentlich ganz ähnlich: Das Zwiegespräch zwischen dem Kollegen Rasche und dem Kollegen Ott kann doch auch am Rande irgendwo stattfinden. Dann können wir alle Frau Schneckenburger weiter zuhören. – Bitte schön.
Das verschiebt die Marktmacht doch ganz gefährlich zulasten der Mieter und Mieterinnen. Und es gibt eine systembedingte Marktasymmetrie. Die kann man nicht mal so schnell auflösen. Das liegt daran, dass Bauen Zeit braucht. Darum braucht es einen Schutzschirm für Mieterinnen.
Das hat sogar die Kanzlerin erkannt. Nach Jahren der Blockade sagt die Kanzlerin kurz vor der Bundestagswahl: Es gibt ein Problem am Mietwohnungsmarkt in Deutschland. Es gibt Menschen, die müssen steigende Mieten in Kauf nehmen, die
müssen mehr als 50 % ihres Haushaltseinkommens für ihre Miete aufbringen. Das ist eine gefährliche Asymmetrie. Also brauchen wir eine Mietpreisbremse.
Das finde ich sehr interessant, weil sich Herr Schemmer vorhin von Mietpreisbremsen abgesetzt hat. Ihre Kanzlerin hat es erkannt. Die CDU hat aber immer ideologisch verbohrt dagegen gekämpft. Sie führen ideologische Schaukämpfe.
Was hingegen haben wir getan? – Wir haben Folgendes getan: Wir haben die Investitionsbremsen gelockert,
zum Beispiel durch attraktivere Förderbedingungen für geförderten Wohnraum. Das wirkt, Herr Rasche. Sie werden es sehen.
Wir haben dafür gesorgt, dass die Bewilligungsmiete in den Ballungsräumen für geförderten Wohnraum erhöht werden kann. Das wirkt. Die Mittel fließen auch ab. Es wird wieder geförderter Wohnraum in Nordrhein-Westfalen gebaut.
Wir haben unsere Bodenpolitik auf die Mietentwicklung ausgerichtet. Wir haben durch einen Haushaltsantrag in diesem Landtag vor wenigen Monaten dafür gesorgt, dass es möglich ist, Grundstücke des Landes zu kaufen, an Bauwillige mit einer Bindung für geförderten Wohnraum abzugeben. Wenn Sie sich daran beteiligen würden, dass die Kommunen das auch noch machen und dies in ihren Satzungsbeschlüssen ermöglichen, dann hätten wir eine andere Bodenpolitik in Nordrhein-Westfalen. Das wirkt. Auf der Ulmer Höh in Düsseldorf kann man das bereits sehen.
Es geht nicht darum, ideologischen Dunst zu produzieren, sondern es muss darum gehen, gemeinsam das zu tun, was man als Land beeinflussen kann. Das haben wir mit ganz entscheidenden Stellschrauben bereits getan. In Nordrhein-Westfalen wird wieder gebaut. Und wir haben im Landtag Anträge zum Thema „Mietpreisbremse“ beschlossen.
An Sie, Herr Schemmer, nur noch mal der zarte Hinweis: Wenn man eine Mietpreisbremse in einem Land umsetzt, dann muss es rechtssicher geschehen. Von daher finde ich es sehr vernünftig, dass die Landesregierung entsprechende Gutachten in Auftrag gegeben hat. Denn wir haben ein hohes Interesse daran, dass solch eine Mietpreisbremse in Nordrhein-Westfalen rechtssicher ausgestaltet wird.
Rot-Grün hat für die Mieterinnen und Mieter in Nordrhein-Westfalen gehandelt. Wir haben die richtigen Stellschrauben betätigt. Ich freue mich, dass sich
Frau Kollegin Schneckenburger, der Kollege Schemmer würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie diese zu?
Frau Kollegin Schneckenburger, der Landtag in Bayern hat die 15%ige Mietpreisgrenze für bestimmte Regionen mit Zustimmung der Grünen-Fraktion im Landtag festgelegt. Meine Frage: Gehen Sie davon aus, dass diese Verordnung mit Zustimmung der Grünen im Bayerischen Landtag rechtswidrig beschlossen worden ist?
Wir werden sehen, ob der Landtag in Bayern eine rechtssichere Verordnung gemacht hat. Das wird sich im Verlauf des Verfahrens zeigen. Ich bin aber sehr sicher, dass die grünen Kolleginnen und Kollegen der Absicht der Bayerischen Staatsregierung berechtigt zugestimmt haben, denn es ist sehr notwendig gewesen, dass sie in Bayern handeln. Das hätten Ihre Schwesterpartei und die FDP in Bayern schon längst tun können. Es gibt bekanntermaßen einen Hotspot in München. In München allerdings wird seit Jahren eine sozialorientierte Bodenpolitik betrieben. Nur die Staatsregierung hat bislang entsprechendes Handeln vermissen lassen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schneckenburger. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Wegner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Ich habe mich über den Antrag der FDP zur Entfesselung der Wohnungsmärkte sehr gefreut. Alle anderen Fraktionen und Parteien überall im Land haben die Mieter für sich entdeckt und werben im Wahljahr mit dem Recht auf bezahlbaren Wohnraum, als ob der derzeit grassierende Mangel über uns gekommen wäre wie eine Jahrhundertflut – unerwartet und unvorhersehbar. Das ist schon für die Jahrhundertflut nicht wahr, für diese Misere an den Wohnungsmärkten trifft es erst recht nicht zu.
Aber unter den gegebenen politischen Bedingungen ist das Thema nach dem 22. September sowieso wieder vom Tisch. Konzepte liegen jedenfalls nicht vor. Lieber werden Anträge der Piraten zur Vermeidung von Wohnraumzweckentfremdung als sozialistisches Teufelswerk bezeichnet. Das ist grotesk!
Da tut es gut, mal wieder einen Antrag in die Hände zu bekommen, der an guten alten ideologischen Wahrheiten festhält: Der Markt wird es richten, wenn man ihn nur lässt. – In eleganter und von jeder empirischer Erkenntnis absehender Weise wird das Hohelied der Angebotstheorie gesungen, als ob sich der Wohnungsmarkt in nichts vom Luftmatratzenmarkt unterscheidet.
Okay, in dieser Welt können wirtschaftliche Aktivitäten von privaten Anbietern wohl überhaupt nur dann gedacht werden, wenn sie gewinnversprechend sind. Da könnten Anreizsysteme dazu beitragen, das Angebot auszuweiten. Inwieweit sich ein solcher staatlicher Eingriff mit der Maxime der FDP des sich selbst regulierenden Marktes verträgt, sei dahingestellt.