Protocol of the Session on June 21, 2013

Darum geht es. Die Menschen haben den Mund und die Ohren voll von Bevormundung. OnlineUmfragen mögen ja repräsentativ sein, aber ich bezweifle solche Umfragen. Es geht darum, dass jeder für sich entscheiden kann, was er möchte. Ich kann es nicht einsehen, dass heute Raucher gehetzt, Haschraucher aber gehätschelt werden.

(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Was?!)

Da müssen Sie mir erklären, warum das auf der einen Seite so, aber auf der anderen Seite so ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie müssen mir erklären, warum Sie Raucherkneipen schließen, Coffeeshops aber fördern wollen. Das ist Ihre Politik. Die müssen Sie auch den Menschen erklären.

Sie reihen sich ein in eine große Phalanx von Neinsagern, die das Autofahren verbieten wollen – dort in dem Bereich saß derjenige, der aus Ford eine Fahrradfabrik machen wollte – und die sagen: Kernkraft wollen wir nicht, Kohlekraftwerk wollen wir nicht, Industrieansiedlung wollen wir nicht, Datteln 4 wollen wir nicht. Sie sagen, was Sie nicht wollen. – Trotzdem wollen Sie natürlich einen warmen Hintern und an jedem Ersten Ihr Geld auf Ihrem Konto haben. Das geht nicht, das haut nicht hin, meine Damen und Herren!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

In der Diskussion spielt oft auch eine ganze Menge Verlogenheit mit. Wenn Herr Remmel fordert: Wir müssen die Fernwärme aufbauen – dazu kommen wir gleich –, aber ein Kraftwerk dazu will ich nicht, das soll sich von irgendwo anders her einspeisen, dann ist das: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das ist Ihre Art der Politik.

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Nun komme ich auch noch zu der letzten Demonstration. Kein Nazisymbol gehört in die Öffentlichkeit, ganz egal wo.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Aber wo war denn Ihre Empörung, als die Bundeskanzlerin mit Nazisymbolen dargestellt worden ist? – Da habe ich nichts gehört. Sie hat eine Politik vertreten, die die SPD mit unterstützt hat. Es gab kein Wort des Hinweises, dass sich so etwas nicht gehört. Auf der einen Seite regen Sie sich auf, auf der anderen Seite tolerieren Sie so etwas. Wo ist denn Ihre Empörung, wenn bei Anti-Atom

Demonstrationen ein gewaltbereiter schwarzer

Block mitläuft? Sagen Sie dann „Ich haue von der Demonstration ab, weil die Falschen teilnehmen“?

(Zuruf von Marc Herter [SPD] – Zurufe von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss den Redner schon noch verstehen können. – Bitte schön.

Wo ist denn Ihre Empörung, wenn bei Demonstrationen Gleise gelockert werden? Sagen Sie dann „Wir entfernen die Leute, oder ich nehme nicht an solchen Demonstrationen teil“? – Wenn linke Chaoten an Ihren Demonstrationen teilnehmen, sind sie hochwillkommen. Das Gefühl habe ich.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch das Folgende hat etwas mit der Wahrheit zu tun. Sie fordern: Rauchen muss verboten, Alkohol muss eingeschränkt und Autofahren muss verboten werden. Mit jeder Zigarette aber, die sich jemand

ansteckt, freut sich Walter-Borjans. Mit jedem Pils und jedem Schnaps hinterher freut sich WalterBorjans. Tanken tun wir schon seit langem nicht mehr für unsere Rente, sondern für Vater Staat. Bei Ihren Forderungen müssen Sie dann auch konsequent sein und sagen: Ich verzichte auf die Tabaksteuer und mache stattdessen präventive Maßnahmen. – Das nehmen Sie alles billigend in Kauf.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich stelle fest: Ihr Protest sagt mir, dass ich recht habe.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie wollen die Bedienung in der Eckkneipe schützen, die Geld verdienen will. Die geschlossene Eckkneipe bietet aber keinen Arbeitsplatz mehr – damit das auch ganz klar ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es gibt in Recklinghausen eine bekannte Persönlichkeit der Grünen, ein Gründungsmitglied der Grünen in Recklinghausen. Der hat eine Eckkneipe. Wissen Sie, was er heute vor seiner Kneipe hängen hat? „Sie wissen, warum Sie beim Rauchen hier draußen stehen müssen. Wählen Sie nie wieder Grün.“ – Ich kann nur sagen: Recht hat der Mann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Hegemann. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Adelmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Exkurs von Herrn Hegemann möchte ich jetzt wieder zum Thema zurückkommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der Antrag der FDP zielt darauf ab, schon wenige Wochen nach Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes den Praxistest zu beurteilen. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen kommt mir das so vor, als würde man einem Patienten abends Antibiotika geben und ihn dann am nächsten Morgen anrufen und fragen, warum es immer noch nicht wirkt. Herr Lindner, Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass der Praxistest auch die vergangenen Karnevalsveranstaltungen einbezieht. Dann habe ich wohl andere Jahreszeiten als Sie.

Ihre Initiative entbehrt ein wenig der Sachlichkeit. Herr Schmalenbach hat darauf hingewiesen, dass inhaltlich diskutiert werden sollte, weil dies sinnvoller sei als reine Polemik. Er hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Gastwirte genügend Zeit hatten, sich auf die Gesetzesänderung einzustellen. Bei der Einführung des Gesetzes hatten wir ganz bewusst eine Vorlaufzeit von mehreren Monaten gegeben, in der die Gastwirte durchaus die Möglichkeit gehabt

hätten, ihre Geschäftsmodelle umzustellen und gegebenenfalls Erweiterungen vorzunehmen.

Sie verweisen darauf, dass Gastwirte Hartz IV in Anspruch nehmen müssten. Das erinnert mich an die Diskothekenbesitzer, die mir gesagt haben, dass sie ihre Lokale jetzt schließen müssten und dass ihnen wegen des Nichtraucherschutzgesetzes die Pleite drohe – und das schon vier Monate, bevor das Gesetz überhaupt im Plenum diskutiert wurde.

Herr Abel hat Ihnen vorhin eine Vorstellung von der Demonstration am letzten Samstag gegeben. Bei der vorausgegangenen Anhörung hatten wir darum gebeten, dass die verschiedenen Verbände – Karnevalsverbände, Schützenvereine, auch die privaten Brauer – uns sachliche, stichhaltige Argumente liefern sollten. Leider kam da nicht viel. Jeder, der bei der dabei war, weiß das auch.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

In meinem Manuskript steht jetzt noch das Stichwort: „Unsinn“. Das bezog sich auf Herrn Wüst und sein Menschenbild bzw. seine Äußerung „Freiheit in Verantwortung“. Für mich bedeutet „christlich“ der Schutz allen Lebens. Als Kinderarzt gilt für mich vor allem die körperliche Unversehrtheit. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit macht es gelegentlich notwendig, die Rechte von anderen geringfügig einzuschränken. Dennoch gibt es durchaus noch genügend Möglichkeiten, rauchen zu können.

Bleiben wir auf der sachlichen Ebene, während Herr Lindner vielleicht noch Fachmagazine über Achselbehaarung liest. Im Hiller Kreis haben wir über Auswirkungen des Raucherschutzgesetzes diskutiert. In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Studie verweisen, die in dem Fachmagazin „Pediatrics“ erschienen ist; auch die „Rheinische Post“ hat darüber berichtet. Diese Studie besagt, dass in England seit der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes – erstmals seit Jahrzehnten – die AsthmaRate von Kindern wieder gesunken ist. Das wünschen wir uns von Rot-Grün auch für Deutschland. Ich freue mich jedenfalls über das viele Lob, das dieses Gesetz mir eingebracht hat.

Wenn wir schon eine Beurteilung vornehmen wollen, dann sollten wir zunächst eine entsprechende Zeit vergehen lassen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Adelmann. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege Bombis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Herr Kollege Adelmann, mich würde schon interessieren, ob Sie jetzt auch für die 18 Kollegen aus Ihrer Fraktion gesprochen haben, die seinerzeit

ihrem Unbehagen in einer Protokollerklärung zu dem beschlossenen Gesetz Ausdruck gegeben haben.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD)

Das, glaube ich, haben Sie in diesem Zusammenhang nicht getan.

Frau Ministerin, sehr geehrter Herr Yüksel, ich sage es noch einmal ganz langsam: Auch wir sind für einen konsequenten Nichtraucherschutz; auch wir wissen, dass Gesundheit ein hohes Gut ist. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir hier einen Dissens in der Beurteilung der Bedeutung des Nichtraucherschutzes haben.

(Zurufe von der SPD)

Entscheidend ist jedoch, dass wir die Verhältnismäßigkeit des Schutzes gleichzeitig mit im Blick haben, und die lassen Sie durch Ihr Gesetz völlig außer Acht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dass Sie dies inzwischen selbst gemerkt haben, spürt man daran, dass in Ihrer Argumentationslinie jetzt ganz plötzlich ein anderer Aspekt in den Vordergrund tritt. Sie sagen jetzt, dieses Gesetz sei eine kommunale Forderung gewesen, der Sie hätten nachkommen müssen. Die Ordnungsämter hätten gefordert, dass eine Überprüfbarkeit des Gesetzes hergestellt werden müsse.

(Zuruf von der Regierungsbank: Das haben wir nie gesagt!)