Protocol of the Session on June 20, 2013

Herr Hegemann, ich freue mich darüber, dass Sie Herrn Steinbrück mittlerweile genauso viel Gewicht beimessen wie der Bundeskanzlerin.

(Beifall von der SPD – Lothar Hegemann [CDU]: Er kann sagen, was er will!)

Ich hoffe, dass das auch nach dem 22. September so sein wird. Wir sind da auf einem guten Weg.

(Lothar Hegemann [CDU]: Nein, machen Sie sich mit 22 % mal keine Hoffnung!)

Die Bundeskanzlerin ist doch die gewählte Regierungschefin in Deutschland. Sie hat die Verantwortung dafür zu tragen, gegenüber dem ausländischen Regierungschef, in dem Fall dem USPräsidenten, die Interessen des deutschen Volkes zu vertreten und klarzumachen, dass die Überwachung deutscher Staatsbürger in der Art und Weise nicht geht. Jeder, der die Berichterstattung in den letzten Tagen verfolgt hat, müsste doch wahrgenommen haben, dass der Begriff der Verhältnismäßigkeit längst verloren gegangen ist. Frau Merkel hatte die Chance, sie hat aber wieder einmal nichts getan, sie war untätig.

Meine Damen und Herren, bei allen bisher unbeantworteten Fragen zeigt das Thema eins: Es ist wichtig, mutige Menschen zu haben, die Informationen recherchieren, und unabhängige Medien, wie in dem Fall den „Guardian“, die diese veröffentlichen.

Liebe Piratenfraktion, es ist ein wichtiges Thema. Wir werden es in den Ausschüssen weiterdiskutieren. In der Debatte wird ziemlich deutlich, dass es unterschiedliche Meinungen zu Freiheitsrechten gibt und dazu, wie eine Bundesregierung die deutsche Bevölkerung vertreten muss. Herzlichen Dank für den Antrag. Wir werden ihn inhaltlich diskutieren. Wir werden sicherlich nicht bei jedem Punkt einer Meinung sein, aber das Thema ist wichtig. Es ist richtig, dass es aufgegriffen wurde und dass wir es hier weiterdiskutieren werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal Herr Kollege Bolte zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Orth hat eben mit Vergangenheitsbewältigung angefangen. Nach Ihrem Statement muss es unter Innenminister Wolf wirklich schlimm gewesen sein. Sie haben diese Zeit, diese fünf Jahre, in Ihrem Statement gerade offensichtlich vergessen; denn gucken Sie sich an, was Sie damals für ein Verfassungsschutzgesetz gemacht haben: Das Verfahren in Karlsruhe haben Sie mit Pauken und Trompeten und völlig zu Recht verloren.

(Dr. Robert Orth [FDP]: Drei Jahre haben Sie damit weitergearbeitet!)

Und was sagen Sie jetzt zu unserem Verfassungsschutzgesetz? Wir haben angekündigt: Wir wollen

das Verfassungsschutzgesetz so formulieren, dass Transparenz herrscht und klar ist, was der Verfassungsschutz gegenüber der Bevölkerung darf und was er nicht darf. Da gehen Sie jetzt hin und machen uns hier den großen Bürgerrechtler, die große Welle. Das war alles andere als glaubwürdig.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Bolte, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Orth zulassen?

Gerne. Ja.

Wunderbar.

Ich weiß zwar nicht, wie ich dann die anderen Argumente in vier Sekunden Redezeit unterbringen soll, aber bitte, Herr Kollege.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Ach doch, Herr Kollege.

Jetzt hat zunächst mit Ihrer freundlichen Zustimmung Herr Kollege Dr. Orth das Wort.

Lieber Herr Kollege Bolte, dann erklären Sie mir doch mal, warum Sie gegen das alte Verfassungsschutzgesetz und gegen das alte Polizeigesetz zuerst geklagt haben und dann, kaum dass Sie vor drei Jahren in der Regierung waren, Ihre Klagen zurückgenommen und drei Jahre mit der Situation weitergelebt haben.

(Christof Rasche [FDP]: Das gibt es ja gar nicht! Hört, hört!)

Herr Kollege, Sie haben das in den Beratungen von der ersten Lesung hier im Plenum durch die kompletten Ausschussberatungen bis gestern jedes Mal wieder gebracht. Sie haben unsere Argumente offenkundig in keiner Weise berücksichtigt. Das jedenfalls war meine Erfahrung in all den Debatten.

Wenn Sie dann auch noch fragen, warum der Gesetzgebungsprozess möglicherweise andauert

(Dr. Robert Orth [FDP]: Erst klagen Sie, und hinterher arbeiten Sie drei Jahre damit! Das ist Stuss!)

und warum wir diesen Gesetzgebungsprozess so durchgeführt haben, wie wir ihn durchgeführt haben, muss ich erwidern: Auch das haben wir Ihnen gestern erklärt: Der Minister hat einen Beauftragten eingesetzt, um aufzuarbeiten, was es möglicherweise in den vergangenen – ich glaube, der Unter

suchungsauftrag bezog sich auf die letzten etwa zehn Jahre – Jahre innerhalb der Sicherheitsarchitektur in Nordrhein-Westfalen an Fehlentwicklungen gegeben haben könnte und was man daraus lernen kann. Er hat diese Erkenntnisse aus der Vergangenheit berücksichtigt und mit in den Beratungsprozess eingespeist. Es folgte ein parlamentarischer Beratungsprozess, an dessen Ende wir einige Unklarheiten, die es gab, beseitigt und geklärt haben.

Daher verstehe ich wirklich nicht, warum Sie sich so aufregen. Sie haben tatsächlich wesentliche Teile unseres Gesetzentwurfs einfach nicht verstanden. Sie haben zum Beispiel nicht verstanden, was die Transparenzregeln mit sich bringen, welche Fortschritte die Transparenz in diesem neuen Verfassungsschutzgesetz mit sich bringt, was da alles neu geregelt ist. Da kann ich dann einfach nur sagen: Sorry, da sind Sie Ihrem Auftrag als Opposition, eine Alternative zu formulieren, offensichtlich nicht nachgekommen, da haben Sie in Ihrer Rolle einfach versagt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt kann ich leider nichts mehr sagen zur Medienkompetenz, zur Datenschutzkompetenz, zu den Vorschlägen, die der Minister gerade angerissen hat, um den Datenschutz und die Informationssicherheit weiterzuentwickeln. Ich kann auch nichts mehr dazu sagen, dass wir ein ernsthaftes Interesse an einer Diskussion über Schutz und Sicherheit nach vorne haben. – Dennoch bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die FDP-Fraktion hat das Wort Herr Kollege Dr. Orth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Bolte, dass Sie jetzt keine Zeit mehr für Inhalte hatten, das liegt einfach daran, dass Sie am Anfang nur darüber gesprochen haben, was Schwarz-Gelb angeblich alles falsch macht.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Dann müssen Sie sich auch anhören können, was Sie alles falsch machen. Wenn Sie allen Ernstes die Dreistigkeit besitzen, das Verfassungsschutzgesetz und das Polizeigesetz zu erwähnen,

(Zurufe von den PIRATEN: Zur Sache!)

gegen die Sie erst mit dem Argument, das sei alles verfassungswidrig, geklagt haben und, kaum dass Sie in der Regierung waren, die Klage in Münster klammheimlich zurückgezogen haben: Was ist denn das für ein Rechtsstaatsverständnis, das Sie hier an

den Tag legen? Was ist das für ein Datenschutzverständnis, das Sie hier an den Tag legen?

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Sie sind hochgradig peinlich! Und das ärgert mich, weil wir eigentlich über die Sache reden wollten! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Piratenfraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Herrmann zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. – Ich versuche es noch mal zur Sache, aber vorweg – wahrscheinlich – ein ganz herzliches Dankeschön an Herr Minister Jäger; denn es sieht ja so aus, als würde er heute Abend unserem Änderungsantrag zum Polizeigesetz zustimmen,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wir sind hier im Par- lament!)

mit dem wir den Richtervorbehalt fordern, der im Gesetz im Moment noch nicht enthalten ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie haben es gerade ganz deutlich gesagt. Wir werden sehen, was nachher passiert.

Ich will noch kurz erwähnen, dass Überwachungen – das war auch der Sinn meines Redebeitrags am Anfang dieses Punktes – in aller Regel legal durchgeführt werden. Es werden Gesetze gemacht, damit die Sicherheitsbehörden ihre Überwachungen legal durchführen. Das ist das, worauf wir gucken müssen, das ist das, worauf wir achten müssen: dass wir jetzt nicht die Zukunft des Internets verbauen, indem wir für alle möglichen Dinge eine Überwachung einführen.

Die Bestandsdatenauskunft, so wie sie auf Bundesebene geregelt wurde, hebt für Deutschland definitiv die Anonymität im Netz auf. Das heißt, das Internet kann nicht mehr anonym genutzt werden. Bis hin zu Ordnungswidrigkeiten kann die Anonymität eines Internetnutzers aufgehoben werden. Das ist etwas, was viele Türen für die zukünftige Internetnutzung verschließt. Wenn es Teil des digitalen Lebens wird, brauchen wir einen Freiraum, wo anonyme Meinungsäußerung möglich ist. Das ist mit der momentanen Regelung nicht machbar. Daran müssen wir arbeiten. Das werden wir im Laufe der Gespräche zu diesem Antrag hoffentlich tun.

Ich möchte noch kurz etwas zu Herrn Hegemann sagen, der die Kontrollen bei der Einreise in die USA so hervorgehoben hat. Sie wissen, dass es immer wieder vorkommt, dass Menschen dort zu