Protocol of the Session on May 15, 2013

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Nein, Herr Lindner, ich erkläre es Ihnen noch einmal. Wenn Sie zuhören würden, würden Sie nicht solche Falschbehauptungen aufstellen.

Ich habe hier keine Parteienumfrage gezeigt, sondern die Steuerkompetenz. Ich habe deutlich gemacht, dass Sie diese Steuerkompetenz eben nicht haben. Deswegen freuen wir uns auf die Debatte im Ausschuss. Dort werden wir noch einmal sehr deutlich machen: Diese Landesregierung steht für Steuergerechtigkeit, und Sie stehen für die Interessen von Privatbanken.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Zimkeit. – Es spricht als nächster Redner Herr Dr. Optendrenk für die Fraktion der CDU.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf dem Treffen der G7 am vergangenen Wochenende sind wichtige Schritte zur Bekämpfung der weltweiten Flucht in Steueroasen besprochen worden. Dazu gehört auch, dass die deutschen Steuerbehörden in die Lage versetzt werden, eine große Zahl von Datensätzen aus diesen Steueroasen weltweit auszuwerten.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ach, jetzt doch?)

Für Steuerflüchtlinge in Deutschland wird die Luft dünner. Erst durch die internationale Kooperation wird es möglich, dass Steuern nicht vermieden oder Steuern in Zukunft nicht mehr hinterzogen werden können, indem man einfach das Vermögen von A nach B, C und D von einer Steueroase zur nächsten weiterverschiebt. Insofern ist die Entwicklung der letzten Wochen und Monate ein echter Durchbruch.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zimkeit?

Natürlich.

Das ist nett. – Bitte schön.

Schönen Dank. – Sie loben ja zu Recht die Vorhaben, einen solchen Datenaustausch zu organisieren. Können Sie dann erklären, warum die Bundesregierung im Bereich Cayman Inseln einen Vertrag abgeschlossen hat, nach dem dieser Datenaustausch ausdrücklich nicht vorgesehen ist?

Ich möchte gerne auf den aktuellen Stand der Dinge und darauf eingehen, was die Bundesregierung dazu getan hat. Ich muss hier nicht die Bundesregierung rechtfertigen. Ich wollte, wenn Sie gestatten, einfach einleiten in das, was das Thema in seiner ganzen Breite ausmacht.

Es zeigt sich, dass diese Erfolge nicht mit großem Medientamtam zu erzielen sind, sondern nur durch intensive Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Deutschland war und ist dabei gut beraten, auf eine intensive internationale Zusammenarbeit zu setzen. Dazu gehören auch die vom Kollegen Witzel angesprochenen Doppelbesteuerungsabkommen. Aber – wir wissen das alle – die reichen natürlich nicht aus.

Es gibt eine Vielzahl von Finanzplätzen mit bisher sehr eingeschränkter Kooperationsbereitschaft. Der Druck auf diese hat sich zum Glück in den letzten Monaten spürbar erhöht.

In einer globalisierten Wirtschaftsordnung wird es auch in Zukunft Wettbewerb durch unterschiedliche Steuervorschriften geben. Dies unterscheidet sich nicht von dem Wettbewerb im Bereich von Lohnstückkosten, von Erreichbarkeit oder Fachkräftequalifikation. Entscheidend ist aber: Jeder Wettbewerb braucht faire Rahmenbedingungen. Dazu gehört im Steuerbereich die Klarheit darüber, dass Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar ist und dass Steuerhinterziehung selbst auch strafbar ist und vom Staat geahndet wird. Wenn diese Spielregeln nicht international durchgesetzt werden, dann ist einem fairen Wettbewerb jeder Boden entzogen.

(Beifall von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das Thema der Vermögensverschiebung an Offshore-Finanzplätze ist auch deshalb in den Mittelpunkt der Diskussion in den letzten Wochen und Monaten gerückt, weil sich offenbar auch Beteiligte der öffentlichen Hand in Deutschland darin betätigt haben, Konstruktionen zu finden, wie unversteuertes Geld am Fiskus vorbei in Steueroasen transferiert werden konnte.

Um es jetzt deutlich zu sagen: Problematisch ist nicht, wenn jemand sein Geld an einem steuerlich günstigeren Standort investiert, sondern wenn er es nicht versteuert, dann ins Ausland transferiert und weder dort vor Ort noch in Deutschland, in seinem Heimatland, Steuern entrichtet, sich der Steuerpflicht dadurch entzieht.

Eine solche Konstruktion hat die alte WestLB offenbar schon in den 90er-Jahren intensiv zum eigenen Geschäftsmodell gemacht. Sie bot da zum Beispiel – ich zitiere – „Leistungsangebote im Rahmen der Zinsabschlagsteuer“ an. Theo Waigels Zinsabschlagsteuer sollte damals systematisch vermieden werden. Um es zu beschreiben: Die WestLB alter Couleur ermöglichte es zu Zeiten von Friedel Neuber ihren Kunden und den Kunden der Sparkassen systematisch, Kundengelder am Finanzamt, am Fiskus, vorbei an die WestLB-Töchter in der Schweiz und in Luxemburg zu transferieren. Die WestLB bot den Sparkassen für die Vermittlung entsprechender Kundengelder gar noch Provisionen an, damit man in Deutschland keine Steuern zahlt. Das war nicht nur Beihilfe zur Steuerhinterziehung, sondern das war möglicherweise auch noch eine systematische Anstiftung zu weiteren Straftaten. Staatsanwaltschaften und Gerichte haben das damals aufgegriffen. Ein Vorstand der Bank musste seinerzeit gehen, und der Vorstandsvorsitzende Friedel Neuber war auch sehr intensiv im Visier der Justiz.

Die politisch Verantwortlichen damals haben sich ausgeschwiegen und sich damit begnügt, kunstvoll irgendwelche Vorlagen an den Landtag zu schicken. Sie haben sich nie geäußert, haben nie Verantwortung übernommen, haben sich nie der Gremienverantwortung und ihrer eigenen Aufsichtspflicht gestellt. Dazu gehörten insbesondere die Finanzminister Schleußer und Steinbrück.

Deshalb ist es gut, dass hier im Plenum und demnächst auch im Untersuchungsausschuss dieses Thema intensiv aufgearbeitet wird. Herr Minister, Sie sind jetzt drei Jahre im Amt. Sie sind jetzt auch gefordert. Kehren Sie auch vor Ihrer eigenen Tür und nicht nur in der Schweiz. Schaffen sie Klarheit, schaffen Sie Transparenz und ducken Sie sich nicht weiter weg! – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Optendrenk. – Nun spricht für die grüne Fraktion Herr Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin beeindruckt. So viel Einigkeit hätte ich diesem Parlament gar nicht zugetraut. Wir sind uns einig, dass die Steueroasen auszutrocknen sind. Wir sind uns einig, dass ein automatischer Datenabgleich die beste Methode ist, um dazu beizutragen, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Nun bin ich ein bisschen erstaunt, dass diese Erkenntnis erst am heutigen Tage zu dieser Einigkeit führt, weil sich, als wir über das Steuerabkommen mit der Schweiz gesprochen haben, insbesondere CDU und auch die FDP vehement dagegen ver

wahrt haben, genau diese Elemente durchzusetzen. Sie haben uns beschimpft, wir würden auf Steuergeld verzichten, was Sie in Ihre Haushaltssanierungskonzepte eingearbeitet haben, um dieses Steuerabkommen möglich zu machen. Das ist doch schizophren. Das ist auch billig, doppelbödig und auch nicht der Sache angemessen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Optendrenk, Sie haben sehr sachlich den Sachverhalt geschildert. Ich bin Ihnen dafür ausgesprochen dankbar. Nur spiegelt sich das leider nicht in dem wider, was Herr Dr. Schäuble im Bund gemacht hat. Auf die Doppelbesteuerungsabkommen mit den Cayman Inseln und anderen ist schon hingewiesen worden, aber ausdrücklich das mit der Schweiz widersprach diesem Tenor, und zwar auch in einem anderen Punkt, den Sie ausgeführt haben, nämlich bei der Frage der europäischen Zusammenarbeit. Es wäre geradezu eine Lex Schweiz gewesen. Dieses Doppelbesteuerungsabkommen durchzusetzen, widerspricht der europäischen Richtlinie in diesem Zusammenhang und es widerspricht auch den Regulierungsbemühungen auf europäischer Ebene. Hinzugefügt sei auch noch, lieber Kollege von der FDP: Es ist doch Ihre Partei gewesen, die diese Ausweichmanöver – erinnert sei an das Thema „Cross-Border-Leasing in den Kommunen“, was landesweit angewandt worden ist – nicht bekämpfen wollte. Erst in den letzten Jahren sind sie mangels Masse und Sinnhaftigkeit eingestellt worden.

Noch ein Stichwort ist wichtig – Kollege Optendrenk hat es genannt –: Wir werden im Untersuchungsausschuss genau diesen Vorwürfen und Vorhalten nachgehen; das ist richtig. Aber – ich finde, das sollten wir tatsächlich unterscheiden – wir sollten jetzt nicht mit Scheinvorwürfen die aktuell tätige Portigon in ein schlechtes Licht rücken und ihr das Leben noch schwerer machen, als es ohnehin für sie ist. Die Portigon braucht nämlich Aufträge. Wenn die Portigon keine Aufträge bekommt, müssen wir das durch zusätzliches Steuergeld gegenfinanzieren. Es ist schlecht für das Land und nicht gut für die FDP, wenn wir das so handhaben, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zu den Jahren 2006/2007: Ich habe mich in Vorbereitung auf den Untersuchungsausschuss, auf den ich mich schon ungemein „freue“, seitenlang in die Thematik eingelesen und festgestellt, was aktuell noch aktive und damals agierende Landespolitiker gemacht haben. Herr Pinkwart hat 2006 gesagt: Wir müssen die Braut hübsch machen, damit wir sie verkaufen können. – Gemeint war die WestLB.

(Zuruf von Dr. Marcus Optendrenk [CDU])

Es war keine Rede von dem Problem der Steueroasen Cayman Islands und Curaçao, und es war auch keine Rede davon, dass die WestLB das falsche Geschäftsmodell hat. All das hätte ich unterstrichen.

Herr Pinkwart hat nur gesagt, die Zeche müssten im Zweifelsfall die Sparkassen zahlen, wenn das Geschäft nicht funktionierte.

(Ralf Witzel [FDP]: Falsch! Wir haben das fehlende Geschäftsmodell immer themati- siert!)

Herr Kollege Witzel, wenn Sie wirklich erst am gestrigen Tag oder vor einer Woche gemerkt haben, dass die WestLB Institute auf den Cayman Islands oder auch in Curaçao hatte, kann ich nur sagen: Sie sind ein bisschen spät aufgewacht, oder Sie haben sich, wie es der Kollege Zimkeit gesagt hat, ein eigenes Weltbild gezimmert, das durch Fakten nicht erschüttert werden kann.

Insofern: Ihr Antrag ist schlicht überflüssig. Wir haben dem einen eigenen Entschließungsantrag entgegengestellt. Wir werden im Ausschuss intensiv darüber beraten.

Ich kann Ihnen nur mit auf den Weg geben – ich habe es schon dreimal gemacht –: Lassen Sie davon ab, aus parteipolitischem Interesse ein Bild zu zeichnen, das zum Ausdruck bringt, jetzt würden Steueroasen gezimmert, und jetzt sei die WestLB am falschen Zug. Nur ein kurzer Hinweis: Die WestLB gibt es gar nicht mehr, sondern wir haben jetzt die Portigon.

Jetzt muss es darum gehen, das, was schlecht war, abzuwickeln und eine Politik durchzusetzen, die für Steuergerechtigkeit und dafür sorgt, die Steueroasen auszutrocknen. Dabei müssen Sie mithelfen, statt immer quer im Stahl zu stehen, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Mostofizadeh. – Für die Piratenfraktion spricht nun Herr Schulz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Peer Steinbrück hat die Gesellschaft, um die es hier geht …

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Persönlich gegründet!)

Nein, Herr Steinbrück hat sie nicht gegründet. Unter seiner Ägide als Finanzminister und als Aufsichtsratsmitglied der ehemaligen WestLB ist das Ding 2004 auf den Cayman Islands gegründet worden. Darum geht es hier unter anderem, aber auch um ehemalige oder bestehende Beteiligungen der früheren WestLB an irgendwelchen Gesellschaften im Ausland, insbesondere in sogenannten Steueroasen.

Lieber Herr Mostofizadeh, machen wir uns nichts vor: Das ist keine Marketingverkaufsveranstaltung für die Portigon. Das muss ich dem, was in Ihrem Entschließungsantrag steht, entgegenhalten, denn

darin heißt es sinngemäß auch: Bitte behindert hier nicht in irgendeiner Form den Umbau und den Verkauf der Portigon AG! – Die Portigon ist eine Folge des Umbaus der WestLB beziehungsweise deren Zerschlagung.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Hier geht es doch ganz klar um Geschäfte, die die Portigon aktiv betreibt, und zwar auch seit dem Übergang und dem Umbau der WestLB. Darum geht es. Es geht nicht um die Portigon, sondern um die Auslandsbeteiligungen der Portigon, etwa über die WestLB do Brasil – sie steht hier maßgeblich in Rede –, und um das, was der Vorstandsvorsitzende der Portigon AG letzte Woche im Haushalts- und Finanzausschuss dazu ausgeführt hat, nämlich dass diese Beteiligung auf den Cayman Islands verkauft sei. Er sprach von „Signing and Closing“.

Genau da liegt das Problem – das ist das, was auch Kollege Witzel ansprach –: Die Risiken, die mit all diesen Auslandsbeteiligungen, die noch unter dem Dach der Portigon gehalten werden, verbunden sind, spielen eine Rolle.

(Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter- Borjans)