Doch, Herr Finanzminister, es ist so. Die betreffen all die Menschen, die zum Beispiel hier im Saal oder zu Hause vor den Bildschirmen sitzen – wie auch immer. Das betrifft den Steuerzahler.
Es geht um die Risiken, wenn festgestellt werden muss, dass zwischen Signing und Closing noch eine ganze Menge passieren kann und dass Closing im internationalen Mergers & Acquisitions-Geschäft etwas ganz anderes bedeutet als das, was etwa Herr Körfges noch letzte Woche im Haushalts- und Finanzausschuss erläutert hat. Er hat sich dabei auf das deutsche Abstraktionsprinzip bezogen.
Es ist nämlich nicht so, dass zum Beispiel der Verkauf der Finanzgesellschaft auf den Cayman Islands lediglich noch von der Genehmigung der brasilianischen Behörden abhängig sei. Das wäre nur ein Bestandteil der weiter gehenden Due Diligence, die zwischen Signing und Closing stattfindet. Es kann nämlich durchaus sein, dass dann, wenn die Genehmigung der brasilianischen Behörden erteilt ist, erst einmal die weitergehende Due Diligence, nämlich die Post Completion Due Diligence, stattfindet, durch die mögliche Risiken erst entdeckt werden, die zu einer Kaufpreisverringerung oder eventuell sogar zu einer Rückgängigmachung des Geschäfts führen.
Abgesehen davon hat die Portigon AG für diese Tochter auf den Cayman Islands per 31.12. letzten Jahres für Geschäfte – offenbar Risikogeschäfte dieser Gesellschaft auf den Cayman Islands – eine Patronatserklärung abgegeben. Wenn das also alles so risikofrei wäre, müsste man fragen, warum das so ist. Herr Voigtländer von der Portigon AG hat
Auch üblich ist es vielleicht, dass das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge des Umbaus der WestLB erhebliche Haftungsrisiken hat eingehen müssen: mit der Eckpunktevereinbarung, aus der heraus wir im letzten Jahr 1 Milliarde € Zuschuss beschlossen haben. Dabei wissen wir nicht, was demnächst noch aus dieser ganzen Geschichte auf uns zukommt.
Eines steht fest – das ist dem Finanzminister und dementsprechend auch der Landesregierung nicht vorzuwerfen –: Er ist durchaus bemüht, hier dafür Sorge zu tragen, dass bestimmte Steueroasen geschlossen werden. Dazu hat er sich letztendlich, nicht zuletzt letzte Woche in Brüssel, deutlich erklärt: im Zusammenhang mit einem Bericht und mit Bestrebungen der OECD dahin gehend, dass solche Steueroasen entweder dicht gemacht werden oder dass entsprechende Besteuerungsabkommen geschlossen werden. Das sehe ich auf der anderen Seite in den letzten Jahren auch aufseiten der Bundesregierung. – Das muss hier aber nicht diskutiert werden.
Entscheidend ist: Es ist hier Handeln angesagt, und dieses Handeln sehe ich hier nicht finalisiert, auch nicht mit den wirklich sehr geschliffenen Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden der Portigon AG. Hier ist einiges im Unklaren.
Wie es der Entschließungsantrag der SPD ausführt, soll das ja entweder in diesem Hause bzw. in dem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Genau das ist der Punkt. Glauben Sie nur nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass wir hier nichts sagen dürfen, damit irgendwelche Geschäfte der Portigon AG Gefahr laufen, nicht abgeschlossen oder nicht durchgeführt werden zu können. Glauben Sie denn im Ernst, dass ein Unternehmen, das Aufträge an die Portigon AG erteilt, oder ein Unternehmen oder eine Gruppe, die irgendwann 2016 die Portigon AG kaufen sollen, die Portigon nicht auf Herz und Nieren prüfen? Das sollten Sie wirklich nicht glauben. Jede Aufklärung, die vorher erfolgt, kann der Sache nur dienlich sein. – Deswegen freue ich mich selbstverständlich auf die weiteren Beratungen dazu im Haushalts- und Finanzausschuss.
Bezüglich des Entschließungsantrags der SPD, der sich überwiegend auf Fragen der Portigon selbst bezieht und weniger auf die Unterfrage, die hier zur Debatte steht, nämlich die der Auslandstöchter in Steueroasen, kann ich der Fraktion insofern nur Enthaltung empfehlen. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne, ich spreche Sie ganz besonders deshalb an, weil man sich erst einmal vorstellen muss, welche Fraktion eigentlich hier einen Antrag einbringt:
Es ist eine Fraktion, die bislang, wenn es um die Frage Steuern und Steuerhinterziehung ging, nur dadurch aufgefallen ist, dass sie für ihre Klientel Steuererleichterungen durchgesetzt hat und das dann Wachstumsbeschleunigung genannt hat, etwa bei der Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels. Sie fällt dadurch auf, dass, wenn wir im Augenblick über das Jahressteuergesetz reden, sie als FDP im Bund zu verhindern versucht, dass wir einen Riegel vorschieben, wenn reiche Erben Gesellschaften bilden wollen,
Und diese Fraktion hat festgestellt, dass sie auf der Gegenfahrbahn der öffentlichen Meinung gelandet ist. Das führt jetzt dazu, dass diese Fraktion mit großen Krokodilstränen auf einmal erkennen will, da würden möglicherweise Steuern hinterzogen, es gebe Konstruktionen auf dieser Welt, die Menschen helfen, an der Steuer, am Fiskus vorbeizurutschen.
„Kapitalflucht sowie die Ausnutzung von Steuer- und Regulierungsarbitrage darf der öffentlichen Hand nicht gleichgültig sein.“
Dieser Fraktion war das fünf Jahre lang in der schwarz-gelben Landesregierung von 2005 bis 2010 gleichgültig;
„Zugleich konnten die jetzigen Institutionen bislang keinen unterstützenswerten sachlichen Grund darlegen, warum ihnen eine entsprechende legale Betätigung nicht auch im EuroWährungsraum möglich gewesen sein soll.“
Danach hat diese Fraktion während fünf Jahren schwarz-gelber Regierung nie gefragt. Jetzt auf einmal merkt man: Man muss sich irgendwie äußern, man muss deutlich machen, dass man doch auch zu denen gehört, die dafür sorgen wollen,
Dann wird die amtierende Bundesregierung gelobt – das hat Herr Optendrenk von der CDU auch getan –, die ja jetzt dafür sorgen will, dass es einen automatischen Informationsaustausch gibt. Wenn wir es zugelassen hätten, dass diese Bundesregierung das Abkommen mit der Schweiz unterzeichnet, und dem auch zugestimmt hätten, wäre diese Bewegung nicht in Gang gekommen,
und die Schweiz hätte sich dem automatischen Informationsaustausch entziehen können. Das hat sie von dieser Bundesregierung sogar schriftlich bekommen. Österreich und Luxemburg haben nur darauf gewartet, dass sie sich hinter diesem Abkommen verstecken und sagen können: Wenn das automatischer Informationsaustausch ist, dann machen wir das auch so. – Dann wäre all das, wofür man sich gestern Abend schon loben ließ, obwohl es nur Absichtserklärungen sind, von vornherein überhaupt nicht in die Wege geleitet worden.
Wenn Sie dann einen Antrag stellen, „dass gerade Unternehmen und Anstalten im Besitz öffentlicher Anteilseigner nicht dubiose Offshore-Infrastrukturen unterstützen dürfen“, sage ich Ihnen: Völlig richtig, aber das gilt doch wohl nicht allein für öffentlichrechtliche. Das gilt doch wohl für private Banken ganz genauso. Oder ist hier „Privat vor Staat“ die Berechtigung der Privaten, dass sie dubiose Geschäfte machen dürfen und die anderen nicht?
Weiter heißt es im Antrag – solche Anträge haben ja immer einen langen Vorspann, in dem Philosophie erklärt wird und dass man die Speerspitze im Kampf gegen den Steuerbetrug sei – :
Der Landtag erwartet zeitnah eine vollständige Aufklärung der Landesregierung darüber, in welchem Umfang diese Oasen beteiligt gewesen sind.
Da kann ich nur sagen: Diese Fraktion hat fünf Jahre lang nicht nur nicht die Aufklärung erbracht, sondern sie hat sie auch nicht versucht zu erbringen,
während die Landesregierung, die jetzt vor Ihnen steht, die WestLB vom Markt genommen, die Gesellschaften entweder abgewickelt – oder sie befinden sich in Abwicklung – oder verkauft hat.
Wenn Herr Schulz uns nun sagt, das sei Signing und nicht Closing, dann muss man sich das so vorstellen: Eine Bank verkauft man nicht so einfach wie ein Auto. Selbst bei einem Autoverkauf kann es sein, dass das Auto verkauft, ein Kaufvertrag unterschrieben, aber das Auto erst einen Monat später
abgeholt wird. Wir sind jetzt in der Phase, dass seit einem Jahr der Verkauf der Tochter der ehemaligen WestLB in Brasilien unterzeichnet ist, aber noch an einer Genehmigung durch brasilianische Behörden hängt. Das ist ungefähr so, als hätten Sie ein Auto verkauft, das aber noch nicht abgeholt worden ist und bei dem in der Zwischenzeit noch einmal die Sitze herausmontiert werden sollen.
Es ist so, dass nach dem getätigten Verkauf nun nur noch darauf gewartet wird, dass dieser Verkauf genehmigt wird.
Entschuldigung, Herr Minister. Würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jostmeier zulassen, der heute wie Herr Kollege Optendrenk aussieht.
Die erste: Stimmen Sie mir zu, dass es so ist, dass die Landesregierung die WestLB nicht freiwillig, sondern aufgrund einer EU-Entscheidung vom Markt genommen hat und dass wir uns deshalb heute ganz anders unterhalten?