Protocol of the Session on March 22, 2013

Danke, Frau Kollegin. – Hier benennen wir die Instrumente, die einer ständigen Ausweitung entgegenwirken können.

In diesem Sinne hat Nordrhein-Westfalen im Bundesrat auf den Entwurf der Bundesregierung reagiert und Änderungen vorgeschlagen. Hierfür gab es im Oktober des letzten Jahres leider noch keine Mehrheit.

Daran wird aus meiner Sicht deutlich: Wenn es mehr rot-grüne Länderregierungen gibt, werden die Sorgen und Nöte von wirtschaftlich schwächeren Menschen besser vertreten. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir im Sinne der Prozesskostenhilfe in Deutschland weiterkommen werden.

Liebe Piratinnen und Piraten, Ihre Bedenken gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

sind berechtigt. Wir in NRW haben klare Konzepte, wie wir diesem Problem entgegentreten können. Da sind wir gut aufgestellt. Ich freue mich ebenfalls auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Wedel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Piraten kritisieren in ihrem Antrag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, durch den Prozesskostenhilfe sowie Beratungshilfe effizienter gestaltet werden sollen.

Der Entwurf greift einerseits das Interesse der Länder aus Bundesratsinitiativen auf, wegen deutlich gestiegener Ausgaben der Länderhaushalte die Prozesskostenhilfe und die Beratungshilfe zu reformieren und die mit deren Bewilligung verbundenen Kosten zu begrenzen.

Anderseits soll und muss mit dem Gesetzentwurf aber sichergestellt werden, dass der Zugang zum Recht gerichtlich wie außergerichtlich weiterhin allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von Einkünften und Vermögen eröffnet ist.

Eine Gesetzesreform muss zwingend gewährleisten, dass die durch den Justizgewährungsanspruch, das Sozialstaatsgebot und das Gleichheitsgebot gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen beachtet werden. Keine Partei darf dazu gezwungen werden, zur Verfolgung ihrer Rechte ihr Existenzminimum einzusetzen.

In Sachen „Reformbedürftigkeit der Prozesskostenhilfe“ möchte ich auf die Beschlüsse der Justizministerkonferenz aus den Jahren 2005 und 2008 sowie auf Berichte der Landesrechnungshöfe BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen hinweisen.

Um eine Größenordnung zu nennen: Aktuell beläuft sich allein die Prozesskostenhilfe bundesweit auf ca. 500 Millionen € jährlich. In NRW beläuft sich die Prozesskosten- und Beratungshilfe allein in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf rund 130 Millionen € jährlich. Hinzu kommen die Fachgerichtsbarkeiten.

Wir verzeichnen eine Stagnation auf sehr hohem Niveau seit den enormen Anstiegen bis zum Jahr 2006.

Der Entwurf will auf dem Feld der Prozesskostenhilfe für Einsparungen in den Länderhaushalten von etwa 64,8 Millionen € jährlich sorgen. Der Bundeshaushalt wird nur geringfügig entlastet. Im Bereich der Beratungshilfe wird eine Entlastung der Länderhaushalte von prognostisch mindestens 6 Millionen € angestrebt.

Mit dem Entwurf soll sichergestellt werden, dass die begrenzten staatlichen Mittel denjenigen zukom

men, die sie wirklich benötigen. Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe sind ohne Zweifel wichtige soziale Errungenschaften. Als Rechtsstaatspartei sind wir als FDP selbstverständlich dafür, dass jedermann Zugang zu gerichtlichen Entscheidungen und außergerichtlichem Rechtsrat haben muss.

Um es deutlich auszudrücken: Wer nicht über die Mittel verfügt, sein Recht durchzusetzen, der bekommt auch weiterhin Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, so insbesondere Menschen, die Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung beziehen. Für sie soll sich mit dem Gesetzentwurf nichts ändern.

Wer dagegen wirtschaftlich in der Lage ist, einen Beitrag zur Rückzahlung der gewährten Prozesskostenhilfe zu leisten, soll dies künftig in einem etwas größeren Umfang tun als bisher. Denn durch sie soll derjenige, der es nötig hat, dem Durchschnittsverdiener gleichgestellt, aber nicht bessergestellt werden. Das ist übrigens ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Wer zur Finanzierung eines Prozesses beitragen kann, der soll das Prozessrisiko im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit tragen und nicht vollständig auf den Staat abwälzen können. Die Gerichte müssen zudem ausreichend in die Lage versetzt werden, die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers zu prüfen. Denn Missbrauch gilt es in rechtsstaatlicher Weise auszuschließen.

Zu diesem Gesetzentwurf hat eine Expertenanhörung stattgefunden. Ich möchte hier mit Erlaubnis des Präsidenten die Bewertung der Bundessteuerberaterkammer zitieren:

„Wir begrüßen grundsätzlich das mit dem Gesetz verfolgte Ziel, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskosten- und Beratungshilfe zu verhindern und zugleich den Zugang zum Recht für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen zu gewährleisten. Die hierfür vorgeschlagenen Maßnahmen halten wir insgesamt für angemessen und ausgewogen.“

Und etwas weiter:

„Sinnvoll ist nach unserer Auffassung dabei insbesondere der im Gesetzentwurf verfolgte Ansatz, im Rahmen der Prozesskosten- und Beratungshilfe den bedürftigen Bürger nicht schlechter, aber auch nicht besser zu stellen als den Bemittelten.“

Natürlich gab es in der Anhörung auch kritische Anmerkungen.

Wie man aus Berlin hört, ist geplant, am Gesetzentwurf noch diverse Änderungen vorzunehmen. Insoweit dürfte sich der Antrag der Piraten weitgehend erledigt haben.

Insgesamt – da bin ich mir sicher – wird der Gesetzentwurf in der zur abschließenden Abstimmung gestellten Fassung einen tragfähigen Kompromiss

zwischen dem Interesse der Länder an einer Kostenreduzierung und der Sicherung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Rechtswahrnehmung auch von einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürgern darstellen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Kutschaty das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reform des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts ist ein Vorhaben, das seit vielen Jahren diskutiert und verfolgt wird und das nunmehr ganz offensichtlich doch vielleicht kurz vor einem Abschluss stehen könnte. Lassen Sie mich – das ist von Herrn Haardt gerade auch gewünscht worden – einige nüchterne Zahlen und Fakten aus diesem Bereich nennen.

In den zurückliegenden zwölf Jahren sind die Ausgaben für Prozesskosten- und Beratungshilfe auch in Nordrhein-Westfalen gestiegen, und zwar von ca. 85,5 Millionen € im Jahre 2000 auf ca. 124,1 Millionen € im Jahre 2012.

Richtig ist aber auch, dass nach einem enormen Anstieg der Ausgaben in den Jahren 2000 bis 2006 eine Stagnation auf hohem Niveau bei leichtem Rückgang in den Jahren 2011 und 2012 zu verzeichnen ist. Die Ursachen hierfür lassen sich nicht sicher feststellen. Der leichte Rückgang der Kosten in den vergangenen beiden Jahren mag durchaus nur kurzfristig sein und vielleicht insbesondere mit einer guten wirtschaftlichen und konjunkturellen Lage zusammenhängen. Keineswegs lässt sich daraus allerdings eine dauerhafte Tendenz ableiten. Im Jahre 1996 war es in Nordrhein-Westfalen schon einmal zu einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von über 10 % gekommen, ehe es in den Folgejahren dann wieder eine Stagnation gab. Hier Prognosen zu treffen, ist also sehr schwierig.

Vor dem Hintergrund dieser in den Ländern insgesamt zu beobachtenden Situation steht ganz offensichtlich auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der auf Bundesratsinitiativen aus der 16. und 17. Legislaturperiode des Bundes basiert. Ziel dieses Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll es sein – so steht es zumindest in der Begründung –, „der missbräuchlichen Inanspruchnahme entgegenzuwirken“. – So weit der Diskussionsstand.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch Folgendes ganz deutlich sagen: Die nordrheinwestfälische Landesregierung legt bei den Beratungen zu dem Gesetzentwurf größten Wert darauf, dass allen Bürgerinnen und Bürgern gleicher Zugang zum Recht gewährt wird. Der Gesetzgeber hat nach dem verfassungsrechtlichen Justizgewäh

rungsanspruch dafür Sorge zu tragen, dass auch die mittellose Partei in die Lage versetzt wird, ihre Belange in einer dem Gleichheitsgebot entsprechenden Art und Weise im Rechtsstreit geltend zu machen. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen unabhängig von ihrem Einkommen ihre Rechte durchsetzen können. Gleicher Zugang zum Recht setzt nicht nur gleichen Zugang zum Prozess voraus, sondern auch schon im Vorfeld zur Rechtsberatung.

Diesen Grundsätzen fühlt sich die Landesregierung selbstverständlich verpflichtet. Aus genau diesen Gründen hat die Landesregierung bereits im Rahmen des ersten Durchgangs der Bundesratsberatungen – Frau Hanses hat es schon zitiert – zahlreiche Änderungsanträge zu dem vorliegenden Gesetzentwurf gestellt, die seinerzeit aufgrund der damaligen Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer bedauerlicherweise keine Mehrheit bekommen haben, sodass die Stellungnahme NordrheinWestfalens und gerade die sozialen Bedenken, die die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen erhoben hat, in der abschließenden Stellungnahme des Bundesrates mangels Mehrheit nicht berücksichtigt wurden.

Lassen Sie mich ein ganz wichtiges Beispiel nennen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat sich im Rahmen der Bundesratsberatungen insbesondere für das Weiterbestehen der Waffengleichheit im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingesetzt.

Die Landesregierung hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ferner mit Augenmaß dafür eingesetzt, dass die nach dem Gesetzentwurf künftig vorgesehenen erweiterten Möglichkeiten zur umfassenden Aufklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eines Antragstellers nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Gerichte führen dürfen. Gewisse im Gesetzentwurf vorhandene bürokratische Ansätze sollten nach unserer Auffassung gestrichen werden. Auch mit diesem Anliegen konnte sich die Landesregierung damals im Bundesrat jedoch noch nicht durchsetzen.

Obwohl die Bestrebungen des Landes NordrheinWestfalen zur Änderung des Gesetzentwurfs bisher nicht zum Erfolg geführt haben, bin ich angesichts der aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene, nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse der Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages vom 13. März dieses Jahres, zuversichtlich, dass der Gesetzentwurf noch verändert werden kann und auch wird. Die aktuell auf Bundesebene unter Beteiligung der Länder mit dem Bundesministerium der Justiz geführten Gespräche stimmen mich zuversichtlich, dass soziale Belange jetzt doch stärker gewichtet werden, als es bislang den Anschein hatte, sodass der Gesetzentwurf noch Veränderungen im Sinne der nordrhein-westfälischen Vorschläge erfahren wird.

Sehr geehrter Herr Schulz, erst wenn uns dieses Ergebnis der erneuten Beratung des Deutschen Bundestages vorliegt, können wir uns als Landesregierung positionieren und entscheiden, wie wir damit im zweiten Durchgang im Bundesrat umgehen werden.

Lassen Sie mich jedoch fairerweise schon jetzt darauf hinweisen, dass es im zweiten Durchgang des Bundesrates allenfalls noch um die Frage gehen kann, ob der Vermittlungsausschuss durch den Bundesrat angerufen wird oder nicht. Die Gesetzgebungskompetenz liegt in diesem Bereich, wie wir alle wissen, beim Bund.

Ich freue mich aber sehr, dass wir dieses gesellschafts- und rechtspolitisch wichtige Thema in den Ausschüssen noch weiter diskutieren können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor.

Wir sind somit am Schluss der Beratung angelangt und kommen zur Abstimmung, die wir trotz der vereinbarten abstimmungsfreien Zeit vornehmen können, da der Antrag zur weiteren Beratung in die Ausschüsse verwiesen werden soll.

Meine Kolleginnen und Kollegen, der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2630 an den Rechtsausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. – Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig beschlossen.

Wir treten ein in Tagesordnungspunkt

5 Schulsozialarbeit weiterführen – Befristung

der Finanzierung aufheben

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2619