Sie haben weiterhin eine Hauptansatzstaffel zum Maßstab gemacht, die ebenfalls völlig ungerecht ist und zu einer unfairen Finanzverteilung führt. Es ist
ein überkommenes System der sogenannten Einwohnerveredelung, das auf völlig überkommenen Annahmen aus Anfang/Mitte des 20. Jahrhunderts beruht. Und das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat erst im Herbst letzten Jahres diese Systematik zu Recht verworfen und als nicht nachvollziehbar und gänzlich ungeeignet bezeichnet. Sie verteidigen sie hier aber. Auch das, meine Damen und Herren, geht am Thema vorbei.
Ich will neben der Gesetzestechnik noch zwei weitere Kritikpunkte nennen und hier in die Debatte einspeisen. Dieser zweite große Kritikpunkt muss Ihnen doch wirklich zu denken geben. Neben den bereits skizzierten Kritikpunkten zum Gesetzeshandwerk haben Sie, Herr Kollege Körfges, natürlich überhaupt nichts zu der Tatsache gesagt, dass sich inzwischen über 80 Kommunen durch Sie derart in ihrer kommunalen Finanzsituation benachteiligt sehen, dass sie jetzt den Verfassungsgerichtshof bemühen.
In meiner Heimatregion Ostwestfalen-Lippe ist der Unmut mit Händen zu greifen. Das gilt für das Münsterland. Das gilt aber auch für viele andere Regionen im Rheinland. Sie tragen selbstverständlich die Verantwortung dafür, dass Sie hier sozusagen Unfrieden in die kommunale Familie hineintragen.
Und schließlich drittens und letztens: Herr Minister, es ist bemerkenswert, was Sie in der vergangenen Woche erklärt haben. Sie waren in Beckum im schönen Kreis Warendorf und haben erklärt, mit einer Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs sei erst 2015 zu rechnen. Gleichzeitig haben Sie erklärt, dass Ihnen bereits ein entsprechender Arbeitsentwurf eines Gutachtens zur Weiterentwicklung der kommunalen Finanzen vorliege.
Ich kann Ihnen nur sagen: Wir als Freie Demokraten fordern Sie auf: Stellen Sie diesen Arbeitsentwurf allen Beteiligten transparent zur Verfügung. Gehen Sie die grundsätzliche Neuausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs mit Sorgfalt und mit Tempo an. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden erlaubt kein Zögern und kein Zaudern. Geben Sie schnellstens allen Kommunen eine gerechte und …
… faire Perspektive, anstatt die Reform zu verzögern, zu verschleppen und zu verlangsamen. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Vorsitzende. – Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Also das, was wir gerade gehört haben, war schon harter Tobak. Sie schüren den Unfrieden in der kommunalen Familie nicht nur heute in diesem Haus, sondern auch über Pressemitteilungen. Ganz gezielt wird der Streit bezogen auf die Frage, nach welchen Kriterien die Gelder verteilt werden, hochgekocht.
Da werden Beispiele bemüht – ich habe sie nachlesen können –, das Goldene U und der PHOENIX See in Dortmund, das Konzerthaus Bochum oder das neue Stadion in Essen, und wir Westfalen, sparsam wie wir sind, bezahlen das Ganze. Dann heißt es, dass Rot-Grün einseitig die Ruhrgebietsstädte bzw. Städte im Bergischen Land bevorzugt und dass das zulasten des ländlichen Raums geht. Das ist mitnichten so.
Sie sollten sich einmal – dazu hat Herr Körfges gerade einiges gesagt – Ihre Regierungszeit vor Augen führen, in welchem Umfange Sie eine Gesundung der Landesfinanzen zulasten der kommunalen Familie vorgenommen haben, indem Sie systematisch über zusätzliche Befrachtungen hier die Schlüsselverteilmasse absenkt haben.
Dann sollten Sie sich auch einmal zu Gemüte führen, über welche Beträge wir uns heute eigentlich unterhalten. 8,7 Milliarden € – das ist der höchste Betrag, der jemals in diesem Land im Rahmen der Gemeindefinanzierung den Gemeinden zur Verfügung gestellt worden ist. Das hat sicherlich etwas mit erhöhten Steuereinnahmen zu tun, aber auch damit, dass wir im Bereich der Grunderwerbsteuer 367 Millionen € eingebracht haben, was Sie nicht getan haben. Das hat auch damit etwas zu tun, dass wir im Rahmen Ihrer damaligen Befrachtungen und unsere Herausnahme 166 Millionen € zusätzlich eingebracht haben. Das macht alleine 533 Millionen € aus, die zusätzlich in das GFG 2013 hineingebracht worden sind.
Wenn Sie in diesem Zusammenhang noch die 350 Millionen € einbeziehen, die wir für den Stärkungspakt vorhalten, dann reden wir über eine Summe von etwa 880 Millionen €, die zusätzlich geflossen sind, und zwar völlig losgelöst von der Situation der Steuermehreinnahmen.
Dann möchte ich noch auf das Thema der Verfassungsbeschwerden zum GFG 2011 und 2012 eingehen: Die Erkenntnis, dass im Rahmen der Soziallasten ein Handlungsbedarf besteht, hatten CDU und FDP; dieses Problem sind Sie aber nicht angegangen. Das GFG 2010 hatte zur Berücksichtigung der unterschiedlichen kommunalen Soziallasten einen Faktor von 3,9 angesetzt. Wir haben 2011 das Ganze entsprechend den damaligen Berechnungen auf 9,6 angehoben – eigentlich wäre ein Wert von
Eigentlich könnte der kreisfreie Raum klagen und sagen, es könne doch wohl nicht wahr sein, dass die ermittelten Soziallasten nicht eins zu eins in diesem Zusammenhang eingebracht würden. Das ist gemacht worden, um den ländlichen Kreis zu schonen bzw. um nicht eine Verteilungswirkung auszulösen, die möglicherweise vor Ort erhebliche Schwierigkeiten bereitet.
Wenn Sie sich dann noch mal vor Augen führen, dass beispielsweise beim GFG 2012 im Rahmen der Abmilderungshilfe weitere 70 Millionen € eingestellt worden sind, um die Umverteilungswirkungen zulasten des ländlichen Raumes von 100 Millionen € zu dämpfen, dann wird deutlich, dass RotGrün sehr wohl auch die Finanzprobleme des ländlichen Raumes wahrnimmt und entsprechend angeht.
Wir haben uns mit der kommunalen Familie, mit den Spitzenverbänden, darauf verständigt, dass wir noch einmal die Systematik des GFG hinterfragen werden. Dazu ist ein Gutachten in Auftrag gegeben worden; wie wir gerade gehört haben, liegt der erste Arbeitsentwurf vor. Selbstverständlich werden wir uns mit den Spitzenverbänden das Thema noch im Detail ansehen. Wie ich den Minister Jäger kenne, wird in den nächsten ein, zwei Monaten auch das entsprechende Arbeitsexemplar da sein. Ich freue mich dann auf die Diskussion, die wir in diesem Hause führen können.
In Richtung CDU und FDP noch eines gesagt: Das ifo hat seinerzeit festgestellt, dass wir dreigliedrig herangehen müssen: Zum einen müssen die Kommunen eigene Konsolidierungsbemühungen leisten, zum Zweiten ist eine bessere Finanzausstattung durch das Land erforderlich – dem kommen wir nach –, und zum Dritten bedarf es einer besseren Finanzausstattung durch den Bund durch Übernahme entsprechender sozialer Lasten. Dass es hier einen Handlungsbedarf beispielsweise im Bereich der Eingliederungshilfe über das Bundesleistungsgesetz oder beispielsweise bei den Kosten der Unterkunft gibt, das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. Ich würde mich freuen, wenn Sie demnächst in Ihrer Öffentlichkeitsarbeit diese Forderungen ebenfalls transportieren würden. – Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen gerade, dass das Mikrofon noch einmal gerichtet wird. Ich bitte alle zukünftigen Rednerinnen und Redner, von der Höhenverstellbarkeit unseres Redepultes Gebrauch zu machen und möglichst daran zu denken, das Mikrofon nicht zusätzlich zu verstellen; denn wir
versuchen ja gerade, die akustischen Probleme, die seit der Renovierung des Plenarsaals aufgetreten sind, wieder in den Griff zu bekommen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, werte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! die Bürger auf der Zuschauertribüne möchte ich begrüßen, natürlich auch die Menschen im Stream. Wir reden in zweiter Lesung über das GFG und streiten uns hier anscheinend intensiv um den Flächenansatz. Da möchte ich doch einfach einmal kurz einwerfen, was Fakt ist. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus der „Westdeutschen Zeitung“ vom 27. Februar 2013. Dort heißt es auf der Titelseite unter der Überschrift „Kleine Städte verklagen das Land“:
„Rund 80 Kommunen werden gegen die aktuelle Geldverteilung vor dem Landesverfassungsgericht in Münster klagen.... Heute fließen rund 8,4 Milliarden € an die Gemeinden, was 23 % der Steuereinnahmen entspricht. Früher waren es einmal 28 %.“
Ich frage mich an dieser Stelle zunächst zweierlei: Wenn die Verbundquote höher wäre, würden dann eventuell diese intensiv geführten Verteilungskämpfe über den Flächenansatz ganz anders aussehen, schwächer sein, wegfallen? Und noch etwas anderes, was ich mir dabei süffisant denke, weil das in Münster landet: Landet eigentlich alles, was mit Finanzen von Rot-Grün zu tun hat, in Münster vor dem Landesverfassungsgericht? Das spricht doch eigentlich eine sehr deutliche Sprache.
Gestern habe ich vernommen – das fand ich sehr interessant, als die ersten Eckdaten für den Haushalt 2014 vorgestellt wurden –, dass wohl wieder 900 Millionen € in Sachen WestLB fällig werden sollen. Dazu stelle ich fest: 2012 war es eine Milliarde, und 2014 soll es auch wieder eine Milliarde sein.
Wenn wir das einmal in Verbundquoteneinheiten umrechnen, könnten wir diese Verbundquote jährlich locker um 2 bis 2,5 % erhöhen, Herr Mostofizadeh. Es ist mir ganz egal, wer dafür verantwortlich ist. Sie hatten auch Ihre Finger in der WestLB, insbesondere vonseiten der SPD.
Ich bin der Meinung – das ist ganz wichtig –: dass auch untersucht gehört, was die WestLB den Kommunen in der Vergangenheit gekostet hat, bei der
keine politische Verantwortung Ihrerseits wahrgenommen worden ist, als verantwortungslos unfassbare Derivatgeschäfte mit den Kommunen abgeschlossen worden sind. Das ist alles Geld, das den Kommunen heute real fehlt. Diese Probleme müssten wir heute nicht so intensiv diskutieren, wenn wir dort nicht diese Misswirtschaft gehabt hätten. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass die Diskussionen zum GFG 2013, die wir erstmalig im Dezember schon im Plenum geführt haben, eines deutlich gemacht haben: Wenn man die kommunale Finanzausstattung betrachtet, dann darf man das GFG nicht isoliert sehen; vielmehr muss man die Gesamtsituation der Kommunen in Nordrhein-Westfalen ins Auge nehmen.
Zieht man unsere Landesverfassung zu Rate, wird klar, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen ein Recht auf Selbstverwaltung haben. Um es deutlich zu sagen: Diese rot-grüne Landesregierung tut alles, aber auch wirklich alles, damit unsere Kommunen in Nordrhein-Westfalen dieses Recht, das in der Verfassung verankert ist, auch tatsächlich ausüben können.
Herr Kuper, Sie hatten in der letzten Debatte schon darum gebeten, dass man Vergangenheit auch Vergangenheit sein lassen möge und den Blick nach vorne richten sollte.
Aus Ihrer Sicht, Herr Kuper, habe ich für diese Forderung volles Verständnis, meine Damen und Herren;
schließlich war es Ihre Regierung, die wirklich keine Mühen gescheut hat, um in die kommunalen Kassen zu greifen und damit das in der Verfassung verankerte Recht auf Selbstverwaltung auszuhöhlen.
Herr Kuper, Sie und Ihre Fraktion würden heute gerne die Rolle des Robin Hood für die kommunale Familie einnehmen. Dort ist – das merke ich in allen Gesprächen landauf, landab mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, mit Landräten, mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, egal welcher Partei diese Mandatsträger angehören – tatsächlich nicht vergessen, dass Sie immer nur der Sheriff von Nottingham waren.
Das ist nicht unsere Politik. Fakt ist: Wir begegnen den Kommunen auf Augenhöhe. Wir haben einen sehr sachlichen Dialog. Wir bündeln Fachwissen. Wir erkennen ihre Probleme an.