Bestandsdaten sind dabei in erster Linie Name und Anschrift sowie weitere Kontaktdaten des Inhabers eines Telekommunikationsanschlusses. Es fallen aber auch die vom Provider dem Kunden zur Verfügung gestellten Zugangsdaten, zum Beispiel Handy-PIN, darunter. Nicht zu den Bestandsdaten zählen diejenigen Verbindungsdaten, die erst bei der eigentlichen Telekommunikation anfallen. Und das, wenn ich das anmerken darf, sind die wirklich sensiblen Daten. Ich behaupte einfach mal: Die meisten der vorhin genannten Daten kann jeder, der sich einer Suchmaschine bedient, auch so relativ einfach über das Internet herausfinden.
Was viele Bürgerinnen und Bürger freiwillig über sich bei Twitter und Facebook preisgeben, geht über Adresse und Telefonnummer weit hinaus.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 24. Januar 2012 die bisherigen Regelungen für die Bestandsdatenauskunft nur noch übergangsweise bis längstens zum 30. Juni 2013 für anwendbar erklärt. Es besteht also ein erkennbarer Handlungsbedarf. Und wir sollten das Thema nicht verschleppen. Deshalb lehnen wir von der CDU-Fraktion den Antrag in der Sache ab. Der Überweisung zur weiteren Diskussion in den Hauptausschuss stimmen wir zu. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Korte, ich glaube, die CDU und das Internet werden keine Freunde mehr.
Dass Sie uns erzählen, dass das freiwillige Preisgeben von bestimmten Lebensereignissen völlig gleichzusetzen sei mit staatlichen Datenabfragen, fand ich schon – freundlich formuliert – sehr kreativ. Ich kann da nur noch mit dem Kopf schütteln.
Zur Sache: Das Bundesverfassungsgericht hat in dem schon mehrfach genannten Urteil festgestellt, dass die Bestandsdatenabfrage grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist, die derzeitige Fassung des TKG allerdings Mängel aufweist, die zur Verfassungswidrigkeit geführt haben. Allein diese Zusammenfassung der Leitsätze zeigt für mich, dass wir es mit einem Gesetzgebungsverfahren zu tun haben, bei dem es eine differenzierte Betrachtung braucht.
Es ist zunächst zu begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil klargestellt hat, dass dynamische IP-Adressen vom Fernmeldegeheimnis umfasst sind. Zuvor war das umstritten, ob und inwieweit der Schutzbereich des Art. 10 GG auch auf diesen Bereich anwendbar ist. Das haben wir jetzt nach dem Urteil klar. Wir wissen auch, dass entsprechende Schrankenwirkungen bestehen
Hohe Datenschutzstandards zu kodifizieren und durchsetzungsstark zu gestalten, das ist das Gebot des digitalen Zeitalters. Insofern war das Urteil aus Karlsruhe ein durchaus wichtiger Schritt.
Die Bundesregierung hat mit diesem Urteil Hausaufgaben aufbekommen, die sie in dem Gesetzentwurf, den sie Ende Oktober vorgelegt hat, hätte erfüllen sollen. Aber es zeigt sich bereits jetzt – das ist sowohl von Herrn Herrmann als auch von Herrn Schlömer angesprochen worden –, dass der Gesetzentwurf von verschiedenen Seiten zu Recht kritisch bewertet wird. Von verschiedenen Fachleuten werden Zweifel angemeldet, ob die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil festgelegt hat, tatsächlich so umgesetzt werden.
Eine sehr prägnante Stellungnahme – diese ist ebenfalls bereits zitiert worden – stammt von Herrn Weichert aus dem ULD Schleswig-Holstein. Darin wird insbesondere kritisiert, dass die bislang vorgesehenen Zugriffshürden im Sinne des Datenschutzes zu niedrig seien. Aus meiner Sicht – ich hoffe, diese Überzeugung teilen alle, weil wir es da mit einem ganz wichtigen Grundrecht zu tun haben – muss die Bundesregierung diese Kritik annehmen und den Gesetzentwurf in geeigneter Form nachbessern. Wie das genau passieren kann, wird sicherlich ein ganz zentraler Gegenstand unserer Debatte auch hier im Hause sein.
Ein weiteres Beispiel für die Notwendigkeit einer differenzierten Debatte, die ich mir zu diesem Thema wünsche, ist die elektronische Schnittstelle, die ebenfalls in dem Antrag angesprochen wird. Sie wird auf der Fachebene sehr unterschiedlich bewertet. Einige befürchten eine anlasslose Massenabfrage. Andere wie zum Beispiel Thomas Stadler, der – das wissen sicherlich viele – mit seinem Blog „Internet-Law“ in der Community sehr angesehen ist, legen den Gesetzentwurf so aus, dass keine vollautomatisierte Abfrage vorgesehen ist und jedes Auskunftsersuchen als Einzelfall zu prüfen ist. Ich hoffe natürlich, dass wir im weiteren Verfahren feststellen werden, dass dieses Letztgenannte tatsächlich der Realität entspricht und wasserdicht zutrifft. Denn eine unbeschränkte Massenabfrage wäre sicherlich nicht vertretbar.
Der vorliegende Antrag wirft in seinen zwölf Punkten durchaus Fragen auf, die wir diskutieren müssen. Wir müssen die Debatte in der aus meiner Sicht in bürgerrechtspolitischen Fragen immer notwendigen und gebotenen Seriosität führen, gerade weil man bei der Bundesregierung und den sie tragenden Fraktionen im Deutschen Bundestag eben nicht davon ausgehen kann, dass sie genau diese Seriosität an den Tag legen werden. Mir fällt als erstes Herr Uhl von der CSU ein, der im vergangenen Jahr nach dem furchtbaren Amoklauf in Norwegen tatsächlich sagte, diese Tat sei – Zitat – „im Internet geboren“. Wer so wenig von der Digitalisierung versteht, meine Damen und Herren, der sollte schlicht und ergreifend die Finger davon lassen. Und der
Ich wünsche mir diese Bereitschaft zur sachlichen und seriösen Diskussion von allen Fraktionen. Ich fand den Beitrag von Herrn Herrmann durchaus in eine entsprechende Richtung gehend. Insofern wird es sicherlich eine ganz interessante Debatte, die vor uns liegt.
Debatten über unsere Grundrechte und ihre Durchsetzung unter den Bedingungen der Digitalisierung benötigen Zeit. In diesem Sinne stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu, und ich – das muss ich wirklich sagen – blicke der Beratung tatsächlich mit sehr großem Interesse entgegen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die FDP-Fraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Dr. Orth das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn möchte ich doch noch einmal kurz darauf eingehen, warum wir heute überhaupt zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen.
Das liegt einfach daran, dass Rot-Grün 2004 im Bund ein Gesetz verabschiedet hat, das schlicht und ergreifend verfassungswidrig war, meine Damen und Herren. Die Beiträge von Rot-Grün, die ich heute dazu gehört habe, sind meiner Ansicht nach eine Verdrehung der Umstände.
Lieber Herr Kollege Bolte, Sie sprachen gerade davon, dass die Bundesregierung unseriös sei. Dabei haben doch Ihre Kolleginnen und Kollegen von RotGrün ein Gesetz verabschiedet,
Insofern ist es vielleicht eine späte Einsicht, dass Sie das Urteil des Verfassungsgerichts begrüßen. Sie hätten es aber auch verhindern können. Ich habe eigentlich gedacht, dass Sie Ihre Hausaufgaben vorher machen.
Dann eines in Richtung SPD: Es besteht überhaupt nicht die Notwendigkeit, alle Daten, die es gibt, auch tatsächlich zu erfassen. Das Verfassungsgericht hat nur gesagt, was man darf. Das Verfassungsgericht hat aber nicht gesagt, dass man etwas erfassen muss. Diesbezüglich haben Sie von den Sozialde
Die Bundesregierung hat genau in diesem Spagat zwischen dem, was man erfassen sollte, und dem, was verfassungsrechtlich noch gedeckt ist, einen Kompromiss gefunden. Dieser Kompromiss ist sicherlich nicht hundertprozentig liberal – sonst wäre es kein Kompromiss –, aber er ist verfassungsgemäß, und damit unterscheidet er sich wohltuend von dem, was uns Rot-Grün hinterlassen hat, meine Damen und Herren.
Wenn Sie dann als Beispiel anführen, dass die Leute beim Einkaufen mit ihren Pay-Back-Karten so viele ihrer Daten sorglos hinterlassen, dann kann ich Ihnen versichern, dass sie das freiwillig tun. Aber nur weil jemand freiwillig etwas wegwirft, sind Sie nicht berechtigt, den Mülleimer zu kontrollieren, meine Damen und Herren.
Daher freue ich mich auf die Debatte auf Basis des Antrags der Piraten. Dieser erwähnt zwölf Punkte, die mehr oder weniger gewichtig und bedeutend sind, und dabei ist auch eine über 100 Seiten starke Verfassungsgerichtsrechtsprechung zu berücksichtigen. Auf die Einzelpunkte möchte ich jetzt nicht eingehen. Denn sonst würden wir in ein rechtspolitisches Seminar einsteigen, dem vielleicht nicht jeder hier auch entsprechend folgen könnte.
Ich möchte jedenfalls festhalten, dass es sich die Liberalen im Bund nicht leichtgemacht haben und dass ich von Ihnen als Landesregierung erwarte, dass Sie uns aufzeigen, welche Anpassungen Sie auf landesgesetzlicher Ebene nun auf Basis der neuen Gesetzeslage sehen. Sie müssen aus dem Quark kommen und uns dazu etwas vorlegen. Das werden wir dann intensiv diskutieren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Duin das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung kann den Antrag der Piraten, das TKG im Bundesrat abzulehnen, nicht unterstützen.
Denn der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt erstens die Anforderung um, die das Bundesverfassungsgericht im Januar 2012 aufgestellt hat.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung schafft nach dem sogenannten Doppeltürenmodell normenklare Regelungen. Wir haben zwar gerade ge
hört, dass wir nicht zu tief in die juristischen Feinheiten einsteigen wollen, aber ich glaube, dass das noch nachvollziehbar sein wird. Das heißt nämlich nichts anderes, als dass es im TKG neben der Befugnis der Telekommunikationsunternehmen zur Datenübermittlung auch die Notwendigkeit gibt, für die Sicherheitsbehörden spezielle Erhebungsvorschriften in den jeweiligen Fachgesetzen aufzunehmen.
Im Übrigen schafft der Gesetzentwurf der Bundesregierung nötige Rechtssicherheit auch für die Telekommunikationsunternehmen, für die Sicherheitsbehörden und für die Bürgerinnen und Bürger.
Und last, but not least ermöglicht dieses Telekommunikationsgesetz die Fortsetzung der geübten Praxis – dann allerdings auf neuer Rechtsgrundlage. Neue, darüber hinausgehende Befugnisse werden nicht geschaffen.
Wir haben uns auf der Bundesebene mit den Entwürfen zum Telekommunikationsgesetz intensiv auseinandergesetzt. Der Bundesrat hat in den dafür zuständigen Ausschüssen diese Woche eine ganze Reihe von sehr fachlichen Änderungsanträgen dazu beraten. Dabei ging es übrigens nicht darum, ob diese von Gelb-Schwarz, Rot-Grün oder von wem auch immer gestellt worden sind. Vielmehr ging es lediglich darum, das juristisch sauber zu klären; es ging also auch nicht darum, ob sie aus A- oder BLändern kamen.
Es ist im Übrigen so, dass wir uns im Verfahren an der Stelle befinden, wo der Bundesrat diese Dinge einbringt. Am 14. Dezember werden die Anträge gesammelt beraten, und anschließend wird das eigentliche Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt. Insofern passt auch die Forderung im Antrag der Piraten nicht zu der Stelle, an der wir uns gerade befinden.
Nun möchte ich auf die einzelnen Punkte eingehen, die wir uns, wie gesagt, im Detail angeguckt haben.