Protocol of the Session on November 30, 2012

Nun möchte ich auf die einzelnen Punkte eingehen, die wir uns, wie gesagt, im Detail angeguckt haben.

Zunächst zu Ziffer 1 des Antrags der Piraten. – Wir sind der Meinung, dass die dort erhobene Forderung schon durch den Entwurf der Bundesregierung erfüllt wird. Denn der TKG-Entwurf enthält die eindeutige Pflicht, nur dann Auskunft über Bestandsdaten zu erteilen, wenn ein Spezialgesetz für Polizei, Verfassungsschutz und Strafverfolgung die Auskunft ausdrücklich zulässt. Das ist genau das, was Sie in Ziffer 1 des Antrags als einfachgesetzliches Zitiergebot wünschen. Das wird unseres Erachtens aber bereits erfüllt.

In der Ziffer 2 fordern Sie einen Richtervorbehalt. – Wir sind der Meinung, dass das zu weit geht. Sie fordern, die Herausgabe der Bestandsdaten – einige haben das heute schon definiert; deswegen will ich das nicht wiederholen – an einen Richtervorbehalt zu knüpfen. Das würde die Sicherheitsbehörden bei Strafverfolgung und Gefahrenabwehr unverhältnismäßig schwächen und die Gerichte belas

ten. Außerdem – und das ist für uns eigentlich das entscheidende Kriterium – wird das vom Bundesverfassungsgericht auch gar nicht verlangt.

In Ziffer 3 geht es darum, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene elektronische Auskunftsschnittstelle nichts daran ändert, dass nach den Fachgesetzen Auskünfte nur in begründeten Einzelfällen möglich sind. Ein pauschales, voraussetzungsloses Abgreifen der Daten ist nicht zulässig. Vielmehr ist eine solche Schnittstelle für die beteiligten Behörden und für die Telekommunikationsunternehmen eine Arbeitserleichterung und eine Beschleunigung des Verfahrens.

Ich will nicht alle Punkte aufgreifen, aber zwei noch zu Punkt 7 in Ihrem Antrag: Unrechtmäßig gespeicherte Daten müssen gelöscht werden und dürfen ohnehin nicht ohne ausdrückliche Regelung im TKG weitergegeben werden. Wir sind der Meinung, dass unnötige Doppelungen von datenschutzrechtlichen Vorschriften in ganz vielen Gesetzen eher zu einem sehr unübersichtlichen Paragrafengestrüpp führen und dass das zum Vorteil des Datenschutzes jedenfalls nicht notwendig oder erforderlich ist.

Genauso verhält es sich mit den Punkten 10 und 12 in Ihrem Antrag. Die Benachrichtigungspflicht ist schon in Spezialgesetzen der Sicherheitsbehörden enthalten und gehört inhaltlich auch dorthin. Im Sicherheitsbereich bestehen auch schon Löschungspflichten für unrechtmäßige Kenntniserlangung und diesbezügliche Benachrichtigungspflichten.

Das alles führt zu dem Ergebnis, dass wir, ungeachtet der noch vorzunehmenden Änderungen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, nicht dem Antrag der Piraten folgen können, das, was von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, abzulehnen, sondern dass wir uns dafür einsetzen, da, wo es notwendig ist, nachzusteuern, aber in der Grundtendenz diesen Weg auch mitzugehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen, meine Kolleginnen und Kollegen, liegen nicht vor. Wir sind damit am Schluss der Beratungen dieses Tagesordnungspunktes angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung des Antrags Drucksache 16/1467 an den Hauptausschuss – federführend – sowie außerdem an den Innenausschuss sowie an den Rechtsausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen, und es wird so verfahren.

Wir treten ein in Tagesordnungspunkt

5 Mehr Flexibilität für den Offenen Ganztag im

Primarbereich

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/1473

Ich eröffne die Beratung und erteile für die erste der beiden antragstellenden Fraktionen Frau Kollegin Birkhahn das Wort.

Astrid Birkhahn*) (CDU) : Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Kinderbetreuung und einem qualitativ hochwertigen Bildungsangebot ist das Thema Wahlfreiheit für Eltern ein wesentliches Merkmal für eine moderne Familien- und Bildungspolitik.

Dazu haben die Fraktionen von Rot und Grün im Koalitionsvertrag geschrieben – ich zitiere den Satz –: SPD und Grüne wollen den Eltern echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung ermöglichen – ein Ansinnen, das auch wir generell unterstützen.

Diesem Anspruch werden Sie bei den Jüngsten in unserem Lande durchaus gerecht. Bei der Betreuung der Kinder in Tageseinrichtungen und Tagespflege geben Sie Eltern die Möglichkeit, aus verschiedenen Modellen auszuwählen und den eigenständigen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag dieser Formen differenziert in Anspruch zu nehmen. Damit berücksichtigen Sie den Elternwillen sowie deren ganz persönliche Bedürfnisse. Es wird auch berücksichtigt, dass die Erziehung der Kinder in der vorrangigen Verantwortung der Eltern liegt.

In diesem Bereich kommen Sie der wesentlichen Aufgabe von Politik nach, das Zusammenleben der Menschen unter Berücksichtigung ihrer Sorgen, Wünsche und Anregungen realitätsnah zu regeln. Mit der Wahlfreiheit der Eltern im Bereich der Tageseinrichtungen und Tagespflege setzen Sie ein eindeutiges Signal an die Eltern in diesem Land, sie mit ihren Bedürfnissen ernst zu nehmen, sie mit einbeziehen zu wollen.

Jetzt sollte man meinen, was für die jüngsten Kinder und deren Eltern in unserem Land gilt, hat auch für die Kinder, die den offenen Ganztagsbereich besuchen, und für deren Eltern Gültigkeit. Leider weit gefehlt!

In offenen Ganztagsschulen gibt es, wie Sie alle wissen, neben dem Unterricht außerunterrichtliche Angebote und Betreuungsformen. Ich möchte es deutlich herausstellen. Hier geht es um Angebote, nicht um Verpflichtungen wie an gebundenen Ganztagsschulen.

Im Zusammenhang mit der Organisation des Ganztags an Schulen wird deutlich: Sie nehmen die Eltern in Nordrhein-Westfalen mit ihren Sorgen nicht in der nötigen Weise ernst. Im Gegenteil!

(Beifall von der CDU und der FDP – Wider- spruch von Sigrid Beer [GRÜNE])

In diesem Bereich bevormunden Sie die Menschen. Hier machen Sie eine Politik von oben herab nach dem Motto: Wir wissen schon, was gut für euch ist. In Zeiten, in denen durch Bürgerbeteiligungsprozesse politische Entscheidungsträger die Menschen und ihre Bedürfnisse in die Prozesse verstärkt einbeziehen, machen Sie eine realitätsferne Politik an den Bedürfnissen der Familien vorbei. Sie zwängen die Eltern in ein starres Korsett.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es liegen zahlreiche Beschwerden von Eltern vor, dass die mit der Anmeldung verbundene grundsätzliche Pflicht zur täglichen Teilnahme zu rigide überprüft wird. Ein ausnahmsweise früheres Abholen für familiäre und andere Zwecke wird strikt untersagt. Einer Richtlinie des Landes gemäß müssen Fördergelder für die Plätze im offenen Ganztag von Gemeinden zurückgezahlt werden, wenn Eltern die Abholzeiten nicht einhalten.

Die Begründung für diese Rigorosität liegt laut Schulministerium darin, dass der offene Ganztag ja nicht nur ein Betreuungsangebot, sondern auch ein Bildungsangebot sei – ein Angebot, aber keine Ganztagsschulpflicht, keine Zwangsveranstaltung.

Weil Sie die Kinder verpflichten, am Ganztag teilzunehmen, können Kinder beispielsweise nicht mit ihren Eltern am nachmittäglichen Geburtstagskaffee ihrer Großmutter teilnehmen.

(Widerspruch und Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh!)

Durch Ihre Gängelungspolitik von oben herab und an den Menschen vorbei treten Sie private Familienwerte mit Füßen. Diese Landesregierung steht offensichtlich nicht an der Seite der Familien, und sie steht schon gar nicht für Flexibilität. Sie gehen nicht auf den Bedarf der Familien ein, Sie ignorieren die Klagen der Eltern.

Hier sind wir uns mit der FDP einig, und deshalb haben wir auch diesen Antrag gemeinsam so formuliert. Wir fordern die Landesregierung auf, den offenen Ganztag im Sinne der Eltern und ihrer Bedürfnissen flexibler zu gestalten. Sorgen Sie dafür, dass der Grundgedanke der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiterhin ein zentraler Gesichtspunkt der offenen Ganztagsgrundschulen bleibt. Ermöglichen Sie Wahlfreiheit!

Eltern brauchen eine Regierung, die sie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt. Eltern und Kinder brauchen eine Regierung, die mit ihren Entscheidungen die Kinder individuell fördert

und auf die Bedürfnisse der Familien eingeht. Agieren Sie mit Ihrer Politik nicht an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Schaffen Sie endlich die richtigen Rahmenbedingungen und überarbeiten Sie das Konzept des offenen Ganztags, sodass eine Teilnahme von Kindern am offenen Ganztag flexibler gehandhabt werden kann.

Im Ausschuss werden wir sicher intensiv entsprechende Möglichkeiten diskutieren. Für heute vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Für die zweite der beiden antragstellenden Fraktionen, die der FDP, spricht nun Frau Kollegin Gebauer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Forderungen nach einer Flexibilisierung des offenen Ganztags an Grundschulen ist eine gemeinsame Initiative, wie Frau Birkhahn dies auch schon bestätigt hat, auch wenn man bei der Pressearbeit der CDU in den vergangenen Tagen und Wochen auf einen anderen Gedanken hätte kommen können.

(Beifall von der FDP)

Zurück aber zu diesem gemeinsamen Antrag!

Meine Damen und Herren, wir müssen die Ausgestaltung des offenen Ganztags an Grundschulen flexibilisieren. Hamm, der Kreis Euskirchen, Düsseldorf, der Kreis Coesfeld und Duisburg – das sind nur einige wenige Beispiele für kritische Rückmeldungen aus den vergangenen Monaten. Einige oder alle Eltern von Schulen, Bürgermeister und Kommunalpolitiker – sie alle eint die Kritik an der Ausgestaltung und der Umsetzung der Präsenzpflicht der Kinder im offenen Ganztag.

Die Landesregierung erklärt zwar laufend, dass ein hohes Maß an Flexibilität bestehe und die Entscheidungen vor Ort getroffen würden. Die Realität aber sieht anders aus. Kommunen beklagen mangelnden Handlungsspielraum und das Damoklesschwert der Rückzahlungen von Fördergeldern.

Eltern fühlen sich massiv in ihren Rechten beschnitten. Auch mir haben Kölner Eltern erklärt, dass ihnen gedroht wurde, dass sie, wenn sie ihr Kind vorzeitig aus der OGS abholen, im nächsten Jahr bei der Platzwahl nicht mehr bedacht würden. Aus Sicht der FDP kann und darf es nicht sein, dass die OGS-Regelungen so strikt ausgelegt werden, dass Familien keinerlei Gestaltungsraum mehr bleibt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wie sehr unsere gemeinsame Forderung den Elternwünschen entspricht, verdeutlicht die Umfrage der Landeselternschaft der Grundschulen vom Wochenende. Wenn laut Presseberichten 96 % der

teilnehmenden Eltern mehr Flexibilität im offenen Ganztag wünschen, dann, denke ich, kann Frau Ministerin Löhrmann nicht davon sprechen, dass der bisherige Rahmen ausreichend sei.

Meine Damen und Herren, viele Eltern wollen eine zeitlich verlängerte, kontinuierliche und verlässliche Betreuung für ihre Kinder. Die FDP versteht die offene Ganztagsschule explizit nicht als reines Betreuungsangebot mit einem permanenten Kommen und Gehen. Frau Beer, uns ist auch der pädagogische Bildungsanspruch ein wichtiges Anliegen.

Regelungen dürfen aber nicht so unflexibel und die Anwendungen so rigoros sein, dass Eltern selbst bei besonderen Anlässen ein früheres Abholen ihrer Kinder verwehrt wird. Kindern muss auch bei einer Teilnahme an der OGS weiterhin der Besuch spezieller sportlicher, musischer oder gar vielleicht therapeutischer Angebote möglich sein.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Auch in Zeiten sinkender Schülerzahlen wird es immer schwieriger, eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen – also Angebote im Rahmen der OGTS – anzubieten, sodass die Schülerinnen und Schüler auch auf die jeweiligen außerschulischen Angebote zurückgreifen müssen. Eine Anmeldung in der offenen Ganztagsschule darf nicht verhindern, dass im Gegenzug die Teilnahme an besonderen Förder- und Bildungsangeboten unmöglich wird.

Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Einklang. Dieser Einklang muss aus Flexibilität, präzisen Regelungen sowie einer organisatorischen und pädagogischen Planungssicherheit für Eltern, für die Schulen, die Schulträger und die Träger vor Ort bestehen. Das ist völlig richtig. Wir werden dies alles im Ausschuss noch entsprechend weiter eruieren.