Protocol of the Session on January 29, 2016

Unsere Kinder und Jugendlichen müssen auf ein selbstbestimmtes Leben in einer digital geprägten Umwelt vorbereitet sein. Es ist daher wichtig, dass Deutschland hier endlich nicht nur einen kleinen Schritt geht, sondern einen großen Wurf wagt.

(Beifall von der FDP)

Dieser große Wurf kann nicht ohne gesamtgesellschaftliches Engagement erfolgen. Hier müssen alle staatlichen Ebenen ihrer Verantwortung gerecht werden – also auch der Bund.

Die Koalition aus CDU und SPD hat auf Bundesebene einen Antrag gestellt, in dem vielfältige digitale Aktivitäten und ein Staatsvertrag gefordert wurden. Aber bisher ist nichts passiert. Still ruht der See. Das muss sich aus Sicht der FDP dringend ändern.

(Beifall von der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Forderungen unseres Antrages schließen weiter gehende Forderungen, zum Beispiel nach einem besseren technischen Support an unseren Schulen oder der Ausweitung des Informatikunterrichts – die Piraten sind dort unterwegs – nicht aus. Wir wollen aber in einem ersten Schritt die Fragen der Ausstattung, der Fortbildung und der digitalen Bildungsstandards angehen.

Wie ich bereits erwähnt habe, brauchen wir einen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern. Mit einem Sonderprogramm sollen in den nächsten fünf Jahren 1.000 € pro Schüler in die Ausstattung der Schulen mit moderner digitaler Technik fließen. Die Länder, also auch Nordrhein-Westfalen, müssen sich aufmachen, die Lehrkräfte in diesem Zusammenhang qualitativ fortzubilden.

Hier muss die Schnecke der Bildungsbürokratie namens KMK, die Kultusministerkonferenz, das Tempo wesentlich und deutlich erhöhen.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn Berlin wohlfeile Anträge zum hohen Stellenwert der digitalen Bildung auf den Weg bringt, dann muss Berlin auch rechtlich den Weg freimachen, damit sich der Bund an dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe beteiligen kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Weiß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es gibt heute wahrscheinlich im gesellschaftlichen, im privaten und im öffentlichen Leben keinen Bereich mehr, der nicht von Digitalisierung betroffen ist. Das gilt natürlich auch besonders für den Bereich Schule.

Die Zukunft des Lernens ist digital. Das wird nicht nur unser Bildungssystem, sondern auch unsere Gesellschaft grundlegend verändern. Mittel- bis langfristig wird bei der Entwicklung der Lehr- und Lernkonzepte ein Paradigmenwechsel notwendig

sein. Wir sind alle aufgefordert, diesen Wechsel sehr aufmerksam einzuleiten, zu begleiten und weiterzuentwickeln.

Zu glauben, dass die digitale Bildung gänzlich die analoge Bildung verdrängen wird, ist jedoch schlichtweg falsch. Es muss vielmehr darum gehen, beide Bereiche sinnvoll miteinander zu verbinden. Wir müssen die Schnittstellen erkennen, die den Prozess weiter voranbringen können.

Hinter allen Medienkonzepten muss auch ein didaktischer Mehrwert erkennbar sein. Allen Schülerinnen und Schülern ein Tablet auf den Tisch zu stellen, wird der Sache sicherlich nicht gerecht.

In der Tat belegen verschiedene Studien, dass Nordrhein-Westfalen in einigen Bereichen der digitalen Bildung nur einen guten Mittelfeldplatz belegt. Um aus einem guten Mittelfeldplatz etwas Besseres zu machen, bedarf es vielerlei Anstrengungen.

Anders als im FDP-Antrag suggeriert, wurden und werden jedoch Schritt für Schritt Initiativen und Projekte auf den Weg gebracht, die die Nutzung digitaler Medien im Schulalltag fördern. Im Folgenden möchte ich einige nennen:

Erstens. Die Kultusministerkonferenz hat eine Arbeitsgruppe zum Thema „digitale Bildung“ gegründet und sich intensiv damit auseinandergesetzt.

Zweitens. Der nächste Punkt, den ich nennen möchte, hängt damit eng zusammen. Von führenden Mitgliedern der Kultusministerkonferenz wurde digitale Bildung gar zum Schwerpunktthema erklärt.

Drittens. Die Landesregierung NRW hat den Dialogprozess „Lernen im Digitalen Wandel“ im Rahmen einer Onlineplattform gestartet.

Viertens. Es gibt in NRW mehr als 50 Kompetenzteams, die die Schulen mit Fortbildungs- und Beratungsangeboten in der Medienkompetenz unterstützen.

Fünftens. Das Land NRW hat sich mit den kommunalen Spitzenverbänden darauf geeinigt, den Lehrerinnen und Lehrern das Programm LOGINEO NRW zur Verfügung zu stellen, das Schulen praktische Lösungen im außerschulischen Lernen und im interaktiven Kommunikationsbereich ermöglicht.

Sechstens. Mit der Novellierung des Lehrerausbildungsgesetzes wollen wir eine verpflichtende Ausbildung der Lehrerschaft im digitalen Lernen und in der Medienkompetenz ermöglichen und festschreiben.

Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, weist in die richtige Richtung. Auch wir wollen digitale Bildung und Medienkompetenz in der Schule weiter stärken. Auch wir können uns bundesweite Bildungsstandards vorstellen. Wir können uns sogar ein Bund-Länder-Programm vorstellen.

(Ulrich Alda [FDP]: Aber?)

Genau. Da gibt es ein dickes Brett. Dieses Brett heißt „Kooperationsverbot“. Vielleicht bohren wir alle gemeinsam noch ein bisschen weiter daran, um es dann durchzuhauen.

Eines muss abschließend allerdings klar sein: Digitalisierung in Schule kann nicht von heute auf morgen passieren. Es bedarf guter Projekte und noch besserer Planungen, weil es ein sehr langwieriger Prozess ist.

Einiges ist von uns in NRW schon auf den Weg gebracht worden. Ich habe das bereits erwähnt. Anderes muss und wird noch folgen.

Ich freue mich auf die abschließende Diskussion im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kaiser.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Antrag der FDPFraktion kann man als Bewertung nur sagen: richtiges Thema. Der vorgeschlagene Weg ist nach unserer Meinung allerdings nicht richtig; er ist falsch.

Die FDP ruft darin nämlich nach dem Bund – das ist aus meiner Sicht ordnungspolitisch und auch realpolitisch falsch – und hilft dieser Landesregierung indirekt, weil sie jedes Mal sagt: Wir wollen im Land etwas machen; aber Berlin soll bezahlen.

Genau diese Entlastung geben Sie dieser Landesregierung. Das hätte ich von der FDP eigentlich nicht erwartet, liebe Yvonne.

(Beifall von der CDU)

Dass das Thema richtig und wichtig ist, wird daran deutlich, dass CDU und SPD in der Großen Koalition in Berlin schon im letzten Jahr einen gemeinsamen Antrag verabschiedet haben. Dieser Antrag stammt vom 24. März 2015 und trägt den Titel „Durch Stärkung der Digitalen Bildung Medienkompetenz fördern und digitale Spaltung überwinden“.

(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])

Auch da ist Richtiges formuliert. Auch da ist man ein Jahr unterwegs. Das zeigt aber: Wenn man die Bundesebene zum Handeln aufruft, wird man Teil der Schnecke und gehört nicht zu den Vorreitern. Das muss aber unser Anspruch sein.

In dem Zusammenhang ist zu fragen: Wo stehen wir mit der KMK? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage habe ich nicht auf interne Informationen zurückgegriffen, sondern auf das, was Google bzw. die Suchkompetenz der KMK-Homepage hergibt. Dort habe ich heute Morgen festgestellt, dass

der letzte Eintrag zur digitalen Bildung aus dem Jahr 2014 stammt: Die damalige Präsidentin der KMK, Frau Löhrmann, hat auf der didacta in Stuttgart gesagt, dass dies ein wichtiges Thema sei.

Mehr habe ich nicht gefunden. Das zeigt: Wenn wir dieses Thema nach vorne bringen wollen, ist die KMK vielleicht nicht die richtige Organisation, um den Prozess zu beschleunigen.

Wie weit sind wir in NRW? Heute Morgen habe ich auch danach gegoogelt und dabei eine Ankündigung – wieder von Frau Ministerin Löhrmann, diesmal als Kultusministerin des Gastgeberlandes der didacta 2016, die unter dem Motto „Bildung ist Zukunft“ in Köln stattfindet – gefunden. Darin steht der programmatische Satz – ich zitiere –:

„Gerade in Zeiten, in denen der digitale Wandel sämtliche Bereiche des alltäglichen Lebens durchdringt, hat dieser Leitspruch eine besondere Bedeutung entlang der gesamten Bildungskette.“

Das ist natürlich richtig. Es ist aber – das ist das Dilemma – für den Bereich der digitalen Bildung zu wenig konkret.

Was wird auf der Homepage des Ministeriums sonst angegeben? Zum Beispiel wird dort darauf hingewiesen, dass am 27. Februar 2016 in Düsseldorf der Kongress „#NRWHackathon für Lern-Apps“ stattfindet. Ich zitiere:

„Die ganztägige Veranstaltung ist ein wichtiger Baustein zur Vorbereitung des NRW 4.0Kongresses.“

Das heißt: In Nordrhein-Westfalen sind wir auch bei diesem Thema über Kongresse und Absichtserklärungen noch nicht hinausgekommen.

Fazit: Die FDP hat mit dem Thema recht. Wenn wir es angehen wollten, müsste aber unser programmatischer Anspruch lauten: Wir wollen bei der digitalen Bildung Vorreiter in ganz Deutschland werden.

(Beifall von der CDU)