Meine Damen und Herren, wer heute Morgen die Debatte aufmerksam verfolgt hat – die Kollegin Löhrmann hat das an anderer Stelle schon erwähnt –, konnte die Vorboten für die Erklärungen der nächsten Jahre wahrnehmen, warum sich der Haushalt und die Zuweisungen für die Kommunen verschlechtern werden.
Der Kollege Lux hat heute gesagt: Die Zuweisungen in Höhe von 23 % seien nicht gottgegeben, und sie stünden in keinem Gesetz; aber das hat auch niemand behauptet.
Niemand hat behauptet, dass Sie gottgegeben seien. – Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen, warum Sie das heute betonen; selbstverständlich habe ich einen Eindruck davon, warum Sie das tun. Ich habe Ihnen im letzten Jahr vorhergesagt, wie Sie auf der Strecke arbeiten. Sie arbeiten ganz offensichtlich so, dass Sie an verschiedenen Stellen mit Verzögerungen wie zum Beispiel beim ifo-Gutachten – darauf gehe ich gleich noch ein – über das Kommunalwahljahr 2009 kommen wollen. Danach verschlimmert sich erst recht die schon jetzt angebrochene schlechte Zeit für die Kommunen.
Selbstverständlich verzögern Sie unter anderem die Umsetzung des ifo-Gutachtens deswegen, weil Sie auf der einen Seite den ländlichen Kommunen versprochen haben, für sie mehr im GFG herauszuholen, und weil Sie auf der anderen Seite selbstverständlich das Problem mit den großen Städten haben. Dieses Problem wollen Sie nicht vor der Kommunalwahl 2009 lösen, sondern Sie wollen es aussitzen.
Sie wollen 2009 an der kommunalpolitischen Front noch ein bisschen Ruhe haben, um im Jahr 2010 bei einer sich offensichtlich abzeichnenden schwächeren Konjunktur wieder einmal zulasten der Kommunen zuzuschlagen.
Herr Innenminister – Herr Finanzminister ist leider nicht mehr anwesend –, darauf möchte ich noch eingehen. Wenn Herr Lux vorträgt, es gäbe keine Belastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Milliarden €, ist das natürlich wieder einmal bewusst und vorsätzlich oberflächlich. Denn es gibt sie selbstverständlich strukturell, weil wir sowohl die entgangenen Einnahmen, die sie nach den alten GFG-Methodiken von Rot-Grün bekommen hätten, als auch die zusätzlichen Belastungen berücksichtigen müssen.
Wer die zusätzlichen Belastungen nicht sehen will, hat die Wirklichkeit nicht wahrgenommen oder ein Stück weit verpasst. Denn ich frage Sie umgekehrt: Warum klagen denn Kommunen gegen die Mehrbelastungen zum Beispiel aus der Verwaltungsstrukturreform? Warum klagen denn Kommunen gegen die Mehrbelastungen aufgrund Ihrer Strukturreform im Umweltbereich?
Das sind keine wild gewordenen schwarzen Handfeger, sondern das sind Ihre Parteifreundinnen und Ihre Parteifreunde, die Ihnen durch die Bank unisono vorwerfen, Sie hätten sich zulasten der Kommunen einen schlanken Fuß gemacht.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einige Hinweise, wie das mit der Wirklichkeit ist, Herr Lux und Herr Wolf. Die Wirklichkeit sieht so aus, dass die Bertelsmann-Studie, die Anfang Juli vorgestellt worden ist, den Kommunen in NRW nach den Kommunen im Saarland und im Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern die bundesweit höchste Pro-Kopf-Verschuldung bescheinigt hat.
Herr Engel, völlig unerheblich ist, ob meine Zahl 13,8 Milliarden € stimmt – das glaube ich – oder ob Ihre Zahl 13,6 Milliarden € stimmt – das glaube ich nicht. Bildlich gesprochen schenke ich Ihnen 0,2 Milliarden €. Aber Tatsache ist: In den letzten drei Jahren hat sich dieser Betrag unter Ihrer Ägide von 10,0 auf 13,6 bzw. 13,8 Milliarden € erhöht. Das ist Ihre Politik!
sich in den letzten zwei Jahren gerühmt haben! Sie haben unisono und quer durch die Bank so getan, als hätten die etwas mit dem leuchtenden Erscheinen Ihrer Mehrheit in diesem Haus zu tun.
Wenn man Sie heute hört, fangen Sie an, vorsichtig von Konjunkturdämpfung zu reden: Man müsse noch einmal schauen. Die 23 % seien nicht gottgegeben. Im nächsten Jahr könnten wir, wenn die Wahlen vorbei sind, nachschauen, ob wir das nachjustieren müssten. – Damit bauen Sie für die Zeiten des konjunkturellen Abschwungs vor, von denen wir wissen, dass sie kommen. Auch dabei werden Sie die Kommunen wieder im Stich lassen.
Meine Damen und Herren, aber auch an anderen Stellen, etwa bei den Einheitslasten – ich habe das Stichwort eben genannt –, arbeiten Sie nach dieser Methodik. Die Methodik „Lenk-Gutachten“ ist äußerst fragwürdig. Sie geben ein Gutachten in Auftrag, nachdem Sie einen Prozess vor dem VGH verloren haben, bei dem Sie im Sachvortrag bereits darauf abgehoben haben, dass Sie den Kommunen zusätzliche Lasten deswegen aufbürden könnten, weil Ihnen durch den bundesweiten Finanzausgleich zusätzliche Zuweisungen auf der Bundesebene entgangen seien, seitdem es die Einheit gibt.
Mit dieser Argumentation sind Sie vor dem Gericht faktisch gescheitert. Sie scheuen Sie nicht, über das Lenk-Gutachten genau diese Argumentation durch die Hintertür wieder einzuführen. Sie wissen ganz genau, dass die Kommunen das nicht wollen.
Keine Frage ist, wie Sie vorgehen. Sie haben die 650 Millionen € immerhin zahlen müssen; Sie haben Sie nicht freiwillig gezahlt – auch wenn Sie das immer behaupten. Hinter den Kulissen höre ich, dass den Kommunen signalisiert wird, wenn sie das bis zur Wahl so ließen, dürften sie die 650 Millionen € behalten. Ansonsten würde man versuchen, sie den Kommunen wegzunehmen.
Man wird sehen, ob der Druck vor der Kommunalwahl so hoch ist, dass man sich parteipolitisch ein Stück weit in Ihren Reihen einigt – noch haben Sie in vielen Kommunen die Mehrheit –,
oder ob sich die bestehende Not in vielen Kommunen durchsetzt. Ich bin der Auffassung: Ganz so einfach, wie Sie es im Moment versuchen,
werden Sie es nicht haben. Wir werden Ende September, wenn das Gesetz für das Jahr 2006 einzubringen ist, sehen, wie Sie vorgehen wollen.
Herr Lux, Herr Wolf und Herr Engels, ich behaupte, das alles hat mit kommunaler Verlässlichkeit so wenig zu tun wie eine ausführliche und ordentliche Sachdebatte mit der Einbringungsrede des Innenministers, der vier Minuten zur Lage der Kommunen gesprochen hat.
Genauso wenig hat das miteinander zu tun: nämlich nichts. – Das passt in den Kontext Ihres Vorgehens der letzten drei Jahre. Es war nicht nur ein Vorgehen gegen die Kommunen im Zusammenhang mit den Finanzen. Es war selbstverständlich auch ein Vorgehen gegen die Kommunen im Zusammenhang mit § 107. In der von Ihnen verabschiedeten Form schadet er den Kommunen. Daran muss an der Stelle noch einmal erinnert werden. Es ist auch ein Vorgehen gegen die kommunale Demokratie als Raubzug von Schwarz-Gelb: Der eine trennt die Wahlen, weil er es gerne so will. Der andere streicht die Stichwahlen, weil er dies so will. – So wie mit kommunaler Demokratie gehen Sie mit kommunalen Finanzen um.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal darauf hinweisen, mit welchen kleinen und feinen Tricks Sie arbeiten, wenn Sie sagen, alles sei so wie im letzten Jahr. Ich habe Ihnen eben gesagt, wie es mit dem Lenk-Gutachten aussieht. Ich sage Ihnen, wie Sie an der Stelle arbeiten: Sie verändern den Text für die Einheitslasten. – Sie tun dies aus der Perspektive, die ich Ihnen eben vorgehalten habe. Nach den Kommunalwahlen wollen Sie entsprechende Schweinereien begehen.
In der neuen Formulierung der Definition heißt es in § 2, bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse wird nicht mehr das ermittelte gesamte Aufkommen der Gemeinschaftssteuern – bereinigt um die Einnahmen und Ausgaben des Landes – im Länderfinanzausgleich zugrunde gelegt, sondern es wird auf die sogenannten finanziellen Belastungen des Landes aus der deutschen Einheit abgestellt. Das bedeutet, Sie bereiten den Betrug von morgen im Text vor, behaupten aber, Sie wollten ein verlässlicher Partner der Kommunen sein.
Zusammengefasst kann man nur sagen, Sie haben in Zeiten, in denen es dem Land von den Steuereinnahmen her glänzend gegangen ist und noch eine kurze Weile gehen wird, den Kommunen ihren Anteil vorenthalten. Durch die von Ihnen
zu verantwortende Politik haben Sie für eine dramatische Steigerung der Kassenkredite gesorgt. Darüber, ob sie um 38,6 % oder um 38,8 % gestiegen sind, mag ich mit Ihnen gar nicht streiten, Herr Engels.
In Zeiten niedriger Zinsen hatten Sie gleichzeitig nicht den Mumm, den Kommunen, die keine Chance haben, diese Schulden im Moment abzutragen, eine Umschuldung von kurzfristig laufenden Kassenkrediten in langfristige Kredite zu günstigen Zinsen zu gestatten. Als Folge werden die Kassenkredite bei dramatisch steigenden Zinsen jetzt absehbar dramatisch steigen.
All das ist Ergebnis Ihrer Politik. Zu diesem Ergebnis gehört auch, dass Sie sich bis heute darum drücken, den eigentlich seit November letzten Jahres fälligen Bericht zur kommunalen Finanzlage vorzulegen. Sie sagten, Sie legen ihn im Mai vor. Sie haben ihn bis heute nicht vorgelegt. Sie drücken sich aus einem für Sie guten Grund davor. Es ist ein Zeichen einer kommunalfeindlichen Politik. Sie hinterlassen ein großes Vakuum.
Herr Lux, ich kann verstehen, dass Sie darüber beunruhigt sind, dass andere diese Vakuum mit einer ordentlichen, kommunalfreundlichen Politik auffüllen wollen. Wir lassen uns von Ihnen aber nicht davon abhalten. – Schönen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Was man im Landeshaushaltsentwurf für das Jahr 2009 insgesamt feststellen kann, kann man natürlich auch im Gemeindefinanzierungsgesetz feststellen. Die Politik des Tricksens, Täuschens und Tarnens wird auch hier wieder realisiert.
Zu Recht ist vorhin auf die Verschuldung der Kommunen in NRW in Höhe von 13 Milliarden € hingewiesen worden. Im letzten Jahr hat der Städte- und Gemeindebund bei der Anhörung sehr deutlich beklagt, dass den Kommunen 900 Millionen € vorenthalten werden. Dieses Jahr ist es über 1 Milliarde €. Das ist Ihre reale Politik für die Kommunen.
Wir gehen jetzt langsam in die Auseinandersetzungen um die Kommunalwahlen. Die Sünden der Vergangenheit werden an die Oberfläche kommen. Sie werden Ihnen jetzt schon interessanterweise von Ihren eigenen, schwarzen Leuten in
den Städten und Gemeinden vorgehalten. Die drei zu Recht vor dem Verwaltungsgericht in Münster anhängigen Klagen machen sehr deutlich, wie groß die Unzufriedenheit mit der Landespolitik ist.
Insgesamt müssen wir feststellen, dass 129 Kommunen in Nordrhein-Westfalen weiterhin mit Nothaushalten ausgestattet sind. Das mussten Sie heute Morgen selbst zugestehen. Diese Kommunen können gerade noch das Notwendigste machen und sind höchst verschuldet. Teilweise gibt es sogar Sparkommissare. Das ist zum Beispiel in Waltrop der Fall. In der nördlichen Ruhrgebietszone gibt es besondere Probleme. All diese Dinge werden von Ihnen verantwortet.
Hinzu kommt das Sparkassengesetz, welches uns in den nächsten Monaten noch beschäftigen wird. Es ist ebenfalls gegen die Kommunen gerichtet. Gemeinnützige Einrichtungen werden eine Menge Geld verlieren, wenn die Privatisierung tatsächlich in der Form kommen wird, wie Sie sie vorhaben. Derzeit werden mehr als 150 Millionen € ausgeschüttet. Das ist das, was Sie konkret machen. Ich kann nur sagen: Das geschieht nicht mit der Linken. Wir werden gegen Ihre Haushaltspolitik stimmen.
Vielen Dank, Herr Sagel. – Wenn ich es richtig sehe, liegt von der Landesregierung keine Wortmeldung vor. Dann ist Herr Kollege Körfges an der Reihe. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch bei der Einbringung durch den Innenminister war eine gewisse Sprachlosigkeit zu erkennen. Von daher liegt die Tatsache, dass sich Herr Dr. Wolf nicht mehr zu Wort gemeldet hat, durchaus in der Tendenz des heutigen Tages.
Herr Dr. Wolf, nach Ihren einleitenden Worten und insbesondere nach der Pressemitteilung könnte man aber glauben, diese Landesregierung hätte ein Füllhorn von Wohltaten über die kommunale Familie ausgeschüttet.