Protocol of the Session on September 28, 2005

den qualitativen Inhalten legen wir größten Wert darauf, Schule und Sport noch besser zu vernetzen. Im Übrigen ist der weitere Ausbau des Schulsports ein wichtiger Bereich. Es ist aber nicht meine Aufgabe, dies hier zu erläutern.

(Zuruf von den GRÜNEN: Warum nicht?)

In der Begründung Ihres Antrags preisen Sie die bisher erreichten Leistungen der abgewählten Landesregierung. Tun Sie aber bitte nicht so, als wenn das ausschließlich Ihre Leistung gewesen wäre. Die Zusammenarbeit mit dem Landessportbund und den Landesfachverbänden spielt eine entscheidende Rolle. Sie wissen ganz genau, dass das Etikett „Eliteschule“ vom Sport vergeben wird und nicht von Politik und Landesregierung.

Im Übrigen gibt es Sportschulen der geforderten Art auch in anderen Bundesländern - Sie sprachen die Elitesportschulen an - wie zum Beispiel in Bayern oder in Thüringen.

Wenn ich mir die internationalen Ergebnisse im Sport - Winter wie Sommer - ansehe, dann fällt auf, dass es gravierende Vorteile in der Leistungsbilanz zugunsten des Wintersports gibt.

Unser politischer Wille als nicht gerade klassisches Wintersportland ist es, alles zu tun, die internationalen Leistungen des Sommersports an die des Wintersports anzugleichen. Dazu bedarf es aber des Unterbaus. Die Leute müssen erst einmal schulisch und vereinsmäßig erfasst werden.

Als Sportbegeisterter stelle ich fest, dass wir erheblichen Nachholbedarf in etlichen Kernsportarten haben. Erwähnen möchte ich hierbei - das scheint wohl die allgemeine Meinung zu sein - Leichtathletik, Schwimmen und Turnen. Ich habe mir zum Beispiel im Sommer täglich die Wettbewerbe der Schwimmweltmeisterschaften angesehen. Der Erfolg der deutschen Spitzensportler war, gelinde gesagt, sehr überschaubar - noch im messbaren Bereich.

(Dr. Michael Vesper [Grüne]: Das wollen Sie jetzt ändern?)

- Ja, dass wollen wir ändern. Darauf können Sie sich verlassen, Herr Dr. Vesper. Sie hatten ja auch schon die Möglichkeit.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Dr. Vesper?

Ja, sicher.

Herr Kollege Müller, weil ich sehr eng mit Frau Thiel, der Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes, zusammengearbeitet habe, würde mich interessieren, wie Sie sicherstellen wollen, dass die Zahl der erfolgreichen Schwimmer und Schwimmerinnen und der Medaillen bei den kommenden Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen im Schwimmen vergrößert wird. Ich wäre für eine möglichst konkrete Antwort dankbar.

Das betrifft nicht nur das Schwimmen. Es geht um eine frühere Erfassung talentierter Sportjugendlicher - komme darauf noch zurück -, um über die Breite, wenn Sie so wollen, pyramidal an die Spitze zu kommen.

Noch zu dem Thema Schwimmweltmeisterschaft: Fassungslos habe ich mir das mediale Hochjubeln unserer überschaubaren Erfolgsbilanz angesehen. Dann kam immer wieder der Spruch ausgeschiedener Athleten: Ich konnte das Wasser nicht greifen.

Mit Verlaub gesagt, da bin ich fast im alkoholfreien Wohnzimmer ertrunken. Zumindest in den Begründungen und Ausreden sind wir Weltspitze. Ähnliche Sprüche kennen Sie wahrscheinlich auch. Das könnte ich auch von anderen Sportarten liefern. Alle, die sich in der Sportpolitik engagieren, haben das gemeinsame Ziel, die Situation zu verbessern. Das kommt aber nicht von selbst. Ohne eine intensive Förderung möglichst von Kindesbeinen an, insbesondere in den Schulen, werden diese Erfolge nicht erreicht. Deshalb muss die Talentsichtung und -förderung frühestmöglich beginnen und weiter angelegt sein.

Ich sage gar nicht, dass bisher nichts getan worden sei. Aber das bisherige System - das auch noch zu Ihrer Zwischenfrage - kann und muss optimiert und weiterentwickelt werden.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Fünf zusätzliche Sportschulen sind genau der richtige Weg. Dabei wird der Erfolg umso größer sein, je besser es uns gelingt, Nordrhein-Westfalen regional, also auch in der Fläche noch besser zu durchdringen - einfach um mehr Talente zu sichten.

Auf eine weitere offensichtliche Schwäche unseres Sportsystems möchte ich kurz hinweisen: Im Jugendbereich können wir in vielen Sportarten international gut mithalten, aber irgendwann verschwinden viele erfolgreiche jugendliche Sportler später im internationalen Nirwana - aus welchen Gründen auch immer, sicherlich auch wegen der

späteren Absicherung nach dem Sportlerleben. Deshalb muss gehandelt werden.

Internationale Spitzenleistungen werden sehr oft von jungen Menschen erbracht, die noch zur Schule gehen. Außerdem ist es unbestritten, dass Spitzenleistungen junge wie alte Menschen motivieren, den Siegern nachzueifern. Auch der Breitensport wird damit sogar direkt positiv inspiriert.

Über den Breitensport in der Jugend, in der Schule, im Verein zum Spitzensport der Zukunft: So muss es gehen.

In Ihrem Antrag weisen Sie darauf hin, dass die sportpolitischen Maßnahmen immer in großer Einmütigkeit beschlossen worden sind. Das wollen wir auch gar nicht ändern. Deshalb müssen wir auch gemeinsam alles tun, um den erfolgswilligen und talentierten Sportlerinnen und Sportlern einen optimalen Weg zu ermöglichen. Kleinkariertes Kritteln bringt uns jedenfalls nicht weiter. Das ist weder im Sinne der Sportler noch der Menschen.

Als jemand, der in den Stadien dieser Welt als Zuschauer zu Hause ist, bin ich mir sicher zu wissen, was die Menschen wollen: Medaillen, Medaillen, Medaillen! Der Weg dorthin beginnt früh in den Schulen und in den Vereinen. Wir brauchen und wir wollen fünf zusätzliche Sportschulen in und für NRW. Nordrhein-Westfalen will und soll auch international die Nummer 1 im deutschen Sport sein. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Müller. - Als Nächstes spricht für die Grünen Herr Dr. Vesper.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Müller, es geht nun wirklich nicht darum, eine gute Idee madig zu machen. Es geht schlicht und einfach erst einmal darum herauszufinden, welch eine Idee das eigentlich ist.

Mir ist bisher noch nicht vermittelt worden, dass es überhaupt eine Idee ist. Ich habe extra eine Kleine Anfrage an die Landesregierung mit der Überschrift „Sportschulen - was ist eigentlich gemeint?“ gestellt.

Wenn Sie die Antwort auf diese Kleine Anfrage lesen - Herr Wolf, Sie werden sich an die Antwort noch erinnern -, dann werden Sie feststellen, dass die Hälfte der Antwort aus einer Wiederholung der Frage besteht, in der darauf hingewiesen wird, welche Systeme wir schon alle haben, nämlich die

Eliteschulen des Sports - fünf an der Zahl -, die sportbetonten Schulen - acht an der Zahl - und die Partnerschulen des Leistungssports. Aber es wird überhaupt nicht gesagt, was denn nun diese fünf neuen Sportschulen eigentlich sein sollen, was sie sind.

Es gibt kein klares Konzept. Deswegen kann man mit diesen fünf Sportschulen - warum nicht fünf, warum nicht vier, warum nicht 50? - wirklich nicht die Ansprüche verbinden, die Sie gerade in Form einer halben Büttenrede hier dargestellt haben, Herr Müller. Das kann es nicht sein.

(Beifall von den GRÜNEN - Helmut Stahl [CDU]: Oho!)

Ich zeichne einmal nach, welche Form der Förderung es bereits in Nordrhein-Westfalen gibt: Beispielsweise außerunterrichtliche Schulsportgemeinschaften, die es an vielen Schulen gibt. In allen Ganztagsangeboten gibt es Sport- und Bewegungseinheiten. Am Modellversuch „Sport als viertes Abiturfach“ nehmen allein 50 Schulen teil. Ich hätte damals gerne mehr Schulen in den Modellversuch aufgenommen, aber 50 ist schon eine Verdoppelung der ursprünglich angedachten 25 Schulen. Deswegen kann sich diese Zahl sehen lassen. Es gibt 25 Grundschulen mit dem Modellprojekt „Tägliche Sportstunde“. Wir haben sehr viele Packenden; deswegen ist es mir bisher nicht gelungen festzustellen - vielleicht wird das gleich durch den Beitrag von Herrn Wolf deutlich -, wie sich da die neuen Sportschulen einfügen sollen.

Natürlich könnte man sagen, das sei Etikettenschwindel und bringe für den Sport nichts. Aber es schadet auch nicht. Es gibt jedoch eine gewisse Gefahr, die ich darin sehe, dass wir uns mit diesem neuen Projekt verzetteln und die bewährten Wege nicht ausreichend kräftig genug weitergehen.

Wenn der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung angekündigt hätte, er wolle die Zahl von fünf Eliteschulen des Leistungssports um weitere fünf auf zehn Schulen verdoppeln, hätten wir alle gejubelt. Die gesamte Sportfraktion dieses Parlaments hätte es für richtig gehalten. In meiner Amtszeit ist es immerhin gelungen, von drei auf fünf Schulen zu kommen. Das auf zehn Schulen auszudehnen, hätte unsere volle Unterstützung gefunden. Aber genau das sagen weder der Ministerpräsident noch die Koalitionsvereinbarung noch der zuständige Minister in seiner Antwort auf meine Kleine Anfrage.

Wir möchten also gerne wissen, was das ist. Womöglich wird es demnächst vielleicht weitere Ka

tegorien geben: sportliche Schulen, vielleicht sechs an der Zahl, sieben Sportfachschulen, ein paar Schulsportschulen und die sportfreundliche Schule.

Ich will damit Folgendes deutlich machen: Es bringt nichts, den bisherigen bewährten Formen der Sportförderung an unseren Schulen jetzt eine weitere völlig unbestimmte hinzuzufügen, zumal auf meine klare Frage: „Welche Landesmittel beabsichtigt die Landesregierung zu diesem Zweck einzusetzen?“, der Minister geantwortet hat: „Die Landesregierung wird die erforderlichen Haushaltsmittel zur Umsetzung dieses Projektes bereitstellen.“ Das ist keine Antwort auf meine Frage. Ich möchte gerne wissen: Was bedeutet das konkret? Wie sollen diese Schulen im Einzelnen gefördert werden?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen mehr als ein neues Etikett, um die Schulsportentwicklung weiter nach vorne zu bringen. Wir brauchen eine Verstetigung und eine Verbreiterung der bisherigen Ansätze. Wir brauchen sicher auch eine immer wiederkehrende Überprüfung der Schwerpunkte, die wir uns gesetzt haben, auf die Ziele, die damit verbunden sind.

Deswegen rate ich dringend, dieses Etikett „Sportschule“, das übrigens unselige Erinnerungen an das DDR-System wachruft - ich will Ihnen nicht unterstellen, dass es dabei Pate gestanden hat -, aber auch eine Verwechselung mit den Sportschulen der Sportverbände ermöglicht, wieder fallen zu lassen. Vielleicht ist es - ich kenne das ja - in einer feuchtfröhlichen Nacht bei der Koalitionsverhandlung bar jeden Fachverstandes ausgeheckt worden. Sie sollten die Energien, die Sie darauf verwenden wollten, nun einsetzen, um insgesamt die Zahl der Eliteschulen des Leistungssports zu verbessern.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Allein die 28 Standorte der Partnerschule des Leistungssports tragen schon mehr als diese fünf Sportschulen, die Sie sich ausgedacht haben. Deshalb sollten Sie diese Eierei um den unklaren Begriff Sportschule beenden. Ich würde generell vorschlagen, erst zu denken und dann zu reden und neue Begriffe zu finden.

Wir können das Thema im Sportausschuss weiter vertiefen. Wenn wir uns darauf einigen können, die Eliteschulen des Leistungssports zu verstärken, sind wir bei Ihnen. Wir freuen uns auf lustige Beratungen im Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Vesper. - Als Nächster hat Herr Rasche von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Vesper, es war nicht anders zu erwarten: Da spricht ein ehemaliger Minister. Der schaut zurück, auf seine Arbeit, lobt sich selbst - wahrscheinlich macht es kein anderer - und blickt wenig nach vorn. Neuen Ideen, neuen Initiativen steht er mehr als kritisch gegenüber. Am besten wäre es, die neue Regierung machte alles weiter so wie die ehemalige. Nur deswegen sind wir nicht gewählt worden. Wir sind gewählt worden, weil wir es anders machen sollen, weil die Bürgerinnen und Bürger mit Ihnen nicht zufrieden waren.

(Zuruf von Dr. Michael Vesper [GRÜNE])

- Sie können nicht einmal eine Minute zuhören, Herr Dr. Vesper. Eine Minute hätte ich Ihnen schon zugetraut; vielleicht auch zwei, aber dann brüllen Sie wahrscheinlich wieder dazwischen.

Natürlich muss man erst denken und dann handeln. So wird ein sauberes Konzept mit allen Beteiligten ausgearbeitet. So, wie Sie sich das wünschen, wird es gemacht. Wenn Sie konstruktiv mitarbeiten und nicht nur kritisieren und polemisieren wollen, dann sind Sie herzlich eingeladen, sich an Diskussionen um eine Konzeption zu beteiligen. Jeder Sachverstand kann dabei behilflich sein. Nur mit vernünftigen Beiträgen, mit einer Zielsetzung, die am Ende etwas Vernünftiges will, anstatt mit einer Zielsetzung, die nur die Regierung beschädigen oder alles ausbremsen will, kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner.

Die Situation und die Entwicklung des Nachwuchsleistungssports, speziell mit der Verknüpfung zum Schulsport, haben den Sportausschuss in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach beschäftigt. In vielen Punkten haben die Fraktionen übereinstimmende Grundsätze und Positionen; und das ist gut so.

Leistungssport kann nicht isoliert betrachtet werden. Breitensportler profitieren von den Forschungsergebnissen und den trainingswissenschaftlichen Methoden, die auf der Ebene des Spitzensports gewonnen werden. Der Leistungssport benötigt aber die breite Basis als Ausgangspunkt für neue Talente. Durch internationale Spitzenleistungen, die wir uns alle erhoffen, können wiederum Kinder und Jugendliche für den Sport begeistert werden.