Protocol of the Session on February 21, 2008

(Beifall von der SPD)

Herr Uhlenberg, vor dieser Debatte war ich mir sicher: Sie haben mein Mitgefühl. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie hier einen Redeentwurf des Wirtschaftsministeriums ablesen müssen, und ich habe nicht damit gerechnet, in welcher Form die Fraktionen von CDU und FDP ihre Reden halten. Sie haben nicht nur mein Mitgefühl, sondern Sie haben auch mein Mitleid, aber nicht meine Aufmerksamkeit, weil in diesem Prozess nur Frau Thoben und Herr Wittke etwas zu sagen haben. Das ist gerade ganz deutlich geworden.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Ellerbrock, wenn Sie davon reden, es fehlten die rechtlichen Grundlagen, dann entgegne ich Ihnen: Zwei Regierungspräsidenten haben das anders gesehen, ein Minister hat das anders gesehen. Aber ein einziger Regierungspräsident meint, das sei so, und zwar einer, der für Rechtsgrundlagen hätte sorgen können, indem er mehr Messstationen aufstellt. Das hat er nicht getan und kommt nun zu einem Ergebnis, was nur Frau Thoben und Herrn Wittke schmeckt, aber nicht den Menschen im Ruhrgebiet und ihrer Gesundheit, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD)

Insofern wenden wir uns Frau Thoben und Herrn Wittke zu. Frau Thoben ist in dem Prozess vorgegangen wie immer, nämlich dreistufig.

Erstens: Es gibt kein Problem.

(Heiterkeit von der SPD)

Zweitens: Sie wurde mühsam davon überzeugt: Es gibt vielleicht doch eines.

Drittens: Sie kommt zu einer Simulation einer Problemlösung. – Das ist die Thoben’sche Springprozession, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Nicht zu verwechseln mit der Echternacher: Da geht es ja zwei Schritte vor und einen zurück. Bei Frau Thoben geht es immer einen vor und dann zwei zurück. Das ist das Problem, und das können wir im Ruhrgebiet leibhaftig erfahren.

(Beifall von der SPD)

Das, was Sie hier machen, ist Ihre wohlverstandene Kommunalpolitik. Für mich ist das Problemkommunalisierung. Sie laden Ihre Probleme vor der Haustür der Kommunen ab, lassen sie damit allein und sagen: Guckt, wie ihr damit klarkommt; wir finden keine Lösung für das gesamte Ruhrgebiet.

(Beifall von der SPD)

Ihnen fehlt der Mut. Sie schlagen sich in die Büsche, anstatt eine Problemlösung für das Ruhrgebiet, für die Gesundheit der Menschen dort auf den Weg zu bringen. Noch einmal: Bei der Umweltzone geht es nicht um die Umwelt, sondern um die Gesundheit der Menschen. Dafür haben Sie keine Lösung, dafür bieten Sie keine Lösungen an, sondern Sie sagen: Guckt, Kommunen, wie ihr damit klarkommt! – Sie verschulden einen Flickenteppich mit vielen wirkungslosen Inseln.

Beim Begriff Inseln bin ich vorsichtig, weil wir, wenn das so weitergeht, hinterher über Atolle reden werden. 20 Atolle, die zu einer Inselgruppe zusammengefasst werden, dann kommt die FDP und versucht, in den Flickenteppich noch Löcher hineinzuschneiden.

(Beifall von der SPD)

Sie sagt nämlich, wir brauchen nicht nur die Rechtsgrundlage, die Herr Diegel meint – nämlich: ich errichte Messstationen und lege drum herum noch ein bisschen –, sondern sie will wissen, wo die Grenzwertüberschreitungen wirklich auftreten. Ich weiß nicht, wie Sie das messen wollen. Durch Messstationen? Oder wollen Sie Statistiken darüber haben, wie viele Leute dort überdurchschnittlich an welcher Erkrankung vielleicht schon gestorben sind? – Ich habe wirklich keine Ahnung, was Ihre Grundlage sein soll, bis Sie endlich glauben, dass man eingreifen und etwas tun kann.

Ich sage Ihnen, was kommen wird. Es sind nicht nur diese 20-Atolle-Lösungen, sondern es werden Menschen klagen. Da werden Sie vor dem Jahre

2011 60, 70 oder 80 weitere Straßensperrungen und andere kleinteilige Lösungen vor Ort schaffen, mit denen die Kommunen klarkommen müssen.

(Beifall von der SPD)

Das Chaos wird immer größer, niemand blickt durch, Nachbesserungen im Klein-Klein, aber alle müssen sich daran halten.

Frau Thoben, ich sage Ihnen etwas im Vertrauen – ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen ist –: Autos sind zum Fahren da.

(Ministerin Christa Thoben: Ist nicht wahr!)

Wirklich, glauben Sie es mir! Die sind zum Fahren da.

(Minister Oliver Wittke: Sie sind ja schlau!)

Zum Beispiel von Wattenscheid nach Bochum, um die Kinder in Kindergärten zu bringen; und der Handwerker will wirklich zu einer Baustelle. Da könnte es auch sein, dass diese Baustelle gar nicht in der Insellösung drin liegt. Dann braucht er aber genauso eine Plakette, als wenn man eine Lösung mit klaren Regeln für alle geschaffen hätte, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD)

Insofern sage ich Ihnen: Wir brauchen echten Gesundheitsschutz und keine bürokratischen Alibilösungen. Wir brauchen Klarheit statt Chaos, einheitliche Regelungen statt wirkungslosen Schilderwald.

Sie glauben – und damit täuschen Sie die Menschen –, dass viele keine Plakette bräuchten, weil es um diesen Flickenteppich geht. Das ist aber nicht so. Jeder wird die Plakette brauchen, weil er irgendwohin muss, wo sie vonnöten ist. Das werden wir und die Handwerker erleben. Das einzige Ergebnis werden wöchentliche Navi-Abos der Handwerker oder immer dicker werdende Straßenatlanten sein, damit man auch weiß, wo man mit seinem Nutzfahrzeug hinkommt.

Von einer verantwortungsvollen Landesregierung hätte man erwarten können, dass sie sich um die Probleme kümmert, zum Beispiel um die Frage, welchen Einsatz man zur Verjüngung des Fuhrparks von kleinen Handwerksunternehmen leistet.

(Beifall von der SPD)

Was tut man dafür, dass sich die Handwerker diesem Problem stellen können? Das wäre ein Ansatz gewesen. Die KfW bietet nun Lösungen an, bei denen das Land Nordrhein-Westfalen ein gutes Stück draufsatteln könnte.

Oder: Was tun Sie dafür, dass es bei den ganz normalen betroffenen Menschen nicht zu einer Kostenexplosion kommt, weil in einem kurzen Zeitraum sehr viel nachgerüstet werden muss? Die Kapazität von Werkstätten ist gar nicht vorhanden. Ausnahmen und Übergangsregelungen hätte man in einer gemeinschaftlichen großen Umweltzone genauso finden können, wie es jetzt gemacht wird.

(Lachen von Ministerin Christa Thoben)

Wenn Sie so lachen, weiß ich, dass ich den Punkt getroffen habe.

(Beifall von der SPD)

Das Ergebnis Ihrer verfehlten Politik ist: schlechter Schutz für wenige durch komplizierte Regeln für alle. Wir wollen das Gegenteil: einfache Regeln und optimalen Gesundheitsschutz für alle Menschen. Die Menschen im Ruhrgebiet haben ein Anrecht auf Klarheit statt Chaos und damit auf eine andere Landesregierung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Eiskirch. – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Lienenkämper das Wort.

(Zuruf von der SPD: Der personifizierte Fli- ckenteppich!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Remmel, bei der heißen Luft, die Sie heute in diesem Hohen Haus verbreitet haben, bräuchten wir wahrscheinlich einen Luftreinhalteplan Landtag.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das hat ja richtig gezündet! Da ging die Post ab!)

Herr Kollege Eiskirch, ich habe Ihrer Rede sehr interessiert zugehört.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Da haben Sie etwas gelernt!)

Ich habe eine Wortschöpfung gelernt, die ich direkt auf Sie anwenden kann. Die Eiskirch’sche Springprozession funktioniert wie folgt: drei große Sprünge nach vorne – nur leider in die völlig falsche Richtung.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Wo ist denn da die Logik?)

Damit ist keinem geholfen. Wir haben heute viel von Umweltzonen gehört, aber es geht um viel mehr,

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das ist ja ein Ka- lauer nach dem anderen!)

nämlich um Luftreinhalteplanungen. Die Umweltzonen sind bekanntermaßen nur ein Teil davon.