Protocol of the Session on December 19, 2007

Die fehlende Regulierung der Vorstandsgehälter hat vor allem aber auch gesellschaftliche Folgen. Die großen und weiter steigenden Einkommensunterschiede bilden eine Grundlage für sozialen Unmut in Betrieben und in der Bevölkerung insgesamt. Dies schmälert nicht nur die Leistungsbereitschaft der Bevölkerungsmehrheit, sondern auf Dauer auch den sozialen Frieden.

Deshalb ist es begrüßenswert, dass nun auch Sie von der SPD das Thema der überhöhten Managergehälter für sich entdeckt haben. Auch die Kanzlerin, Frau Merkel, hat auf dem CDUParteitag etwas dazu gesagt – allerdings ohne dass ihren Worten Taten gefolgt wären. Frau Merkel und die neoliberale FDP stellen sich vor zum Teil völlig unfähige Manager und schützen sie auch noch. Aber auch die SPD bleibt beim Umgang mit überhöhten Managergehältern unglaubwürdig. Der Vorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel, hat Recht, wenn er der SPD in Bezug auf maßlose Managergehälter Heuchelei vorwirft.

(Minister Armin Laschet: Was verdient der denn?)

Wenn die SPD in Bezug auf maßlose Managergehälter mehr als wohlfeile Wahlkampfparolen will, braucht sie keine Arbeitsgruppe, wie sie sie jetzt eingerichtet hat, sondern konkretes Handeln. Die gesamte SPD-Fraktion hatte noch im November den Gesetzentwurf der Linken zur Begrenzung der Managergehälter auf das Zwanzigfache des Arbeitnehmereinkommens und zum Verbot

der Managerbezahlung mit Aktienoptionen in namentlicher Abstimmung im Bundestag abgelehnt.

Mit Tricksen, Täuschen, Tarnen wird die von 70 % der Deutschen geforderte Begrenzung der Managergehälter aber nicht gelingen. Geradezu skandalös ist es, wenn unfähige Manager auch noch mit Millionensummen abgefunden werden. Dieses Geld darf nicht in die Taschen der Manager gelangen, sondern muss einbehalten bleiben.

Wer eine gesetzliche Begrenzung ablehnt, muss wenigstens dafür sorgen, dass die Managermillionen angemessen besteuert werden. Klaus Wiesehügel hat deshalb Recht, wenn er eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 50 % und mehr fordert. Das wäre ein geeignetes Mittel, um der Schamlosigkeit der DAX-Vorstände Einhalt zu gebieten. Gleiches gilt für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine umfassende und gerechte Erbschaftsteuerreform. Aber dazu ist von der Großen Koalition in Berlin und auch von Ihnen hier nichts zu hören.

Das geschlossene Aufheulen der Wirtschaftsverbände und die neuerliche Drohung mit der Verlagerung von Konzernzentralen können jedenfalls kein Maßstab für die notwendigen politischen Entscheidungen sein. Den Karren ziehen nicht die Manager, sondern die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Doch die müssen auch 2007 und 2008 wieder eine reale Minusrunde quittieren. Das ist die Realität.

Mir geht die Forderung der SPD-Fraktion nicht weit genug. Ich hätte erwartet, dass Sie konkrete Aussagen zu steuerlichen Regelungen machen, insbesondere was die Vermögensteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes und eine tatsächlich nutzbringende Erbschaftsteuerreform angeht. Das wäre im Übrigen auch für das Land Nordrhein-Westfalen gut, aber auch da ist von Ihnen im gesamten Parlament keinerlei Initiative zu erkennen. Das ist mehr als bedauerlich. Deswegen werde ich Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. Er geht mir nicht weit genug.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Für die SPD-Fraktion hat sich Kollege Schmeltzer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Lienenkämper, Sie sagen: Wir glauben an die Selbstheilungskräfte. – Ich will Ihnen sagen, dass in dieser Debatte Glaubensfragen nicht gefragt sind, sondern die Politik. Sie weisen darauf hin, dass wir in § 87 des Aktiengesetzes etwas haben, was Sie selber

mehr oder weniger infrage stellen. Ich sage Ihnen: Es funktioniert doch nicht, was dort in § 87 steht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn das nicht funktioniert, dann müssen wir handeln. Machen Sie mit. Gucken Sie im Bundestagsprotokoll nach; dort ist das in der letzten Woche sehr ausführlich diskutiert worden. Dort ist auch gesagt worden, was man an § 87 Aktiengesetz verändern kann.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist schon interessant, wenn man sieht, wie sich eine öffentliche Debatte von Franz Müntefering über den Bundespräsidenten Köhler zur Bundeskanzlerin zieht, und dann hier in den Reden hört, wie hin und her geschwommen wird. Bei allen Rednern der Koalitionsfraktionen ist das der Fall gewesen. Sagte doch Frau Merkel nach dem Bundesparteitag noch einmal ganz deutlich:

„Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte über gerechte Bezahlung, und zwar von den niedrigen Löhnen bis hin auch zu hohen Abfindungen. Soziale Marktwirtschaft hat immer davon gelebt, dass es eine Brücke, eine Verbindung gab zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.“

Ihr Eiern heute ist doch nur damit zu begründen, dass gleich noch eine Debatte kommt, nämlich zum Mindestlohn.

(Beifall von der SPD)

Wenn Sie jetzt bei den Managerbezügen und auch bei den Mindestlöhnen nicht mitgehen wollen, zeigen Sie doch Ihr wahres Gesicht, wo Sie an dieser Stelle stehen.

Frau Thoben, wenn die SPD eine Arbeitsgruppe einsetzt – das will ich Ihnen ganz deutlich sagen –, sind wir meilenweit vor den Worten aller CDUPolitiker. Wir haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Von Ihnen hören wir nur Worte, und auch von der Bundeskanzlerin haben wir nur Worte gehört. Es folgen keine Taten. Warten Sie die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe ab, denn sie heißt „Angemessenheit und Transparenz von ManagerVergütungen“. Wir werden in dieser Arbeitsgruppe Ergebnisse erzielen, die wir Ihnen auch im nordrhein-westfälischen Landtag präsentieren werden.

Ich weiß gar nicht, wer von den Koalitionsfraktionen eigentlich überhaupt recht gehabt hat. Herr Brockes spricht, ähnlich wie der Ministerpräsident – das macht er ja gerne; dann hat er einen guten Vorredner –, von einem tariflichen Fixum bei den Managergehältern.

(Ralf Jäger [SPD]: Der tut nur so!)

Frau Thoben spricht davon, dass die Bezüge grundsätzlich Angelegenheit der Wirtschaft sind und verteidigt damit den Ministerpräsidenten bezüglich seiner Aussage, was die Kollegin Kraft eben zu Recht dargelegt hat.

Ich will Ihnen noch einmal sagen, in welchem Zusammenhang der Ministerpräsident diese Antwort gegeben hat, denn er hatte vorher eine Frage gestellt bekommen. Die Frage lautete:

„CDU-Chefin Angela Merkel hat deutliche Kritik an zu hohen Abfindungen und Gehältern von Managern geübt. Müssten den Worten nicht Taten folgen?“

Frau Thoben, da war nicht von anderen Bezügen die Rede, da waren Manager gemeint. Dann kommt die Antwort:

„Wenn wir die Tarifautonomie ernst nehmen, dürfen wir die Gehälter von Managern nicht festlegen.“

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren, es ist eine Unverschämtheit, hier so mit den Sozialpartnern umzugehen

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

und nach draußen darzustellen, Tarifpartner würden Bezüge von 60 Millionen € festlegen. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Tarifpartner, das muss deutlich gesagt werden.

Wer sich gegen gesetzliche Mindestlöhne und somit für Lohndumping im Wettbewerb ausspricht und gleichzeitig die teilweise unmoralischen Managerbezüge durchwinkt, der zeigt sein wahres Gesicht. Das haben Sie hier und heute getan, das hat der Ministerpräsident in seiner deutlichen Antwort auf eine klare Frage gesagt.

Lassen Sie mich noch etwas zum Punkt Corporate Governence Kodex sagen: Das ist eine freiwillige Vereinbarung. Freiwillige Vereinbarungen können gut sein, aber wenn sie nicht eins zu eins umgesetzt werden, muss man darüber nachdenken, eine freiwillige Vereinbarung gesetzlich zu fixieren. Nichts anderes sagt der Antrag, den wir Ihnen heute vorgelegt haben. Das sind keine voreiligen gesetzlichen Regelungen, Frau Ministerin Thoben, sondern das ist ein Beschluss, in dem der Landtag feststellt, was Fakt ist.

Wenn Sie ehrlich mit sich selbst sind, haben die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident nichts anderes festgestellt. Im Tiefsten Ihres Innern haben Sie auch nichts anderes festgestellt bis auf die Widersprüche.

(Zuruf von Ministerin Christa Thoben)

Dass Sie als Ministerin von der Regierungsbank dazwischenschreien, zeichnet sie schlecht aus.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Sie stellen die Widersprüche zu England dar. Sie sprechen schlecht von England, Herr Weisbrich spricht gut von England. Werden Sie sich erst einmal einig. Einig sind wir darüber, dass wir etwas regeln müssen, damit das Ausufern ein Ende hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Kollege Priggen zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich will nur einige Ergänzungen zu dem machen, was die Kollegen und Frau Ministerin hier angeführt haben.

Frau Ministerin, ich könnte Ihnen bei weiten Teilen Ihres Beitrags, vor allen Dingen im ersten Teil, wo Sie die Verhältnisse beschrieben haben, zustimmen, weil ich das genauso sehe. Das hat im Übrigen Herr Lienenkämper beschreibend auch richtig angesprochen. Das Gerechtigkeitsempfinden ist gestört; das ist der Eindruck draußen.

Wir haben zunehmend Teile der Bevölkerung, die immer mehr in ungesicherten Arbeitsverhältnissen leben. Wir haben Menschen, die in wiederholt befristeten Arbeitsverhältnissen leben. Es gibt außerdem eine dramatisch steigende Zahl von Menschen, die von ihrer vollen Erwerbstätigkeit, also vom Einkommen einer vollen Stelle, nicht mehr leben können, sondern additiv Hilfe zum Lebensunterhalt brauchen. Das ist ein Teil der Realität. Das hat sich zugespitzt.

Auf der anderen Seite gibt es die Fälle, die vielfach angesprochen worden sind, bei denen man schon den Eindruck haben muss, dass sich am oberen Ende der Einkommensskala gleichzeitig exorbitante Gehaltserhöhungen ergeben haben. Ich glaube nicht, dass es eine Neiddebatte ist. Es hat Missbräuche und eine Disproportionalität gegeben, weil die Leistungen gleichzeitig nicht so waren wie das, was sich die Herren genehmigt haben; es sind ja im Übrigen eigentlich ausschließlich Männer.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das erweckt den Eindruck, dass sich eine Selbstbedienungsmentalität breit gemacht hat, um die man sich politisch kümmern müsste.

Ich habe eine Reihe von Anmerkungen gehört. Ich bin mit Herrn Lienenkämper in der Beschreibung des Zustands überhaupt nicht auseinander; aber was Sie dann geboten haben, zu sagen, wir glauben an die Selbstheilungskräfte, ist für Politik unwürdig.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das gilt auch, wenn man – darin würde ich der Frau Ministerin wiederum zustimmen – keine Schnellschüsse, sondern eine ernsthafte, solide und intensive Debatte will.

Dann war es schon faszinierend, zu hören, was aus der Koalition kam. Herr Brockes hat uns vorgetragen, dass es im Landeshauptausschuss der FDP eine detaillierte Befassung damit gegeben habe.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Super!)

Herr Weisbrich hat im Prinzip angedeutet, man könne sich ein Beispiel an England und an anderen Ländern nehmen. Es würden viele Wege nach Rom führen.