Protocol of the Session on December 19, 2007

Die Verantwortung für die Vergütung der Manager liegt nach unserem Recht in unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung bei den Eigentümern der Unternehmen, bei Aufsichtsräten und Aktionärsversammlungen. Sie müssen entscheiden, wie viel ihnen Vorstände wert sind, von denen sie Höchstleistungen erwarten. Das ist ein Grundprinzip unserer Wirtschaftsordnung, eben der sozialen Marktwirtschaft.

Gleichwohl halte ich die aktuelle Diskussion über Managergehälter für richtig, da die Ausreißer bei der Managervergütung die Frage aufwerfen, ob zum Beispiel Aufsichtsräte oder Aktionärsversammlungen immer ausreichend steuernd eingreifen, ob sie ihren Aufgaben mit dem notwendigen Augenmaß immer gerecht werden.

Ich habe schon vor Monaten auf die Frage von Journalisten nach meiner Position zu Millionengehältern und hohen Abfindungszahlungen, selbst bei wirtschaftlichem Misserfolg, eine Debatte über Qualitätssicherung und Entwicklung, auch im Managementbereich, angeregt. Ich glaube, die Öffentlichkeit wäre dann eher bereit, Managergehälter selbst in stattlicher Höhe zu akzeptieren.

Kriterien für gutes Management lassen sich dabei aus meiner Sicht unter anderem auch aus der besonderen Kultur und Standortverpflichtung ableiten, die ich immer wieder in familiengeführten Unternehmen vorfinde. Meine Damen und Herren, Familienunternehmen sind in die Region eingewoben. Sie kennen ihre Mitarbeiter und geben Beispiel auch und nicht zuletzt für Verhältnismäßigkeit. Ich finde, von denen kann und sollte man sich etwas abgucken.

Deshalb erwarte ich, dass insbesondere die Wirtschaft in der aktuellen Diskussion Position bezieht, eigene Initiativen ergreift und Lösungen hinsichtlich einer leistungsgerechten und nachvollziehbaren Managerentlohnung findet. Die Politik muss entscheiden, ob sie flankierend tätig wird, ob sie möglicherweise zu mehr Transparenzregeln beispielsweise auf eine Fortschreibung des Deutschen Corporate Governance Kodex drängen sollte.

Ich warne vor Schnellschüssen und voreiligen Festlegungen auf gesetzlich fixierte und verbindliche Regelungen. Es handelt sich erstens um Bundesrecht und zweitens mag es kraftvoll erscheinen, schnell und energisch die Keule des Gesetzgebers zu schwingen, klug ist das nicht. Die Gefahr liegt nahe, unüberlegt Porzellan zu zerschlagen.

Dazu ein paar Sachinformationen, wenn die antragstellende Fraktion derartigen Informationen überhaupt zugänglich ist.

(Ralf Jäger [SPD]: Danke! – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das war wieder eine Ihrer Frech- heiten!)

Bitte schön. – Eine Offenlegungspflicht für die Bezüge von Vorständen und Aufsichtsräten besteht.

(Ralf Jäger [SPD]: Meinen Sie, wir sind nicht zugänglich?)

Offensichtlich nicht.

(Ralf Jäger [SPD]: Solche Zwischenbemer- kungen können Sie sein lassen!)

Das Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen vom 3. August 2005 verpflichtet Aktiengesellschaften zur individualisierten Offenlegung von Vergütungen, soweit es sich um börsennotierte Gesellschaften handelt. Der Gesetzgeber hat damit entsprechende Forderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex umgesetzt. Dem Kodex folgend hat der Gesetzgeber dabei vorgesehen, dass die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals für längstens fünf Jahre beschließen kann, dass die zuvor genannten Angaben unterbleiben. Dieses Recht der Hauptversammlung ist ordnungspolitisch begründet und meines Erachtens zu respektieren.

Außerdem: In § 87 Aktiengesetz sind Grundsätze für die Bezüge der Vorstandsmitglieder festgelegt, die der für die Anstellungsverträge zuständige Aufsichtsrat zu beachten hat. Beachtet der Aufsichtsrat diese Grundsätze nicht, kommt ein Verstoß gegen Sorgfaltspflichten in Betracht, was die Haftung des Aufsichtsrates auslösen kann. § 87 Abs. 2 Aktiengesetz enthält eine Vorgabe des Gesetzgebers zur Anpassung der Bezüge, falls sich die Verhältnisse der Gesellschaft wesentlich verschlechtern. Hier ist unter Umständen eine angemessene Herabsetzung von Vergütungen möglich.

Im Ergebnis kann man feststellen, dass der Gesetzgeber in diesem auch verfassungsrechtlich komplexen Bereich bereits tätig war. Es bedarf in jedem Fall einer sorgfältigen Analyse der bestehenden bundesgesetzlichen Vorschriften. Eine vorschnelle Beschlussfassung durch den Landtag macht keinen Sinn. Das gilt auch für die neu in den Deutschen Corporate Governance Kodex aufgenommene Regelung über die Begrenzung von Abfindungen. Diese Regelung wurde erst zum 14. Juni 2007 in den Kodex aufgenommen, sodass eine abschließende Bewertung der Auswirkungen überhaupt noch nicht möglich ist.

Übrigens, Frau Kraft, in Großbritannien hat man die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit eingeschränkt – mit null Konsequenzen. Sie wissen doch, was dann passiert. Dann wird die Höhe dessen, was zu versteuern ist, entsprechend heraufgesetzt, und netto hat sich für den, der es bekommt, nichts getan. Das ist nach meiner Einschätzung keine Lösung.

Nehmen Sie sich als antragstellende Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen ein Beispiel an Ihrer Partei auf Bundesebene. Die hat eine Arbeitsgruppe gebildet und nicht als erste Maßnahme Beschlussvorschläge mit voreiligen gesetzlichen Regelungen auf den Weg gebracht.

(Zuruf von der SPD)

Der Antrag der SPD-Fraktion bleibt deutlich hinter dem SPD-Bundeserkenntnisstand zurück. Noch schlimmer ist: Die SPD-Fraktion rennt mit ihrem Antrag einer Debatte hinterher, ohne sie wirklich durch fundierte eigene Beiträge zu prägen. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Kraft, wir brauchen Transparenz und klare Regeln für Managerbezüge und für Abfindungen. Am Etikett des Antrags ist nichts auszusetzen, am Inhalt scheiden sich aber die Geister.

Die Beschreibung des Sachverhalts, wie Sie sie geliefert haben, ist unvollständig und tendenziös. Der Lösungsvorschlag ist typisch sozialdemokratisch, staatszentriert und damit falsch. Ich muss ehrlich sagen: Ihr Trommelfeuer von Verbalinjurien, Frau Kraft, war wirklich entlarvend. Das ist Sozialismus pur, was Sie vorgeführt haben.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Ihr Auftritt hat den Eindruck vermittelt, dass Sie vor lauter Effekthascherei und Populismus aus den Augen verloren haben, worum es hier im Kern geht.

(Ralf Jäger [SPD]: Wir sind die fünfte Kolon- ne!)

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gibt es in Deutschland rund 3 Millionen Unternehmen, die zu rund 85 % von persönlich haftenden Eigentümerunternehmern geführt werden. Knapp 15 % der Unternehmen sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung, häufig Familienunternehmen, denen im Falle eines Falles die Haftungsbeschränkung nicht hilft, weil die Gesellschafter ihre Kredite in aller Regel persönlich verbürgt haben.

Nach dem statistischen Befund haften damit 99,7 % aller deutschen Unternehmer persönlich für den Misserfolg ihres Unternehmens. Vor diesem Hintergrund ist kein Platz für pauschale Unternehmerbeschimpfung. Im Gegenteil: Wir sollten

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

auf diese wagemutigen Menschen stolz sein, die mit dem Risiko ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz den Wohlstand von uns allen sichern, gleich was sie verdienen.

Tatsächlich, Frau Kraft, sind in drei Millionen deutschen Unternehmen allenfalls 30 angestellte Manager unter Beschuss geraten, weil sie außerordentlich gut verdienen, vor allem aber, weil sie selbst bei Misserfolgen fürstliche Abfindungen kassiert haben. Der Anteil der schwarzen Schafe ist somit verschwindend klein. Dafür ist die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie in einer Mediengesellschaft erregen, natürlich riesengroß, jedenfalls viel größer als die Aufmerksamkeit – darüber haben Sie überhaupt nicht geredet –, die den oftmals weit höheren Bezügen von Formel-1-Piloten, Fußballspielern, Filmstars oder Talkmastern gewidmet wird.

(Heiterkeit von der SPD)

Meine Damen und Herren, was können wir denn aus diesem Befund lernen? – Wir können daraus lernen, dass unsere Gesellschaft Erfolgshonorare für Spitzenleistungen durchaus akzeptiert – ganz gleich, in welchem Bereich diese Leistungen erbracht werden. Was die Gesellschaft, weil es unfair und ungerecht ist, aber nicht akzeptiert, ist die fürstliche Honorierung von beruflichem Versagen. Deshalb ist das, was die Bundeskanzlerin auf dem CDU-Parteitag in Hannover gesagt hat, richtig: Wenn das Versagen von Spitzenkräften mit Phantasieabfindungen vergoldet wird, dann untergräbt dies das Vertrauen in das soziale Gleichgewicht in unserem Land.

Wenn ein Eigentümerunternehmer Mist baut oder auch nur Pech hat, dann haftet er mit seinem ganzen Vermögen. Wenn ein Sportler oder ein Medienstar versagt, dann ist es vorbei mit den Supergagen und an Abfindungen ist überhaupt nicht zu denken. Nur bei einzelnen Managerunternehmern ist das anders: Die haften in keiner Weise und werden selbst für Versagen fürstlich entlohnt.

Deshalb ist es gut und richtig, dass im Juni 2007 im Deutschen Corporate Governance Kodex die Begrenzung von Abfindungen auf maximal zwei Jahresgehälter aufgenommen wurde und dass seit diesem Zeitpunkt Manager auch nicht mehr durch eine Vollkaskoversicherung gegen Kunstfehler geschützt werden sollen. Dieser Selbstreinigungsmechanismus der Wirtschaft ist aktiviert worden, noch ehe die politische Debatte auf breiter Front begann. Das gibt Veranlassung, die Auswirkungen des freiwilligen Ordnungsrahmens

abzuwarten, ehe wir uns erneut in gesetzlichen Reglementierungen üben.

Im Übrigen, Frau Kraft, würde die Findigkeit der Parteien bei der Vertragsgestaltung jede Regelung ohnehin schnell wieder wirkungslos werden lassen. Das ist meine feste Überzeugung: Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen.

Wenn wir etwas Gutes tun wollen, dann sollten wir eine Bundesratsinitiative anregen, mit der nach englischem und französischem Vorbild die Eigentümerrechte bei der Vergütungsfestsetzung der Vorstände von Aktiengesellschaften gestärkt werden. In England muss im Bericht an die Hauptversammlung detailliert begründet werden, warum bestimmte Vergütungen, Abfindungen oder Anerkennungsprämien gezahlt werden. Die Aktionäre können dann einen sogenannten Missbilligungsbeschluss fassen.

Eine weitere Möglichkeit wäre es, die Hauptversammlung unmittelbar über die Vorstandsbezüge abstimmen zu lassen, wie es bei den Aufsichtsratsvergütungen bereits geschieht.

(Zuruf von der SPD: Wer stimmt denn in den Hauptversammlungen normalerweise ab?)

Der Spielraum für mögliche Verschleierungsoperationen wäre dann auf sachgerechte Weise hinreichend eingeengt. Wenn die Eigentümer in einem solchen, für sie dann auch transparenten Verfahren hohe Vergütungen festsetzen, weil der Manager entsprechende Qualitäten hat und das Unternehmen voranbringt, dann sollte das meines Erachtens niemanden stören – zumindest dann nicht, solange wir das Recht auf Eigentum im Grundgesetz garantiert lassen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Viele Wege führen nach Rom.

(Zuruf von der SPD: Dann geh!)

Die Sozialdemokraten wählen den Staatsdirigismus. Wir wählen den Weg der Selbstverantwortung der Unternehmenseigner, weil staatliche Reglementierungen dieser komplexen Materie niemals gerecht werden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. Als nächster hat der Kollege Sagel, fraktionslos, das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der durchschnittliche Vorstandsvorsitzende eines DAX-Un

ternehmens hat 2005 insgesamt 3,9 Millionen € verdient – fast 150 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer.

Laut Aktiengesetz sollen die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen. Unternehmenskrisen wie bei BenQ oder Produktions- und Lieferprobleme bei Airbus zeigen aber, dass die bisherigen Bestimmungen im Aktiengesetz nicht ausreichen, um zu garantieren, dass die Vorstandsgehälter in einem angemessenen Verhältnis zur Lage der Gesellschaft, aber auch zur Leistung der Vorstandsmitglieder stehen.

Darüber hinaus garantiert das Aktiengesetz nicht, dass die Vorstandsgehälter in einem angemessenen Verhältnis zur Entwicklung des Lohns bzw. des Gehalts der übrigen Beschäftigten bleiben. Die Ertragskraft und damit die langfristige Entwicklung eines Unternehmens kann durch unverhältnismäßig hohe Vorstandsvergütungen geschwächt werden.

Die fehlende Regulierung der Vorstandsgehälter hat vor allem aber auch gesellschaftliche Folgen. Die großen und weiter steigenden Einkommensunterschiede bilden eine Grundlage für sozialen Unmut in Betrieben und in der Bevölkerung insgesamt. Dies schmälert nicht nur die Leistungsbereitschaft der Bevölkerungsmehrheit, sondern auf Dauer auch den sozialen Frieden.