Protocol of the Session on October 24, 2007

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Asch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kaum ein Gesetz wurde in der Geschichte dieses Landes so lange beraten wie dieses sogenannte KiBiz. Und die Geschichte dieses Gesetzes ist eine Geschichte der hohlen Versprechungen – wir haben eben wieder welche gehört –, der Täuschungen und letztendlich des Scheiterns. Es ist eine Geschichte des miserablen Handwerks,

(Beifall von den GRÜNEN)

der hilflosen Rettungsversuche und der laienhaften Verhandlungsführung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

In mehr als anderthalb Jahren ist die Debatte um dieses Gesetz geführt worden, und damit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sind mehr als anderthalb Jahre verschenkt worden, in denen die Träger wertvolle Zeit verloren haben, um die Kindergärten weiterzuentwickeln und auszubauen.

Das, was Sie schlussendlich abgeliefert haben, ist ein Dilettantenstück. Nach der desaströsen Anhörung hier im Landtag, nach den massiven Protesten im ganzen Land hätten Sie die Reißleine ziehen und einen Neustart wagen müssen. Dazu fehlte Ihnen aber der Mut. Diese Größe haben Sie nicht gehabt, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Stattdessen murksen Sie jetzt auf dieser untauglichen Grundlage herum und versuchen, die größten Löcher in diesem Flickenteppich noch irgendwie zu stopfen. Da müssen die Fraktionen einspringen, da muss die Staatskanzlei einspringen, um Schadensbegrenzung an diesem Murks vorzunehmen, den Herr Laschet hier abgeliefert und der Öffentlichkeit präsentiert hat.

Die Vorschläge, die Sie mit Ihren Änderungsanträgen gemacht haben, zeigen, dass der Großteil der Kritik, die wir, die Opposition, sowie alle, die etwas von der Sache verstehen, nämlich die Eltern, die Erzieherinnen und diejenigen, die mit Kindern arbeiten – nicht zu vergessen sind die Kommunen –, immer wieder vorgebracht haben, richtig war und Sie ihnen in einigen, wenn auch wenigen Punkten jetzt entgegengekommen sind.

Wir begrüßen an den Änderungsvorschlägen, dass Sie den Trägern nun ein Stück mehr Planungssicherheit geben und dass die Träger den

Standardabbau insgesamt etwas abfedern können. Wir kritisieren allerdings scharf, dass sich dieser Standardabbau bei den Kindern unter drei Jahren immer noch am heftigsten auswirkt. Hier hatte Ihnen die freie Wohlfahrtspflege mit dem 20%-Korridor den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt, aber Sie haben nicht einmal dagegen getreten, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das bedeutet ganz klar, dass es vor allen Dingen bei den Kleinsten – bei den Babys und den Kleinkindern unter drei Jahren – praktisch eine Halbierung der Standards geben wird. Denn Sie verwenden das Geld nicht für Qualität, sondern stecken es in die Quantität. Das ist die Wahrheit Ihrer Änderungsvorschläge.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Unsinn ist das!)

Herr Witzel, da Sie sich gerade melden: Wir können feststellen, dass die FDP mir ihren Änderungsvorschlägen auf der ganze Linie gescheitert ist. Sie haben eine glatte Bauchlandung erlebt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was haben Sie vorgeschlagen? – Sie haben vorgeschlagen, die Kirchen sollten eine Verpflichtungserklärung abgeben, damit sich diese Senkung des Trägerkostenanteils auch lohne. Mitnichten gibt es diese Verpflichtung.

(Christian Lindner [FDP]: Wo steht das?)

Herr Lindner, Sie selber – ich kann Ihnen Ihre Pressemitteilungen dazu zeigen – haben es an verschiedenen Stellen gefordert.

(Christian Lindner [FDP]: Machen Sie das!)

Seien Sie nicht so vorlaut. Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, dann können Sie sie mir gerne stellen.

(Christian Lindner [FDP]: Nein!)

Apropos Zwischenfrage, Frau Kollegin: Der Kollege Becker hat eine Zwischenfrage. Möchten Sie die zulassen?

Ja, gerne.

(Dietmar Brockes [FDP]: Er hat Sie nicht verstanden!)

Frau Kollegin Asch, vor dem Hintergrund der Ausführungen des FDPRedners Lindner frage ich Sie: Erinnern Sie sich auch noch an eine dieser kritischen Äußerungen

von Herrn Lindner im „Kölner Stadt-Anzeiger“, und würden Sie mir in diesem Zusammenhang zustimmen, wenn ich sage, dass er offensichtlich sich mit den Kritikern aus der dritten Reihe gemeint hat?

(Beifall und Heiterkeit von GRÜNEN und SPD)

Lieber Kollege Becker, ich stimme Ihnen in all Ihren Interpretationen vollkommen zu. Wir alle konnten die Kritik, die die FDP in Gestalt von Herrn Lindner vorgetragen hat, lesen, und wir haben natürlich auch wahrgenommen, dass er genau die Forderungen gestellt hat, die sich nun mitnichten in den Änderungsvorschlägen der Koalition wiederfinden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich komme zu einem zweiten Punkt. Das ist ein Punkt, mit dem Sie der Öffentlichkeit einmal wieder – das kennen wir aus dem gesamten Prozess – Sand in die Augen streuen.

(Ralf Witzel [FDP]: Nur Sie machen das!)

Wir bekommen angeblich – so haben Sie es in der Pressekonferenz letzte Woche verkündet – für die Kinder unter zwei Jahren einen Rechtsanspruch im Gesetz.

(Ralf Witzel [FDP]: So ist das!)

Sie wissen genau, dass dieser Rechtsanspruch nicht Gegenstand Ihrer Anträge, sondern eine reine Absichtserklärung ist. Damit täuschen Sie die Öffentlichkeit ein weiteres Mal.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wenn Sie diesen Rechtsanspruch wollen, dann haben Sie die Gelegenheit, jetzt gleich dem Änderungsantrag von Grünen und SPD zuzustimmen. Dann können Sie uns in unserer Forderung zustimmen, die gesetzlichen Regelungen von Rheinland-Pfalz – diese wurden übrigens auch mit den Stimmen der FDP verabschiedet – zu übernehmen.

(Christian Lindner [FDP]: Das geht nicht! – Gegenruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Natürlich geht das! – Gegenruf von Christian Lindner [FDP]: Konnexität! – Gegenruf von Britta Altenkamp [SPD]: Das ist doch Quatsch, Herr Lindner!)

Dann können Sie das ins Gesetz aufnehmen. Alles Weitere bleibt reine Absichtserklärung, wie wir es bisher auch von Ihnen kennen.

Was bleibt, ist: Bei allen Punkten, die Sie selbst als Ziele formuliert haben und mit dem Gesetz erreichen wollten, sind Sie gescheitert.

Erstens. Angeblich wird die Qualität in den Einrichtungen verbessert. – Fehlanzeige! Die Kopfpauschale bringt die Senkung der Standards. Die kleine altersgemischte Gruppe fällt weg.

Zweitens. Es gibt angeblich mehr flexible Öffnungszeiten für die Eltern. Fakt ist: Wir haben eine Kontingentierung der Öffnungszeiten der Ganztagsplätze auf 25 %.

(Minister Armin Laschet: Sie wissen doch, dass es nicht stimmt!)

Vor dem Hintergrund, dass wir bereits jetzt landesweit, Herr Laschet,

(Minister Armin Laschet: Sie weiß, dass es nicht stimmt!)

einen Durchschnitt von 28 % in der Ganztagsbetreuung haben, bedeutet dies eine Verschlechterung und keineswegs eine Verbesserung für die Eltern.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Drittens. Die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen sollen verbessert werden; das steht auch in Ihrem Koalitionsvertrag. Genau das Gegenteil ist passiert. Es gibt weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung, für die Konzepterstellung und für Elterngespräche, es gibt weniger Freistellungen für die Erzieherinnen für die Leitungsaufgaben und mehr Arbeit durch den Aufbau von Familienzentren, das heißt, die Erzieherinnen und Erzieher haben weniger Zeit, die sie mit den Kindern verbringen und für die Förderung der Kinder aufwenden können.

Wir stellen immer wieder fest, mit welcher Geringschätzung Sie, Herr Laschet, und auch andere Teile dieser Landesregierung – Herr Palmen tut sich da besonders hervor – der Arbeit der Erzieherinnen gegenübertreten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)