Auch die Medien haben ausführlich berichtet. So listete jüngst die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ vom 6. Juni 2007 – das klang gestern auch schon an – mit der Überschrift „Lecker Kochen mit den Stadtwerken“ zahlreiche fragwürdige Beispiele auf. Ich schenke mir, was
die „Financial Times“ unter der Überschrift „Local Player – In NRW mischen kommunale Unternehmen in immer mehr Geschäften mit“ ausführlich berichtet hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie von der Opposition nicht akzeptieren wollen, dass es eben nicht in Ordnung und keine vernünftige Ordnungspolitik ist, wenn sich Staat und Kommune wirtschaftlich am Markt betätigen, und dass sie sich aus Steuergeldern, Gebühren und sonstigen Abgaben zu finanzieren haben, müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern auch sagen, dass die von der Reform betroffenen, mit Steuergeldern finanzierten überörtlichen Betätigungen vorwiegend reine Gewinnerzielungsabsichten verfolgen, dass sie über die Strom- und Gasrechnung nicht nur ihr Schwimmbad, sondern auch diese fragwürdigen Betätigungen quersubventionieren müssen. Ich bin einmal auf das gespannt, was der Bundesfinanzhof demnächst zur Quersubventionierung entscheiden wird. Vermutlich werden wir dann in Deutschland ein Erdbeben erleben.
Außerdem müssen Sie den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dass nahezu jede Stadt ein Bündel von Gesellschaften und Beteiligungen mit Vorliebe in Form einer GmbH aus öffentlichen Geldern finanziert, die von verwaltungsexternen Geschäftsführern betrieben werden und im städtischen Haushalt nicht mehr auftauchen.
Ich komme zum Schluss. Den Bürgerinnen und Bürgern müssen Sie auch sagen, dass die über Wahlen legitimierten Stadträte und die Kommunalaufsicht faktisch kaum noch eine effektive Kontrolle haben, weil fast alles ausgegliedert ist und mehr oder weniger ein Eigenleben führt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine allerletzte Bemerkung: Es geht noch einmal um eine Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage, und zwar vom 17. August 1998. Die Anfrage stammt vom Kollegen Blömer. In allen fünf Komplexen hat die Landesregierung darauf hingewiesen, dass das mit dem Wirtschaftsrecht nicht vereinbar sei.
Bis heute ist nichts passiert. Sie haben in der Zwischenzeit den Innenminister gestellt. Ihr Ministerpräsident Wolfgang Clement hat, als Sie 1999 damit begonnen haben, das Gemeindewirtschaftsrecht aufzuweichen, gesagt: Es kann nicht öffentliche Aufgabe sein, leere Kassen der Kommunen dadurch zu füllen, dass sich die Kommunen am Markt wirtschaftlich betätigen.
(Beifall von der FDP und CDU – Britta Alten- kamp [SPD]: Beeindruckend, Herr Engel, wirklich beeindruckend Ihre Argumentation!)
Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Becker.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der dritten Lesung so wie die ganze Zeit schon: Sie nennen zwar Scheinargumente, gehen aber nicht auf die Wirklichkeit ein. Jetzt beispielsweise führen Sie Anfragen ins Feld, die vor der letzten Gesetzesänderung gestellt worden sind, mit der die damalige Koalition übrigens auf die Praxis reagiert und praxisbezogen agiert hat, zusammen mit Ihnen beschlossen hat, im Lichte der Erfahrungen nach der Evaluation ein Stück weit gemeinsam die Folgerungen und Weiterungen zu ziehen. Genau das haben Sie aber nicht getan. Stattdessen hat die FDP im Koalitionsvertrag durchgesetzt, ihre „Privat vor Staat“-Ideologie zur Ideologie zu erheben. Danach richten Sie sich aus.
Sie haben bis heute keines der Beispiele, die die Landesregierung immer wieder benennt, belegt. Da nützt es auch nichts, wenn Sie in der dritten Lesung von Stadtwerken im Internet herumfabulieren. Sie haben die Sonnenstudios nicht belegt, die Nagelstudios, die Recyclingfirmen im Ausland, die Buswerkstätten nicht. All das habe ich abgefragt. Als Antwort bekomme ich: Es handelt sich um allgemeine politische Beispiele zur Verdeutlichung der Position der Landesregierung. Mit anderen Worten: Das ist erfundener Quatsch von Herrn Brockes und Herrn Wolf.
Meine Damen und Herren, in der dritten Lesung kommen Sie mit Beispielen. Für den aufmerksamen Beobachter – davon gibt es welche, auch wenn Sie sicherlich nicht in der FDP und leider auch nicht zu zahlreich in der CDU zu finden sind – stellt sich die Frage: Wo war denn Ihr Innenminister in den letzten beiden Jahren? Woraus haben Sie die Annahme abgeleitet, dass man auf der Grundlage des jetzigen Gesetzes nicht handeln kann? Selbstverständlich wäre das, was Sie eben behauptet haben, schon mit dem jetzigen Gesetz in die Schranken zu weisen. Das interessiert Sie aber nicht.
Sie haben aber an einer anderen Stelle die Katze wieder einmal aus dem Sack gelassen. Faktisch haben Sie eben nämlich gesagt, dass Sie überhaupt nicht wollen, dass kommunale ÖPNVUnternehmen und beispielsweise auch kommunale Schwimmbäder quersubventioniert werden. Genau das haben Sie eben gesagt. Das wollen Sie nicht.
Sie wollen Gewinne privatisieren und Verluste der öffentlichen Hand überlassen. Im Zweifelsfall soll das Bad geschlossen oder sollen die Preise erhöht werden. Das ist das, was diese FDP will.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Körfges hat es schon gesagt: Die CDU vor Ort protestiert mit. Es sind Ihre Bürgermeister, es ist Ihr Vorsitzender des Verbandes der kommunalen Verkehrsunternehmen, Ihr Bürgermeister aus Neuss beispielsweise, der wegen eines Wohnungsbauunternehmens protestiert. Es sind Ihre Professoren. Es sind Ihre Stadtwerkechefs, die in der Anhörung all das gesagt haben, was auch wir vertreten: Dieses Gesetz ist schädlich für die kommunale Familie und die kommunalen Stadtwerke.
Sie können zwar immer wieder behaupten, das sei alles von der Opposition. Das führt uns aber nicht weiter, weil Sie die Auseinandersetzung vor Ort ja haben. Diese Auseinandersetzung werden Sie behalten. In den nächsten Jahren werden wir erleben, wie sich die Stadtwerke jeweils werden positionieren können.
Ich möchte noch einmal auf Ihren Entschließungsantrag zurückkommen und belegen, warum wir unseren für richtig und notwendig halten: Ihr Entschließungsantrag ist nichts anderes als der Versuch zu behaupten, Sie meinten es nicht so, es dann aber doch im Inhalt unverändert zu belassen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, sondern, Herr Lux, wir weisen darauf hin, dass Ihnen die Stadtwerke, die Fachleute und die interessierte Öffentlichkeit genügend goldene Brücken gebaut haben, indem sie Ihnen zum Beispiel wider die eigene Überzeugung angeboten haben: Veranstaltet ein Moratorium, holt alle Fachleute zusammen, damit man überprüfen kann, ob die von Ihnen behaupteten Schwierigkeiten überhaupt entstehen bzw. bestehen und sich begründen lassen. Lasst uns nach einem Jahr gemeinsam einen Gesetzesvorschlag unterbreiten.
Das war eine Riesenchance, die an Sie und Ihre kommunalen Praktikerinnen und Praktiker gerichtet war. Diese Chance haben Sie aber bis jetzt nicht ergriffen. Deshalb räumen wir Ihnen heute in der dritten Lesung mit unserem Entschließungs
antrag diese Chance ein. Genau wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPD verhehlen auch wir nicht: Aus unserer Sicht war der jetzige § 107 in Ordnung. Aus unserer Sicht bot er einem Innenminister, der nicht nur redet, sondern auch seine Hausaufgaben macht, ausreichende Handhabe, gegen angebliche oder vermeintliche Missstände durchzugreifen. Das alles ist unsere Überzeugung. Aber wir bieten Ihnen heute diesen Königsweg an, den Ihnen die Praktikerinnen und Praktiker, auch die des VKU, ebenfalls angeboten haben.
Wir fordern Sie auf: Gehen Sie darauf ein und lassen Sie sich einmal auf praxisbezogene Vorschläge ein, nicht aber auf die Ideologie dieser Marktradikalen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Argumente der Opposition hört, hat man das Gefühl, das ist ein klassischer Fall von Wahrnehmungsverweigerung.
Wir haben Ihnen in vielen Sitzungen deutlich gemacht, dass wir uns bei all den Dingen, mit denen wir uns beschäftigen, auf einem Terrain bewegen, auf dem auch Erfahrungen aus anderen Ländern vorhanden sind.
Herr Körfges, ich komme noch einmal auf Ihr Lieblingsthema, nämlich die Entkoppelung der Amtszeiten, zu sprechen. Sie wissen ganz genau, dass wir die Letzten sind, die dies noch nicht getan haben. Wir werden das jetzt ändern. Ich darf Ihnen nur sagen, dass Amtszeiten zwischen sechs und acht Jahren – je nach Bundesland – völlig normal sind.
Das heißt, es ist überhaupt kein Problem, diese Entkoppelung vorzunehmen. Wir werden uns das sicherlich hinterher anschauen. Dass das Interesse an diesen Positionen größer wird, wenn diese Wahl eine gewisse Eigenständigkeit hat, dass es gleichzeitig die Attraktion der Ratswahlen steigert, weil die Kandidaten für die Bezirke im Vordergrund stehen, ist für mich auch klar.
Der zweite Punkt scheint der Anlass für einen Änderungsantrag gewesen zu sein – Stichwort: § 107. Was Herr Lux hier zitiert hat, ist völlig richtig, nämlich dass der Änderungsantrag überflüssig wie sonst was ist. Darin steht nämlich, dass nach Wortlaut und Sinn des Gesetzentwurfs nicht beabsichtigt ist, die entscheidenden Maßnahmen – Energieversorgung, Wasserversorgung, öffentlicher Personennahverkehr und Betrieb von Telekommunikationsleitungsnetzen – zu erschweren. Das heißt, all das, was Sie aufgeschrieben haben, steht längst in unserem Gesetzestext. Das zeigt auch, dass all die Kassandrarufe letztendlich ohne Basis sind.
Der Kernbereich der Daseinsvorsorge bleibt unangetastet. Ich darf an der Stelle noch einmal sehr deutlich sagen: Die Ordnungspolitik ist kein Selbstzweck, sondern sie ist ein Kernstück sozialer Marktwirtschaft. Das wollen wir durchgesetzt sehen. Das ist die einheitliche Auffassung von CDU und FDP. Ich glaube, das ist auch gut so.
Ich bitte Sie, diesem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen, damit wir auch für das ausgewogene Tätigwerden von kommunaler Wirtschaft und Privatwirtschaft eine gute Grundlage haben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Innenminister. – Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen jetzt also zur Abstimmung.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Plätze einnehmen könnten. Es ist ein bisschen unübersichtlich. Im Laufe des Tages gibt es noch genügend Gelegenheiten für ein Gespräch.
Als Erstes stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/5085 ab. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Zweitens stimmen wir über die Beschlussempfehlung ab. Der Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/4981, den Gesetzentwurf Drucksache 14/3979 in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. Wer dem seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU
und FDP. Wer ist dagegen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Mehrheit verabschiedet.