Protocol of the Session on September 19, 2007

Meine Damen und Herren, wir wollen eine sachgerechte Lösung für das Land NordrheinWestfalen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WestLB, für den Finanzplatz NordrheinWestfalen, weil wir den starken Finanzplatz Nordrhein-Westfalen erhalten wollen. Wenn Sie einseitig nach Baden-Württemberg gucken und die ganze WestLB gar nicht schnell genug dorthin verschleudern wollen, dann muss man sich die Frage stellen – ich bin dankbar, dass auch die Beschäftigten der WestLB diese Frage mittlerweile laut gestellt haben, weil auch sie kein Denkverbot gegen sich verhängen lassen –, welche Auswirkungen das für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen und für die Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen mit sich bringt.

Meine Damen und Herren, bei der Sächsischen Landesbank konnten wir beobachten, wie so etwas auch laufen kann. Wenn man wirklich im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen handeln will, dann darf man die Anteile der Landesbank nicht vorschnell und ungeprüft nach Stuttgart überweisen. Ich jedenfalls halte davon nichts.

(Martin Börschel [SPD]: Das nicht, aber Sie dürfen das nicht aussitzen!)

Meine Damen und Herren, wir haben von Anfang an klar gesagt, dass wir keine Option von vornherein ausschließen, uns ebenso wenig auf einen bestimmten Käuferkreis beschränken wie auf ein bestimmtes Geschäftsmodell voreilig festlegen. Denkverbote kann und darf es nicht geben. Deswegen müssen wir auch auf eine vertikale Vernetzung zwischen Sparkassen und WestLB vorbehaltlos prüfen. Wir leisten einen guten Beitrag für Nordrhein-Westfalen, indem wir alle Optionen prüfen und dann die beste für das Land NordrheinWestfalen wählen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Landesregierung erhält jetzt Finanzminister Dr. Linssen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne auf die Anträge der Fraktionen von SPD und Grünen zur WestLB zusammen eingehen. Beide Anträge enthalten einige Aussagen, die ich teilen kann, überwiegend aber solche, mit denen ich nicht übereinstimme.

Ich würde gerne drei Fragen stellen und versuchen, sie zu beantworten.

Erstens. Welche Interessen verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die WestLB? – Die Beteiligung des Landes an der WestLB ist ein außerordentlicher Vermögenswert, dessen Werthaltigkeit geschützt werden muss. Das gilt in mehrerlei Hinsicht.

Natürlich ist der Wert des Assets als solcher von großer Bedeutung.

Darüber hinaus ist die WestLB aber auch für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen von außerordentlichem Gewicht. Nicht nur, dass die WestLB die größte Bank mit Sitz in Nordrhein-Westfalen ist, sie steht auch für 6.000 Arbeitnehmer, die dort ihre Arbeitsplätze haben – ich würde Ihnen von der Opposition sehr empfehlen, sich auch einmal über die Gedanken der Arbeitnehmer schlauzumachen, denn dann werden Sie sehen, dass sie mit den Überlegungen der Landesregierung fast identisch sind.

Darüber hinaus stellt sie Finanzdienstleistungsexpertise bereit, die den Finanzplatz stärkt.

(Martin Börschel [SPD]: Das ist aber nur ein Wunsch!)

Ich darf noch einmal daran erinnern, was die Regierungskoalition im Koalitionsvertrag hierzu vereinbart hat: Die Westdeutsche Landesbank

„ist die größte in unserem Land ansässige Bank und auch in Zukunft eine wichtige Stütze für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen. Die Landesbeteiligung an der WestLB AG wollen wir, auch im Interesse eines stabilen Wachstums der Bank, bestmöglich nutzen. Das schließt einen Verkauf, auch unter Inanspruchnahme des Kapitalmarktes, ein.“

Das Interesse der Landesregierung geht also dahin, die WestLB zum Nutzen für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen, aber auch zum Nutzen einer etwaigen Veräußerung des Landesanteils zu stärken.

Zweitens. Wie verfolgt das Land diese Interessen?

(Martin Börschel [SPD]: Denkbar schlecht!)

Zunächst einmal: Die Landesregierung hat eine ganz klare Strategie, die ich Ihnen gerne erläutern möchte. Lassen Sie mich drei Aspekte nennen:

Erstens. Die Landesregierung unterwirft sich keinen Denkverboten. Es geht darum, für die WestLB eine tragfähige Zukunft zu finden – zum Nutzen des Finanzplatzes und der Landesbeteiligung. Dabei hilft es nicht, sich vorschnell auf den öffentlich-rechtlichen Sektor oder zum Beispiel die LBBW festzulegen. Es kommt vielmehr darauf an, was am Ende für die WestLB und den Finanzplatz herauskommt. Da können andere Lösungen auf Dauer tragfähiger und vorteilhafter sein. Es ist daher auch sinnvoll – so steht es auch in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen –, die Novelle des Sparkassengesetzes noch offenzuhalten, bis die Richtungsentscheidung bei der WestLB gefallen ist.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Vom Tisch damit!)

Zweitens. Die Landesregierung lässt sich nicht unter Zeitdruck setzen. Eine tragfähige – nicht vorschnelle – Lösung für die Zukunft der WestLB bedarf einer wohl abgewogenen Entscheidung auf einer belastbaren Grundlage. Dafür braucht man Zeit. Wenn man die WestLB schlechtredet, um sie möglichst schnell unterzubringen, kann das Ergebnis nur verheerend sein. Für mich sind die Eigenhandelsverluste natürlich äußerst ärgerlich, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen – darauf hat auch der Kollege Klein hingewiesen –, dass die WestLB sie tragen kann.

(Zuruf von der SPD: Das ist kein Trost!)

Der Verlustvortrag der WestLB könnte zwar durch geänderte Steuergesetze schwieriger zu nutzen sein. Aber kann dies Vorrang haben vor der Erarbeitung einer tragfähigen Zukunftslösung? – Ich meine, eindeutig nein.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihrer Kollegin Frau Asch?

Ja, bitte schön.

Herr Minister Linssen, exakt zu diesem Punkt, den Sie eben als zweiten angeführt haben, nämlich zur Nutzung des Verlustvortrags: Sie kennen das Schreiben des Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn Gerlach, von letzter Woche an die Eigentümer, in dem er den Eigentümern dargelegt hat, dass die Nichtnutzung dieses Verlustvortrages, die aufgrund der gesetzlichen Änderung für das nächste Jahr nur noch in diesem Jahr möglich ist, einen Verlust in Höhe von 500 bis 600 Millionen € für das Unternehmen bedeuten würde. Sind Sie vor diesem Hintergrund immer noch der Auffassung, dass man alle Zeit der Welt hat und man das bis ins nächste Jahr vertagen kann?

Frau Asch, er spricht nicht davon, dass es ein Verlust in Höhe von 500 Millionen € für die Bank wäre, sondern er spricht davon, dass nach seiner Rechnung dabei ein Verlust in Höhe von 250 bis 300 Millionen € für die Sparkassen entstehen könnte, und er erinnert an die Sorgfaltspflicht des Aufsichtsrates, die dieser zu beachten hat. – Das weiß ich auch.

Aber wenn Sie einmal sehen, was zum Beispiel die Sparkassen mit der LBBW vereinbart haben, dann werden Sie unschwer erkennen, dass sie unter anderem von einer Fusion im nächsten Jahr sprechen. Wenn sie im nächsten Jahr fusionieren, die WestLB auf die LBBW verschmolzen wird, dann geht dieser Verlustvortrag eben auch verloren. Insofern ist das alles nicht ausgegoren. Selbstverständlich wird der Aufsichtsratsvorsitzende auf diese Frage hin eine sehr qualifizierte Antwort vom Eigentümer Land bekommen. Diese werde ich auch Ihnen gerne zuleiten.

Herr Minister, ich habe eine weitere Wortmeldung für eine Zwischenfrage, vom Kollegen Börschel.

Herr Börschel, bitte schön. Aber dann möchte ich wieder geschlossen vortragen, wenn es geht.

Herzlichen Dank für die freundliche Bereitschaft. Neben dem vielen Bekannten, das ich gerade Ihrer Rede entnommen habe, schien mir ein neues Element ins Ohr gedrungen zu sein. Ich möchte nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe.

War Ihre Aussage die, dass es jetzt neue Absicht der Landesregierung ist, die Novellierung des Sparkassengesetzes so lange zu verschieben, bis eine Entscheidung über die Zukunft der WestLB gefallen ist?

Ich glaube, dass es sinnvoll ist – da wir nicht mit schuldhaftem Verzögern in diesem Prozess vorgehen wollen, stellen wir uns vor, dass wir in der zweiten Oktoberhälfte schon sehr viel klarer sehen –, bis dahin zu warten. Ich habe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt, weil sie das in dem letzten Punkt in Ihrem Antrag auch so formuliert hat.

Drittens. Die Landesregierung geht verantwortungsvoll und professionell vor. Wir haben es mit einer äußerst komplexen Entscheidungssituation zu tun. Als größter Einzelaktionär stehen wir in der Pflicht. Aus diesem Grunde hat sich die Landesregierung die Citigroup als erfahrene Investmentbank an die Seite geholt.

Es ist immer gut, wenn ein kompetenter Dritter von außen auf eine komplexe Situation schaut. Die Citigroup prüft das Geschäftsmodell sowie die Frage, inwieweit dieses und damit die Landesbeteiligung jetzt oder später durch Holding-, Fusions- oder andere Lösungen weiter gestärkt werden könnte. Außerdem werden unsere möglichen Veräußerungsinteressen geprüft.

Die WestLB wird die Citigroup, wie unter den Eigentümern abgestimmt, bei den Untersuchungen unterstützen. Bei den Untersuchungen der Citigroup sollen insbesondere die Auswirkungen auf den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen aufgezeigt werden. Die Landesregierung erwartet hiervon eine professionelle Objektivierung der Entscheidungsgrundlagen. Ich denke, das ist im Sinne der WestLB und des Finanzplatzes eine gute Maßnahme und fördert eine gemeinsame Entscheidungsfindung der Eigentümer der WestLB.

Zur dritten Frage: Welche Zielvorstellungen hat die Landesregierung? Wir sollten uns über eines im Klaren sein: Trotz aller momentaner Querelen

hat die Westdeutsche Landesbank nach wie vor ihre Stärken. Ohne die eindeutig abgrenzbare Verlustquelle aus dem Eigenhandel hat sie im ersten Halbjahr 2007 gutes Geld verdient, und für das laufende Jahr prognostiziert sie ein klares positives Ergebnis. Sie verfügt außerdem über bedeutsame Geschäftsfelder, in denen sie anerkanntermaßen große Expertise besitzt.

Herr Minister, es gibt eine weitere Wortmeldung, jetzt vom Kollegen Schartau.

Bitte schön, Herr Schartau.

Ich habe eine kurze Frage. Schließt der Auftrag an die Citigroup aus, dass die Citigroup mit einer Lösung kommt, die heißt, dass das Land den Anteil an der WestLB behalten kann?

Nein, es wird nichts ausgeschlossen. Unter der Formulierung in der Koalitionsvereinbarung „bestmögliche Nutzung“ ist auch diese Möglichkeit selbstverständlich inhaltlich enthalten.

Ziel der Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es, diese Stärken zum Wohle des Finanzplatzes Nordrhein-Westfalen, der WestLB, ihrer Eigentümer und deren Mitarbeiter bestmöglich zu nutzen. Dabei soll die Citigroup alle Optionen aufzeigen. Die Landesregierung ist grundsätzlich für alle sinnvollen Möglichkeiten offen. Das ist inhaltlich mit dem identisch, was ich gerade dem Kollegen Schartau gesagt habe.

Nun favorisieren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen, eine Konsolidierung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Säule, vorzugsweise mit der LBBW. Selbstverständlich ist die Partnerschaft mit einer leistungsstarken Landesbank eine interessante Option. Dabei gelten aber zwei Grundvoraussetzungen:

Erstens. Das Geschäftsmodell muss stimmen. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, haben angemahnt, sich an der sogenannten Berliner Erklärung zu orientieren. In dieser am 7. November 2005 verabschiedeten Erklärung der S-Finanzgruppe heißt es unter anderem – ich darf zitieren –:

Das Retail-Geschäft ist unabhängig vom Vertriebsweg nach dem Subsidiaritätsprinzip den Sparkassen vorbehalten.

So weit, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Theorie.

Nun zur Praxis: Festzustellen ist, dass die Westdeutsche Landesbank mit der Sachsen LB die einzige Landesbank ohne Privatkundengeschäft ist. Und das gute Dastehen der LBBW ist zu einem Großteil durch das Retail-Geschäft bedingt. Da muss die Frage erlaubt sein, wie eine Vertikalisierung in Baden-Württemberg und ein Verbot der Vertikalisierung in Nordrhein-Westfalen zusammenpassen soll. Wo ist das gemeinsame Geschäftsmodell?

(Andrea Asch [GRÜNE]: Drei Prozent!)

Zu Recht stellen Sie auch die Frage nach der Schnittstelle