Protocol of the Session on August 24, 2007

(Beifall von der FDP)

Wir haben in Deutschland ein Markenzeichen, nämlich die Trinkwasserverordnung. Unsere Trinkwasserverordnung wird weltweit nicht nur anerkannt, sondern man beneidet uns darum. Sie ist daher sicherzustellen. Auch das ist völlig klar.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kuschke?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Kuschke.

Wir müssen an jeder Stelle etwas gegen Tunnelblicke haben. – Wenn ich als ernst unterstelle, was Sie gerade ausgeführt haben, und mir dann Ihren Entschließungsantrag ansehe, dann stelle ich fest, dass sich von den zwölf Punkten – damit sind ja wohl die Spiegelstriche gemeint – sieben Spiegelstriche ausschließlich auf das Phänomen der einen Fläche beziehen.

(Friedhelm Ortgies [CDU]: Das ist der An- trag!)

Es wird doch nicht infrage gestellt, dass wir mit der Fläche und dem, welche Folgerungen sich daraus ergeben, auch umgehen müssen. Das ist doch völlig klar.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch Recht!)

Aber die entscheidende Frage, Kollege Witzel, die Sie doch eigentlich stellen müssten, ist, wie verhindert werden kann, dass ich mit dem Trinkwasser, das ich genieße, demnächst die gleichen Probleme bekomme. Was muss also über diese eine Fläche, Eine-Punkt-Aktion, hinaus geschehen?

Das war eine Frage. – Bitte schön, Herr Ellerbrock.

Herr Kollege Kuschke, ich hatte bereits dargestellt, dass sich unser Entschließungsantrag geschäftsordnungsmäßig auf den Antrag der Fraktion der Grünen mit einem Umfang von fünf Zeilen bezieht. Da ist von uns der Nachweis erbracht worden, dass erfolgreiches Krisenmanagement betrieben wird, dass das Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Man kann das natürlich anders sehen. Wir haben uns jedoch für den Weg entschieden. Wir können ja vielleicht auch einen gemeinsamen Antrag formulieren. Das halte ich für absolut vernünftig. Wir haben uns auf den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschränkt und sehr konkret aufgelistet, was momentan läuft. Es wird ja auch mangelnde Transparenz vorgeworfen. Das ist eben ein Spannungsfeld.

Meine Damen und Herren, das Thema ist die Belastung des Ruhr-Trinkwassers. Kollege Ortgies hat darauf hingewiesen, dass es kriminelle Machenschaften desjenigen gewesen sind, der den Dünger aufgebracht hat. Ich danke dem Kollegen Ortgies, dass er als Landwirt das so deutlich gesagt hat. Wenn ich einen sogenannten Bodenverbesserer gegen Einnahmen auf meinem Feld verklappen lasse, dann ist das zumindest nicht sofort nachvollziehbar. Jeder weiß, dass dort irgendetwas passiert, was nicht richtig sein kann. Hier sind kriminell landwirtschaftliche Flächen missbraucht worden, noch nicht einmal als Deponie, denn eine Deponie hat Eingangskontrollen, Untergrundabdichtung mit Sickerwassererfassung, Oberflächenabdichtung und im Abstrom noch Kontrollbrunnen. Hier gab es einfach kriminelles Handeln. Das ist nicht richtig, und dem muss nachgegangen werden.

Tatsache ist auch, dass perfluorierte Tenside (PFT) nicht verboten sind, als Werkstoff noch handhabbar sind. Aber war es nicht Herr Uhlenberg, der sich auf europäischer Ebene dafür eingesetzt hat, dass wir hier zu einem Produktionsstopp, zu einem Verbot kommen?

(Wolfram Kuschke [SPD]: Nein!)

Natürlich war er das. – Er hat sich dafür eingesetzt, dass diese Substanz hier verboten wird.

Das Umweltbundesamt hat doch – deswegen muss man mit klarem Kopf an ein solches Problem herangehen; man sollte es nicht nach dem Motto der Grünen machen, also nicht die Menschen in Ängste versetzen, um seine Politik darzustellen, um vorzuführen, dass die Menschen einen brauchen – betont, dass selbst bei den Problemen, die hier auftreten, eine akute Gefährdung nicht gegeben ist.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Es sagt: Zumindest ein sekundär gentoxisches Wirkungspotenzial und ein daraus abzuleitendes karzinogenes Potenzial sind demnach noch nicht sicher auszuschließen. Sie haben also heruntergezont.

Bezüglich der Einhaltung des Leitwertes von 100 mg möchte ich zum Verhalten der Wasserwerke vor Ort ein paar deutliche Worte sagen. Es mag ja formal möglich gewesen sein, die Aktivkohlefilter abzuschalten. Daran, ob das sachlich geboten war, habe ich allerdings mehr als Zweifel. Politisch ist es unverantwortlich. Vor diesem Hintergrund hebe ich hervor: Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass eine dirigistische Rohwasserüberwachung staatlicherseits nicht stattfindet, weil es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, dass diese Überwachung in Eigenverantwortung der Wasserwerke geschehen muss, die mit ihrem Gut umgehen. Ich mache mich stark dafür, denn darin besteht eben Eigenverantwortung. Nur, wenn es sich bei dem, was die Wasserwerke momentan machen, nicht um einen Einzelfall handelt, muss ich meine eigene These anzweifeln und mich fragen, ob das richtig ist. Das muss ich machen.

(Svenja Schulze [SPD]: Ganz genau! Sie müssen das infrage stellen!)

Sicher muss man vorsichtig sein. Ich gehe wirklich davon aus, dass das ein Einzelfall ist. Das will ich noch einmal deutlich sagen.

Jetzt habe ich noch zwei Minuten Redezeit. Da Frau Schulze noch reden wird, will ich mir etwas

Redezeit aufsparen, um noch eine Replik geben zu können.

Herr Kollege Remmel, auf der anderen Seite muss ich sagen – das meine ich ganz ernst –: Ob man hier einem Minister oder einer Ministerin Rechtsbeugung vorwirft, sollte man sich überlegen, und man sollte sich auch fragen, ob man sich nicht hierhin stellt und sagt: Der Begriff war nicht richtig gewählt. Ich bitte Sie wirklich darum. Das ermöglicht, dass wir gut miteinander umgehen. – Danke schön.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein schäbiges Umweltverbrechen, das in den Jahren 2003, 2004 und 2005 – was BrilonScharfenberg angeht – begangen wurde, ist 2006 aufgedeckt worden und rückte PFT als ein weltweites Problem ins Rampenlicht.

Ein Unternehmen hat offenbar mit krimineller Energie die Industriechemikalie PFT unter Dünger gemischt und diesen dann auf Felder verteilt. Dies ist ein schlimmes Vergehen, das mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Früher hätte man von „vorsätzlicher Brunnenvergiftung“ gesprochen.

Diesen Vorgang gibt es in dieser Form nur in Nordrhein-Westfalen. PFT ist ein bundesweites und ein europaweites Problem. Aber einen Vorgang, wie er auf der Fläche bei BrilonScharfenberg festgestellt wurde – in dieser Konzentration –, hat es in keinem anderen Bundesland gegeben. Deswegen sind wir in NordrheinWestfalen davon besonders betroffen, und deswegen muss in Nordrhein-Westfalen besonders gehandelt werden.

Herr Abgeordneter Remmel, ich stelle mir immer die Frage: Was ist die Begründung dafür, dass Sie mit dieser Verbissenheit Falschmeldungen, Halbwahrheiten oder schlicht und einfach Lügen in die Welt setzen, wenn es um das Thema PFT geht?

Hängt es damit zusammen, dass dieser Umweltfrevel auf der Fläche in Brilon-Scharfenberg zu einer Zeit begangen wurde, als Sie in Nordrhein

Westfalen noch die politische Verantwortung getragen haben? Wollen Sie das dadurch abarbeiten, dass Sie mit diesem Thema maßlos umgehen, Fakten verdrehen und auf den Kopf stellen? Mit diesen Reden leisten Sie keinen Beitrag dazu – möglicherweise wollen Sie auch keinen Beitrag dazu leisten –, dass wir mit dem Thema PFT verantwortlich umgehen und dass das Problem im Rahmen der Möglichkeiten schnell gelöst wird. Eine andere Erklärung habe ich für Ihre Reden und Auftritte nicht.

Das ist also ein bundesweiter Vorgang. In Nordrhein-Westfalen sind wir davon besonders betroffen. Es ist auch völlig falsch, wenn immer so getan wird – da wird einem das Wort im Mund herumgedreht –, als ginge es uns nur um BrilonScharfenberg. Nein, wir handeln landesweit. Wir gehen risikoorientiert vor. Ich werde das gleich mit einigen Beispielen untermauern.

Noch einmal: Die Landesregierung hat gehandelt. Wir handeln, um die Menschen und das Wasser wirklich zu schützen.

Ich habe keinen wirklichen Vorwurf gehört. Auch was Herrn Abgeordneten Kuschke betrifft: Ich weiß, dass Sie mit diesem Thema sehr maßvoll und sehr verantwortungsvoll umgehen. Aber ich habe wirklich keinen Vorwurf gehört, der mich veranlassen würde, zu sagen, an der Stelle haben wir etwas falsch gemacht, oder auch nur: Wenn wir bei dem Thema PFT, das uns erst seit zwei oder drei Jahren belastet, etwas falsch machen, bin ich gern bereit, darauf einzugehen.

Die Landesregierung hat kein Interesse daran, dass hier irgendetwas verschleiert wird oder dass wir länger mit PFT zu kämpfen haben, als unbedingt notwendig ist. Wir gehen an dieses Thema umfassend heran. Das gilt nicht nur für die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, sondern wir handeln gemeinsam mit den Behörden, den Wasserwerken und allen, die von dieser Herausforderung besonders betroffen sind.

Die SPD-Fraktion schreibt jetzt:

„Trinkwasser ist ein lebensnotwendiges Nahrungsmittel und braucht daher einen besonderen Schutz. Verbraucher haben ein Recht auf sauberes Trinkwasser. Dafür muss Politik die richtigen Rahmenbedingungen setzen.“

(Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

Das ist richtig. Aber das ist auch nicht neu. Jedenfalls ist das für meine Umweltpolitik nicht neu, und es ist auch für diese Regierung und diese Koalition nicht neu.

(Svenja Schulze [SPD]: Dann können Sie uns ja zustimmen!)

Da uns dies wichtig ist, haben wir seit Anfang 2006 – in unserem jährlich neu herauskommenden Arbeitsprogramm, das ich als neuer Umweltminister vorgelegt habe – diese Dinge ausdrücklich in den Mittelpunkt der Landespolitik gestellt.

Dazu gehört unsere umwelt- und verbraucherschutzpolitische Aufgabe, auch geringste Arzneimittelrückstände aus dem Trinkwasser herauszubekommen. Daran arbeiten wir längst. Konzepte und konkrete Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen haben wir unter anderem auf einer weithin beachteten Tagung im Jahr 2006 dargestellt.

Ich möchte auf die Brunnenvergiftung und auf die politische Brunnenvergiftung jetzt nicht näher eingehen, weil das uns in der Tat nicht weiterhilft. Vielmehr glaube ich, wir sollten noch einmal auf die Fakten schauen.

Wichtig sind natürlich die Informationen für die Bürger. Nachdem ich mir die Debatten der letzten Tage angehört habe, stelle ich fest, dass in der Sache nicht viel übrig geblieben ist. Aber es ist wieder einmal gesagt worden: Ihr informiert nicht genug.

Ich möchte sagen, dass ich das Informationsrecht der Bürger sehr ernst nehme. Schauen Sie auf unseren Umweltbericht, den wir neu herausgeben.

(Zuruf von Svenja Schulze [SPD])

Frau Abgeordnete Schulze, klicken Sie auf „NRW Umweltdaten vor Ort“. Wir haben ein Informationsangebot, das die Leistungen der Vorgängerregierung in Sachen Transparenz und Öffentlichkeit weit übertrifft.

Das Informationsrecht und -bedürfnis findet aber vielerorts seine Grenzen im Datenschutz. Deshalb habe ich hier der Ablehnungsbegründung nichts hinzuzufügen, die ich im Umweltausschuss zu dem Antrag gegeben habe, die einzelnen Flächen und Firmen zu benennen.

Wenn der Abgeordnete Remmel heute in einer Zeitung den Kollegen Schnappauf aus Bayern als Zeugen dafür benennt, dass dies in Bayern vollzogen wird, muss ich dazu sagen: Das ist falsch. Nach diesem Interview heute Morgen habe ich mich natürlich erkundigt. In Bayern ist der Name einer Firma genannt worden, weil die Firma von sich aus an die Öffentlichkeit gegangen ist. Das ist also nicht durch den Kollegen Schnappauf erfolgt, sondern die Firma ist von sich aus im Rah