Denn dafür, dass das Kind die Kindertageseinrichtung nicht besucht, bekommen sie einen Zuschuss. Es ist das Problem, Herr Laschet, dass Sie nicht erkennen, dass sich Ihre Maßnahmen gerade für Eltern, die wirklich sehr massiv rechnen müssen und knapp bei Kasse sind, so wie beschrieben auswirken werden.
Sie müssen entscheiden, ob ihr Kind eine Kindertageseinrichtung, also eine Bildungseinrichtung, besucht, und legen damit schon ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes fest, ob es im Bildungsprozess gute oder schlechte Chancen hat. So sieht die Situation aus.
Erschwerend tritt hinzu, dass diejenigen zukünftig einen Zuschuss erhalten sollen, die ihr Kind nicht
Aber darin sind Sie in Ihrem KiBiz absolut konsequent. Deshalb spreche ich Ihnen Konsequenz nicht ab. Sie diskutieren hier sehr konsequent, nämlich an den Bedürfnissen der Kinder vorbei und für Chancenungerechtigkeit in diesem Land.
Einen letzten Hinweis möchte ich Ihnen geben. Die Frage, ob Sie den Konsens eingehalten haben oder nicht, ist für mich überhaupt nicht entscheidend, weil ich als Opposition mit Ihnen keinen Konsens eingegangen bin.
Es entsteht allerdings kein Kinderbildungsgesetz, bloß weil Sie es so nennen. Das 35 Jahre alte GTK, „Ihrer-kleinen-Laus-Kinderbildungsgesetz“ genannt, ist dem, was Sie vorgelegt haben, in der Frage des Bildungsanspruchs, also in dem, was Kinder in dem Alter tatsächlich an Bildung brauchen, und in dem Bildungsansatz, um Längen überlegen.
Was Sie vorgelegt haben, ist ein Finanzierungsgesetz à la bonne heure. Nur dadurch, dass Sie es Kinderbildungsgesetz nennen, wird es noch kein Bildungsgesetz. Es ist das ganze Gegenteil. Es ist ein schlecht finanziertes Gesetz, und es ist nach wie vor sehr schwierig zu verstehen, wie die Strukturen tatsächlich sind. Übrigens: Zu mehr Transparenz wird es an der Stelle nicht führen. Denn die Verfahren, die Sie mittlerweile auf den Weg geben, haben mit Entbürokratisierung, was mal der Hauptgrund Ihres ganzen Vorgehens war, tatsächlich nichts mehr zu tun.
Die Debatte werden wir noch führen. Nur eines sage ich Ihnen: Warum Sie letztlich ein neues Gesetz machen wollen, das ist einzig und allein dem Dialog zwischen Ihren beiden Ohren zu entnehmen. Hier im Land hat mit dem Blick auf das, was Sie jetzt vorgelegt haben, niemand ein Bedürfnis, aus dem GTK ein KiBiz zu machen, weil jeder weiß, dass man sich damit in der Frage, was Bildung im frühkindlichen Alter tatsächlich bedeutet, verschlechtert. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Milz das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrtes Publikum! Ich kann Sie nur willkommen heißen auf dem Basar zur Familienpolitik im Landtag von NordrheinWestfalen.
Sie sehen zur Rechten die Händler von FDP und CDU. Die bieten Ihnen Äpfel, Birnen, Kirschen, Erdbeeren.
Sie sehen zur Linken die Händler der Opposition, genannt SPD und Grüne. Da bekommen Sie wunderschön verpackte Wasserpfeifen, Räucherstäbchen, Glitzerwerk.
Wenn ich sage, hier habe ich die Verkäufer der alten klassischen Angebote, dessen, was man bei uns unter einem „gesunden Angebot“, einem Korb Obst, versteht, verbirgt sich dahinter eine Verlässlichkeit, die wir durch Handeln und nicht durch Versprechungen herbeiführen.
Dahinter verbirgt sich Geld für Sprachförderung, was hier immer negiert wird, als wäre das selbstverständlich. Dahinter verbergen sich neue Angebote wie unsere Familienzentren, die es bisher nicht gegeben hat und bei denen wir mit unseren Ideen in Deutschland sicherlich führend sind. Dahinter verbirgt sich nicht ein Pseudorechtsanspruch, sondern dahinter verbergen sich reale Plätze für Kinder unter drei Jahren, von denen Eltern etwas haben, nämlich Wahlfreiheit.
Wenn Sie Wasserpfeifen und Räucherstäbchen ausgepackt und genossen haben – es mag ein kurzfristiger Genuss sein; der Nebel und die Schwaden sind wunderbar –, dann bleibt ein Häufchen Asche zurück. Das sind genau die Forderungen der Opposition. – Danke.
Vielen Dank, Frau Kollegin Milz. – Weitere Wortmeldungen liegen zu dieser Aktuellen Stunde nicht vor. Ich schließe damit die Aktuelle Stunde.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 hat der Chef der Staatskanzlei mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, in der heutigen Sitzung den Landtag über das oben genannte Thema zu unterrichten. Zu dieser Berichterstattung erteile ich Herrn Minister Laumann das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 22. Mai 2007 war ein wichtiger Tag. Die Regierung Rüttgers ist seit zwei Jahren im Amt, und wir können feststellen, dass es dem Land und seinen Menschen besser geht als vor zwei Jahren.
Wir haben 170.000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr. Es gibt 113.300 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr als im Frühjahr 2006. Die Zahl der jungen Arbeitslosen ist innerhalb eines Jahres um 28 % und die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 18,7 % zurückgegangen. Ich finde, über diese Zahlen sollten wir uns freuen.
Aber auf diesen Erfolgen darf sich niemand ausruhen. Das zeigt uns der Sozialbericht NordrheinWestfalen 2007. Er ist der zweite Armuts- und Reichtumsbericht in Nordrhein-Westfalen. Der erste Bericht dieser Art wurde 2004 veröffentlicht.
Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich schon darüber gewundert, dass der Sozialbericht 2004 von der damaligen rot-grünen Landesregierung nur der Presse vorgestellt, aber nicht einmal hier im Landtag diskutiert worden ist. Immerhin war es der Landtag, der im Jahre 2001 beschlossen hat, die Landessozialberichterstattung zum Armuts- und Reichtumsbericht weiterzuentwickeln. Ich bin der Meinung, dieser Bericht gehört in das Parlament. Das Plenum des Landtages ist der richtige Ort, sich auch mit den Ergebnissen dieses Berichtes und mit den durch diesen Bericht angesprochenen Menschen zu beschäftigen.
Der Sozialbericht liegt Ihnen vor. Die wesentlichen Inhalte werden Ihnen deshalb bereits bekannt sein. Ich glaube nicht, dass der Bericht grundlegende neue Erkenntnisse über die Ursachen von Armut in unserem Land gebracht hat. Der Bericht hat die alten Datengrundlagen im Wesentlichen fortgeschrieben und präzisiert.
Es hat mich deshalb nicht überrascht, dass das Risiko, arm zu sein, gestiegen ist: bei Arbeitslosigkeit, bei vielen Kindern, bei mangelnder Qualifikation, bei Scheidungen, bei Zugewanderten und bei fehlenden Schul- und Berufsabschlüssen.
Es gibt aber zu denken, dass sich das Armutsrisiko in Nordrhein-Westfalen von 13,7 % im Jahre 2000 auf 14,3 % im Jahre 2005 erhöht hat. Konkret bedeutet das: Rund 2,5 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen sind einkommensarm. Circa 815.000 Kinder und Jugendliche sowie rund 1,75 Millionen Erwachsene leben in einkommensarmen Haushalten, darunter 230 000 Personen im Alter von 65 Jahren und älter.
Als einkommensarm und damit armutsgefährdet gelten Personen, deren Einkommen aus Erwerbsarbeit, Rente und öffentlicher Unterstützung weniger als 50 % des Durchschnittseinkommens der Gesamtbevölkerung in NRW beträgt. Das sind nach dieser Definition Menschen mit einem Einkommen von unter 615 €.
Diese Zahl habe ich auch deshalb genommen, weil es in Europa üblich ist, Armut als relative Armut zu definieren. Das bedeutet natürlich, dass sich die Armutsschwelle ändert, wenn das Gesamteinkommen in der Bevölkerung steigt. Das muss man einfach hinzufügen. Diese Zahl alleine sagt nicht alles über die konkreten Lebensverhältnisse eines solchen Menschen aus.
Zum Beispiel befindet sich eine Witwe in meiner Heimatgemeinde mit einer Rente von 600 € – davon gibt es im Übrigen sehr viele –, die in einem Haushalt zusammen mit ihren Kindern lebt, in einer ganz anderen Lebenssituation, weil sie über Wohneigentum verfügt, mietfrei und in einer Familiengemeinschaft wohnt, als eine Witwe, die mit einem solchen Einkommen in einer großen Stadt in einer Mietswohnung lebt.
Ich finde, wir dürfen diese Zahlen auch bezogen auf die Frage, was das für die Lebenswirklichkeit der Menschen bedeutet, nicht pauschal diskutieren, sondern wir müssen diese Unterschiede deutlich machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Opposition hat nach meiner Pressekonferenz, in der ich den Armutsbericht vorgestellt habe, reflexartig einen Notstand in Nordrhein-Westfalen ausgerufen und mehr Geld gefordert. Ich habe mich darüber ein wenig geärgert, vor allem vor dem Hintergrund des Umgangs mit dem alten Sozialbericht. Damals war ich noch nicht hier. Er ist damals nicht groß debattiert worden.
Die Landesregierung hätte ja damals informieren können. – Meine Damen und Herren, ich möchte Sie heute bitten, über die Fragen, die im Sozialbericht angesprochen sind, vernünftig und sachlich miteinander zu reden, denn die betroffenen Menschen haben es verdient. Man sollte nicht nur pauschal sagen, was gemacht werden muss. Die Antworten, wie damit umgegangen werden muss, müssen sehr differenziert sein.
Hinzufügen möchte ich aber auch, dass dieser Sozialbericht – es ist nun einmal so – mit den Daten von 2005 endet.
Er ist damit eine Abschlussbilanz der Lebensverhältnisse der Menschen in Nordrhein-Westfalen nach Ihrer Regierungszeit.