Protocol of the Session on May 4, 2007

Aber dass die Lohnuntergrenze in Düsseldorf anders sein muss als in Höxter und in Höxter eine andere als in Eichsfeld, sollten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Sie wissen das.

Ich mache jetzt auch Schluss. – Herr Schmeltzer, ich will mich bei Ihnen ganz herzlich für Ihren Antrag bedanken.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist doch schon etwas! – Norbert Killewald [SPD]: Das hört sich ganz anders an!)

Eine bessere Zeit für eine arbeitsmarktpolitische Debatte gibt es nicht. Man hat mich gestern Abend schon danach gefragt, was ich Ihnen dafür gezahlt hätte, dass Sie diese Debatte angezettelt haben. Ich darf mich bei Ihnen noch einmal herz

lich für diese Debatte bedanken, weil Sie mir die Möglichkeit gab, die äußerst erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung von NordrheinWestfalen darzustellen. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Es wäre schön gewesen, wenn Sie auch noch zum Antrag gesprochen hät- ten!)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Garbrecht das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte viel sagen, und der Minister hat ja auch seine Redezeit ein wenig überzogen. Dennoch ist mein Zeitkontingent eingeschränkt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Entschuldigung!)

Herr Minister, gehen Sie davon aus, dass wir die Vereinbarung aus Berlin kennen und der Kombilohn in Nordrhein-Westfalen natürlich nicht 1:1 umgesetzt wird, sondern um notwendige und wichtige Qualifizierungsbausteine ergänzt worden ist. Sie erwecken hier den Eindruck, als hätten Sie sich an dieser Stelle durchgesetzt. Es handelt sich dabei aber um eine gemeinsame Arbeit.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist die Wahr- heit!)

Wir unterstützen Sie in der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Das Regularium hat der Kollege Schmeltzer aufgezeigt. Dringenden Handlungsbedarf gibt es aber nicht nur an der polnischen Grenze, sondern auch in NordrheinWestfalen selber. Schauen Sie sich einmal an, was in Ostwestfalen in der Fleischindustrie gezahlt wird. Lesen Sie die Zeitung von heute: Bei Westfleisch werden Stundenlöhne von 3,53 € bezahlt. – Und Sie behaupten, in dieser Frage gäbe es für eine nordrhein-westfälische Landesregierung keinen Handlungsbedarf. In dieser Branche aber existiert keine Allgemeinverbindlichkeitserklärung wie in anderen. Sie machen sich insofern leicht aus dem Staub.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es gibt einen Grund, sich zu freuen. Darin stimmen wir mit Ihnen überein. Die robuste Konjunktur schlägt auf den Arbeitsmarkt durch. Wir freuen uns, dass bundesweit die Grenze von 4 Millionen Arbeitslosen und in Nordrhein-Westfalen von 900.000 Arbeitslosen unterschritten ist.

Frau Schönefeld kommentiert das so: Von einer echten Trendwende sind wir natürlich noch weit entfernt. Sie sagt aber auch: Die Arbeitsmarktreform und die Konjunktur werden auch in den kommenden Monaten für weitere Verbesserungen sorgen.

Jetzt zitiere ich Ihre eigene Erklärung. Sie haben anerkennend konstatiert, dass nicht die nordrheinwestfälische Landesregierung für diesen Erfolg verantwortlich ist, sondern sich diesen Erfolg die nordrhein-westfälischen Tarifparteien aufgrund moderater Lohnabschlüsse und die Politik, die die Reformen auf dem Arbeitsmarkt vorangetrieben hat, ans Revers stecken können. Das ist Ihre Aussage, die ich hier noch einmal zitiere.

Das ist wohl wahr, Herr Minister. Aber vor noch nicht allzu langer Zeit klang das noch völlig anders. Damals haben Sie den Zusammenhang mit Arbeitsmarktreformen vehement bestritten und Häme über all diejenigen ausgeschüttet, die diesen Zusammenhang genannt haben. Mit Gelächter haben Sie das quittiert. Ihre Forderung war eine Generalrevision. Und heute sonnen Sie sich mit dieser Begründung in den Arbeitsmarktzahlen.

Ich will Ihnen Ihr Eigenlob nicht streitig machen. Sie haben Ihren Anteil am Erfolg der Arbeitsmarktreform in Ihrer früheren Funktion erworben. Die nordrhein-westfälische Landesregierung aber hat keinen Beitrag zum Gelingen der Arbeitsmarktreform geleistet, sondern hat immer nur quergeschossen.

(Beifall von der SPD)

In einem Punkt sind wir uns einig: Wir brauchen in der Arbeitsmarktpolitik eine ständige Weiterentwicklung, die aber nicht hektisch erfolgen darf, sondern auf unseren Erfahrungen in NordrheinWestfalen und anderen Bundesländern sowie europäischen Ländern aufbauen muss. Wir brauchen den Mut, neue Wege zu gehen. Diese neuen Wege müssen wir regional erproben, bevor wir sie in einen endgültigen Gesetzesrahmen gießen.

An dieser Gelassenheit hat es in der Vergangenheit gemangelt. Wir bringen jetzt zwei Vorschläge ein.

Herr Garbrecht, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Romberg?

Bitte, gerne.

Bitte sehr, Herr Romberg.

Herr Garbrecht, Sie haben gerade den Anteil der Leistungen der schwarz-gelben Landesregierung am Jobaufschwung auf dem nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt angezweifelt. Vor kurzem ist NRW in einem Bundesranking erstmals als Mittelstandsland Nr. 1 geführt worden.

Glauben Sie, dass sich die regionale Wirtschaftsfreundlichkeit der neuen Landesregierung auch auf den nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt massiv auswirkt?

(Frank Sichau [SPD]: Nein!)

Herr Dr. Romberg, es gibt so viele Rankings, dass man das eine so und das andere so beweisen kann. Ich sage Ihnen: Von den 900.000 Arbeitslosen, die wir in diesem Land haben, ist jeder Einzelne einer zu viel. Wir können uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Erfolge müssen Ansporn sein, dass jeder Mensch in diesem Land eine existenzsichernde Arbeit haben muss. Der Weg dorthin ist noch weit. Es ist noch viel zu früh, sich in Wohlergehen und den erreichten Erfolgen zu sonnen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Kombilöhne hat Karl-Josef Laumann nicht erfunden. Kombilohnmodelle gibt es in diesem Land zuhauf. Sie wissen, dass ich diesem Instrumentarium immer positiv gegenübergestanden habe.

Aber sowohl bei den Kombilöhnen wie auch unserem Vorschlag eines „Bonus für Arbeit“ stehen wir vor dem gleichen Problem, dass wir nämlich im Prinzip dauerhaft einen Niedriglohnbereich subventionieren und durch diese Maßnahmen in diesem Bereich weitere Lohnsenkungen für die Beschäftigten verhindern. Wie bei den Kombilohn- und allen anderen Modellen ist das auch hier nur eine Seite der Medaille.

Die andere Seite der Medaille ist – an der Stelle können Sie sich nicht herauswinden, Herr Minister Laumann – der Mindestlohn.

Ich war vor zwei Tagen in Detmold bei einer Ordensverleihung durch den Ministerpräsidenten. Da hat mich ein CDA-Funktionär angesprochen und gesagt: Richten Sie mal dem Arbeitsminister und auch dem Ministerpräsidenten aus: Wir sind für Mindestlohn!

(Beifall von der SPD)

Jetzt weiß ich nicht, wie viele Mitglieder der CDU für Mindestlohn sind. Ich weiß aber durch eine Umfrage von emnid, dass 57 % der Wähler der

CDU die Forderung nach Mindestlohn für berechtigt halten.

Wir stimmen überein – das haben Sie ja eben gesagt –: Wer in Vollzeit arbeitet, muss von seiner Arbeit leben können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dieses Ziel müssen wir parteiübergreifend erreichen: mit tariflichen Regelungen, mit Allgemeinverbindlichkeitserklärungen und dem Mindestlohn. Wer den Erfolg der unterschiedlichen arbeitsmarktpolitischen Modelle ernsthaft will, wer nicht nur weiße Salbe, Almosen verteilen will oder nur sein eigenes politisches Gewissen beruhigen will, der muss die Gretchenfrage nach dem Mindestlohn beantworten.

Herr Kollege, die Redezeit ist zu Ende.

Ich schließe mit einem Zitat, Herr Präsident, zur Orientierung für die CDU:

„Wenn Arbeit weniger Einkommen bringt, als der Staat zur Sicherung des Existenzminimums zahlt, dann ist dieses System nur noch übergeschnappt. Dann lohnen sich Arbeit und Anstrengung nicht mehr. Ausgerechnet die Neoliberalen ramponieren mit ihrer Politik des ungeschützten Lohns das Leistungsprinzip. Wenn der Staat sich gegen die Ausnutzung durch die Arbeitgeber wehren will, muss er durch gesetzlichen Mindestlohn den Fall der Löhne ins Bodenlose stoppen. Der Mindestlohn ist der Riegel vor der Tür, durch den sich der Staat vor den Arbeitgebern als Mitnehmer seiner Sozialleistungen schützt.“

Dies hat Norbert Blüm gesagt. Dem kann ich nur voll zustimmen.

(Beifall von der SPD)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Tenhumberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Worten von Frau Steffens und Herrn Schmeltzer will ich doch sagen, dass ich sehr froh bin über die Art und Weise, wie sie vorgetragen haben, weil dadurch deutlich geworden ist, dass wir uns im Parlament

ernsthaft mit dem Problem der Langzeitarbeitslosigkeit beschäftigen.

Es geht hier um viele, um zu viele Menschen. Gerade die Langzeitarbeitslosigkeit ist eine sehr schwere Belastung für den Einzelnen, aber auch für die Familien. Ich glaube, es ist auch dienlich, wenn Herr Garbrecht und unser Minister einige Punkte einmal in aller Deutlichkeit und Offenheit ansprechen.