Protocol of the Session on May 4, 2007

Es geht hier um viele, um zu viele Menschen. Gerade die Langzeitarbeitslosigkeit ist eine sehr schwere Belastung für den Einzelnen, aber auch für die Familien. Ich glaube, es ist auch dienlich, wenn Herr Garbrecht und unser Minister einige Punkte einmal in aller Deutlichkeit und Offenheit ansprechen.

(Lachen von Rainer Schmeltzer [SPD])

Auch die Wahrheiten müssen ausgesprochen werden. So kommen wir vielleicht auch zum Konsens.

Herr Schmeltzer, zu der Einleitung in Ihrem Antrag will ich einige Anmerkungen machen. Ich glaube, die müssen Sie noch einmal überarbeiten. Der Konjunkturaufschwung, so sagen Sie, habe den allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht, gehe jedoch an der Langzeitarbeitslosigkeit in NordrheinWestfalen nahezu spurlos vorbei.

Sie haben dankenswerterweise den Bericht vom 2. Mai der Regionalagentur für Arbeit erwähnt. Danach ist es ganz klar anders; die Zahlen sprechen dort eine andere Sprache.

Was Ihren Antrag insgesamt angeht, bitte ich auch noch einmal zu überlegen: Sie müssen, wenn Sie solche Forderungen aufstellen, Position beziehen, wie die für das Land entstehenden finanziellen Risiken aussehen und wie Sie die ganze Organisation mit zusätzlichem öffentlichem Personal aufbauen wollen. Mich würde schon interessieren, wie Sie dazu stehen.

Sie sagen weiter, die Anzahl der betroffenen Langzeitarbeitslosen sei ständig gestiegen. Frau Steffens hat dankenswerterweise bereits auf Ihren Antrag vom 22. August hingewiesen, und Sie haben es auch verstanden. In Nordrhein-Westfalen gehen diese Zahlen nämlich zurück, meine Damen und Herren,

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

und zwar mit minus 26,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat überproportional bei den Langzeitarbeitslosen unter 25. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Das ist ein Erfolg. Er kommt den jungen Menschen auch zugute. Ich freue mich darüber, dass hier eine positive Tendenz in NordrheinWestfalen eingeläutet worden ist.

Dann, Herr Schmeltzer, sagen Sie, bei jedem Zweiten liege die Beschäftigung drei Jahre und länger zurück. – Das ist falsch! 112.000 sind länger als drei Jahre arbeitslos, ohne die von den

Optionskommunen betriebenen Agenturen. Das ist jeder Dritte und nicht jeder Zweite.

Dann gibt es von Ihnen auch die Aussage, jeder Dritte sei gesundheitlich beeinträchtigt. – Falsch! Es sind 67.400; das ist jeder Fünfte.

Also, wenn Sie das schon in der Einleitung darstellen, dann bitte ich, auch die richtigen Zahlen zu nehmen, damit wir sachgerecht darüber diskutieren können.

Der vorliegende Antrag, meine Damen und Herren, legt dar, dass der soziale Arbeitsmarkt – wobei ich der Meinung bin, dass dieser bereits erfolgreich existiert – neue Beschäftigung im öffentlichen Raum schafft. Wir alle gemeinsam müssen aber definieren, auf welchen Tätigkeitsfeldern

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das habe ich doch angesprochen!)

denn hier gearbeitet werden soll, um nicht reguläre Arbeit zu verdrängen. Wir müssen uns einmal darüber verständigen, wie das funktionieren soll.

Ihre Ausführungen zum Kombilohn, Herr Schmeltzer, sind unzutreffend und verkürzt. Durch den Kombilohn soll nicht nur die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gefördert, sondern auch das dauerhafte Verlassen des Transferbezugs ermöglicht werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmeltzer?

Ja, bitte, Herr Schmeltzer.

Bitte, Herr Schmeltzer.

Herr Kollege Tenhumberg, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass sowohl aus dem Antrag als auch aus meinem Wortbeitrag deutlich hervorgeht, dass – Sie haben es gerade auch angesprochen – bei den Tätigkeitsfeldern, die qualifiziert definiert werden müssen, dies kommunal mit den jeweiligen Arbeitsmarktakteuren vor Ort geschehen soll; denn die wissen, wie es kommunal, vor Ort, aussieht. Ich will es dem Land gar nicht zumuten, dass wir hier in diesem Hohen Hause definieren, was öffentliche Beschäftigung zum Beispiel in Höxter bedeutet.

Es ist schön, dass wir uns da im Prinzip einig sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann zitieren Sie das doch bitte richtig!)

Ich würde sagen, dass wir das im Ausschuss noch einmal vertiefen können, wobei Sie ja auch wissen, dass die Verhältnisse im Land nicht überall gleich sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sage ich doch!)

Ich warne davor zu glauben, dass überall so gehandelt wird, dass reguläre Arbeit nicht verdrängt wird.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das habe ich al- les angesprochen!)

Meine Damen und Herren, Langzeitarbeitslosigkeit wird neben persönlichen Hemmnissen auch durch eine zu geringe Qualifikation verursacht. Der Trend in Richtung wachsender Qualifikationsanforderungen macht es notwendig, frühzeitig präventiv tätig zu werden.

Das macht die Landesregierung bereits, zum Beispiel durch eine vernünftige Bildungspolitik, durch den Bildungsscheck und unter anderem auch durch das Programm „Jugend in Arbeit plus“. Wir erhöhen die Chancen der Langzeitarbeitslosen, in Arbeit zu kommen. Wir verbessern deren Qualifikation, um erneute Arbeitslosigkeit zu verhindern, und wir helfen mit, sonstige Vermittlungshemmnisse abzubauen.

Die Regierungsfraktionen in Berlin beschäftigen sich zurzeit in Arbeitsgruppen mit dem Thema Langzeitarbeitslosigkeit. Stichworte hierzu sind unter anderem das Programm 50plus, Qualifizierung, Kombilohn, Zuverdienst im Rahmen von SGB II, Entsendegesetz und Mindestlohn. Meine Damen und Herren, die Zwischenergebnisse

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die sind doch schon fertig!)

machen mir Mut und geben mir Hoffnung, dass wir dieses Thema im zuständigen Ausschuss erfolgreich bearbeiten können. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Laumann noch einmal das Wort. Ich muss darauf hinweisen, dass das als zusätzliche Zeit läuft und diese Zeit dann für alle anderen Fraktionen im Prinzip ebenfalls zur Verfügung steht. – Bitte, Herr Minister.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich deshalb noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich die Anmerkungen des Kollegen Garbrecht über die Arbeitsmarktreform so nicht stehen lassen kann.

Die erfolgten Reformen auf dem Arbeitsmarkt sind teilweise richtig, zeigen aber nach meiner Auffassung in drei Punkten eine verheerende Auswirkung.

Ich persönlich werde mich damit nicht abfinden, dass es in diesem Land Ein-Euro-Jobs gibt und damit eine Entwürdigung von Arbeit. Der EinEuro-Job ist der Grund dafür, weshalb wir mit dem Kombilohn so wenig erreichen, denn etwas Attraktiveres, als einen Menschen für einen Euro pro Stunde zum Arbeiten zu bekommen, gibt es nicht. Diejenigen, die den Ein-Euro-Job kreiert haben, haben einen Riesenbeitrag zu entwürdigenden Bedingungen bei der Entlohnung für Arbeit geleistet. Das haben diese Menschen zu verantworten.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen war der Ein-Euro-Job niemals die Politik der Union. Im Protokoll des Deutschen Bundestages können Sie nachlesen, dass wir diese Ein-Euro-Jobs mit der Hartz-Gesetzgebung abgelehnt haben.

Ein zweiter Punkt, Herr Garbrecht. So lange ich lebe und „bei mir etwas zuckt“, werde ich mich nicht damit abfinden, dass wir mittlerweile in einem Land leben, in dem ein Arbeitnehmer, der dreißig Jahre lang Steuern und Beiträge bezahlt hat, nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit genau so behandelt wird wie jemand, der noch niemals in seinem Leben gearbeitet hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit diesem Teil der Arbeitsmarktreform werde ich mich niemals abfinden. Ich finde es beschämend, dass wir einen Bundesarbeitsminister haben, der über diese Frage nicht mit sich reden lässt.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Wir reden seit Monaten darüber!)

Und ich werde mich mit einem weiteren Punkt der Arbeitsmarktreformen nicht abfinden, nämlich dass ein Mensch, der für das Alter etwas zurückgelegt hat, unter 55 Jahre alt ist und seine Rücklagen nicht in der Riester-Rente hat – die heute zwischen 45- und 55-Jährigen können in der Riester-Rente nur wenig haben, weil das ein neues Instrument ist –, wenn er arbeitslos ist, seine Rücklagen für die Alterssicherung bis auf 16.250 € auflösen muss, damit er eine Zusatzrente in Höhe von ganzen 84 € be

kommt. Ich finde es beschämend, dass wir in Berlin einen Arbeitsminister haben, der auch diesen Punkt nicht ändern will.

In diesen Punkten unterscheiden sich Herr Garbrecht und Herr Laumann in der Bewertung der Arbeitsmarktreformen.

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister Laumann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Rainer Schmeltzer [SPD] meldet sich.)

Es gibt eine Wortmeldung von Herr Schmeltzer. – Gut, dass der Arm so schnell oben war, Herr Kollege Schmeltzer. Ich hätte es fast übersehen. Sie haben noch 4:32 Minuten Redezeit. Bitte schön.

So lange brauche ich nicht, um auf diese echauffierenden Worte des Ministers zu antworten.