Protocol of the Session on May 3, 2007

Schließlich wurde ein erster Versuch unternommen, die Klimaveränderung in NordrheinWestfalen zu erfassen. Ein erstes Werkstattpapier stellt sich abzeichnende Klimatrends in NordrheinWestfalen im Überblick dar. Im Vordergrund stehen dabei die Auswirkungen für Land- und Forstwirtschaft, Boden- und Naturschutz, Wasserwirtschaft, Jagd und Fischerei, Verbraucherschutz und Gesundheit und auch Umweltmedizin.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Wo gibt es das denn?)

Das werden Sie gleich von meinem Kollegen hören. – Der zugehörige Entwurf für eine Landesklimafolgenstrategie stellt zahlreiche Vorschläge und Ansätze zur Anpassung an den Klimawandel zur Diskussion und Entscheidung.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Sie haben es, wir haben es nicht?)

Meine Damen und Herren, wie Sie hören, hat die Landesregierung längst begonnen, sich dem Klimawandel zu stellen, und vielerlei Maßnahmen auf den verschiedensten Ebenen eingeleitet, die teilweise sogar über die EU-Vorgaben hinausgehen. Ich sehe jedoch allen konstruktiven Vorschlägen – auch denen von Herrn Priggen – dankbar entgegen. Ich höre gleich natürlich auch noch gerne die Ausführungen vom Kollegen Remmel. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Fasse. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt der Herr Abgeordnete Stinka das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! 27. Juli 2007: Seit mehr als drei Wochen herrscht in Nordrhein-Westfalen eine große Hitzewelle. Menschen in den dicht bebauten Ruhrgebietsregionen leiden unter den hohen Temperaturen. Zwischen meinem Heimatort Dülmen und beispielsweise Bochum und Duisburg liegen mehr als 3 Grad Unterschied in der Nacht. Klimawandel wird so hautnah spürbar, im wahrsten Sinne des Wortes.

Begrünungsversuche, wie sie beispielsweise in Duisburg gestartet werden, sind die richtige Ant

wort von den Kommunen vor Ort. Unsere Aufgabe, Kolleginnen und Kollegen, ist es hingegen, hier im Landtag Verantwortung zu übernehmen, um das Klima vor gefährlichen Abgasen zu schützen.

Damit ein solches Szenario in unserer Heimat, in unserem Bundesland keine langfristige Realität wird, ist diese Aktuelle Stunde heute richtig und wichtig.

Zunächst einmal gebührt Sigmar Gabriel großer Dank für seine Regierungserklärung stellvertretend für die Bundesregierung.

(Zustimmung von der SPD)

Mit seiner Regierungserklärung hat er am vergangenen Donnerstag einen bedeutenden Meilenstein für die nationale Klimapolitik gelegt. Sie kann Vorbild sein für globales und internationales Handeln. Denn wir haben alle ein gemeinsames Ziel: den Klimawandel kraftvoll aufzuhalten. Sigmar Gabriel hat in seiner Erklärung Klartext gesprochen und den Umbau der Industriegesellschaft, der gerade schon angeführt wurde, deutlich herausgestellt.

Die Klimaagenda 2020 kann umgesetzt werden. Das ist keine Debattenrhetorik.

Wenn Klimaschutz erfolgreich sein soll, Kolleginnen und Kollegen, ist dafür jedoch der Umbau der gesamten Industrielandschaft notwendig. Das bedeutet gerade für uns Sozialdemokraten, dass jeder in der Gesellschaft einen Beitrag leisten muss. Hier gilt nicht, dass nur der eine mit dem Finger auf den anderen zeigt. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe.

(Beifall von der SPD)

Das sage ich in diesem Haus ganz bewusst, um Verantwortlichkeiten deutlich zu machen – Verantwortlichkeiten, die wir bei den Mitgliedern der Regierungsfraktionen häufig nicht bemerken. Der Stellenwert von Klimapolitik wird, wenn es darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen, oft nicht richtig gesehen.

(Beifall von der SPD)

Ich bin der Bundesregierung daher ausgesprochen dankbar, dass dieses Signal aus Berlin geschickt wurde – ein Signal, das hier in Düsseldorf nicht ungehört bleiben kann, auch wenn Sie jetzt kaum zuhören.

Die Umsetzung dieses historischen Beschlusses der europäischen Staats- und Regierungschefs, auf dem die Regierungserklärung fußt, den CO2Ausstoß um 30 % zu reduzieren und erst dann

Deutschland folgen zu lassen – mit 40 % im Vergleich zu 1990 –, ist möglich und nötig. Sigmar Gabriel hat einige Punkte ausgeführt, wie wir dieses Ziel erreichen können.

Wir müssen die Energieeffizienz steigern. Das Wort wurde hier schon häufig in den Mund genommen. Dann müssen aber auch konkrete Ziele folgen, beispielsweise Energiesparfonds.

Wir müssen effiziente Kohlekraftwerke bedarfsgerecht bauen. Das heißt, dass alte Kraftwerke abgeschaltet werden und neue ans Netz gehen müssen und frühestmöglich mit CO2-Abscheidern oder anderen Techniken versehen werden. Der Neubau ist hierbei Verpflichtung für die Betreiber zügig an Kohlendioxidreduzierung zu arbeiten.

Das geschieht jedoch nur, Kolleginnen und Kollegen, wenn auch heimische Energieträger langfristig erschlossen bleiben. Wirtschaftliches Handeln vermittelt Glaubwürdigkeit im Welthandel, gerade im Blick auf China und Indien.

Wir müssen den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung steigern. Das hat Frau Fasse auch gerade ausgeführt. Für die NRW-SPD bedeutet das konkret, dass endlich vorurteilsfrei über ein sogenanntes Repowering im Windenergiebereich geredet werden muss und der immer noch existierende Erlass aufgehoben wird.

(Beifall von der SPD)

Das Zitat von Herrn Wittke – mehr Windenergie brauchen wir nicht – vom 27. April dieses Jahres zeigt nur die mangelnde Sachkenntnis, die in der Landesregierung vertreten ist.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Das hat er nicht gesagt!)

Daneben ist eine umfassende Biomassestrategie, über die wir letzte Woche gesprochen haben, Herr Uhlenberg, vorzulegen. Mit dem Satz von Herrn Wirtz, „mal schauen, ob das klappt“, ist der NRWStandort langfristig sicherlich nicht gesichert.

(Beifall von der SPD)

Für die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen ist eine Verbindung aus herkömmlichen Kraftwerksanteilen und regenerativen Energien, das sogenannte virtuelle Kraftwerk, langfristig ein wichtiger Baustein für die Energieversorgung der Menschen und der Industrie. Der Ausbau im Bereich der Wärmekraftgewinnung auf 14 % macht – das fordert unsere Fraktion – ein erneuerbares Energiewärmegesetz notwendig.

Wir wollen die Solarthermie in die Mitte unserer umweltpolitischen Anstrengungen rücken. Nord

rhein-Westfalen setzt aufs Dach – diese Kampagne ist vonnöten, damit hiesige Unternehmen in Nordrhein-Westfalen Planungssicherheit erhalten und aus dem Schattendasein herausgeführt werden.

(Beifall von der SPD)

Die Gebäudeeffizienz ist angesprochen worden. Damit ist auch die Gebäudeeffizienz des Landtages und der Landtagsverwaltung gemeint.

Wir haben gemeinsam über Geothermie gesprochen. Wir haben den Ansporn und das Zeug dazu, Frau Thoben, den Anteil an der Energieproduktion zu stoppen. Sie selbst haben in Köln eine Anlage eröffnet. Weitere stehen eventuell an. Bottrop und die Stadtwerke Bochum bieten gute Beispiele für die geothermische Nutzung. Nur, da muss mehr Schub rein.

Wir wollen den Verkehr effizienter gestalten und mehr Biokraftstoffe einsetzen. Das bedeutet aber, dass sich die Landesregierung für Standards in der Nutzung von Biokraftstoffen einsetzen muss. Darauf baut die Industrie. Sowohl in ökologischer Hinsicht, wenn wir an die Palmöldiskussion denken, als auch in technischer Hinsicht ist hier Fehlentwicklungen entgegenzusteuern, Frau Thoben. Da ist genug Arbeit für Sie.

(Beifall von der SPD)

Selbstverständlich kann der Bundesumweltminister die Maßnahme mit konkreten Zahlen hinterlegen. Mich als nordrhein-westfälischen Abgeordneten interessieren aber die Zahlen für unser Land. Da komme ich auf den Schwachpunkt der Regierung zu sprechen. Ein Klimaschutzkonzept liegt bis heute nicht vor. Das, was eben von Frau Fasse angeführt wurde, ist so dünn, dass man nicht von einem Konzept sprechen kann. Das sind Phrasen; noch mehr heiße Luft benötigen wir nun wirklich nicht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie müssen erklären, welche Maßnahmen Sie bis zum Jahr 2020 ergreifen wollen, was Sie im Bereich Klimaschutz in der Bundesrepublik leisten wollen.

Für die NRW-SPD steht fest: Wir arbeiten für heimische Energieträger von Kohle bis Sonne, wir wollen Lebensqualität und keine heißen Innenstädte und wir stehen für Versorgungssicherheit.

Zum Abschluss darf auch ich den Bundesumweltminister zitieren.

„Die Berichte liegen vor. Die Reden sind gehalten. Die Zeit zum Handeln ist gekommen.“

Ein Handeln, von dem wir in NRW leider zu wenig sehen. – Schönen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stinka. – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Ellerbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Fraktion der Grünen, eigentlich müssen Sie sich doch entscheiden: Sie haben Gabriel zitiert als Ankündigungsminister ohne Wert, und jetzt stellen Sie einen Antrag in der Aktuellen Stunde. Für einen der beiden Wege müssen Sie sich nun entscheiden. Ist er der glorreiche Heroe oder ist er der Ankündigungsminister ohne Wert? – Ein Mittelweg ist eigentlich nicht möglich.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Das ist eine Re- gierungserklärung der Bundesregierung!)

Meine Damen und Herren. Für mich ist offensichtlich, dass der Ankündigungsminister Gabriel – ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass er ein Ankündigungsminister ist – seinem Grundsatz treu geblieben ist: hehre Ziele, allerdings keine Maßnahmen. – Sie sagen, dass der Bundesumweltminister etwas veröffentlicht, und fragen, was die Landesregierung tut. Die Landesregierung tut etwas: Sie handelt.