Protocol of the Session on May 3, 2007

Danke schön, Frau Sommer. – Für die SPD spricht nun Frau Schäfer.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Warten Sie ab, was noch zu sagen ist! Ich denke, das ein oder andere Argument ist noch in die Debatte einzubringen. Mir liegt daran, hier noch einmal zu betonen, dass die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland bei den internationalen Schulleistungsstudien im oberen Drittel lagen und gut bis sehr gut abgeschnitten haben, sodass dieses ganze Gerede, die Grundschulen in einen Wettbewerb zu zwingen, um hier andere Bedingungen zu erreichen, völliger Blödsinn ist. Das möchte ich hier einfach einmal festhalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Punkt 1: Unsere Grundschulen leisten hervorragende Arbeit.

Punkt 2: 15 Kommunen haben jetzt von ihrer Option Gebrauch gemacht, die Schulbezirke aufzulösen, 381 aber nicht. Das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen. Ich kann mich an die Anhörung gut erinnern: Wir haben als Opposition nicht laut Protest erhoben, sondern wir haben uns in den Protest eingebracht; aber wer hier am lautesten protestiert hat, das sind die kommunalen Spit

zenverbände gewesen. Ich zitiere sehr gerne Herrn Hamacher, der mich außerordentlich beeindruckt hat, der der Schulverantwortliche des Städte- und Gemeindebundes ist. Er hat gesagt: Die Landesregierung löst Probleme, die vorher gar nicht da waren, und sie gibt Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat.

(Rudolf Henke [CDU]: Das ist nicht wahr! Das stimmt nicht!)

Und genau so haben Sie sich beim Thema Schulbezirke verhalten. Sie haben den Kommunen ein Steuerungsinstrument entzogen – mit allen Konsequenzen, die mein Kollege Herr Prof. Bovermann benannt hat; ich möchte sie nicht wiederholen.

Aber eine Diktion finde ich in Ihrem Antrag interessant. Sie fordern nämlich, dass die Landesregierung Sicherheit bei den Kommunen, bei den Lehrern und Eltern schaffen soll. Sie fordern, dass die Landesregierung die Kommunen auf die Umstellung vorbereiten soll, und Sie fordern die Landesregierung auf, einen Erfahrungsaustausch zu organisieren. Höre ich da eventuell die Sorge, dass eine Maßnahme, die Sie beschlossen haben, nicht gut gelingen könnte? Ansonsten bin ich der Meinung, sollten Sie den Kommunen tatsächlich das zutrauen, was Sie vermutlich meinen, das sie können.

Ich frage Sie ganz ernsthaft – noch niemand von Schwarz-Gelb hat uns diese Frage beantwortet –: Warum haben Sie nicht die Städte und Gemeinden allein entscheiden lassen? – Das ist für mich der ganz zentrale Punkt. Wenn Sie es mit kommunaler Eigenverantwortung ernst meinen, dann hätten Sie dies so machen müssen.

Eben hat jemand gesagt, nun sollten wir mal keine Rückwärtsrolle machen. Ich wünsche mir an Ihrer Stelle genau in diesem Punkt eine Rückwärtsrolle, bevor es zu spät ist. Schauen Sie in unsere Nachbarstaaten. Die Niederlande haben es uns vorgemacht. Sie haben dieses Instrument auch einmal eingeführt und dann die Konsequenzen festgestellt. Sie nennen es „weiße und schwarze Schulen“, wir sagen: Es gibt gute Schulen für Reiche und schlechte Schulen für Arme. – Darauf steuern wir mit Ihrer Maßnahme leider zu.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich kann Sie also nur auffordern: Nehmen Sie das zurück, und lassen Sie die Kommunen alleine eigenverantwortlich entscheiden! Das wäre vernünftige Landespolitik. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Schäfer. – Herr Witzel hat jetzt noch einmal das Wort für die FDP.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorredner der Opposition zeigen: Sie haben wenig aus den Fakten, die vorliegen, gelernt, und Sie haben vor allem aber nicht die Größe, hier auch einmal eigene Fehleinschätzungen offen zu revidieren.

Die Fakten beim Thema „freie Schulwahl“ sprechen klar eine andere Sprache. Wir präsentieren Ihnen deshalb heute mit großer Freude und voller Stolz die durchweg positiven Ergebnisse der Optionskommunen, die von den neuen Freiheiten des Schulgesetzes bereits vorzeitig vor Ort Gebrauch gemacht haben. Alle Befunde der ersten Begleituntersuchung des Ministeriums zeigen: Es war goldrichtig, dass der Landtag NordrheinWestfalen die alternativlosen Entscheidungen Richtung Leistungsverbesserung und Qualitätswettbewerb getroffen hat, und es war grundfalsch, welche Panikmache die Opposition aus eigener Themenarmut heraus in unserem Land veranstaltet hat.

Richtig ist: Wir haben die Schulverwaltungsbürokratien entmachtet, da selbstbewusste Nutzer nun mit ihren eigenen Füßen abstimmen, welche Schulstandorte Zukunft haben. Dieser Wettbewerb setzt neue Kräfte frei, die der Unterrichtsqualität zugute kommen.

Erfreulich ist auch, dass zugleich dem beschämenden Zusammenhang zwischen Bildungschancen und sozialer Herkunft mit der Liberalisierung der Schulwahl wirkungsvoll begegnet wird. Die starren Schulbezirksgrenzen aus der Weimarer Zeit haben über Jahrzehnte hinweg die Unterschiede in der Sozialstruktur identisch auf die Bildungssituation übertragen und damit konserviert. Kinder wurden somit viel zu früh hausnummernweise durch den Staat in bestimmte Schulstandorte einsortiert. Zukünftig wird sich eine stärkere soziale Mischung an Schulen ergeben, wenn Schulbezirke ihre Doppelfunktion verlieren, einerseits fesselnde Mauer um den sozialen Brennpunkt und andererseits abschirmender Schutzwall für das Villenviertel zu sein. Eine Qualitätsoffensive wird es erst dann geben, wenn die am Schulleben Beteiligten für ihre Resultate selbst verantwortlich sind und mehr Freiheit für ihre Arbeit erhalten. Die ersatzlose Abschaffung aller Schulbezirksgrenzen setzt anders als die öffentliche Monopolverwaltung des Schulverwaltungsamtes nach altem Recht eine neue Anstrengungskultur in Gang.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Würden Schülerzahlen weiterhin automatisch von der öffentlichen Hand den einzelnen Schulstandorten zugeführt, hätte niemand einen Leistungsanreiz, sein Bildungs- und Betreuungsangebot zu verbessern. Das wäre schlecht für unser Land. Grundschulen präsentieren sich und ihre Angebote bei Tagen der offenen Tür; sie betrachten nach den Neuregelungen Schüler und Eltern endlich als selbstbewusste Kunden, ausgestattet mit Marktmacht, und nicht länger als Bittsteller.

Die freie Schulwahl ist ein repräsentativer Kernbaustein, der die Philosophie des neuen Schulgesetzes der Koalition der Erneuerung symbolisiert. Leistungen fördern und fordern, Freiheit vor Gleichheit, Privat vor Staat, Erwirtschaften kommt vor Verteilen.

So sind wir halt: Wir machen NRW zum Land der neuen Chancen. Wir schaffen mehr Freiheit für mehr Menschen. Wir beseitigen den beschämenden Zusammenhang von Bildungschancen und sozialer Herkunft, der jahrelang Charakteristikum rot-grüner Bildungspolitik war.

Deshalb appelliere ich auch heute an die Opposition in diesem Haus: Lassen Sie uns die frühere hausnummernweise Sortierung von Kindern beenden, die früher bei Ihnen bereits vor dem ersten Schultag stattfand! Lassen Sie uns die soziale Selektivität überwinden und Schulen eine stärkere soziale Mischung bei der Zusammensetzung ihrer Schülerschaft ermöglichen!

(Ewald Groth [GRÜNE]: Was für ein Quatsch!)

Beenden Sie Ihre Sprechblasenpolitik, und unterstützen Sie uns Schritt für Schritt bei der Umsetzung des neuen Schulgesetzes, damit wir möglichst bald Bildungs- und Innovationsland Nummer eins in ganz Deutschland werden!

Meine Damen und Herren, ich beende meine Ausführungen mit dem Verweis auf ein Zitat, das zwar zwei Jahre alt, aber ein sehr lesenswerter Interviewbeitrag Ihres damaligen Fraktionsvorsitzenden und heutigen Landtagsvizepräsidenten Edgar Moron in der Zeitschrift „Neue Deutsche Schule“ ist.

(Zuruf von der SPD: Vorsicht, er sitzt hinter Ihnen!)

Das ist ein sehr guter Beitrag von vor der letzten Landtagswahl, Ausgabe vom 10. März 2005:

„Selbstständigkeit bedeutet Konkurrenz der Schulen untereinander. Die Eltern müssen das Recht haben zu entscheiden, in welche Schule

sie ihr Kind schicken. Das gilt auch für die Grundschulen.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Sie waren der letzte Redner in dieser Debatte. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 14/4244. Die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Grünen angenommen.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich rufe auf:

6 Zerschlagung der Versorgungsverwaltung stoppen – Sachverstand des Landesrechnungshofs einbeziehen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4251

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns eben schon hinlänglich über das kommunalfeindliche Verhalten der Landesregierung austauschen dürfen. Zu Beginn meiner Ausführungen zum Thema Versorgungsverwaltung will ich das Bild in den Raum stellen, dass die Landesregierung bei den Versorgungsverwaltungen flächendeckend Fettnäpfchen in Person von Herrn Staatssekretär Palmen und Herrn Minister Wolf aufstellt und kein einziges Fettnäpfchen auslässt, sondern reintritt. Das, was im Augenblick von der Landesregierung geboten wird, ist Slapstick en suite.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Nach ihren Plänen sollen die staatlichen Versorgungsämter zum 1. Januar 2008 aufgelöst und ihre Aufgaben teilweise an die Kommunen übertragen werden. Seit geraumer Zeit formiert sich Widerstand insbesondere der Betroffenen.

Herr Kollege, machen Sie bitte eine kurze Pause. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde Sie doch bitten – da uns das aus den Reihen der Fraktionen immer wieder im Präsidium zugetragen wird –, wenn Sie reden, leise zu reden, und wenn Sie lauter reden, dies draußen zu tun. Und wenn Sie uns allen einen großen Gefallen tun wollen, hören Sie doch einfach mal dem Redner zu.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Bitte schön, Herr Körfges, Sie haben das Wort.

Ich bedanke mich herzlich, Herr Präsident. – Am Wochenende hat der Landesverbandstag des VdK einen Beschluss zum Erhalt der Versorgungsverwaltung getroffen. Dort ist sehr deutlich artikuliert worden, was mittlerweile mehr als 65.000 Menschen in NordrheinWestfalen durch ihre Unterschrift kundgetan haben: die großen Bedenken gegen das, was die Landesregierung im Zusammenhang mit dem Umbau der Versorgungsverwaltung vorhat. – Sie richten ein fachliches Chaos an. Die Frage ist, wie in Zukunft Qualität und Berechenbarkeit im Bereich der Versorgungsverwaltung gewährleistet sein können.

Dann schlägt dem Fass den Boden aus, dass der Landesrechnungshof Ihnen jetzt so deutlich ins Stammbuch geschrieben hat, dass all das, was Sie beabsichtigen, auch noch kostenmäßig absolut unkalkulierbar und in keiner Weise seriös gerechnet ist. Wir haben im Ausschuss schon mehrfach den Vorwurf erhoben: „Das, was Sie geliefert haben, ist das reine Chaos“, und gefordert: Liefern Sie konkrete und überprüfbare Zahlen!

(Beifall von der SPD)

Ich komme zu einem gerne wiederholten Argument, das aber deshalb nicht richtiger wird. Sie sagen: Bei der Kommunalisierung haben wir automatisch größere Ortsnähe. – Ich empfehle Ihrer freundlichen Lektüre Seite 8 des Berichts des Landesrechnungshofs, wo über die ortsnahe Aufstellung der Versorgungsverwaltung Wichtiges gesagt wird.

Unmittelbar nachdem unser Antrag fertig war, haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände, über die wir heute auch schon mal geredet haben, sehr intensiv zu Wort gemeldet. Ich glaube, unsere Vermutung in der Ausschusssitzung, bezogen auf das dem Gesetzesvorhaben beigeheftete Sachverständigengutachten, war richtig, dass es diese Landesregierung erkennbar unterlässt, eine verlässliche und nachprüfbare Kostenfolgeabschützung vorzunehmen. So kann man Kommu