Protocol of the Session on May 3, 2007

Unmittelbar nachdem unser Antrag fertig war, haben sich auch die kommunalen Spitzenverbände, über die wir heute auch schon mal geredet haben, sehr intensiv zu Wort gemeldet. Ich glaube, unsere Vermutung in der Ausschusssitzung, bezogen auf das dem Gesetzesvorhaben beigeheftete Sachverständigengutachten, war richtig, dass es diese Landesregierung erkennbar unterlässt, eine verlässliche und nachprüfbare Kostenfolgeabschützung vorzunehmen. So kann man Kommu

nalisierung in keiner Weise propagieren. Das ist kontraproduktiv, was Sie da geleistet haben.

(Beifall von der SPD)

Das Gutachten – das ist ein besonderes Schelmenstück in dem Zusammenhang –, das Sie dazugelegt haben, hat die interessante Frage zu prüfen gehabt: Wir wirkt sich eine Übertragung der Aufgabe in Bezug auf die Konnexität aus, wenn Personal nicht mit übertragen wird? Der Gutachter kommt, wohlmeinend für die Landesregierung, zu dem Schluss: kein Personal, nur eingeschränkte Übertragung von finanziellen Mitteln.

Dass sich die kommunalen Spitzenverbände an der Stelle aufgestellt haben, ist nachvollziehbar. Ich will nun gar nicht nach der besseren Lösung fragen, sondern nur die beiden Alternativen darstellen:

Erstens. Wenn das Personal nicht mit übergeht, wird nach Ihrer Meinung den Kommunen, die die Aufgabe übernehmen, kein Ausgleich gewährt. Das ist für die Kommunen nicht hinnehmbar.

Zweitens. Die Rechtsauffassung der kommunalen Spitzenverbände, die wir teilen, setzt sich durch, dass Konnexität auch dann greift, wenn Personal nicht mit übergeht. Dann bezahlen wir an der Stelle im Organisationsbereich doppelte Personalkosten. Das kann auch nicht im Sinne des Erfinders sein.

Insgesamt scheint es so zu sein, dass sich diese Landesregierung bisher mit dem Recht der kommunalen Selbstverwaltung nur sehr oberflächlich beschäftigt hat. Wir geben Ihnen jetzt eine einmalige Chance: Liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, halten Sie in Ihrem Chaos inne, machen Sie eine Zäsur, sprechen Sie mit den Leuten, die offensichtlich fachlich näher an der Materie sind als Sie, und legen sie dann gescheite, überprüfbare dem Konnexitätsausführungsgesetz entsprechende Unterlagen vor. Danach können wir uns noch einmal unterhalten. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die CDU-Fraktion sind Sie jetzt an der Reihe, Herr Abgeordneter Lux.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst vorab das Wichtigste – Herr Körfges, das wird Sie nicht überraschen –: Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Aber Nachdenken ist erlaubt, Herr Kollege!)

Das bedeutet aber nicht, dass wir dem Bericht des Landesrechnungshofes keine Bedeutung beimessen; vielmehr bedeutet das, dass wir meinen, dass sich das Parlament im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens mit dem Gesetzentwurf in jeder Hinsicht gründlich auseinandersetzen und selbstverständlich den Sachverstand des Landesrechnungshofes nicht übergehen wird.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Die Regierung hat mit dem momentan vorliegenden Referentenentwurf zum zweiten Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NordrheinWestfalen die Vorgaben der Koalitionsvereinbarung umgesetzt. Die Koalitionspartner haben sich darauf geeinigt, den Bürgern ihr Land zurückzugeben. Das verlangt die Beschränkung des Staates auf seine Kernaufgaben, um so den Bürgern wieder mehr Freiraum zu verschaffen. Zugleich entsteht durch die Zusammenführung von Behörden und durch das Zurückziehen aus Aufgabenbereichen, die auf andere Art und Weise bürgernäher ausgeführt werden können, dem Land dringend benötigter Handlungsspielraum.

Die Koalitionsvereinbarung sieht dazu vor, Sonderverwaltungsstränge durch Eingliederung in die allgemeine Verwaltung aufzulösen und die dort wahrgenommenen Aufgaben möglichst weitgehend zu kommunalisieren. Die Landesregierung hat hierzu in verschiedenen Kabinettsitzungen einzelne Umsetzungsschritte beschlossen. Im Verlauf dieses Prozesses hat sie nunmehr einen Referentenentwurf vorgelegt, der sich in der Verbändeanhörung befindet.

Da der eingeschlagene Weg die Kommunalisierung verschiedener Aufgabenbereiche vorsieht, ist es selbstverständlich, dass mit den Kommunen und ihren Spitzenverbänden über die Übernahme dieser Aufgaben gesprochen wird. Diese Gespräche finden zurzeit statt. Wenn die Gespräche abgeschlossen sind, wird deren Ergebnis in den Entwurf einfließen, bevor er dem Parlament vorgelegt wird.

Sodann wird dieses Parlament – das meine ich mit der Selbstverständlichkeit, die dieser Antrag einfordert – bei seinen Beratungen selbstverständlich alle Erkenntnismöglichkeiten zurate ziehen. Ich meine damit wirklich alle Erkenntnismöglichkeiten, um die beste Lösung zu finden.

Dabei sind wir gar nicht weit auseinander, wenn Sie wirklich nach dem besten Weg suchen, Herr

Körfges. Ich habe einmal mehr den Eindruck – insbesondere in der Debatte, die wir eben geführt haben –, dass Sie immer nur die Bewahrer sind, also diejenigen, die sich jeder Neuerung verschließen und

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

die meinen, dass das, was unter Ihrer Regierung in 39 Jahren entstanden ist, um jeden Preis zu erhalten ist. Das ist Ihr Fehler. Deswegen widersetzen wir uns dem und sagen nicht jetzt schon, wie Sie es gern möchten: Schluss mit allen Reformüberlegungen, wir lassen das Land in dem schlechten Zustand, in dem wir es übergeben bekommen haben.

(Zurufe von Hans-Willi Körfges [SPD] und Britta Altenkamp [SPD] – Weitere Zurufe)

Wir möchten zumindest bis zum Ende darüber nachdenken, ob nicht bestimmte Reformen, die wir für notwendig halten, anschließend auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten umgesetzt werden können.

(Horst Becker [GRÜNE]: Warum denkt ihr nicht nach, bevor ihr etwas macht?)

Deswegen werden wir dieses Verfahren auch fortsetzen. Wir werden die Landesregierung in diesen Reformbestrebungen unterstützen. Wir werden zum Schluss schauen, ob sich die von uns angestellten Überlegungen, dass sich diese Reform unter dem Strich rechnet, so umsetzen lassen.

Ich sage Ihnen, dass es dabei vier Gesichtspunkte gibt, die zu berücksichtigen sind:

Erstens. Wir müssen eine vernünftige Behördenstruktur und eine überschaubare Verwaltungsstruktur in unserem Land bekommen.

Zweitens. Wir müssen eine optimale Aufgabenerledigung haben.

Drittens. Das Ganze muss sich rechnen.

Viertens. Wir möchten die Entscheidungen und die Behörden möglichst nah an den Bürger herantragen. Das heißt, es sollte so weit wie möglich kommunalisiert werden.

Wir werden den Gesetzentwurf anhand dieser vier Kriterien prüfen. Dabei werden wir das Ergebnis der Prüfung des Landesrechnungshofes einbeziehen. Ich bin sicher, dass wir auch auf diesem Feld zu einer vernünftigen Reform für die Bürger unseres Landes kommen werden. – Ich bedanke mich.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lux. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Horst Becker.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion heute Vormittag hat jedenfalls aus unserer Sicht sehr eindrucksvoll gezeigt, wie kommunalfeindlich diese Landesregierung ist. Beim Gezerre um die Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung treiben Sie von der Landesregierung diese kommunalfeindliche Vorgehensweise auf die Spitze.

Erstens wird gegen alle Vernunft, gegen anderslautende Gutachten und gegen den Willen vieler Bürgerinnen und Bürger, die mit der Leistung der Versorgungsverwaltung im Übrigen zufrieden waren, beschlossen, die Versorgungsverwaltung zu kommunalisieren.

Herr Lux, Nachdenken heißt nicht, dass Sie nachher denken sollen, sondern hätte geheißen, dass Sie nachdenken, bevor Sie einen solchen Gesetzentwurf auf den Weg bringen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zweitens beschließt die Landesregierung ohne weitergehende Analyse schon einmal vorweg, in der Versorgungsverwaltung 400 Stellen einzusparen. Ein Konzept, wie das gehen soll, wird nicht vorgelegt. Vielmehr wird den Kommunen kaltschnäuzig die Aufgabe zugeschoben, das zu bewerkstelligen und trotzdem eine bürgernahe und qualitativ gute Arbeit anzubieten.

Drittens legt man zum ersten Mal, bei dem eine Aufgabe des Landes auf die Kommunen übertragen wird, einen Referentenentwurf vor, der alle – ich betone ausdrücklich: alle! – maßgeblichen Kriterien des Konnexitätsausführungsgesetzes verletzt.

Viertens stellen Sie den Kommunen das Gutachten des Landesrechnungshofes, das schon seit Mitte des letzten Jahres in Argumentation der Landesregierung gern bemüht wird, nicht einmal zeitgleich mit dem Referentenentwurf der Landesregierung vor, obwohl Sie darin genau auf das Gutachten verweisen.

Fünftens sah sich diese Landesregierung bisher nicht in der Lage, zum Gutachten des Landesrechnungshofes vom 6. April 2006 überhaupt einmal Stellung zu beziehen, um zu sagen, was sie aus diesen Vorstellungen des Landesrechnungshofes für Konsequenzen zieht.

Sechstens enthält die Landesregierung den kommunalen Spitzenverbänden die neuerliche Stellungnahme des Landesrechnungshofes vor, in der deutlich bezweifelt wird, dass die beabsichtigten Einsparpotenziale mit einer Kommunalisierung auch nur annähernd erreicht werden können.

Siebtens. Der Landesrechnungshof sieht sich durch dieses Vorgehen sogar dazu veranlasst, sich direkt an den Landtag zu wenden und auf den fragwürdigen Referentenentwurf hinzuweisen.

Meine Damen und Herren, in aller Not, die Sie verursachen, forderte der Städtetag in der letzten Woche, endlich die Kosten nachvollziehbar zu berechnen, anderenfalls könne man einer Kommunalisierung der Aufgaben nicht zustimmen und sähe sich gezwungen, gegen das Land zu klagen, falls der Landtag auf Grundlage des Referentenentwurfs entscheide.

Meine Damen und Herren, wer das als ein angemessenes Verfahren darstellt und wer wie Sie, Herr Lux, der heutigen Opposition vorwirft, sie wolle an allem offensichtlich wider besseren Wissens festhalten, was da sei, den muss ich auf Landesrechnungshof, Kommunen und kommunale Spitzenverbände hinweisen. Sie bekommen die versammelte Kritik all derer ab, die im Zweifelsfall gar nicht dagegen sind, dass Sie kommunalisieren. Sie werden von denen kritisiert, auf die Sie etwas verlagern wollen, weil sie überhaupt nicht sehen, wie das vernünftig zu handhaben ist, was Sie veranstalten. Sie stellen sich hierhin, als seien Sie sozusagen an einer sinnvollen Erneuerung interessiert und würden von anderen daran gehindert. Wenn mir der Landesrechnungshof so etwas ins Stammbuch geschrieben hätte wie der Landesregierung, dann hätte ich nicht den Mut oder die Frechheit gehabt, so etwas zu behaupten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf: Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Landesregierung nicht mehr kommunalfeindlich handelt. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Landesregierung aufhört, gegen das Interesse der Betroffenen, die von der Versorgungsverwaltung und einer einheitlichen Bescheidung abhängen, zu handeln. Und setzen Sie sich dafür ein, dass endlich nicht weiter der Popanz aufgebaut wird, dass durch diese Kommunalisierung Geld gespart wird. Das Gegenteil ist richtig. Dies hat Ihnen der Landesrechnungshof bestätigt. Sie können auf den Seiten 5 und 8 nachlesen, welche Zweifel er hat. Wenn Sie sachgemäß vorgehen würden, dann würden Sie heute den Gesetzentwurf zurückzie

hen und endlich Ihre Hausaufgaben machen, bevor Sie sich als Koalition der Erneuerung, die in Wahrheit eine Koalition der Ernüchterung und der Enttäuschung ist, aufspielen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Engel das Wort.