Hierzu nur wenige Anmerkungen, da wir uns in den Fachausschüssen mit den Details der sogenannten Energieoffensive noch werden auseinandersetzen können.
Wie in vielen anderen Bereichen schwarz-gelber Ankündigungspolitik fallen dabei drei Sachverhalte auf:
Zum ersten Punkt „Wohlklingende Begriffe ersetzen Fakten“ heißt es „Energieoffensive“ bei der Landesregierung und sogar „Handlungsoffensive Klimaschutz“ bei den Koalitionsfraktionen. Nehmen wir Sie einmal beim Wort. Wo handelt die Landesregierung? – Ich stelle fest: Fehlanzeige. Welcher Vorschlag ist offensiv für das Energieland Nordrhein-Westfalen und den Klimaschutz? – Auch nach den beiden Reden stelle ich fest: Fehlanzeige.
Welches konkrete Ziel setzt sich die schwarzgelbe Landesregierung zum Klimaschutz? – Ebenfalls Fehlanzeige, Frau Thoben.
Ein Reduktionsziel zum CO2-Ausstoß aus Nordrhein-Westfalen oder eine CO2-Bilanz sucht man im gesamten sogenannten Klimaschutzkonzept vergebens. Vereinfacht gesagt: Sie haben ein Klimaschutzkonzept ohne Klimaschutz vorgelegt. Sie haben schlicht und einfach das Thema verfehlt. Ihre politische Konzeptionslosigkeit ist erschreckend. So werden Sie Ihrer Verantwortung für dieses Land nicht gerecht.
Zum zweiten Punkt: Sind konkrete Maßnahmen geplant oder wird Papier nur unverbindlich vollgeschrieben? – Nur zwei Beispiele zu nebulösen Aussagen an Stellen, wo Menschen klare Perspektiven erwarten.
Erstens Beispiel: Frau Thoben legt ein sogenanntes Konzept erneuerbarer Energien vor. Zu den erneuerbaren Energien bräuchten wir aber klare Aussagen zu Ausbauzielen, zu Potenzialen in Nordrhein-Westfalen, zu Förderstrategien und zum Verwaltungsvollzug. Zu diesen Punkten jeweils Fehlanzeige.
Ein Beispiel zeigt deutlich das ganze Problem der schwarz-gelben Landesregierung. Zur Förderung erneuerbarer Energien nach dem EEG stellt Frau Thoben fest, diese habe zu einer deutlichen Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung beigetragen. – Das ist richtig. In einem Papier mit dem Namen „Konzept erneuer
bare Energien“ ist genau danach die Stelle, an der die Landesregierung zu erklären hätte, wie dieses erfolgreiche Instrument sachgerecht weiterzuentwickeln ist. Das genaue Gegenteil macht Frau Thoben. Beim EEG beschäftigt sie sich ausschließlich mit vermuteten Mitnahmeeffekten und damit lediglich mit möglichen Nebenwirkungen und gerade eben nicht mit dem Hauptzweck des Gesetzes.
Gleiches gilt für den Wärmemarkt. Erst ein allgemeiner Satz zur Notwendigkeit, den Anreiz zur Förderung regenerativer Wärmeenergie zu unterstützen, danach kein Wort darüber, wie dies geschehen soll, sondern direkt zwei Gegenargumente gegen regenerativ erzeugte Wärme. Das ist nicht vernünftig; das ist völlig konzeptionslos. Dass Klimaschutz jeweils – sowohl zum EEG als auch zur regenerativ erzeugten Wärme – gar nicht mehr erwähnt wird, Frau Thoben, überrascht dann überhaupt nicht mehr.
Zum dritten Punkt: Das praktische Regierungshandeln hat mit den Sonntagsreden nichts zu tun. – Das Einzige, was dieser Regierung bisher eingefallen ist, ist, Haushaltsmittel zu kürzen. Sie streichen das REN-Programm um über 40 % zusammen, Sie vernachlässigen die Biomasseforschung, und Sie konzentrieren die Mittel für die Energieforschung bei der Atomkraft. Die dringend notwendige Forschung im Bereich erneuerbarer Energien wird dabei komplett vernachlässigt.
Ich will, meine Damen und Herren, einige Bemerkungen zum Antrag der Koalitionsfraktionen machen. Sie kommen gleich zu Beginn Ihrer Ausführungen zum Klimaschutz schnell wieder zu Ihrem Lieblingsthema Atomenergie und preisen die Atomenergie als Lösung der Klimaprobleme an. Unter der Woche haben Sie mit Ihren Klimaexperten Brok und Reul über Atomkraftwerke in Nordrhein-Westfalen orakelt. Ich sage Ihnen dazu: Mit dieser eindimensionalen Fixierung auf die Atomenergie verspielen Sie die Zukunftschancen für das Energieland Nordrhein-Westfalen und den weltweiten Klimaschutz.
Ich will allerdings auch, meine Damen und Herren, einige Anmerkungen zum Antrag der Grünen machen. In vielen Punkten, Herr Kollege Priggen, stimmen wir Ihnen zu, ich auch. Selbstverständlich – das ist das Wichtigste – müssen jetzt Taten zum Klimaschutz folgen. Bei einem Punkt gehen unsere Ansichten allerdings weit auseinander, was niemanden überrascht: Die Grünen ignorieren eine globale Entwicklung, die sich derzeit völlig unabhängig von Nordrhein-Westfalen vollzieht.
Denn weltweit – das wissen wir – steigt der Einsatz von Steinkohle stark an. Alle Studien lassen erkennen, dass sich dieser Trend weiter fortsetzen wird. Ich will das gar nicht im Einzelnen beleuchten, sondern nur darauf hinweisen, dass China seine Energieversorgung nicht auf Gas umstellen wird – unabhängig davon, ob die Grünen hier Anträge stellen oder der Krefelder Stadtrat – im Übrigen mit CDU-Mehrheit, Herr Ellerbrock – ein wichtiges Kraftwerk im Krefelder Hafen verhindern will.
Den besten Beitrag zum Klimaschutz, meine Damen und Herren, leisten wir dann, wenn unsere Effizienztechnologie weltweit zum Einsatz kommen würde. Deshalb brauchen wir im Energieland Nordrhein-Westfalen jetzt auch modernste Kohlekraftwerke – nicht trotz, sondern wegen der Anforderungen an den globalen Klimaschutz.
Modernste Kohlekraftwerke – das will ich hier noch einmal ausdrücklich festhalten – sind durch höchste Wirkungsgrade und eine weltweit bessere Ausnutzung der Energieressourcen ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Sie sind ein wirksamer Beitrag für Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen und für mehr Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt – im Übrigen unter Beteiligung der Stadtwerke, die Sie von den Regierungsfraktionen ja bekämpfen wollen –, und sie sind gleichzeitig ein Beitrag zur Sicherung unserer Industriestandorte an Rhein und Ruhr.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Auch die Bundeskanzlerin steuert den EU-Gipfel derzeit genau in die richtige Richtung. Die Deutsche Presseagentur berichtet heute Morgen, dass der EU-Gipfel auf den verbindlichen Ausbau alternativer Energien zusteuert. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat heute einen Beschlussentwurf vorgelegt, der ein bindendes Ziel von 20 % alternativer Energiequellen aus Wasser, Wind, Sonne und Biomasse im EU-Durchschnitt bis 2020 festschreibt.
Dabei sollen zugleich die unterschiedlichen Ausgangslagen in den 27 EU-Staaten berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, die schwarz-gelbe Landesregierung dagegen hat unnötig Papier vollgeschrieben, um vom eigenen Nichtstun abzulenken. Wir lassen Ihnen das nicht durchgehen. Beantworten Sie – Frau Thoben, Sie haben gleich die Gelegenheit – endlich die wirklich brennenden
Fragen. Schreiben Sie einen echten Klimaschutzbericht, der die Beiträge der schwarz-gelben Landesregierung zum Klimaschutz in NordrheinWestfalen darstellt! Und beenden Sie Ihr unverbindliches Gerede von der Atomenergie, oder sagen Sie den Menschen in Nordrhein-Westfalen dann endlich auch, wo Sie neue Atomkraftwerke zu planen gedenken! Dann wüssten wir ein bisschen mehr. – Vielen Dank fürs Zuhören.
Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Priggen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Regierungsfraktionen, aus meiner Sicht ist Ihr Antrag, den Sie hier gestellt haben, keine Handlungsoffensive, sondern ein organisierter Rückzug.
Herr Weisbrich, ich war richtig erschrocken, als ich Ihre ersten Worte über Sonnenfleckenzyklus und Ähnliches gehört habe. Ich muss aber sagen: Danach haben Sie einige Punkte angeführt, bei denen wir übereinkommen könnten und bei denen auch ein weiter Konsens mit Herrn Römer besteht.
Da verstehe ich die FDP ja nie. Wenn ich die Unterschiede der Reden von Herrn Ellerbrock bei den letzten Debatten und heute betrachte, dann habe ich den Eindruck, dass Sie ihm hinsichtlich der Beurteilung der Klimaschutzdiskussion ein Stück weit Kreide zu futtern gegeben haben und er bestimmte Sachen heute nicht mehr sagen durfte.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob der FDP klar ist, was sie in dem Antrag unterschrieben hat. Aber wenn dort in einem Satz geschrieben steht, dass die CO2-Emissionen EU-weit in jeder Dekade um 10 % gesenkt werden sollen, und wenn das nicht nur unverbindliches Zitieren, sondern Teil Ihres geplanten Handelns sein soll, dann bedeutet das ein Minus von 10 % pro Jahr. Wenn man das ernst nehmen würde, dann reden wir über eine Reduktion der CO2-Emissionen von 60 % bis zum Jahre 2050. Ich komme gleich noch auf Ihren Beschlussvorschlag zu sprechen. Darin steht das quasi auch.
Nur: Es ist versteckt enthalten, und es wird nicht klar gesagt, dass das Ihr Ziel ist. Das ist das, was der Kollege Römer einklagt. Wenn es klar gesagt
würde, dann könnten wir über Margen reden und uns darüber streiten, wie wir die Reduzierung pro Dekade in NRW erreichen wollen. Es taucht aber nichts Konkretes auf – auch nicht in den Konzepten. Ich habe mir das Energieeffizienzkonzept mehrfach angeschaut und habe mich gefragt, wo die Marke steht, um über Maßnahmen streiten zu können. Es fehlt immer dann alles, wenn es konkret wird. Das mag nicht unbedingt an Ihnen, sondern kann auch am Koalitionspartner liegen, aber es fehlt.
An bestimmten Punkten sind wir gar nicht so weit auseinander. Ihre Parteivorsitzende, die Bundeskanzlerin Frau Merkel – die muss ich als Grüner ja nicht loben –, hat im Vorfeld der EU-Tagung gesagt, dass bis 2050 eine CO2-Reduktion von 60 bis 80 % erreicht werden soll.
Ich vertrete in allen Vorträgen im Land immer 80 %. Das ist das, was ich aus den wissenschaftlichen Studien entnommen habe. Dann sind wir nicht weit auseinander. Die Dimension, was das für ein Industrieland wie die Bundesrepublik und für ein Land wie Nordrhein-Westfalen bedeutet – auch wenn es nur 60 % würden –, macht sich niemand klar. Kaspernummern wie eben von Herrn Ellerbrock, zu sagen, wir seien nur an 21. Stelle, machen keinen Sinn.
Wie sieht derzeit weltweit aus? – Die Amerikaner haben einen CO2-Ausstoß von mehr als 20 t, die Bundesrepublik Deutschland 10 bis 11 t, Indien etwas mehr als 1 t und China unter 3 t pro Person und Jahr. Das ist die Ausgangssituation. NRW liegt bei den Emissionen pro Person in der Nähe der Amerikaner. Dies macht deutlich, welche riesige Herausforderung das für unser Land ist.
In Teilen taucht ja das, was Angela Merkel vorgetragen hat, auch bei Ihnen, Herr Weisbrich – ich habe sehr genau zugehört und sehr vieles mitgeschrieben –, auf. Sie sagen, der ppm-Gehalt solle auf 500 ppm begrenzt werden. Bezogen auf 100 Jahre beträgt die maximale Kapazität, die die Erde additiv – außer den normalen Zyklen – aufnehmen kann, dann jährlich 8 Milliarden t. Bei 9 Milliarden Menschen, die wir für Mitte des Jahrhunderts absehen, bedeutet das, dass wir pro Kopf 1 t CO2 emittieren dürfen, wenn wir es statistisch gerecht verteilen würden.
„Eigentlich müssten wir das Recht, Treibhausgase zu emittieren, auf der ganzen Welt pro Kopf gleichmäßig verteilen. Warum soll ein US
Amerikaner oder ein Deutscher mehr Rechte haben, die Atmosphäre zu belasten, als ein Inder oder Chinese?“
Dem kann man nicht widersprechen. Das wird in Zukunft auch so kommen. Einsparungen werden die anderen Länder nicht ohne Weiteres akzeptieren. Wenn Sie denen sagen – wir haben ja Delegationen aus China hier gehabt –: „Ihr könnt doch die Umwelt nicht verschmutzen, ihr müsst anfangen, sparsamer zu werden“, dann sagen die: „Packt euch erst an die eigene Nase, wenn ihr eure Emissionen nicht drastisch senkt, dann haben wir keinen Anlass, unseren Leuten, die nach Wohlstand streben und aufholen wollen, Maßhalten zu predigen“.
Wir müssen viel mehr tun, als es in Ihrem Antrag steht. Ich möchte keine Katastrophendiskussion. Da bin ich mit Ihnen einig. Es nützt ja nichts, sich im Katastrophismus zu überbieten. Das brauchen wir auch nicht. Das, was IPPC vorgelegt und Ihre Kanzlerin und Parteivorsitzende bestätigt hat, wäre als Handlungsgrundlage ausreichend, um ambitioniert an diesem Thema zu arbeiten: minus 60 %.
Sie fordern am Ende Ihres Antrags auf, „dafür Sorge zu tragen, dass die Klimaschutzziele in NRW mindestens erreicht werden“. Irgendwann wird es konkret. „Mindestens erreichen“ bedeutet ja, wir müssen darüber reden, wie wir bis Mitte des Jahrhunderts auch in NRW von dem hohen Level ausgehend minus 60 % oder minus 80 % erreichen können.
Dann landen wir bei der Kraftwerksdiskussion, bei der ich mit Herrn Römer ein Stück weit auseinander liege und bei der ich das, was die FDP sagt, überhaupt nicht teile. Wir können doch nicht den Kraftwerksbestand im Saldo deutlich erhöhen. Darüber müssen wir doch diskutieren. Das, was bezüglich der Braunkohle RWE mit den Regionalratsfraktionen von CDU und Grünen im Kölner Raum macht, ist unerträglich. RWE hat mehrfach schriftlichen versprochen, für die neue, moderne BoA in Niederaußem alte Blöcke abzuschalten. RWE hat Listen herausgegeben und gesagt, für die BoA 1 in Niederaußem, die seit fünf Jahren in Betrieb ist, werden sechs 150-MW-Blöcke stillgelegt. Das alles haben wir aus RWE-Papieren. Auch für die BoA 2 und BoA 3 sollten Blöcke stillgelegt werden. Da sind wir jedoch belogen worden; die Zusage wird nicht eingehalten. Diese ist nicht nur uns gegenüber, sondern auch Ihren Kollegen gegenüber gegeben worden. Die Landesre