Mir leuchtet ja ein: Wenn ich ein altes Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 33 % habe, dieses aus dem Betrieb herausnehme und ein neues Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 43 % baue, dann brauche ich für die gleiche Menge Kilowattstunde weniger Kohle. Das ist Klimaschutz. Wenn ich aber das 50 Jahre alte Kraftwerk mit schlechten Wirkungsgraden laufen lasse und ein neues Kraftwerk daneben setze, dann ist es eine Lüge zu sagen, man spare für den Klimaschutz Energie ein. Diese Lüge dürfen wir RWE nicht durchgehen lassen. Das müssen Sie thematisieren. Das muss Konsequenzen haben.
Bei den Kraftwerksprojekten, die jetzt geplant werden, muss man sich fragen, ob es sich um einen Zubau handelt. Diese werden alle bis zum Jahre 2012 gebaut und laufen bis 2050. Es funktioniert nicht, eine Erhöhung der Kapazitäten hinzubekommen und gleichzeitig Klimaschutzziele zu erreichen. Hier sind Sie bislang alles schuldig; da werden Sie die konkreten Einsparziele liefern müssen. Es kann nicht sein, dass wir darüber reden, dass NRW mindestens die Einsparziele erreicht, während alle konkreten Achsen auf eine Steigerung hinauslaufen. Das glaubt uns draußen niemand mehr. Dann wird die ganze Klimaschutzdebatte nur dröhnendes Geschwätz. Das können wir uns nicht erlauben.
Ich freue mich auf die weitere Debatte. Das Thema wird uns ja noch lange beschäftigen. – Danke schön.
Vielen Dank Herr Kollege Priggen. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als für gut einen Tag eine einzige Gasleitung unterbrochen war, brach die Panik und die Sorge wegen der großen Importabhängigkeit aus. Jetzt haben wir eine andere Debatte und nicht mehr die Kraft, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Ich möchte aus einem Kommentar in der „WZ“ vom 9. März 2007 zitieren:
„Wann lernen die Deutschen endlich, sich neuen politischen Herausforderungen ohne Hysterie und Aktionismus zu nähern? Gestern noch
haben die Bürger Neuwagen bevorzugt, deren PS-Leistung das Vorgängermodell übertroffen hat. Heute geißeln sie die Hersteller dafür, dass sie keine sparsameren Fahrzeuge entwickelt haben. Gestern haben wir die Billigflieger stark gemacht, heute ächten wir den Luftverkehr – um morgen das nächste Ticket zu buchen.
Nun findet die völlig schief geführte Diskussion um die drohende Klimakatastrophe ihr erstes Opfer. Unter dem Eindruck eines medialen Gewitters, das vor zehn Tagen über uns hereingebrochen ist, lehnt der Krefelder Stadtrat in einer unheiligen Allianz aus CDU, SPD und Grünen die Milliardeninvestition in ein modernes Kohlekraftwerk ab.“
Meine Damen und Herren, haben wir die Kraft, über Sachverhalte zu reden? – Ich bin sehr dafür. Aber, Herr Römer, es kann natürlich nicht sein, dass hier tausende für die Existenz von Stadtwerken und deren Weiterentwicklung demonstrieren und zu Hause den Stadtwerken den Bau des gemeinsam verabredeten Kraftwerks versagen.
Ich finde, wir haben auch von hier aus die Aufgabe, über solche Zusammenhänge zu reden. Der Standort, der jetzt nicht mehr gewünscht wird, liegt in unmittelbarer Nähe zu einem Chemiepark, der das Blockheizkraftwerk als besonders vernünftig erscheinen ließ, weil man an diesen den Dampf verkaufen konnte.
Es ist so, dass die Ärzte vor Ort Krankheiten bei der Bevölkerung vermuten. Wäre das die Argumentation, die ich nach Ihrer Einschätzung hier vortragen sollte?
uns für ein Gaskraftwerk im Chemiepark HürthKnapsack eingesetzt haben. Das, was an Wärme gebraucht wird im Chemiepark in Krefeld, hat eine Größenordnung, die Sie sehr wohl mit einem 300MW-GuD-Kraftwerk, mit einem Gaskraftwerk, bedienen könnten, ohne die extrem hohe Staubvorbelastung in Krefeld noch durch Kohleumschlaglager, Kohlelagerplatz und Ähnliches zu verstärken. Das wissen Sie auch. Insofern braucht man kein 800-Megawatt-Steinkohlekraftwerk, um den Chemiepark zu stärken. Das ginge auch anders. Das ist aus meiner Sicht an der Argumentation der CDU, der SPD-Kollegen und der Grünen vor Ort berechtigt. Könnten Sie das auch darstellen? Denn Sie haben das eben sehr einseitig dargestellt.
Ich sehe ein, dass vor Ort alle möglichen Argumente zusammengetragen worden sind, die dazu geführt haben, dass man plötzlich eine Äußerung, die Anfang Februar noch ganz anders aussah, kippt. Das ist wahr. Man hat bestimmten Informationen nicht mehr länger geglaubt, weder dass die Kohle bei Duisburg gelagert wird noch sonst etwas. Also hat man dann die Dinge, die Sie jetzt vortragen, zusätzlich vorgetragen, um von der Entscheidung loszukommen.
Aber ich will Sie ja gar nicht quälen, Herr Priggen. Ich stimme Ihnen ausdrücklich darin zu, dass mir auch das Abschalten der alten Kraftwerke zu langsam geht.
Ich bin deshalb froh, dass es jetzt die Verabredung gibt, und zwar auch schriftlich. Vorher war das immer nur so eine Zusage. Jetzt liegen die Dinge so klar. Ich bin sogar gern bereit – und tue das auch –, noch einmal darauf zu drängen, schneller abzuschalten. Aber dazu liegen jetzt Sachverhalte vor.
Wir unterstützen übrigens, Herr Priggen – das kann ich Ihnen ausdrücklich zusagen –, die ehrgeizigen Ziele bei den Treibhausgasemissionen: minus 20 % bis 2020 und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 %.
Aber richtig ist doch in einem solchen Zusammenhang wohl auch die Frage: Wie können wir mit dem geringsten Mitteleinsatz den größten Nutzen erzielen? Darf man die nicht mehr stellen? Wir haben doch bei der Energieversorgung mindestens drei Ziele, Herr Priggen: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Ich finde, wir müssen auch in einer aufgereg
Wenn man das tut, landet man bei sehr schwierigen Fragen, die besonders Nordrhein-Westfalen betreffen. Das ist uns allen doch bewusst. Unsere Struktur der Erzeugung ist Bestandteil einer nationalen Verabredung, Herr Römer. Wir sollten nicht so tun, als ob, wenn wir etwas zur Kernenergie sagen, hier irgendjemand ein neues Kernkraftwerk bauen wollte. Nein, wir haben bundesweit einen relativ hohen Anteil an Kernenergiestrom in der Grundlast. Wir erzeugen unsere Grundlast wegen natürlicher Vorkommen aus Braunkohle. Deshalb müssen wir auch bei ehrgeizigen Klimaschutzzielen nicht sagen, am liebsten wollen wir gar kein CO2. Diesen Wunsch kann man zwar haben, aber in der Realität müssen wir uns auf schrittweise Verbesserungen einlassen. Dafür werben wir nachdrücklich.
Da muss man auch die Frage beantworten: Wo sind die Effekte mit vergleichsweise geringerem wirtschaftlichen Aufwand zu erzielen? Ich zitiere den sehr unverdächtigen Chef der Deutschen Energie-Agentur, Kohler, der die größten Potenziale in der Steigerung der Energieeffizienz sieht. Ich will das einmal schildern:
„Wer die Emission von einer Tonne Kohlendioxid vermeiden will, muss 500 bis 600 € zahlen, wenn er dies durch den Einsatz einer Fotovoltaikanlage erreichen will. Wer dagegen sein durchschnittlich isoliertes Gebäude zum Niedrigenergiegebäude umrüstet, muss pro eingesparter Tonne Kohlendioxid lediglich 20 bis 30 € investieren.“
Da weiß man doch, welche Maßnahmen man vorrangig bedienen und wofür man werben muss und warum. Ich meine, das können Sie doch auch nicht anders diskutieren.
Ja, deshalb haben wir unsere Schwerpunkte auch so gesetzt. Sie müssen doch sehen: Wir müssen auch von manchen Träumen Abschied nehmen in einem Industrieland.
Wir haben unsere vier Bausteine vorgelegt. Herr Priggen, wenn Sie sagen, dass das noch kein geschlossenes Klimakonzept ist, stimme ich Ihnen
sogar ausdrücklich zu. Wir werden in der zweiten Hälfte dieses Jahres ein aktualisiertes Gutachten vorliegen haben, bei dem CO2-Reduktionsmöglichkeiten aufgrund der hier vorhandenen Struktur noch einmal von einem Forschungsinstitut abgegriffen werden. Bis dahin sind die wichtigen Entscheidungen in Brüssel und in Berlin gefallen, die dann wiederum als Messlatte dienen müssen, auch was eine Reihe von Instrumenten angeht. Seien Sie ganz unbesorgt: Wir werden das dann auch zeitnah vorlegen.
Und noch einmal: Sie tun immer so, als ob der Hauptbeitrag bei den erneuerbaren Energien liegen könne. Es gibt Gegenden, die dafür eindeutig besser geeignet sind als unsere,
für bestimmte Anwendungen. Das ist doch keine Absage an erneuerbare Energien, wenn man das ausspricht. Deshalb wird hier gleich auch der Umweltminister noch einmal unseren Beitrag, den wir ziemlich stark bei der Biomasse sehen, vertreten. Aber die Fotovoltaik ist nichts, was uns bei der Versorgung hilft, sondern sie ist eine industriepolitische Entwicklung, die sehr wahrscheinlich in ganz anderen Ländern der Erde zur Anwendung kommt.
Trotzdem: Es ist auch nicht so, als ob wir gar keine erneuerbaren Energien oder keinen Beitrag der erneuerbaren Energien in NordrheinWestfalen haben. Die installierte Leistung kann sich insgesamt sehen lassen. Es sind 6,45 Milliarden Kilowattstunden installierter Leistung.
Trotzdem noch einmal: Die Energieeffizienz ist nach meiner tiefen Überzeugung in einem so hoch industrialisierten Land die größte Einsparquelle. Deshalb haben wir die Aktion „Mein Haus spart“. Deshalb informieren wir, deshalb werben wir. Deshalb haben wir übrigens auch das RENProgramm zu einem Progressprogramm umstrukturiert, weil wir Elemente herausgenommen haben, Herr Römer, die wir nicht mehr subventionieren müssen, weil sie schlicht wirtschaftlich sind.
Herr Priggen, ein wunderbarer Grünen-Abgeordneter, der auch noch im Aufsichtsrat der Gesellschaft sitzt, die jetzt die größte Wohnungsanlage baut, die mit Erdwärme versorgt ist, spricht sich gleichzeitig gegen die Anwendung der Wärmepumpe aus, weil sie nach seiner Einschätzung immer noch zu viel Strom verbraucht!
Wir haben hier im Land nicht nur ehrgeizige Dinge angestoßen, sondern sorgen auch dafür – da haben Sie uns immer wieder gemahnt –, dass dort möglichst viel vom KfW-Programm ankommt. In
zwischen verzeichnen wir bei der Wärmedämmung bereits Preisexplosionen. Daher müssen wir schon überlegen, ob das Tempo nicht vielleicht doch ein bisschen zu hoch war.
Sie können uns an vielen einzelnen Stellen vortragen, was wir nach Ihrer Einschätzung falsch machen. Ich sage Ihnen: Wir sind sowohl vom Instrumentenkasten als auch zum Beispiel von der Weiterentwicklung der Forschung her gut aufgestellt.
Bei all den Möglichkeiten, die wir in der Ferne sehen – Stichworte: CO2-frei, CO2-Speicherung –, dürfen wir aber nicht auf die konkreten Schritte hier und jetzt verzichten. Deshalb möchte ich Sie alle bitten, egal wo Sie gerade stehen und liegen: Bitte helfen Sie, dass wir die Kraftwerkserneuerung …