Protocol of the Session on March 8, 2007

umfassend zu fördern. Indem der Staat seine Bürgerinnen und Bürger stärkt, stärkt er letztlich sich selbst. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Behrens. – Für Bündnis 90/Die Grünen erhält der Abgeordnete Keymis das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist gesagt worden, was wir in der Ausschussberatung gemeinsam noch im Detail besprechen werden. Der Antrag klingt für sich genommen zunächst einmal sehr gut, weil er einen bestimmten Bereich betont. Natürlich haben wir im Kulturbereich viel ehrenamtliches Engagement. Der Kulturausschussvorsitzende Fritz Behrens hat gerade darauf hingewiesen und in gebührlicher Breite dargestellt, wie sich das in unserem Land Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus in Deutschland heute schon bewährt. Von daher ist das alles im Konsens.

Das Problem des Antrags liegt darin, dass wir – meine kulturpolitischen Sprecherinnenkolleginnen müssen jetzt einmal einen Moment weghören, weil sie das sonst etwas schwerer ertragen könnten – ansonsten im politischen Engagement der Regierung, was diese Fragen betrifft, durchaus gegenteilige Erfahrungen machen. Ich denke dabei an die Stiftung Umwelt und Entwicklung. Ich denke auch an das ehrenamtliche Engagement von Leuten in Dritte-Welt-Initiativen sowie im Bereich der Agenda 21. Das sind alles Prozesse, in denen die Regierung bisher jedenfalls nicht deutlich gemacht hat, dass es ihr um ehrenamtliches Engagement und die Weiterförderung geht. Das muss man so deutlich feststellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund ist es erfreulich, auf der einen Seite ein solches Segment herauszugreifen. Der Hinweis war aber schon gegeben worden, dass das nur ein Segment ist, sich aber viele andere Bereiche unter Umständen benachteiligt fühlen könnten. Ob das auf der anderen Seite zieht, ist natürlich eine Frage. Wir können natürlich nach und nach alle Bereiche herausziehen. Dann würden wir das ausgleichen.

Es gibt aber – es ist bitter genug, das feststellen zu müssen – in der Linie der Regierung keine Konsequenz, sondern der Kulturbereich ist – wie in anderen Bereichen auch zu beobachten – ein sehr herausgehobener Bereich. Das ist auch seitens der Opposition zu würdigen. Kultur ist aber eben nur ein herausgehobener Bereich unter vie

len, mit denen wir in den gesellschaftlichen Umfeldern, in denen wir uns bewegen, andere Erfahrungen machen. Es ist der Nachteil eines solchen Antrags, dass er sich auf einen Teil kapriziert und dabei vieles andere ein Stück weit in den Schatten stellt. Diese Art Leuchtturmförderung im Ehrenamt wollen wir nicht. Ich hoffe, dass wir das in der weiteren Debatte im Ausschuss noch einmal deutlich machen können.

Dass die Anerkennung des Ehrenamtes in unserer Gesellschaft unstrittig ist, ist das eine. Dass Amerika im Gegensatz zu dem, was der Kollege Behrens gerade ansprach, für mich an der Stelle gar kein Vorbild ist, ist das andere. Amerikanische Förderung hat etwas damit zu tun, dass genau die Ebenen, die wir in der staatlichen Förderung von Kunst und Kultur erhalten, so nicht vorhanden sind.

Das heißt: Ganz entscheidend kommt es in den Vereinigten Staaten immer darauf an, dass Privatleute diese Einrichtungen hegen und pflegen und Künstlerinnen und Künstler, die damit zu tun haben, immer auf den Goodwill einzelner großer, wichtiger Spenderinnen und Spender, Mäzene angewiesen sind, die – ähnlich, wie das bei uns zu Fürstenzeiten war – gönnerhaft die eine oder andere Oper und das eine oder andere Großprojekt unterstützen. Das ist aber nicht die Form der Kulturförderung, die wir uns am Ende einer solchen Entwicklung wünschen.

Deshalb bin ich immer sehr kritisch, wenn man auf dieses Beispiel verweist. So ehrenhaft auch das einzelne Spenderengagement zu sehen ist, so wichtig ist doch aus meiner Sicht, dass wir eine gesellschaftliche Förderung von Kunst und Kultur im Blick haben.

Dazu gehört – an der Stelle liegt Ihr Antrag wieder richtig – auch die Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements in der Kultur und dort, wo sich Menschen kulturell bzw. für kulturelle Belange in ihren Städten und Orten, im Land oder auf größerer Ebene engagieren, und zwar nicht nur mit Geld, das sie möglicherweise übrig haben, sondern auch mit ihrem Wissen und geistigen Engagement.

Das zu unterstützen, dafür stehen wir Grüne mit an. Das tun wir genau so gerne wie alle anderen hier auch. In der politischen Differenzierung muss man aber so ehrlich sein zu sagen: Es passt leider – wenn auch die Förderung im Bereich der Kultur gut ist – mit der Kürzung im Bereich der Jugendförderung schlecht zusammen. Das ist eine Art Widersprüchlichkeit in der Politik, auf die wir auch durch solche Anträge immer wieder ge

stoßen werden. Weil das nicht zusammenpasst – wir sind hier Opposition im Landtag –, werden wir uns mit Ihrem Antrag gerne kritisch und konstruktiv auseinandersetzen und gemeinsam die weiteren Beratungen im Ausschuss dazu führen.

Damit will ich es an dieser Stelle mit meinen Ausführungen bewenden lassen. Ich freue mich auf die weitere Debatte im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Keymis. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Breuer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Demokratie lebt vom Ehrenamt.“

Das hat Bundespräsident Theodor Heuss formuliert.

„Ehrenamtliche Arbeit gehört zu den Kernelementen einer humanen Gesellschaft. Nicht nur unsere Demokratie, auch unsere Wirtschaft, unsere soziale Sicherung und unser kulturelles Leben beruhen auf der Bereitschaft zum Engagement. Diese Bereitschaft ist nicht selbstverständlich, sondern muss sorgsam gepflegt werden.“

So weit der Bundespräsident.

Aufgabe von Politik ist es, die richtigen Rahmenbedingungen herzustellen. Ich bin der Überzeugung, dass viele hier der Auffassung sind, dass das in der letzten Legislaturperiode zumindest in gewisser Weise vernachlässigt worden ist. Hier muss mehr getan werden. Deswegen begrüßt die Landesregierung die Auslobung eines Preises für das kulturelle Ehrenamt. Sie wird die entsprechenden Mittel nach der Debatte im Kulturausschuss gerne bereitstellen, wenn das mehrheitlich gewünscht wird, den Preis ausschreiben und eine Jury einberufen, die die Preisträger auswählt. – Das als Wichtigstes vorweg.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen ist ein kulturell reiches Land. Es verfügt über ein umfassendes Netz an kommunalen und freien Theatern und eine reichhaltige Museumslandschaft. Es gibt flächendeckende musikalische Angebote freier Musikensembles, ein lebendiges Chorwesen, viele große, renommierte Klangkörper, ein bis weit ins ländliche Gebiet reichendes Bibliotheks- und Musikschulwesen, Jugendkunst

schulen, Volkshochschulen und Einrichtungen der ländlichen Erwachsenenbildung sowie eine Vielzahl von soziokulturellen Zentren. Ich glaube, wir haben in Nordrhein-Westfalen eine wirklich reiche Kulturlandschaft. Dafür sollten wir auch dankbar sein.

Nicht so ganz habe ich Ihre Kritik verstanden, Herr Behrens, wenn ich Ihren Beitrag vor der Beratung im Kulturausschuss einmal bewerten darf. Das sage ich auch als Vater: Wenn ich eines meiner Kinder lobe, heißt das nicht, dass ich gleichzeitig alle anderen herabsetze. Ich finde, das ist ein ganz merkwürdiges Verständnis. Überall Gleichförmigkeit herbeizurufen ist ein ganz schwieriges Argument. Ich hoffe, dass das im Kulturausschuss ein Stück weit relativiert werden kann, meine Damen und Herren.

Ebenso finde ich es schwierig, wenn Sie auf der einen Seite sagen, Herr Behrens: „Ich will nicht, dass sich jemand herabgesetzt fühlt, weil ich einen besonders lobe“, auf der anderen Seite aber auch sagen: Wenn ich schon einen „heraushebe“ und die anderen „herabsetze“, dann muss ich dafür auch mehr Geld haben. – Ich finde, das passt überhaupt nicht zusammen. Aber das wird sich in der Debatte sicherlich finden.

In Nordrhein-Westfalen sind Kommunen und freie Träger Hauptakteure des kulturellen Angebotes. Das Land NRW unterstützt sie, setzt Anreize für Entwicklungen, wirkt selbstgestaltend und profilierend. Die Landesregierung unterstützt gerade in der Breitenkultur Kultureinrichtungen freier Träger, die Fördermöglichkeiten für das Ehrenamt entwickeln. Im Jahr 2007 haben wir 2,5 Millionen € allein für die Laienmusikvereine und -verbände vorgesehen, bei denen das Ehrenamt die wesentliche Basis der Arbeit darstellt. Bürgerschaftliches Engagement bildet nicht nur das Fundament der kulturellen Vielfalt unseres Landes, sondern in vielen, vielen Fällen auch bürgerliche Initiativen, die zur Gründung von kulturellen Institutionen wie Theatern, Orchestern, Musikschulen und Museen geführt haben.

Viele Fördervereine und -kreise dieser Einrichtungen tragen ehrenamtlich weiter dazu bei, den professionellen kulturellen Einrichtungen bei der Realisierung von speziellen Aufgaben finanziell zu helfen. Diese vielfältigen Aktivitäten sind in der Vergangenheit häufig nicht hoch genug eingeschätzt worden. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Aktivitäten in den Kulturinstitutionen, die ohne die freiwillige Mitarbeit Ehrenamtlicher nicht stattfinden würden. Einige will ich nennen:

In nicht wenigen Museen würde es nur eingeschränkt Führungen geben. Die museumspädagogische Betreuung würde oft ausfallen. Der Museumsshop insbesondere in ländlichen Regionen wäre völlig verwaist. Für die Bibliotheksarbeit in Krankenhäusern und Altenheimen fehlten die Kräfte. Bücherbasare fielen aus. Einige ganz kleine Zweigstellen in Stadtteilen wären inzwischen auch geschlossen. Das ist an dieser Stelle wirklich hervorzuheben.

Im ländlichen Raum ist die zentrale Bedeutung ehrenamtlichen Engagements für das Kulturleben manchmal noch um vieles wichtiger und größer als in Städten. Dort werden eine Reihe von Einrichtungen hauptamtlich betrieben, während sie im ländlichen Raum weitgehend auf ehrenamtlicher Arbeit basieren. Das soll nicht heißen, dass professionelles Tun und ehrenamtliches Handeln ersetzt werden sollen. Das gut ausgebildete Personal ist für unsere Kulturinstitutionen nicht verzichtbar. Aber ehrenamtliche Aktivitäten können dort helfen, Unterstützung und Anregung geben, wo hauptamtlich Tätige ihre Grenzen haben.

Meine Damen und Herren, beim ehrenamtlichen Engagement hat sich auch in den letzten Jahren ein erheblicher Wandel vollzogen. Ich will darauf hinweisen – unsere Schulministerin Frau Sommer sitzt hier –, dass wir das ehrenamtliche Engagement über das neue Schulgesetz ganz ausdrücklich in die Zeugnisse, die Beurteilungen integriert haben. Ich finde, das sollte man an dieser Stelle einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Das war ein sehr, sehr guter Ansatz, den der Landtag und die Landesregierung dort vorangetrieben hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich finde, an dieser Stelle ist der Applaus nicht nur berechtigt, sondern sogar absolut richtig, weil wir deutlich gemacht haben, dass wir das Engagement der jungen Menschen in den Mittelpunkt stellen müssen.

(Beifall von der FDP)

Zunächst einmal wünschen Menschen heute einen engeren Bezug zu konkreten Einrichtungen und Problemen vor Ort. Dabei wollen sie sehen, mit wem und auch mit was sie es zu tun haben. Sie wollen eigene Neigung und Fähigkeit einbringen. Sie wollen das Gefühl haben, etwas Sinnvolles zu tun, und sehen, was ihr Handeln bewirkt. Zudem legen sie Wert darauf, dass ihr Einsatz zeitlich kalkulierbar ist und bleibt. Der Mensch, der in seinem Engagement völlig aufgeht, mag zwar immer noch bewundert werden – vielleicht wird er mittlerweile manchmal auch schon belächelt –,

doch dient dieses Modell kaum mehr als alleiniges Vorbild.

Menschen sind bereit, sich zu engagieren, wollen aber klare Projektgrenzen, einen klaren Umfang ihres Einsatzes erkennen. Mithilfe bei der Vorbereitung einer Ausstellung, Unterstützung bei der Durchführung eines Jazzfestivals, Beteiligung an einem Projekt zum Erhalt eines historischen Bauwerks – das sind Beispiele, wo Menschen sich zunehmend für ein ganz bestimmtes Projekt mit zeitlicher Begrenzung begeistern können.

Nur wenn es gelingt, deutlich mehr Angebote zu schaffen, bei denen möglichst viele der aufgeführten Erwartungen erfüllt werden, wird es in Zukunft möglich sein, Ehrenamtliche in gleichem Umfang wie bisher zu gewinnen und darüber hinaus aus dem Potenzial an ehrenamtlichem Engagement zu schöpfen.

Diese Aktivitäten mit einem Preis auszuzeichnen, das ist eine hervorragende Anregung, die die Landesregierung gerne aufnimmt. Wir erwarten mit Spannung die Debatte im Kulturausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Breuer. – Ich habe keine weitere Wortmeldung, schließe also die Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/3842 an den Kulturausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir wechseln jetzt das Thema, kommen von der Kultur zur Steinkohle und damit zu:

5 Standorteprogramm für Steinkohlereviere in Nordrhein-Westfalen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3839

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Thomas Eiskirch das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme gerade aus einem Gespräch mit kleinen und mittelständischen Berg

bauzulieferbetrieben, also einem Unternehmensbereich, einem Wirtschaftsbereich, der von den Beschlüssen der Landesregierung in Freude geküsst worden ist.

Es ging um das Thema der besonderen Herausforderungen für diese kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Verbreiterung ihrer Märktepalette sowohl in räumlicher Dimension als auch in Produktdimension. Sie müssen sich schließlich neu aufstellen, um die Unternehmen, aber vor allem die Beschäftigungsverhältnisse für die Menschen in den Unternehmen zu sichern.